Eingelangt am 02.06.2009
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ANFRAGE
der Abgeordneten Korun, Schwentner, Freundinnen
und Freunde
an die Bundesministerin für
Inneres
betreffend Zwangsverheiratung
Die im Rahmen
der österreichischen EU-Präsidentschaft gesetzte Initiative gegen
„Harmful Traditional Practices“, die Meldedatenbank zu
Zwangsverheiratungen, wurde eingestellt, weil nur einige wenige Fälle
gemeldet wurden und sie daher als ungeeignet zur Erhebung von statistischen
Grundlagen erachtet wurde. Offen bleibt, ob das Ausmaß der Betroffenheit
von Zwangsheirat in Österreich aufgrund von Erhebungen in
Beratungseinrichtungen und bei Helplines systematisch erfasst wird.
Je nachdem wie die Debatte
geführt wird, kann sie den Schutz junger Menschen vor Zwangsehe bewirken
oder aber zu einer Legitimierung von Einwanderungs-beschränkungen oder zu
einer Stigmatisierung und Diskriminierung von Minoritäten beitragen. Damit
die beabsichtigte Unterstützung der jungen Menschen innerhalb dieser
Gruppen nicht in eine Dämonisierung dieser Gruppen umschlägt ist es
wichtig, dass beim Thema Zwangsheirat stark auf eine Begrenzung der negativen
Auswirkungen der Debatten geachtet wird.
So wie bei allen anderen Formen
von Gewalt gegen Frauen geht es auch beim Thema Zwangsheirat sehr stark um
Präventionsmaßnahmen, Unterstützung und Empowerment der Opfer.
Die Beratung und die Unterbringungsmöglichkeiten für potentielle
Opfer müssen den speziellen Bedürfnissen entsprechen. Derzeit fehlt
eine adäquate Unterbringungsmöglichkeit für Frauen, die von
Zwangsverheiratung bedroht oder betroffen sind.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
- Welche konkreten
Maßnahmen Ihres Resorts gibt es, um die Auswirkungen der
öffentlichen Debatten einzuschätzen und negativen Auswirkungen
entgegenzutreten?
- Gibt es Evaluierungen des
Umgangs mit Zwangsverheiratung in Service-Einrichtungen?
- Werden überhaupt Zahlen
erhoben und wenn ja, wie und in welchen Einrichtungen?
- Was wurde unternommen, um die Bildungs-
und Berufssituation von Frauen mit Migrationshintergrund zu verbessern?
- Was wurde für die
Ausbildung von Personen mit Migrationshintergrund als MediatorInnen und
MultiplikatorInnen im Bereich von Zwangsverheiratung und anderen
Fällen von Gewalt im persönlichen Nahraum getan?
- Welche Maßnahmen zur
Arbeit mit Burschen wurden gefördert oder angeregt?
- Wurden Initiativen gestartet,
um die vermutlich betroffenen Communities einzubeziehen?
- Falls ja, wie wurden
Communities in die Arbeit zum Thema Zwangs-verheiratung einbezogen?
- Was wurde gemacht, um
insbesondere isolierte und gefährdete Frauen zu erreichen
(Deutschkurse, Kindergärten, SozialarbeiterInnen, MultiplikatorInnen
etc.)?
- Was wurde für die
Ausbildung von Personen mit Migrationshintergrund als MediatorInnen und
MultiplikatorInnen im Bereich von Zwangsverheiratung und anderen
Fällen von Gewalt im persönlichen Nahraum getan?
- Wann wird die im
Regierungsprogramm festgeschriebene und für 2009 geplante Errichtung
einer Notwohnung für von Zwangsverheiratung bedrohte Frauen umgesetzt
werden?
- Ist eine Abänderung des
Fremdenrechts in Bezug auf eine Verbesserung beim Zugang zum Arbeitsmarkt
für Frauen, die im Rahmen der Familienzusammenführung einreisen
(wie in den Studien und Konsultationen immer wieder gefordert) geplant?
- Gibt es spezifische Schulungen
und Fortbildungsangebote der Polizei im Umgang mit interkulturellen
Problemstellungen (kultursensible Erfassung von Fakten, Sprachkompetenzen
bei der Polizei, insbesondere weil in Konfliktsituationen die
Muttersprache verwendet wird)?
- Welche Empfehlungen aus den
derzeit vorliegenden Studien zum Thema Zwangsheirat wurden bisher
umgesetzt bzw. werden in Zukunft umgesetzt werden?