2072/J XXIV. GP

Eingelangt am 14.05.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Inneres

betreffend „Sicherheit von Reisepässen - Zahlen für das Jahr 2008"

Mit der AB 3916/XXIII.GP vom 23.05.2008 wurden die entsprechenden Fragen der Abg. Mag.
Maier und GenossInnen zur Anfrage „Sicherheit von Reisepässen - Zahlen für das Jahr 2007"
beantwortet. In der Antwort wurde u.a. mitgeteilt, dass die Zusammenfuhrung von Daten aus
verschiedenen Systemen und Kontexten oder die Schaffung einer zentralen europäischen
Passdatei nicht zur Diskussion steht. Diese Linie wurde durch die jüngste Debatte im Jänner
2009 im Europäischen Parlament zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 bestätigt.

Am 22.Jänner 2009 wurde im Nationalrat die Novelle zum Passgesetz beschlossen.
Nach dem digitalen Gesichtsbild müssen nun bei Neuausstellungen ab 28.06.2009 auch zwei
Fingerprints (Papillarlinienabdrücke) als zweites biometrisches Merkmal in einem integrierten
Speicherchip in Reisepässen gespeichert werden. Rechtsgrundlage dafür ist die EU-Verordnung
vom 13.Dezember 2004 (2252/2004 des Rates) über Normen, für Sicherheitsmerkmale und
biometrische Daten. Die biometrischen Daten im Reisepass dienen der automatisierten
Erkennung bzw. zweifelsfreien Überprüfung der Identität des Passinhabers anhand
bestimmter äußerlicher Merkmale.

Zentraler Beweggrund für diese europäische Regelung war die Forderung der ICAO, um damit
die Grenzkontrollen im internationalen Luftverkehr zu beschleunigen. Die auf Grundlage der
neuen Verwendung erhobenen Daten sind zweckgebunden und dürfen ausschließlich nur für die
Sicherung der Außengrenzen der Europäischen Union verwendet werden. Beabsichtigen EU-
Mitgliedsstaaten diese biometrischen Daten anders zu verwenden, beispielsweise zum
Zweck der Strafverfolgung, müssen dafür eigene nationale Gesetze erlassen werden!
Diese Position hat das EP im Jänner 2009 zur Änderung der VO 2252/2004 wieder bestätigt.
Weiters soll in Zukunft bei Kindern bis zu 12 Jahren auf die Abnahme der Papillarlinienabdrücke
verzichtet werden.


Eine Grenze für die nationalen Regelungen hat Ende 2008 auch der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte (EGMK) mit seiner Entscheidung gegen die britische Regierung (Marper vs.
UK) gesetzt. Darin hatte der EGMR die Speicherung von DNA-Daten und Fingerabdrücken für
unverhältnismäßig und unvereinbar mit Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonventionen
erklärt. Das EP hat in der Debatte von Jänner 2009 nun zur geänderten Verordnung
2252/2004 klargestellt, dass die EU die Mitgliedsstaaten nicht zum Aufbau von
Biometriedatenbanken ermächtigt oder auffordert.

Mitglieder der EU-Kommission treten - Gegensatz zum Europäischen Parlament - für eine
flächendeckende Ausweitung biometrischer Identifizierungsanwendungen eingefordert werden
zentrale nationale Datenbanken.

Seit der Umstellung im Juni 2006 wurden bereits über 2 Millionen neue Sicherheitspässe
beantragt. Damit ist fast jeder dritte Österreicher im Besitz eines neuen Sicherheitspasses mit
Chip.

Die Öffentliche Sicherheit 1-2/09 berichtet, dass die Qualität gefälschter Dokumente in letzter
Zeit zugenommen hat. Neue Trends bei Fälschungen werden bei den Behörden nicht sofort
erkannt. Seit 1.Jänner gibt es im BMI eine Dokumentationsmeldeschiene, damit sollen gefälschte
Dokumente besser erkannt werden. Im Zusammenwirken verschiedener Experten des
Bundeskriminalamtes und des Innenministeriums (Abteilungen II/BK 3, II/BK 4, II/BK 6, BMI-
IV/8,
II/1, II/2 und II/3) wurde diese „Dokumentenmeldeschiene" entwickelt, eine EDV-
Anwendung, die seit 1.Jänner 2009 in Betrieb ist.

Aus systematischen Gründen werden zum Teil dieselben Fragen nun in der XXIV.GP wieder
gestellt, um die aktuellen Zahlen und Informationen für das Jahr 2008 zu erhalten.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Inneres
nachstehende


Anfrage:

1.   Wie wird zurzeit das Sicherheitsniveau von Reisepässen (z.B. Fälschungssicherheit), die
zurzeit in anderen Mitgliedsstaaten der EU ausgestellt werden, durch das BMI beurteilt?
Mit welchen Ländern gab es im Jahr 2008 die größten Probleme?

Wie sehen die neuen Fälschungstrends aus (siehe u.a. Artikel Öffentliche Sicherheit)?

2.   Wie wird Sicherheitsniveau von Reisepässen (z.B. Fälschungssicherheit), die in Drittstaaten
ausgestellt werden, durch das BMI beurteilt?

Mit welchen Drittstaaten gab es im Jahr 2008 die größten Probleme?

Wie sehen die neuen Fälschungstrends aus (siehe u.a. Artikel Öffentliche Sicherheit)?

3.   Welche Reisepässe von anderen EU-Mitgliedsstaaten und von Drittstaaten lassen sich aus
Sicht des Ressorts besonders leicht fälschen?

Wie viele und welche Fälle (Staaten) sind dem Ressort 2008 bekannt geworden?

4.            Wie viele Fälle von (Ver)Fälschung österreichischer Reisepässe sind dem Innenressort 2008
im In- oder aus dem Ausland bekannt geworden?

5.            In welchen Ländern wurden Verfälschungen von österreichischen Reisepässen oder
gefälschte österreichische Reisepässe im Jahr entdeckt?

6.            Wie viele Blankofälschungen von Reisepässen wurden 2008 in Österreich entdeckt?
Welche Länder betraf dies?

7.            Welche Informationen liegen dazu aus anderen EU-Mitgliedsstaaten vor?

8.            Wie oft wurden 2008 in Österreich bei fremdenbehördlichen oder sicherheitsbehördlichen
Kontrollen Menschen mit einem gefälschten oder verfälschten nichtösterreichischen Pass
(z.B. Griechischer Pass) aufgegriffen (Aufschlüsselung auf Passherkunftsländer)?

9.            Wie oft ist dem Ressort 2008 Asylbetrug mit falschem (bzw. gefälschtem) Pass bekannt
geworden (z.B. Asylbewerber bezog Grundversorgung und arbeitete unter falscher Identität)?


10.     Wie viele Asylwerber verwendeten im Jahr 2008 gefälschte Reisepässe?
Wie vielen Asylwerben wurde eine fremde Identität nachgewiesen?

11.     Wie viele Fälle von Urkundenfälschung, Erschleichung eines Aufenthaltstitels oder
Sozialbetrug sind in diesem Zusammenhang 2006, 2007 und 2008 dem Ressort bekannt
geworden (Aufschlüsselung auf Delikte und Jahre)?

12.     Wie viele strafbare Handlungen nach dem StGB wurden zur Vorbereitung oder unter
Verwendung eines verfälschten oder gefälschten Passes im Jahr 2008 begangen?
Welche Delikte betraf dies (Aufschlüsselung der Anzahl auf Delikte und Passherkunft)?

13.     Wie viele Verstöße nach dem Passgesetz gab es 2008 in Österreich?

Um welche Verstöße handelte es sich dabei (Aufschlüsselung der Anzahl der Verstöße)?

14.     Wie viele Fälle von Urkundenfälschung (Reisedokumente und Einreise-Aufenthaltstitel) sind
Ihnen im Jahr 2008 bekannt und zur Anzeige gebracht worden (Aufschlüsselung nach
Herkunft der Täter)?

15.     Welche biometrischen Erkennungssysteme kommen zurzeit in den EU-Mitgliedsstaaten zur
Anwendung (Aufschlüsselung auf EU-Mitgliedsstaaten)?

16.     Werden Sie in der aktuellen Diskussion auf EU-Ebene dafür eintreten, dass die biometrischen
Merkmale ausschließlich von den für die Passkontrollen zuständigen Behörden für
hoheitliche Zwecke genutzt werden?

Wenn nein, warum nicht?


17. Werden Sie in der aktuellen Diskussion auf EU-Ebene dafür eintreten, dass in der
Europäischen Union der Zugriff für Private (z.B. Banken, Sicherheitsunternehmen) auf
biometrische Passdaten für die Zukunft generell ausgeschlossen wird?

Wenn nein, warum nicht?

18. Werden Sie in der aktuellen Diskussion auf EU-Ebene dafür eintreten, dass die in Ausweisen
gespeicherten Daten mit biometrischen Merkmalen nicht als Referenzdaten genutzt werden,
um Daten aus unterschiedlichen Systemen und Kontexten zusammenzuführen?

Wenn nein, warum nicht?

19.     Werden Sie in der aktuellen Diskussion auf EU-Ebene weiterhin dafür eintreten, dass im
Zusammenhang mit Passausstellungen keine zentralen oder vernetzten Biometriedatenbanken
geschaffen werden und die biometrischen Identifizierungsdaten ausschließlich nur auf dem
jeweiligen Ausweisdokument gespeichert werden dürfen?

20. Werden Sie in der aktuellen Diskussion auf EU-Ebene dafür eintreten, dass keine zentrale
europäische Passdatei mit den biometrischen Daten aller EU-BürgerInnen angelegt wird?
Wenn nein, warum nicht?

