2983/J XXIV. GP
Eingelangt am 17.09.2009
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ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler
Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend zweifelhaftes Vorgehen der Niederösterreichischen, Kärntner und Salzburger Landwirtschaftskammer im Zusammenhang mit dem geplanten Bau der Tauerngasleitung (TGL), bzw. der Erdgasleitung Südschiene
Die geplante Errichtung der Tauerngasleitung, bzw. der Erdgasleitung Südschiene könnte ein weiteres Paradebeispiel für die Verquickung von wirtschaftlichen Interessen einer einflussreichen Energieindustrie und bereitwilligen Helfern in den Amtsstuben sein.
Anstatt die Interessen der Bürger zu vertreten, wird Lobbyingarbeit für Konzerne betrieben. Mit der Tauerngasleitung soll eine Gastransitroute von Deutschland nach Italien aus dem Boden gestampft werden, die mehrere EU-Länder mit Erdgas aus Afrika und dem arabischen Raum versorgen soll. Von Österreich erwartet man sich dabei anscheinend ohne aufzubegehren möglichst rasch die Verbindung von A nach B sicherzustellen.
Im konkreten Fall haben Vertreter der Niederösterreichischen, der Kärntner und der Salzburger Landwirtschaftskammer mit den Projektträgern der geplanten Tauerngasleitung, der Tauerngasleitung GmbH, bzw. der Erdgasleitung Südschiene, über die Köpfe der Betroffenen hinweg Verhandlungen über die Ablösehöhe für deren Grundstücke geführt. Die zuvor mit den Landwirtschaftskammern erzielte Einigung in der Tasche, meinten die Verantwortlichen der Tauerngasleitung GmbH, bzw. der Erdgasleitung Südschiene, die Grundstückseigentümer vor vollendete Tatsachen stellen zu können und übten zum Teil massiven Druck aus um eine Einwilligung in die Grundablöse zu erzielen. Die Kärntner sowie die Salzburger Landwirtschaftskammer haben darüber hinaus mit der Tauerngasleitung GmbH, einen irreführenden „Beschleunigungszuschlag“ vereinbart, der jenen Grundeigentümern ausbezahlt werden soll, die möglichst rasch ihre Unterschrift leisten. Mit dieser Vorgehensweise könnte bezweckt werden, bereits vor Beginn der UVP eine möglichst weitgehende Zustimmung der betreffenden Grundstückseigentümer zu erlangen, um so zumindest indirekt Einfluss auf den Ausgang der UVP zu nehmen. Diese Vorgehensweise ist in mehrfacher Hinsicht überaus bedenklich.
Bei den Betroffenen ist deshalb auch der Eindruck entstanden, dass es sich hierbei um eine Überrumpelungstaktik handle und gezielt entscheidende Informationen verschwiegen wurden. Dass diese Vorgehensweise zumindest unter Billigung der oben genannten Landwirtschaftskammern zur Anwendung kam, scheint für zahlreiche Betroffene auf der Hand zu liegen.
Berücksichtigt man hierbei noch, dass zudem die mehrheitlich in Landeseigentum befindlichen Energiegesellschaften EVN, KELAG, und Salzburg AG ein ausgeprägtes wirtschaftliches Interesse an der Errichtung der Tauerngasleitung, bzw. der Erdgasleitung Südschiene haben, und ihrerseits ebenfalls vehement bei den Grundstückseigentümer auf eine möglichst rasche Entscheidung zugunsten des Projektes hingewirkt haben, so liegt die Vermutung nahe, dass es sich hierbei um eine bis ins Detail zwischen der Tauerngasleitung GmbH, bzw. den Verantwortlichen der Erdgasleitung Südschiene, den oben genannten Landwirtschaftskammern und den oben genannten Energiegesellschaften akkordierte Aktion handelt.
Es sind gut funktionierende und unter Ausschluss der Öffentlichkeit agierende Netzwerke die gegenwärtig die dringend benötigte Trendwende in der österreichischen Energieversorgung verhindern.
Während der Ausbau der erneuerbaren Energien auf die lange Bank geschoben wird und immer neue bürokratische Hürden aufgetürmt werden, scheint vorauseilender Gehorsam gegenüber den international agierenden Energiekonzernen in der österreichischen Innenpolitik an der Tagesordnung zu sein.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten daher an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nachstehende
Anfrage
1.) Ist Ihnen bekannt, dass durch Vertreter der Tauerngasleitung GmbH, bzw. der Erdgasleitung Südschiene, sowie durch Vertreter der Energiegesellschaften EVN, KELAG, und Salzburg AG auf zahlreiche Bauern massiver Druck, teilweise unter Behauptung unrichtiger Tatsachen ausgeübt wurde, um deren Einwilligung in die Grundablöse für die geplante Errichtung der Tauerngasleitung, bzw. der Erdgasleitung Südschiene zu erlangen und wurden diesbezügliche Beschwerden an sie gerichtet?
a.) Falls ja, was werden Sie unternehmen um diesen Vorgängen im Rahmen ihrer Möglichkeit Einhalt zu gebieten und warum haben sie die Öffentlichkeit bislang nicht über diese Vorgänge informiert?
b.) Falls ja, wer waren die Vertreter der Niederösterreichischen, der Kärntner und der Salzburger Landwirtschaftskammer, die mit der Tauerngasleitung GmbH, bzw. den Vertretern der Erdgasleitung Südschiene Verhandlungen geführt haben, von wem erhielten sie den Auftrag dazu, und wurden Sie vor Verhandlungsbeginn über selbigen informiert; sofern Sie vor Verhandlungsbeginn nicht über selbigen informiert wurden, hätte man Sie darüber in Kenntnis setzen sollen?
c.) Falls nein, wann werden Sie sich über die erhobenen Vorwürfe eingehend informieren und die Antragsteller über die Ergebnisse Ihrer diesbezüglichen Erhebungen in Kenntnis setzen?
