2000/J XXIV. GP
Eingelangt am 07.05.2009
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ANFRAGE
der Abgeordneten Musiol, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung
betreffend E-Voting bei den ÖH-Wahlen - Personelle Verfilzungen
Bei den Wahlen zur Österreichischen HochschülerInnenschaft 2009 soll zum ersten Mal die elektronische Stimmabgabe über das Internet („E-Voting“) eingesetzt werden. Trotz im Vorfeld geäußerter Bedenken von beispielsweise Nationalratspräsidentin Prammer, dem jetzigen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs Gerhart Holzinger und des ehemaligen Präsidenten Karl Korinek und zahlreicher ExpertInnen sowie der Österreichischen Hochschülerschaft hält BM Hahn an seinem „Prestigeprojekt“ fest. Die Grünen brachten am 5.3.2009 eine parlamentarischen Anfrage ein, bei welcher sie detaillierte Nachfragen zu den Bedenken der ExpertInnen, nämlich ob die Wahrung der Wahlgrundsätze mit der verwendeten Software, den beigezogenen Unternehmen und Personen sowie der Ausgestaltung des Wahlablaufs möglich ist, an das Bundesministerium richteten.
Die Beantwortung durch BM Hahn bestätigt einmal mehr dass er hier keine befriedigenden Antworten auf die von ExpertInnen geteilten Bedenken hat.
Über die rechtlichen und technischen Vorbehalte hinaus gibt es im Rahmen des E-Voting-Projektes aber auch im personellen Bereich Verflechtungen zwischen Finanzministerium, Bundesrechenzentrum (BRZ), Bürgerkartensoftwareentwicklern und der Zertifizierungsstelle (a-sit) der beiden Softwares, also Auftraggebern und Auftragnehmern.
So ist Dr. Arthur Winter
· Leiter der IT-Sektion des BMF – welche die Eigentümervertretung beim BRZ wahrnimmt - ebenso
· Stv.Vorsitzender des Aufsichtsrates des BRZ, welches durch Beauftragung des BMWF für die Auftragsvergabe von E-voting zuständig ist und seinerseits die Fa.Scytl mit der Erstellung beauftragt hat – ebenso
· Präsident von A-SIT, welche für die Zertifizierung der E-Voting und Lesegerätesoftware zuständig ist (ohne die Zertifizierung ist eine Anwendung unzulässig).
So ist Prof. Dr. Reinhard Posch
· Wissenschaftlicher Leiter von IAIK Tu-Graz und egiz Graz , welche zahlreiche Softwarekomponenten im Zusammenhang mit der Bürgerkarte liefern. Darüber hinaus bietet egiz Dienstleistungen im Bereich der Bürgerkarte an. egiz hat daher ein gesteigertes Eigeninteresse an der Verbreitung der Bürgerkarte und damit an einer möglichst reibungslosen Abwicklung des ÖH-Wahlprojektes, die nicht durch eine kritische Begutachtung der eingesetzten Komponenten gestört wird – ebenso
· Wissenschaftlicher Gesamtleiter von A-SIT , welche für die Zertifizierung der E‑ting und Lesegerätesoftware zuständig ist (ohne die Zertifizierung ist eine Anwendung unzulässig).
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Ist es richtig, dass Dr. Arthur Winter Leiter der IT-Sektion des BMF ist, welche die Eigentümervertretung beim BRZ wahrnimmt?
2. Ist es richtig, dass Dr. Arthur Winter Stv.Vorsitzender des Aufsichtsrates des BRZ ist, welches für die Auftragsvergabe von E-Voting zuständig ist und seinerseits die Fa. Scytl mit der Erstellung beauftragt hat?
3. Ist es richtig, dass Dr. Arthur Winter Präsident von A-SIT ist, welche für die Zertifizierung der E-Voting und Clientsoftware zuständig ist?
4. Hatten Sie Kenntnis davon dass Dr. Arthur Winter diese Funktionen innehat?
5. Wenn ja, seit wann?
6. Wenn ja, sehen Sie eine Unvereinbarkeit in dieser personellen Verflechtung?
7. Halten Sie es für vereinbar, dass ein Sektionschef eines Bundesministeriums zugleich Auftraggeber, Auftragnehmer und Zertifizierungsstelle ist?
8. Ist es richtig, dass Prof. Dr. Reinhard Posch Wissenschaftlicher Leiter von IAIK Tu-Graz und egiz Graz ist, welche die Softwarekomponenten im Zusammenhang mit der Bürgerkarte liefern?
9. Ist es richtig, dass Prof. Dr. Reinhard Posch Wissenschaftlicher Gesamtleiter von A-SIT ist , welche für die Zertifizierung der E-Voting und Softwarekomponenten im Zusammenhang mit der Bürgerkarte zuständig ist?
10. Hatten Sie Kenntnis davon dass Prof. Dr. Reinhard Posch diese Funktionen innehat?
11. Wenn ja, seit wann?
12. Wenn ja, sehen Sie eine Unvereinbarkeit in dieser personellen Verflechtung?
13. Erhält Dr. Winter in seiner Funktion als Stv. Aufsichtsrat des BRZ Leistungen, zusätzliche Bonifikationen oder Erfolgshonorare im Zusammenhang mit dem E‑Voting-Projekt?
14. Erhält Dr. Winter in seiner Funktion als Präsident von A-SIT Leistungen, zusätzliche Bonifikationen oder Erfolgshonorare im Zusammenhang mit dem E‑Voting-Projekt?
15. Ist es üblich, dass Auftraggeber und Auftragnehmer personell verflochten sind?
16. Sind Ihnen in Ihrem oder anderen Ministerien andere Fälle solcher personellen Verflechtungen bekannt?