2987/J XXIV. GP

Eingelangt am 18.09.2009
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DRINGLICHE ANFRAGE

 

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Brunner, Freundinnen und Freunde

 

an den Herrn Bundeskanzler

 

betreffend „Solarwende Jetzt! Grüne Arbeitsplätze durch Ökoenergie“

 

„Die Nation, die bei der Entwicklung einer sauberen Energiewirtschaft führt, wird die Nation sein, die die Weltwirtschaft des 21. Jahrhunderts führt.“

US-Präsident Obama, im Juni 2009

 

 „Ziel unserer Politik ist Wachstum und Vollbeschäftigung“. (…)

„Die Bundesregierung setzt sich außerdem zum Ziel, Investitionen im Bereich nachhaltige Energieerzeugung durch stabile Rahmenbedingungen zu unterstützen.“

 

Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Wer Vollbeschäftigung anstrebt und Investitionen im Bereich nachhaltiger Energieerzeugung durch stabile Rahmenbedingungen verspricht, kann mit der aktuellen Situation im Bereich Ökoenergien bei weitem nicht zufrieden sein. Weder die größte Wirtschaftskrise seit achtzig Jahren noch die drängende Klimakrise hat die Bundesregierung bisher zum nötigen Umdenken bewogen.

 

Die Regierung hält weiter an alten Rezepten fest (Stichwort Verschrottungsprämie) statt in den rasant wachsenden Zukunftsmarkt der Umweltindustrien zu investieren und damit neue Arbeitsplätze zu schaffen und den Klimaschutzzielen näher zu kommen.

 

Auch wenn Wirtschaftsforscher bereits eine leichte Erholung der Konjunktur sehen: die Anzahl der Menschen ohne Job steigt weiter dramatisch an, der Höhepunkt der Arbeitslosigkeit wird erst für 2010 erwartet. Unter Einberechnung der Schulungen des Arbeitsmarktservice (AMS) sind derzeit insgesamt knapp unter 300.000 Menschen ohne Job.

 

Für 2010 wird ein weiterer starker Anstieg der Arbeitslosigkeit prognostiziert. Das WIFO rechnet – optimistisch - mit 310.000 Arbeitslosen im Jahresschnitt, ohne Menschen in Schulungen. Realistisch und inkl. der Menschen in Schulungen muss damit gerechnet werden, dass im Jahr 2010 bis zu 400.000 Menschen ohne Arbeit sein werden. Das wäre die höchste Arbeitslosigkeit seit 1946.

 

„Investieren in die Zukunft!“, müsste das Motto aktueller Regierungsinitiativen lauten, denn in Zeiten der Krise ist es nicht egal, wo investiert wird. Nahezu alle internationalen Wirtschaftsexperten sind sich einig, dass im Bereich „Green Jobs“ und „nachhaltiger Energieversorgung“ das größte Zukunftspotential vorhanden ist.

Leider folgen diesem Befund bis heute keine Taten seitens der Bundesregierung.

 

 

Schulterschluss von Umwelt und Wirtschaft schafft zukunftssichere Jobs

 

Jetzt startet die ökologische Wende durch. In den USA, in Deutschland, in Südkorea, in Japan, in Tschechien wird bewusst in den Wachstumsmarkt Umweltwirtschaft investiert. Ökoenergien werden massiv gefördert, Umwelt hat Vorrang in vielen Konjunkturpaketen. Bereits heute bietet die Umweltindustrie der EU mehr Arbeitsplätze als die gesamte europäische Autoindustrie.

 

Die USA steigen voll ein in die stark wachsenden Märkte der Ökoindustrie. US-Präsident Obama investiert 2,4 Milliarden USD in die Entwicklung von Elektroautos und 58 Mrd. USD in Energieeffizienzprogramme und Ökoenergien. In der Windkraft ist die USA bereits Weltmarktführer und hat sogar Deutschland überholt.  Die Umweltindustrie boomt auch in Europa. In Deutschland wurden durch das Erneuerbare Energien Gesetz in den letzten Jahren 280.000 neue Jobs geschaffen.

 

Österreich verschläft diesen Aufbruch. SPÖ und ÖVP haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

 

„Green Jobs“ ist zwar das neue Lieblingswort des Landwirtschaftsministers, für die Bundesregierung aber nichts als eine hohle Phrase.  Die heimischen Ökoindustrie-Unternehmen werden konsequent ausgebremst.

 

In Österreich gibt es kein grünes Konjunkturpaket.  Österreich liegt mit einem Anteil von 29 Prozent Zukunftsinvestitionen in den Konjunkturpaketen unter dem Durchschnitt der von der OECD getesteten Staaten von 38 Prozent, wie eine aktuelle Analyse des WIFO ergibt. Lediglich ein Prozent der Maßnahmen zur Belebung der Wirtschaft in Österreich kommt laut WIFO Ausgaben für Wissenschaft und Forschung und Entwicklung zu, ein Prozent entfällt auf Bildungsausgaben, vergleichsweise geringe fünf Prozent auf grüne Technologien. Zum Vergleich: Südkorea investiert laut einer Studie der britischen Bank HSBC 80% seiner Konjunkturpakete in ökologische Projekte.

 

 

Das Ökostrom-Ausbaustopp-Gesetz der Bundesregierung

 

Beim Ökostrom-Ausbau ist Österreich vom europäischen Vorreiter zum Nachzügler geworden. Das Gesetz trat 2003 in Kraft und führte in den ersten Jahren zu einem Ausbau-Boom. Mit dem – kurzsichtigen -  Argument hoher Kosten und getrieben von Industrielobbys und Gewerkschaft trat die Bundesregierung 2006 auf die Bremse. Eine Gesetzesnovelle und die  Senkung der Einspeisetarife brachte den Ökostrom-Ausbau seither weitgehend zum Erliegen. Das Ökostromgesetz zählt zu den schlechtesten Fördergesetzen Europas. Es ist ein Ökostrom-Ausbaustopp-Gesetz.

 

Der Stillstand beim Ökostromausbau muss beendet werden. Die Chance auf zehntausende Grüne Jobs, Export-Erfolge der heimischen Ökoindustrie und das Erreichen der Klimaschutzziele ist jetzt da: Das Ökostromgesetz muss im Nationalrat neu beschlossen werden.

 

Der Grüne Weg aus der Krise: Anhebung des Förderdeckels im Ökostromgesetz von 21 auf mind. 50 Mio. Euro. Bis Ende 2010 soll das Ökostromgesetz gänzlich auf neue Beine gestellt werden. Nach Vorbild des deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetzes kann ein neues Ökostromgesetz in Österreich zehntausende krisensichere Jobs schaffen.

 

 

Beispiel Solarstrom: Weltweiter Boom, Stillstand in Österreich

 

In Deutschland wurden 2008 Photovoltaikanlagen zur Produktion von Sonnenstrom mit einer Gesamtleistung von 1.500 MW in Betrieb genommen, heuer werden es Neuanlagen mit einer Gesamtleistung von bereits 2000 MW sein. Das entspricht der Leistung von zwei AKW-Blöcken des AKW Temelin bzw. mehr als der Gesamtleistung des gesamten AKW Mochovce im geplanten Endausbau (4 Blöcke).

 

In Österreich wurden 2008 3 MW Photovoltaik zugebaut, Prognose für 2009: 5 MW. Das ist kein Tippfehler sondern die traurige Auswirkung einer seit Jahren völlig verfehlten Förderpolitik der Bundesregierung. Sogar unser auf Grund des gefährlichen AKW Temelin vielfach kritisiertes Nachbarland Tschechien hat im Jahr 2008 Sonnenstromanlagen mit einer Leistung von 50 MW ans Netz genommen, das 17-fache Österreichs.

 

Weltweit verzeichnete die Photovoltaik-Branche im Jahr 2008 ein Rekord-Wachstum von 117%. In Europa sichert die PV-Branche mittlerweile ca. 100.000 hochwertige Arbeitsplätze. Deutschland ist Weltmarktführer, Spanien ist Rekordhalter bei den Zuwachsraten, auch die Märkte in Italien, Frankreich, Belgien und Portugal entwickeln sich stark.

 

Nur in Österreich herrscht Sonnenfinsternis.

 

Ursache ist eine viel zu geringe Förderung in und außerhalb des Ökostromgesetzes. Im Ökostromgesetz stehen jährlich gerade einmal 2,1 Mio. Euro an Fördermittel für neue Anlagen zur Verfügung.

 

Auch außerhalb des Gesetzes, im Bereich der Bundes-Investförderungen, kann nur von einem Förderdesaster gesprochen werden: Am 4. August 2009 startete die Förderausschreibung für die Photovoltaik-Förderung des Bundes (Klima- und Energiefonds). Ein Budget in der Höhe von 18 Mio. Euro steht zur Verfügung, damit ist die Förderung von gerade einmal 1.500 Kleinanlagen möglich. Obwohl die Förderaktion bis Ende November läuft, wurden in den ersten 2 Stunden (!) 6.000 Förderansuchen eingereicht. Bis heute sind fast 10.000 Fördersuchen eingelangt. Mehr als 8.000 Menschen, die sich mit zukunftssicherem Sonnenstrom versorgen wollen, soll die Fördertür zugeschlagen werden. 8.000 potentielle Sonnenstrom-Anlagenbetreiber, die mit privaten Mitteln bereit sind, in die Wirtschaft zu investieren, und damit heimische Wertschöpfung zu schaffen, werden nicht unterstützt.

 

Der Grüne Weg aus der Krise: Jeder der eine Sonnenstromanlage bauen will, soll dafür auch eine Förderung bekommen. Dazu soll die Bundesförderung auf 100 Mio. Euro aufgestockt werden. Dadurch könnten bis zu 1.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

 

ExpertInnen schätzen, dass im Bereich Photovoltaik bis 2030 weilweit zehn Millionen Jobs geschaffen werden können. In Österreich sind bei ausreichender Unterstützung 15.000 neue Grüne Arbeitsplätze möglich.


Beispiel Windkraft: Bundesregierung verursacht jahrelange Flaute

 

Unter dem ursprünglichen Ökostromgesetz konnten in den Jahren 2003 bis 2006 noch durchschnittlich 100 Anlagen mit 200 MW pro Jahr zugebaut werden. Im Jahr 2007 wurden nur zehn Windkraftanlagen (19,5 MW ), im Jahr 2008 gar nur mehr sieben Anlagen (14 MW) errichtet. Heuer wird kein einziges Windrad errichtet werden.  Die jahrelange Flaute ist am absoluten Tiefpunkt angekommen. Ähnlich sieht es auch bei anderen Ökostromanlagen aus.

 

Außerhalb von Österreich bläst ein kräftiger Wind. Die Windkraft hat sich in Europa mittlerweile zur Nummer 1 der Energieträger emporgeschwungen, was den Zuwachs betrifft. 2007 wurden in Europa 8.500 MW Windenergie zugebaut gegenüber 8.100 MW im Bereich Erdgas.

 

Die Windkraft könnte in Österreich bis 2020 massiv (von derzeit ca. 1000 MW auf dann 3.500 MW) ausgebaut werden und im Jahr 2020 10% des österreichischen Strombedarfes decken, wenn die Förderbedingungen entsprechend gestaltet würden. Im derzeitigen Ökostromgesetz ist zwar ein Zubauziel für Windkraft von +700 MW bis 2015 vorgesehen. Mit der aktuellen Ausbaugeschwindigkeit würde es aber 50 Jahre dauern, um dieses Ziel zu erreichen. Was es daher braucht ist ein verbessertes Ökostromgesetz und vor allem Einspeisetarife auf Europaniveau. Derzeit beiträgt der Einspeisetarif für Windenergie 7,5 Cent/kWh, dort wo der Ausbau funktioniert (Deutschland, Frankreich etc.) liegen die Tarife zwischen 9,5 und 10 Cent.

 

Die Windkraft kann ein Jobmotor sein, wenn die Regierung endlich Schwung reinbringt. Die österreichische Windkraftzulieferindustrie ist heute schon führend in den Bereichen Steuerungen, Windkraftgeneratoren, Windkraftanlagendesign und High-Tech-Werkstoffe und reüssiert vor allem auf ausländischen Märkten. Das Exportvolumen beträgt derzeit über 300 Mio. €. Tendenz stark steigend. Bereits heute sichert die Windkraft 2.500 Arbeitsplätze. Eine kluge Förderpolitik könnte in den nächsten Jahren weitere tausende Jobs schaffen.

 

 

Wer gegen Ökostrom ist, ist für Atomstrom

 

In Regierungsprogramm haben SPÖ und ÖVP angekündigt, sich gegen jede Art der Förderung der Kernenergienutzung sowie gegen den Bau neuer Atomkraftwerke einzutreten. Wer konsequent gegen die Nutzung der Atomenergie eintreten will muss auch glaubwürdig für umweltfreundliche Alternativen eintreten. Die Blockadepolitik der Bundesregierung beim Ökostrom hat zu steigenden Atomstromimporten geführt. Der österreichweite Atomstromanteil beträgt heute ca. 20% und der Handel mit Atomstrom nimmt zu.

 

Österreichischer Wasserkraftstrom wird exportiert, im Gegenzug wird auf den europäischen Strombörsen billiger Strom eingekauft, der einen hohen Atomstromanteil beinhaltet. Dadurch und durch den ständig steigenden Strombedarf wird auch Österreich zu einem immer größeren Absatzmarkt für Atomstrom

 

Österreich ist umzingelt von veralteten Risikomeilern im grenznahen Ausland. Nur 160 km von Wien entfernt plant die Slowakische Republik die Erweiterung des AKW Mochovce um zwei Reaktoren (Block 3 und 4). Die jetzt vorgelegte Umweltverträglichkeitserklärung ist völlig inakzeptabel, da sie zentrale Sicherheitsfragen ignoriert. Darüber hinaus versucht der Betreiber die im Rahmen des UVP-Verfahrens abzuhaltende Anhörungen in Bratislava und Wien zu manipulieren bzw. zu verhindern, wie die Veröffentlichung eines internen Strategiepapiers belegt.  

 

Die Bundesregierung schaut diesen Entwicklungen tatenlos zu und hat den Kampf gegen das Atomrisiko an unseren Grenzen offenbar aufgegeben. Auch beim tschechischen AKW Temelin sind die gravierenden Sicherheitsmängel bis heute nicht behoben, dass Treffen des Bundeskanzlers mit dem tschechischen Premier im August 2009 verlief diesbezüglich ergebnislos.

 

 

Althaussanierung: Nützt Regierung Chance auf 7.000 neue Jobs?

 

Im Rahmen des Konjunkturpakets II hat die Bundesregierung 100 Mio. Euro für die thermische Gebäudesanierung bereitgestellt, davon 50 Millionen für private Haushalte. Das hohe Interesse hat gezeigt, dass viele Menschen bei entsprechenden Förderanreizen bereit sind, private Mittel für Sanierungsmaßnahmen bereitzustellen. Bereits Anfang Juli war der Fördertopf leer. Obwohl von Wirtschaftsforschern in Wochentakt empfohlen ist bis heute keine Fortsetzung dieser arbeitsplatzintensiven und klimapolitisch effektiven Maßnahme geplant.

