1924/J XXIV. GP
Eingelangt am 05.05.2009
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Anfrage
des Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend ausufernder Ermittlungsaufwand gegen TierschützerInnen
Wie bereits aus zahlreichen Medienberichten öffentlich bekannt ist, laufen seit 2007 großangelegte polizeiliche und staatsanwaltliche Ermittlungen gegen zahlreiche Proponenten der österreichischen Tierschutzszene. Ausgangspunkt war eine Strategiebesprechung am 5.4.2007 im Sitzungszimmer des Generaldirektors für öffentliche Sicherheit, bei welcher auf Ersuchen der Geschäftsinhaber der Kleiderbauer-Gruppe durch die führenden österreichischen Polizeiorgane gezielte Ermittlungen gegen die Veranstalter von Tierschutzdemonstrationen diskutiert wurden, obwohl bereits damals „kein klarer Zusammenhang zwischen den Demos und den Sachbeschädigungen hergestellt werden konnte.“ (Zitat aus dem Resumeeprotokoll der Besprechung)
Jahrelang wurden in der Folge zahlreiche private Telefone abgehört, Lausch- und Spähangriffe durchgeführt, Standortbestimmungen über Mobiltelefonpeilungen erstellt, Observationen mithilfe versteckter Peilsender an Autos durchgeführt, Telefonverbindungsdaten hunderter Personen ausgeforscht, zahlreiche DNS-Proben (oft gegen den Willen der Betroffenen) entnommen und ausgewertet, mehr als 20 Hausdurchsuchungen unter Heranziehung von Spezialeinsatzkommandos durchgeführt, die Computer und sonstigen Unterlagen mehrerer Tierschutzvereine monatelang beschlagnahmt und nicht zuletzt wurden 10 Personen mehr als 100 Tage in Untersuchungshaft festgehalten.
Alle diese Ermittlungsschritte erfolgten von Beginn aufgrund der äußerst vagen und konstruiert wirkenden Verdachtslage, dass sich mehrere Vertreter unterschiedlicher Tierschutzvereine angeblich zu einer ominösen „kriminellen Organisation“ verbunden hätten, wobei geflissentlich ignoriert wurde, dass mehrere dieser Personen tatsächlich miteinander verfeindeten Gruppierungen angehören, so dass schon aus diesem Grund eine gemeinsame „Organisation“ mehr als fragwürdig erschien.
Die nunmehr von der Polizei an die Staatsanwaltschaft nach 2 Jahren Ermittlungstätigkeit übermittelten Abschlussberichte bestätigen die Befürchtungen, welche von vielen um die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens und die Einhaltung von Bürgerrechten besorgten Personen und Organisationen wiederholt geäußert wurden: Trotz der oben geschilderten, ausufernden Überwachungsmaßnahmen konnten soweit bisher bekannt ist keine Beweise für eine Involvierung der Beschuldigten in jene Sachbeschädigungen, die seitens der Behörden der Öffentlichkeit zur Begründung für die massiven Ermittlungsmaßnahmen präsentiert wurden, nämlich Brandstiftungen, „Gasanschläge“ und Beschädigungen an Pelzgeschäften aus den letzten zehn Jahren, gefunden werden. Statt dessen beschränkt sich die Polizei in ihrem Abschlussbericht auf den Nachweis, dass die beschuldigten Personen teilweise zueinander und zu international bekannten TierschutzaktivistInnen in Kontakt stehen, und dass sie sich an (legalen) Tierschutzkampagnen beteiligten. Die Haltlosigkeit und manipulative Argumentationsweise dieser Abschlussberichte kann beispielsweise in den kommentierten Fassungen, welche vom Tierschutzverein „VGT“ auf der Internetseite www.vgt.at präsentiert werden, nachgelesen werden.
In einem Artikel über diese ergebnisarmen Abschlussberichte der polizeilichen Sonderkommission berichtet die Tageszeitung „Österreich“ am 18.4.2009:
Denn im vertraulichen Gespräch mit ÖSTERREICH staunt ein BKA-Cop: „Wenn wir gegen Dealer, Kinderpornografen oder verdächtige Russen ermitteln, ist jede Überstunde ein Problem. Im Fall VGT aber war Geld nie ein Thema.“
Die maßlosen Ermittlungen der vergangenen zwei Jahre, welche dem Vernehmen nach weiterhin andauern dürften, stellen somit offensichtlich nicht nur einen rechtsstaatlichen Skandal dar, der geeignet ist Leben, Ruf und wirtschaftliche Existenz der mindestens zehn Beschuldigten grundlos nachhaltig zu ruinieren, sondern entpuppen sich auch als ungeheure Verschwendung von Steuergeldern und polizeilichen Kapazitäten, welche angesichts steigender – realer – Kriminalitätszahlen für andere Sicherheitsprojekte weit besser eingesetzt werden hätten können.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE: