2377/J XXIV. GP

Eingelangt am 10.06.2009
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend Bienensterben aufgrund der Saatgutbehandlung mit neonicotinoidhältigen Saatgutbeizen und tatenloses Zusehen der Behörden

 

 

 

Beim Maisanbau wurde auch heuer wieder jenes gefährliche Saatgutbeizmittel mit dem Pestizidwirkstoff Clothianidin (Handelsbezeichnung „Poncho“) aus der Gruppe der Neonicotinoide eingesetzt. Es hatte bereits im Vorjahr zu einem massenhaften Bienensterben in Deutschland (im Raum Baden Würtemberg fielen diesem rund 11.500 Bienenvölker zum Opfer) geführt. Auch in Österreich sind bereits im Vorjahr in agrarisch intensiv genutzten Gebieten Vergiftungserscheinungen bei rund 3.500 Bienenvölkern aufgetreten und auch heuer wurden von den Imkerverbänden bedenkliche Bienenverluste gemeldet. Rund 30 Bienenproben wurden bereits zur Zeit der Maisaussaat an die AGES geschickt, doch es liegen angeblich immer noch keine Untersuchungsergebnisse vor.

 

Bei der Saatgutbeize wird Clothianidin direkt auf das Maiskorn aufgetragen, um die Maispflanzen vor Insekten wie dem Maiswurzelbohrer zu schützen. Clothianidin wirkt als Nervengift. Für Bienen dürfte neben dem giftigen Beizstaub, der bei der Aussaat freigesetzt wird, nach neusten Erkenntnissen auch die Maisjungpflanze noch wochenlang eine Giftquelle darstellen.

 

Die Imkereibetriebe melden folgende Symptomatik bei den Bienen:

-                    Gehäuftes Sterben von Flugbienen, Verlust der Volksstärke

-                    Starke Völker degenerieren zu Kümmerern, die nicht mehr trachttauglich sind

-                    Krabbelnde Bienen, die eindeutige Symptome von Vergiftungen zeigen.

 

Die AGES versprach den ImkerInnen die Durchführung eines Projekts namens MELISSA

(„Untersuchungen zum Auftreten von Bienenverlusten in Mais und Rapsanbaugebieten Österreichs und möglicher Zusammenhänge mit Bienenkrankheiten und dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln“). Angeblich wurde das AGES-Projekt jedoch bisher nicht genehmigt und die Entscheidung darüber auf Juli verschoben.

 

Zur Abklärung des Bienensterbens wurden von der AGES, unabhängig von der Projektgenehmigung, bis heute 80 Verdachtsproben genommen, die nach wie vor auf eine Untersuchung warten. Bei einigen Probenahmen waren angeblich auch Mitarbeiter von Pflanzenschutzmittelfirmen anwesend (BAYER und SYNGENTA) nahmen ebenfalls Proben. Offenbar ist der AGES die Zusammenarbeit mit den Pestizidherstellern wichtiger als jene mit den ImkerInnen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

  1. Warum haben Sie die Zulassung des bienengefährlichen Pestizidwirkstoffs Clothianidin trotz aller Warnungen der ImkerInnen und der wissenschaftlichen Erkenntnisse aus anderen Ländern nicht aufgehoben?

 

  1. Wie ist zu erklären, dass die von der AGES  verhängten "neuen Auflagen für insektizide Beizmittel zum Schutz der Umwelt" im Vergleich mit den in Deutschland verhängten Auflagen hinsichtlich der Qualität der Beizung deutlich niedrigere Qualitätsstandards verlangen (erlaubter Abrieb in Österreich: 1,3 g Abrieb/100.000 Körner; in Deutschland: 0,75 g Abrieb/100.000 Körner)?

 

  1. Wie ist zu erklären, dass die von der AGES verhängten "neuen Auflagen für insektizide Beizmittel zum Schutz der Umwelt" hinsichtlich der Verwendung "abdriftmindernder Sätechnik", also der Umrüstung der Sämaschinen auf eine staubabdriftmindernde Technik, die ja in Deutschland bereits für die Maisaussaat 2009 verpflichtend war, in Österreich im Jahr 2009 aufgrund von Übergangsfristen nicht verpflichtend war?

 

  1. Wie sind die – verglichen mit den in Deutschland geltenden Auflagen - deutlich niedrigeren Sicherheitsanforderungen  in Österreich (siehe Frage 2 und 3) zu rechtfertigen, insbesondere da in Deutschland 2009 ausschließlich das insektitzide Maisbeizmitel Mesurol flüssig zugelassen war, während in Österreich neben Mesurol flüssig auch die in Deutschland als bienengefährlich eingestuften Beizmittel Poncho, Gaucho 600 FS und Cruiser 350 FS, angewendet werden durften und auch angewendet wurden?