 

Der Grüne Weg aus der Krise: Durch weitere 100 Millionen Euro würden Investitionen von ca. 650 Millionen Euro ausgelöst und ca. 7.000 Arbeitsplätze in der Baubranche geschaffen bzw. gesichert werden. Konkret könnten 10.000 private Häuser saniert werden. Pro Haushalt stünde ein Förderzuschuss von ca. 5.000 Euro zur Verfügung; die Heizkosten würden durch die Sanierung um bis zu 90% sinken. Das hohe Investitionsvolumen würde viele Steuermillionen ins Budget spülen, sodass die Maßnahme letztlich so gut wie kostenneutral wäre.

 

 

Investieren in Energieunabhängigkeit

 

Österreich ist aufgrund der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern in hohem Maße von

Energieimporten abhängig. Mehr als 70% der in Österreich verbrauchten Energie muss importiert werden. Jährlich fließen ca. 12 Milliarden Euro ins Ausland. Die Gaskrisen (Konflikt Russland-Ukraine) der vergangenen Jahre, die auch für die kommenden Jahre zu erwarten sind, offenbaren, dass dauerhaft nicht mehr mit der billigen Versorgung durch fossile Energieträger zu rechnen ist. Durch gezielte Investitionen in Ökoenergien kann Österreich den Eigenanteil an der Strom- und Wärmeproduktion deutlich steigern, die Auslandsabhängigkeit reduzieren, Arbeitsplätze schaffen  und Österreichs Wirtschaft stärken.


Investieren in Versorgungssicherheit und stabile Energiepreise

 

Mehr Unabhängigkeit trägt zu mehr Versorgungssicherheit bei.  Denn die erneuerbaren Energien sind nicht abhängig von der politischen Krisenregionen im nahen Osten oder den politischen Entwicklungen in Russland, Österreichs wichtigstem Gaslieferanten.  Der Ausbau erneuerbarer Energien und die Förderung von Energieeffizienz ist auch eine Investition in Preisstabilität. Aufgrund der weltweiten, rezessionsbedingt geringeren Nachfrage nach Energie sind zwar die Preise kurzfristig gesunken. Jedoch wird sich das radikal ändern, wenn die Weltwirtschaft wieder in die Gänge kommt. Erste Anzeichen sind deutlich erkennbar.

 

Die Nachfrage nach Öl und Gas wird durch das Angebot zukünftig kaum abgedeckt werden können. Noch stärker als in den Jahren 2007 und 2008 wird der Ölpreis in die Höhe schnellen. Analysten gehen davon aus, dass Ölpreise von 100-150 US-Dollar wieder Normalität werden. Auch 200 bis 300 US-Dollar sind bei rapidem Wachstum nicht ausgeschlossen. Erneuerbare Energieträger, insbesondere Solarenergie und Windkraft, sind von der Preisvolatilität der fossilen Energieträger nicht betroffen und damit eine Investition in die Versorgungssicherheit mit langfristig stabilen Energiepreisen.

 

 

Investieren in den Klimaschutz statt Strafzahlungen auf Kosten der SteuerzahlerInnen

 

Von 7. bis 18. Dezember wird in Kopenhagen die 15.Vertragsstaatenkonferenz zur UN-Klimarahmenkonvention stattfinden. Nach Kyoto 1997 wird diese Konferenz als möglicherweise wichtigster Meilenstein für ein international verbindliches Klimaabkommen gesehen. Österreich reist mit leeren Händen nach Kopenhagen und ist meilenweit von der Erreichung seiner Klimaschutzziele entfernt.

 

Österreich muss seine CO2-Emissionen gemäß EU-Vereinbarung im Zeitraum 2008 bis 2012 um 13% unter das Niveau von 1990 senken. Im Jahr 2007 lagen die Emissionen um 11,3 % über dem Niveau von 1990.

 

Die Bundesregierungen haben jahrelang geschlafen. Das Klimaschutzziel ist kaum mehr erreichbar. Hunderte Millionen an Strafzahlungen drohen. Strafzahlungen, die – rechtzeitig investiert in die Energiewende – Österreich nicht nur auf Klimaschutzkurs gebracht, sondern auch zehntausende neue Jobs geschaffen hätten. Jetzt müssen die SteuerzahlerInnen doppelt zahlen: für die Kosten der Krise und für die Versäumnisse im Klimaschutz.