21. Werden Sie in der aktuellen Diskussion auf EU-Ebene dafür eintreten, dass die Verwendung
biometrischer Merkmale in Pässen auf den Zweck der Identifizierung durch Vergleich der
Daten des Dokuments mit Daten des Dokumentinhabers im Moment der Dokumentvorlage
technisch beschränkt wird?

Wenn nein, warum nicht?

22. Werden Sie in der aktuellen Diskussion auf EU-Ebene dafür eintreten, dass die maschinelle
Auslesung von biometrischen Merkmalen auf Pässen nur bei den Passbehörden sowie an den
Grenzkontrollstellen und Flughäfen erfolgt?

Wenn nein, warum nicht?


23. Werden Sie in der aktuellen Diskussion auf EU-Ebene dafür eintreten, dass die für die
Ausstellung und das Auslesen von biometrischen Merkmalen verwendete Lesegeräte nach
internationalen Standards von einer unabhängigen Stelle zertifiziert und diese in regelmäßigen
zeitlichen Intervallen durch eine zentrale Einrichtung authentisiert werden?

Wenn nein, warum nicht?

24. Werden Sie in der aktuellen Diskussion auf EU-Ebene dafür eintreten, dass harmonisierte
Verfahren in der EU festgelegt werden, die einen Datenmissbrauch beim Auslesen von
biometrischen Daten verhindern und diese Verfahrensfestlegung durch eine unabhängige
Stelle regelmäßig evaluiert wird?

Wenn nein, warum nicht?

25. Werden Sie in der aktuellen Diskussion auf EU-Ebene dafür eintreten, dass Passlesegeräte bei
den nationalen Ausgabestellen (Passbehörden) kostenfrei aufgestellt werden, damit jeder
Bürger überprüfen kann, welche Daten auf seinem Pass-Chip gespeichert sind?

Wenn nein, warum nicht?

26.  Werden Sie in der aktuellen Diskussion auf EU-Ebene (3.Säule) dafür eintreten, dass ein
eigener EU-Rechtsakt erlassen wird, um Amtshaftungs- bzw. Schadenersatzregelungen für
den Fall der Nichtidentifikation oder NichtVerifikation (Lesegerät funktioniert nicht!) eines
gültigen Reisepasses bzw. einer Falschidentifikation durchzusetzen, wenn davon betroffene
Personen dadurch einen Schaden erleiden?

27.  Wenn nein, warum nicht?

28.  Werden Sie in der aktuellen Diskussion auf EU-Ebene (Rat Justiz/Inneres) politische
Initiativen unterstützen, dass abschreckende Strafbestimmungen für das illegale Auslesen,
Verarbeiten, Verwenden oder für die rechtswidrige Übermittlung und Verwertung von
biometrischen Daten EU-weit normiert werden (Umgehung der IT-Sicherheitstechnik bzw.
der Verschlüsselung)?

Wenn nein, warum nicht?


29.  In welchen Mitgliedsstaaten der EU gibt es national biometrische Datenbanken, in denen die
biometrischen Passdaten (Bild, Fingerabdrücke) abgespeichert und Datenbanken angelegt
werden?

30.  Wie beurteilt das Ressort die im Einleitungstext der Anfrage zitierte Entscheidung des
EGMR?

Welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus für das Ressort?

31. In wie weit hat die Arbeit der österreichischen Dokumentenberater zu deutlichen Erfolgen im
Kampf (insb. gegen illegale Migration) auf dem Luftweg geführt?

Welche Erfolge können 2008 konkret nnachgewiesen werden?

32. Welche Probleme sind dem Ressort mit den österreichischen Hochsicherheitspässen bislang
bekannt geworden?

Welche Probleme sind dem Ressort von Hochsicherheitspässen anderer Mitgliedsstaaten
bekannt geworden?

33. Können nach dem derzeitigen Wissensstand auch österreichische Sicherheitspässe mit
biometrischen Kennzeichen geklont und die Daten auf einen anderen Chip übertragen
werden?

Wenn nein, warum nicht?

34. Wie viele Pässe laufen 2009 ab (Aufschlüsselung auf Bundesländer)?
Wie viele Neuausstellungen gab es im Jahr 2008?

Wie viele Pässe mit Chip wurden bisher ausgestellt (Stichtag 31.12.2008) (Aufschlüsselung
auf Bundesländer)?

35. Wie viele Hochsicherheitspässe, die von der Staatsdruckerei aufgegeben wurden, sind 2008
auf dem Postweg verloren gegangen (Rsb-Zustellung)?

Zu welchen Konsequenzen führte dies jeweils?


36.      Wie viele Personalausweise, die als normale Briefsendung aufgegeben wurden, sind 2008 auf
dem Postweg verloren gegangen?

37.  Notpässe sind ohne Chip! Von welchen Staaten wird der neue „helle Notpass" nicht für die
Einreise akzeptiert?

38.  Welche Länder akzeptieren den „hellen Notpass" nicht für die Ausstellung eines Visums bei
der Einreise?

39.  Welche Erfahrungen zum Einsatz der Dokumentationsmeldemaschine liegen dem Ressort
vor?