 

  1. In der Anfragebeantwortung 820/AB (XXIV. GP) vom 27. März 2009 erklären Sie, dass es in Österreich kein gehäuftes, durch ein entsprechendes Probenaufkommen dokumentiertes bzw. durch entsprechende Ergebnisse von Rückstands­untersuchungen abgesichertes Bienensterben durch Saatgutbeizmittelwirkstoffe gab und leugnen einen kausalen Zusammenhang. Da die eingesandten Proben nicht einmal untersucht werden und das Projekt MELISSA gar nicht – wie angekündigt – durchgeführt wird, worauf bezieht sich dann Ihre Behauptung?

 

  1. Wurden die im Jahr 2008 von den österreichischen Imkern bei der AGES eingesendeten Proben getöteter Bienen auf Pestizide, insbesondere auf Clothianidin, untersucht?  Falls ja, wie viele der eingesendeten Proben wurden untersucht? Wo lagen die Nachweisgrenze und die Bestimmungsgrenze der Methode?

 

  1. Wann und in welcher Anzahl wurden 2009 an die AGES Bienenproben bzw. Pollen oder Bienenbrot wegen Verdachts auf Pestizidvergiftungen an die AGES geschickt?

 

  1. Wurden die Proben von der AGES selbst gezogen? Gibt es inzwischen Untersuchungsergebnisse? Wenn ja, wie viele, was ist das Ergebnis und wo liegen die Nachweis- und die Bestimmungsgrenze der Methode? Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Stimmt es, dass Sie bis dato kein Geld freigegeben haben für das Projekt MELISSA („Untersuchungen zum Auftreten von Bienenverlusten in Mais und Rapsanbaugebieten Österreichs und möglicher Zusammenhänge mit Bienenkrankheiten und dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln“) und dass die Entscheidung über dieses wichtige Projekt auf Juli verschoben wurde? Wenn ja, mit welcher Begründung? Wenn nein, wann wurde das Geld für das Projekt freigegeben und wie viele Mittel sollen dafür zur Verfügung gestellt werden?

 

  1. Wie erklären Sie, dass bei den Probenahmen von getöteten Bienen durch die AGES auch MitarbeiterInnen der Pflanzenschutzmittelfirmen BAYER und SYNGENTA anwesend waren?

 

  1. Stimmt es, dass die Pflanzenschutzmittelfirmen BAYER und SYNGENTA auch Untersuchungen durchgeführt haben? Wenn ja, mit welcher Begründung?

 

  1. Sind Sie bzw. ist die AGES in Kenntnis über die bisherigen Untersuchungsergebnisse der genannten  Pflanzenschutzmittelfirmen? Wurde bei diesen Untersuchungen der Wirkstoff Clothianidin nachgewiesen?

 

  1. Wie erklären Sie, dass den ImkerInnen und der Öffentlichkeit die Untersuchungsergebnisse vorenthalten werden, während gleichzeitig mit den Firmen kooperiert wird?

 

  1. Werden Sie in Hinkunft mit Clothianidin gebeiztes Saatgut sowie sämtliche Saatgutbeizmittel aus der Gruppe der Neonicotinoide verbieten? Wenn nein, wie ist das zu verantworten?

 

  1. Welche sonstigen risikomindernden Maßnahmen zum Schutz der Bienen (außer ein paar technischen Auflagen bezüglich der Handhabung, die niemand kontrolliert) werden Sie setzen?

 

  1. Eine wirksame Alternative gegen Schädlinge wie den Maiswurzelbohrer ist die altbewährte Fruchtfolgewirtschaft. In den maisstärksten Bundesländern wird jedoch durchschnittlich auf 41% der Maisflächen Mais auf Mais angebaut, in der Steiermark sogar auf 67% und in Kärnten 57% der Maisflächen. Werden Sie in den Mais-Monokultur-Anbaugebieten eine verpflichtende Fruchtfolgewirtschaft vorschreiben? Wenn nein, welche sonstigen Maßnahmen werden Sie treffen? Welche Unterstützungen werden Landwirten/innen angeboten, wenn sie auf Fruchtfolgewirtschaft umstellen?

 

  1. Ist der Anbau von Mais auf Mais, bzw. ein 66%iger Anteil von Mais an der Gesamtackerfläche mit der Teilnahme am ÖPUL vereinbar? Wenn ja, wie lässt sich das mit den Zielen des Agrarumweltprogramms argumentieren? Auf wie viele ÖPUL-Betriebe trifft der hohe Anteil an Mais-Monokulturen zu? Wie viele Förderungen stehen für diese Betriebe zur Verfügung?