 

Investieren in die Erreichung der EU-Ziele

 

Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, den Anteil der erneuerbaren Energieträger bis 2020 auf 20% zu steigern und eine 20%-ige Reduktion bei den Treibhausgasemissionen zu erreichen. (Dieser Zielwert kann auf 30 % angehoben werden, wenn andere Industrienationen einschließlich der USA sich zu ähnlichen Reduktionen verpflichten und Schwellenländer wie China und Indien ebenfalls angemessene Beiträge leisten.)

 

Für Österreich wurde dabei das Ziel fixiert, bis 2020 einen 34%-igen Anteil von

Wind-, Wasser-, Solarenergie und Biomasse am Energiemix zu erzielen.  Derzeit produziert Österreich rund 25% seiner Energie aus erneuerbaren Energiequellen.

 

Noch 2007 (Regierung Gusenbauer) wurde im Regierungsprogramm festgelegt, den Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch bis 2020 auf 45% zu steigern und den Anteil der erneuerbaren Stromerzeugung bis 2020 auf 85% anzuheben. Im Regierungsprogramm 2009 finden sich diese Ziele nicht wieder. Im Gegenteil: die Bundesregierung hat sogar das deutlich niedrigere EU-Ziel (34% erneuerbare Energie bis 2020) bekämpft.

 

Die Regierung Faymann hat der Mut verlassen. Würde die Bundesregierung die Ökoenergien und Energieeffizienz mit voller Kraft unterstützen, könnte Österreich den Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch bis 2020 auf 50% steigern, im Strombereich wäre bis 2020 ein Komplettumstieg auf 100% Strom aus Erneuerbaren möglich.

 

In Zukunftstechnologien investieren statt auf alte Rezepte setzen

 

Während sie beim Thema Ökoenergien-Investitionen mit Kosten- bzw. Budgetargumenten auf der Bremse steht hat die Bundesregierung ohne mit der Wimper zu zucken 22,5 Mio. Euro in die Verschrottungsprämie für alte Autos gepumpt, ohne auch nur den geringsten zukunftsorientierten Lenkungseffekt vorzusehen. Die Automobilindustrie in Europa wird sich radikal neu orientieren müssen. Verbrauchsarme Autos, neue Technologien (Elektroautos) sind die Zukunft. Diese Chance hat die Bundesregierung verpasst.

 

Die Bundesregierung will in den kommenden zehn Jahren viele Milliarden Euro in Strassen- und Autobahnprojekte investieren, deren Sinnhaftigkeit auch wirtschaftlich nicht darstellbar ist. Das ist der falsche Weg.

 

Einige Beispiele:

Alleine diese Straßenprojekte summieren sich auf mehr als 5,5 Mrd. Euro - sehr viel Geld, das nur Teilen der Bauindustrie und den Großbanken, die diese Bauwut auf Pump finanzieren, nützt und im Vergleich beispielsweise zur Althaussanierung oder zu Investitionen in mehr und besseren Öffentlichen Verkehr nur geringe Arbeitsplatzeffekte hat. Dass der Öffentliche Verkehr in Österreich heute schon 170.000 Arbeitsplätze sichert und hier zusätzlich großes Exportpotenzial bei innovativen Schienenfahrzeugen, Straßenbahnen etc besteht, ignoriert die Regierung.

 

Der Grüne Weg aus der Krise:

Umdenken. In die Zukunft investieren. Krisensichere Arbeitsplätze schaffen.

Vieles wurde bisher verabsäumt. Vieles ist trotzdem noch möglich.