2.) Ist Ihnen bekannt, dass die oben genannten Landwirtschaftskammern mit Vertretern der Tauerngasleitung GmbH, sowie der Erdgasleitung Südschiene, beziehungsweise mit von diesen beauftragten Personen Verhandlungen über die Höhe der finanziellen Entschädigung für die Grundstücke zahlreicher Bauern, auf deren Grund die Tauerngasleitung errichtet werden soll, geführt haben, und dabei eine Einigung erzielt haben?
a.) Falls ja, wie können Sie den Umstand erklären, dass ohne vorherige Information der betroffenen Bauern und ohne deren Einwilligung einzuholen, derartige Verhandlungen geführt und zu einem Abschluss gebracht wurden?
b.) Falls ja, billigen Sie diese Vorgehensweise und warum billigen Sie diese?
c.) Ist eine derartige Vorgehensweise der oben genannten Landwirtschaftskammern auch bei anderen Projekten vorgekommen, falls ja wann, im Rahmen welcher Projekte und wurden diesbezüglich Beschwerden an ihr Ministerium oder die oben genannten Landwirtschaftskammern gerichtet?
3.) Wie beurteilen sie den Umstand, dass die Kärntner sowie die Salzburger Landwirtschaftskammern mit Vertretern der Tauerngasleitung GmbH einen „Beschleunigungszuschlag“ von 100% der regulären Entschädigungssumme vereinbart haben, die dann zur Auszahlung gelangen soll, wenn die betreffenden Grundstückseigentümer vor dem 31. 12. 2009, also vor Beginn des UVP-Verfahrens, die Einwilligung zur Abtretung ihrer Grundtücke erteilen, und sind sie der Ansicht, dass die oben genannten Landwirtschaftskammern damit keinen unangemessenen Einfluss auf die Entscheidungsfindung der betreffenden Grundstückseigentümer auszuüben versuchen ?
4.) Billigen Sie den Umstand, dass bei mehreren Informationsveranstaltungen der oben genannten Landwirtschaftskammern denjenigen betroffenen Mitgliedern, die sich gegen die Vorgehensweise der Tauerngasleitung GmbH, sowie der KELAG und Salzburg AG aussprechen wollten, das Wort entzogen wurde; falls ja, warum?
5.) Billigen Sie den Umstand, dass die oben genannten Landwirtschaftskammern ihren Mitgliedern, die nicht bereit sind, ihre Grundstücke abzutreten, jegliche Beratung und Informationen über ihre Rechte in mehrere Fällen verweigert haben; falls ja, warum?
6.) Haben die oben genannten Landwirtschaftskammern ihres Wissens nach die betreffenden Grundstückseigentümer darüber informiert, dass etwaige für die Grundablöse erhaltene Zahlungen steuerpflichtig sind und mit 30% - 50% der Ablösesumme besteuert werden; falls nein, warum ist eine solche Information nicht erfolgt?
7.) Ist Ihrer Ansicht nach die Vorgehensweise der oben genannten Landwirtschaftskammern im gegenständlichen Fall als vollkommen korrekt und transparent zu bezeichnen und wurden die betroffenen Bauern Ihrem Wissen nach ausreichend über die stattfindenden Verhandlungen bezüglich der Grundablöse informiert?
8.) Ist Ihrer Ansicht nach das Vorgehen der oben genannten Landwirtschaftskammern dazu angetan das Vertrauen der betreffenden Bauern in die für sie zuständige Landwirtschaftskammer zu stärken?
9.) Sind Sie der Ansicht, dass die betroffenen Bauern nicht imstande gewesen wären die Verhandlungen über die finanzielle Ausgestaltung der Entschädigung für die Grundablöse ihrer Grundstücke selbst zu führen und sind sie der Meinung, dass durch die Verhandlungsführung der oben genannten Landwirtschaftskammern die bestmöglichen Konditionen für die betroffenen Bauern erwirkt wurden?
a.) Falls ja, wie begründen sie diese Einschätzung?
b.) Falls nein, wie beurteilen Sie unter diesen Umständen das Vorgehen der oben genannten Landwirtschaftskammern?
10.) Wie rechtfertigen Sie im Zeitalter der Erschließung bzw. Förderung erneuerbarer Energiequellen den Bau einer neuen Erdgasleitung?
11.) Welche konkreten Projekte wurden seit Ihrem Amtsantritt vonseiten der oben genannten Landwirtschaftskammern initiiert um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu fördern und mit welchen finanziellen Mitteln sind diese Projekte ausgestattet?
12.) Sie haben im Februar diesen Jahres im Rahmen einer ÖVP-Wahlveranstaltung zum Kärntner Landtagswahlkampf in Großkirchheim erklärt, dass die geplante Tauerngasleitung zum Transport von in Kärnten hergestelltem Biogas genutzt werden könnte. Der Durchmesser der für die Tauerngasleitung geplanten Rohre beträgt einen Meter. Ist ein Rohr mit diesem Durchmesser Ihres Wissens nach dazu geeignet Biogas zu transportieren?