289/J XXIV. GP

Eingelangt am 27.11.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Vilimsky

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Postamtsschließungen, massive Personalreduktion und Postliberalisierung

Im August 2001 wurde angekündigt, dass bis Mitte 2002 rund 700 der damals 2.300 Postämter geschlossen werden sollen. Im Jahr 2002 wurden in Folge 648 Postämter geschlossen. Die Post beschäftigte zu diesem Zeitpunkt 31.000 Mitarbeiter.

Im November 2004 wurde eine zweite Schließungswelle wird angekündigt, die massive Proteste zur Folge hatte; im Juli 2005 wurden dennoch 310 Postämter geschlossen. Im Jänner 2006 wehrte sich die Gewerkschaft zwar gegen einen Börsegang und drohte mit Streik, dieser wurde allerdings nicht durchgeführt. Im Mai 2006 startete der Börsegang.

Im August 2007 wurden wieder Postämter, diesmal nur“ 19, geschlossen. Im Dezember 2007 wurden weitere Personalabbaumaßnahmen beschlossen. 360 Mitarbeiter sollten 2008 gehen, 2009 dann 800. Der Abbau sollte durch natürliche Fluktuation, "Golden Handshake“ und Frühpensionierung erfolgen. Die Post beschäftigte zum Jahresende 25.764 Mitarbeiter.

Im November 2008 wird vorerst über die Medien mit weiteren Schließungen spekuliert, von 300 bis 1.000 betroffenen Postämtern ist die Rede, zudem sollen bis 2015 knapp 9.000 der derzeit rund 23.000 Mitarbeiter (davon rund zwei Drittel im Bereich der Briefträger, 750 Paketzusteller und 2200 Mitarbeiter in den Postämtern) abgebaut werden.

Daneben soll auch das Filialnetz radikal zusammengestrichen werden. Bis 2015 soll es nicht mehr 1300 eigenständige Postämter, sondern 25 Großpostämter, 225 Filialen unter der Regie des Kooperationspartners Bawag sowie 220 verpachtete Regionalfilialen geben. Die Zahl der privaten Postpartner soll sich auf 940 vervierfachen.

Die vorwöchige Post-Aufsichtsratssitzung verließen Postgewerkschaftschef Gerhard Fritz und 3 Arbeitnehmervertreter bereits nach kurzer Zeit unter Protest. Seither steht die Drohung der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten im Raum, vor Weihnachten Streikmaßnahmen zu setzen, wobei die Gewerkschaft angibt, dass ein Streik innerhalb von wenigen Stunden realisierbar sei.

Am 11. November 2008 stoppt SPÖ-Chef und Verkehrsminister Werner Faymann die kolportierte Schließung von Postämtern mit der Ankündigung. "Ich ziehe da jetzt per Verordnung die Notbremse und sage: Für die nächsten sechs Monate, gerechnet ab Jahresbeginn 2009, darf gar kein Postamt geschlossen werden." Eine Novelle der Universaldienst-Verordnung ist seither in Begutachtung, ob die von Faymann gewünschte Änderung rechtlich überhaupt möglich ist, ist mittlerweile mehr als umstritten.


Die Universaldienstverordnung regelt, dass die österreichische Bevölkerung ein Recht auf eine qualitativ hochwertige, flächendeckende und allgemein erschwingliche Versorgung mit Postdienstleistungen hat. Der Universaldienst im Sinne des Postgesetzes 1997 umfasst die Abholung, Annahme, Sortierung, Weiterleitung und Abgabe von Postsendungen bis zu einem Gewicht von zwei Kilogramm und Paketen bis zu 20 Kilogramm.

Ab 1.1.2011 kommt es zur Vollliberalisierung der europäischen Postmärkte (3. EU-Post-RL, 2008/6/EG), d.h. auch Briefe, Postkarten etc. können künftig von alternativen Anbietern zugestellt werden. Derzeit gibt es aber in Österreich überhaupt keine gesetzliche Basis für diese verpflichtende Marktöffnung.

Die dringend notwendige Novelle zum Postgesetz, die die Österreichische Post als auch den österreichischen Postmarkt reif für die Postliberalisierung ab 2011 machen sollen, muss unter anderem folgende Kernpunkte enthalten:

          Gleiche Marktbedingungen für alle Wettbewerber

          Veröffentlichung der Preise und Rabatte von allen Anbietern

          Universaldiensterbringung bei mehreren Anbietern

          Frage Finanzierung des Universaldienstes

Ferner benötigt man beispielsweise auch eine (neue gesetzliche) Regelung bzgl. Umrüstung der vorhandenen (versperrbaren) Postkästen auf sogenannten Hausbrieffachanlagen, die für alle Zusteller frei zugänglich sind, ohne die Rechte des Konsumenten auf Wahrung des Postgeheimnisses zu verletzen. Derzeit gibt es keine Regelung wie und vor allem wohin die Zustellung von Briefen etc. allfälliger alternativer Zusteller erfolgen soll.

Es geht hier um die Sicherung der bundesweiten Versorgung der Bürger und der Wirtschaft mit Postdienstleistungen, d.h. um den sogenannten Universaldienst; es geht aber auch um die Aufrechterhaltung der Infrastruktur im ländlichen Raum. Der Universaldienst muss weiterhin geleitstet werden, einen Universaldienstleister, der im Sinne aller Bürger die Postleistungen auch nach der Liberalisierung zumindest im bisherigen Umfang anbietet, muss es auch künftig geben.

Deshalb stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie folgende

Anfrage

1.              Wann wurden Sie erstmals über die kürzlich bekannt gewordenen geplanten Postamtsschließungen sowie den geplanten massiven Mitarbeiterabbau bis 2015 informiert?

2.              Wann wurden Sie konkret über den genauen Umfang der kürzlich bekannt gewordenen geplanten Postamtsschließungen sowie des geplanten massiven Mitarbeiterabbaus bis 2015 informiert?

3.              Wann soll die Novelle zur Post-Universaldienstvorordnung, deren Begutachtung bis 22. November 2008 läuft, in Kraft treten und welches Ziel wollen Sie mit dieser Verordnung erreichen?

4.              Wer hat bislang mit welchem Inhalt eine Stellungnahme zum Entwurf der Novelle zur Universaldienstverordnung abgegeben?

5.      Wie viele Postamtsschließungen werden Sie mit Ihrer Verordnung auf Dauer verhindern?


6.              Aufgrund welcher gesetzlichen Grundlage sehen Sie sich ermächtigt, der Österreichischen Post AG per Verordnung die Schließung von Postämtern zu verbieten und weshalb sehen sie im Zusammenhang damit die Rechtsauffassung des Verfassungsrechtlers Heinz Mayer (dass das Verbot von Postamtsschließungen rechtlich nicht möglich ist) als nicht richtig an?

7.             Wie häufig führen Sie in ihrer Funktion als Eigentümervertreter Gespräche mit der Führungsriege der Post, mit wem haben Sie in den letzten 2 Jahren wann und zu welchem Thema gesprochen?

8.             Inwieweit fühlen Sie sich als Eigentumsvertreter und Minister für die 9.000 Postmitarbeiter zuständig, die in den kommenden Jahren abgebaut werden sollen?

9.             Wie viele Mitarbeiter der Post werden bis 2015 in Pension gehen?

10.      Wie viele Mitarbeiter der Post sind jeweils in den letzten 10 Jahren in Pension gegangen, wie alt waren diese Mitarbeiter durchschnittlich, wie alt war der jüngste bzw. der älteste Mitarbeiter, die in Pension gegangen sind?

11.      Was geschieht mit jenen Mitarbeitern, die abgebaut werden sollen ohne in Pension zu gehen und die aufgrund ihrer Unkündbarkeit und Unversetzbarkeit nicht wirklich gekündigt werden können?

12.      Inwieweit wurden bereits Arbeitsstiftungen oder die Möglichkeit eines golden handshake" für wie viele Mitarbeiter vorbereitet?

13.      Wann wird Ihr Ministerium einen Entwurf für eine Novelle zum Postgesetz in Begutachtung schicken, der sowohl die österreichische Post AG als derzeitigen Universaldienstleistet absichert und unterstützt, als auch den österreichischen Postmarkt inklusive einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit allen derzeit angebotenen Postdienstleistungen auf Dauer, vor allem aber ab dem 1.1.2011, sicherstellt?

14.      Was sind die Hauptinhaltspunkte der im Zuge der Liberalisierung des Postmarktes mit 1.1.2011 notwendigen Novelle zum Postgesetz?

15.      Welche Änderungen, Anforderungen bzw. Unterstützungen und Hilfestellungen seitens ihres Ministeriums und der österreichischen Gesetzgebung wird es für den/die Universaldienstbetreiber nach dem 1.1.2008 geben?

16.      Wird es die von der EU geforderte vollständige Postliberalisierung mit 1.1.2011 in Österreich jedenfalls geben oder nur unter der Voraussetzung, dass bis dahin die erforderlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen wurden?

17.      Wird es bei der Österreichischen Post AG ähnlich wie bei der ÖBB und der ASFINAG im Zuge der Nationalratswahl vom September 2008, der anschließenden Regierungsbildung und der damit verbundenen geänderten politischen Landschaft zu einer Änderung bei den Vorständen oder im Aufsichtsrat kommen und wenn ja, wie viel Geld steht für Abfertigungen und andere Zahlungen im Zuge der Auflösung von Managerverträgen zur Verfügung?