Wenn jetzt die Weichen richtig gestellt werden.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1. Während Ökoenergien in vielen anderen Staaten boomen und zehntausende Jobs geschaffen werden, herrscht in Österreich seit 2006 Stillstand beim Ökostromausbau. Ein einstimmiger Beschluss der Bundesländer (Umweltlandesräte) fordert die Bundesregierung auf, das Ökostromgesetz komplett neu zu fassen, in Anlehnung an das deutsche Erneuerbare Energien-Gesetz, welches in Deutschland in den letzten Jahren 280.000 neue Jobs geschaffen hat und von mehr als 50 Staaten weltweit übernommen wurde. Wird sich die Bundesregierung für eine Reform des Ökostromgesetzes nach Vorbild des deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetzes einsetzen und dem Nationalrat einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorlegen? Falls ja, bis wann und wie viele neue Arbeitsplätze können in Österreich dadurch bis 2020 geschaffen werden? Falls nein, wieso nicht?

 

2. Eine unter anderem vom Lebensministerium in Auftrag gegeben Studie kam kürzlich zum Ergebnis, dass im Bereich Erneuerbare Energie und thermische Gebäudesanierung in Österreich kurz- und mittelfristig 50.000 bis 75.000 neue Jobs geschaffen werden können. Wie viele „Green Jobs“ gibt es derzeit in Österreich? Wie viele „Green Jobs“ hat diese Bundesregierung bereits geschaffen? Wie viele „Green Jobs“ wird die Bundesregierung bis 2013 schaffen und welche konkreten Maßnahmen wird die Regierung bis Jahresende umsetzen, um die Schaffung von „Green Jobs“ auf den Weg zu bringen?

 

3. Im Papier „Eckpunkte für eine Energiestrategie Österreich“ ist festgelegt, den Gesamtenergieverbrauch bis 2020 auf dem Niveau von 2005 zu stabilisieren (Zielwert: 1.100 PJ). Wie hoch werden bzw. sollen die jährlichen Finanzmittel sein, die die Bundesregierung in die Hand nimmt, um dieses Ziel, sowie die Energie- und Klimaziele der EU für Österreich bis 2020 zu erreichen?

 

4. In der Ökostromgesetz-Novelle 2008 wird als Ziel festgelegt, bis 2015 zusätzliche Windkraftkapazitäten von 700 MW Leistung zu errichten. Wie gedenkt die Bundesregierung dieses Ziel angesichts des strengen Förderdeckels im Ökostromgesetz erreichen zu wollen? Welchen Einspeisetarif für Windenergie sollte der Wirtschaftsminister verordnen, damit dieses Ausbauziel erreichbar ist? Halten Sie die Höhe des derzeitigen Einspeisetarifs von 7,5 Cent/kWh für ausreichend? Treten Sie dafür ein, dass – wie in vielen EU-Staaten üblich – der Einspeisetarif für Windenergie auf 9,5 bis 10 Cent/kWh angehoben wird? Falls Nein, warum nicht?

 

5. Wie viele Ökostromanlagen sind in den Jahren 2006, 2007, 2008, 2009 (Prognose) in Österreich in Betrieb gegangen? Wie viele Ökostromanlagen sind seit Ihrem Amtsantritt als Bundeskanzler in Betrieb gegangen? (Bitte jeweils um Aufschlüsselung nach Technologie und Angabe in zugebauter Leistung pro Jahr)

 

6. Werden Sie sich als Bundeskanzler dafür einsetzen, dass der Förderdeckel im Ökostromgesetz von 21 Mio. Euro auf- bzw. substantiell angehoben wird, damit die EU-Ziele und die im Ökostromgesetz festgelegten Ausbauziele auch tatsächlich erreichbar sind? Falls ja, wann soll der Deckel auf- bzw. angehoben werden? Falls nein, warum nicht?

 

7. Werden Sie sich als Bundeskanzler dafür einsetzen, dass in diesem Zusammenhang insbesondere den Förderdeckel für Photovoltaikanlagen im Ökostromgesetz aufgehoben wird? Falls nein wieso nicht?

