2350/J XXIV. GP
Eingelangt am 05.06.2009
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ANFRAGE
der Abgeordneten Grosz, Bucher, Mag. Stadler
Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend die Sicherstellung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens durch die Justizbehörden bezüglich des SPÖ-Privatstiftungsskandals
In Zusammenhang mit der Causa „Zukunft Steiermark Privatstiftung“, die offenbar widerrechtlich als gemeinnützige Stiftung eingeordnet worden ist, wurde bei der Staatsanwaltschaft eine anonyme Anzeige wegen des Verdachts der Steuer- und Abgabenhinterziehung eingebracht. Dieser Verdacht ist durchaus gerechtfertigt, da erhebliche Zweifel daran bestehen, dass diese Stiftung gemeinnützig ist. Laut Stiftungsurkunde ist der Zweck der Stiftung die „Verfolgung und Verwirklichung sozialdemokratischer Ideale“ auf „Landesebene sowie auf nationaler, internationaler und supranationaler Ebene“, insbesondere im „politischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Leben“.
Daran anknüpfend vertritt der Steuerrechtler Werner Doralt, dass die „Zukunft Steiermark Privatstiftung“ ein Paradefall einer nicht gemeinnützigen Stiftung sei. Explizit führte er aus: „Ich frage mich, warum das Finanzamt das so akzeptiert hat“. Begünstigte sind Personen und Institutionen, die diese Ziele verwirklichen – sowie der Stifter, also die steirische SPÖ, selbst. Politische und wirtschaftliche Ziele zu verfolgen könne aber keinesfalls gemeinnützig sein, sagt Doralt. Entsprechend heißt es in der Richtlinie des Finanzministeriums zu gemeinnützigen Vereinen: „Die Verfolgung politischer Zwecke ist keine Förderung gemeinnütziger Zwecke“. Aufgrund dieser Tatsachen sowie der erheblichen (steuerlichen) Privilegien für Stiftungen drängen sich diverse Fragen auf.
Die anonyme Anzeige wurde laut Medienberichten im Mai 2009 bei der Staatsanwaltschaft Graz eingebracht. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz Manfred Kammerer, bestätigte in Zeitungen auf Anfrage: "Ja, es liegt eine Anzeige vor, der zuständige Referent schaut sich das jetzt einmal an. Danach wird von uns erst die Entscheidung getroffen, ob der Akt entweder an die Finanzbehörde oder die Polizei zu weiteren Ermittlungen geschickt wird." Unter der Aktenzahl 21 St 17/09 t haben nun die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft begonnen. Zunächst werde die Anzeige genau geprüft, dann seien nächste Schritte denkbar, so Staatsanwalt Kammerer: "Ich denke, dass wir dann entweder die Finanz - oder die Exekutive käme auch in Frage - mit den Ermittlungen beauftragen. Wir werden aber natürlich auch der Oberstaatsanwaltschaft über das beabsichtigte Vorgehen berichten." In der Kleinen Zeitung vom 30. Mai 2009 wird Manfred Kammerer wie folgt zitiert: „Wenn die Verantwortlichen die Vorwürfe rasch entkräften können, dann ist die Luft draußen. Wenn nicht, dann geht’s erst richtig los.“
Diese Aussage seitens eines Vertreters der Staatsanwaltschaft ist bemerkenswert, da sie eine politische Wertung darstellt, die ordnungsgemäße Durchführung von Ermittlungen zweifelhaft erscheinen lassen und den Ausgang des Verfahrens ausschließlich von der Haltung der „Verantwortlichen“ abhängig zu machen scheint.
Zudem ist es bemerkenswert, dass die Staatsanwaltschaft Graz die Ermittlungen durchführt.
Die Tatsache, dass es sich bei den verantwortlichen Personen der „Zukunft Steiermark Privatstiftung“ um den amtierenden Landeshauptmann von Steiermark, Mag. Franz Voves und den Landeshauptmann-Stellvertreter aD Univ. Prof. DDr. Peter Schachner-Blazizek handelt, welche enge Kontakte zu Vertretern der Grazer Justizverwaltung pflegen, lässt erhebliche Zweifel daran aufkommen, dass ein ordentliches Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft Graz überhaupt gewährleistet ist.
Daher richten die unterzeichneten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz nachstehende
Anfrage:
1.) Ist Ihnen die politische Diskussion rund um die von der SPÖ betriebene „Zukunft Steiermark Privatstiftung“ bekannt?
2.) Ist Ihnen ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Graz mit der Aktenzahl 21 St 17/09 t bekannt? Wenn ja, seit wann? Gegen wen und wegen welcher möglicher Delikte wird derzeit ermittelt?
3.) Warum führt die Staatsanwaltschaft Graz das unter Frage 2 genannte Ermittlungsverfahren und nicht die Korruptionsstaatsanwaltschaft?
4.) Sind Sie bzw. Ihr Ressort über das Strafverfahren im Zusammenhang mit der Stiftung der steirischen SPÖ informiert worden zumal es sich um ein eindeutig politisches Verfahren mit hoher medialer Aufmerksamkeit handelt?
a) Wenn ja, wann wie lauten die Vorhabensberichte jeweils?
b) Wenn nein, warum nicht?
5.) Wie beurteilen Sie die Aussagen des Sprechers der Staatsanwaltschaft Graz in der Kleinen Zeitung vom 30. Mai 2009: „Wenn die Verantwortlichen die Vorwürfe rasch entkräften können, dann ist die Luft draußen. Wenn nicht, dann geht’s erst richtig los.“?
6.) Wie beurteilen Sie die in der Frage 5 genannte Äußerung in Hinblick darauf, dass die Ermittlungen der Justizbehörden ausschließlich von der Haltung der „Verantwortlichen“ abhängig gemacht werden?
7.) Sind Sie der Meinung, dass ein ordentliches Ermittlungsverfahren gegen die „Zukunft Steiermark Privatstiftung“ durch die Grazer Justizbehörden gewährleistet ist, wenn es sich bei den „Verantwortlichen“ der Stiftung um den Landeshauptmann der Steiermark und den ehemaligen Landeshauptmannstellvertreter der Steiermark – welche enge Kontakte zu Mitgliedern der Grazer Justizverwaltung pflegen – handelt?
8.) Mit welchen konkreten Maßnahmen werden Sie sicherstellen, dass das Verfahren Aktenzahl 21 St 17/09 t ordentlich und unabhängig durchgeführt wird?
9.) Werden Sie die Korruptionsstaatsanwaltschaft beauftragen, das unter Frage 2 genannte Ermittlungsverfahren durchzuführen? Wenn nein, warum nicht?
10.) Wird die Rechtsansicht von Prof. Doralt über die eindeutig mangelnde Gemeinnützigkeit einer Stiftung mit politischen Zwecken den Ermittlungen zugrunde gelegt? Wenn nein, welche Rechtsansicht vertreten die Strafverfolgungsbehörden mit welcher Begründung?
11.) Welche Ermittlungsschritte wurden mit welchen Ergebnissen bisher gesetzt und welche sind derzeit noch geplant?