 

8. Halten Sie die 18 Millionen Euro, die im August 2009 durch den Klima- und Energiefonds (KLI.EN) zur Förderung von privaten Photovoltaik-Anlagen bereitgestellt wurden, für ausreichend? Falls ja, was sagen Sie jenen ca. 8.000 Menschen, die eine Förderung beantragt haben, aber diese auf Grund der begrenzten Mittel nicht erhalten werden? Falls nein, bis wann und um wie viel wird die Bundesregierung die Fördermittel anheben?

 

9. Wie viele Anlagen und wie viele Arbeitsplätze können durch die Photovoltaik-Bundesförderung des KLI.EN im Ausmaß von 18 Millionen Euro installiert bzw. geschaffen werden? Wie viele Anlagen und wie viele Arbeitsplätze würden errichtet bzw. geschaffen werden, wenn jeder Privathaushalt, der eine Anlage bauen will, diese auch gefördert bekommt?

 

10. Wie erklären Sie sich, dass heuer in Österreich Photovoltaikanlagen nur mit einer Gesamtleistung von 5MW errichtet werden, während in Tschechien 2008 17 Mal und in Deutschland 2009 sogar 400 mal so viel dazugebaut wird? Ist dieser Zustand aus Sicht der Bundesregierung zufriedenstellend und falls nein, welche Maßnahmen wird die Bundesregierung setzen, um das zu ändern?

 

11. Die Betreiber des slowakischen AKW Mochovce versuchen, die laufende Umweltverträglichkeitsprüfung für den Fertigbau der AKW-Blöcke 3 und 4 zu sabotieren, wie ein vorige Woche von Global 2000 veröffentlichtes Geheimpapier der Betreiber belegt. Wieso gibt es bis heute keine offizielle Stellungnahme bzw. keine diplomatische Protestnote der Bundesregierung zu diesem skandalösem Vorgehen? Welche offiziellen Schritte werden Sie bis wann einleiten, um gegen das inakzeptable Vorgehen der Mochovce-Betreiber und der slowakischen Behörden aufzutreten?

 

 12. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung setzen, um Atomstromimporte zurückzudrängen, damit sich Österreich nicht länger den Vorwurf gefallen lassen muss, der Atomlobby in die Hände zu arbeiten?

 

13. Welche Schritte werden Sie setzen, damit die weiterhin bestehenden gravierenden Sicherheitsmängel beim tschechischen AKW Temelin rasch behoben werden?

 

14. Wird die Bundesregierung den sehr erfolgreichen, aber bereits ausgelaufenen thermischen Sanierungsscheck (Konjunkturpaket II) neu auflegen und neuerlich mit 100 Mio. Euro dotieren? Falls ja wann und wie viele Arbeitsplätze können damit geschaffen bzw. gesichert werden. Falls nein, wieso soll auf diese arbeitsplatzintensive und konjunkturbelebende Maßnahme in Zeiten der Wirtschaftskrise verzichtet werden? Welches Investitionsvolumen wurde durch den thermischen Sanierungsscheck des Konjunkturpakets II ausgelöst?

 

15. Sollen in den nächsten zehn Jahren tatsächlich (wie in der Begründung dieser Anfrage aufgelistet) 5,5 Mrd. Euro in den Autobahn- und Straßenbau investiert werden? Wie viel wird die Bundesregierung in den kommenden zehn Jahren in den Sektor der Elektromobilität investieren?

 

16. Wie viele Arbeitsplätze werden in den kommenden zehn Jahren durch die Investition von ca. 5,5 Mrd. Euro in Autobahnen und Schnellstrassen (gem. Liste in Begründung dieser Anfrage) geschaffen und wie viele Arbeitsplätze könnten geschaffen werden, wenn dieselben Finanzmittel stattdessen im selben Zeitraum a) in die thermische Sanierung von Gebäuden, b) in mehr und besseren Öffentlichen Verkehr investiert werden würden?

 

17. Treten Sie dafür ein, zur Erreichung der EU-Energie- und Klimaziele bis 2020 in Österreich in den kommenden Jahren Finanzmittel im selben Ausmaß wie beim Straßenbau, also ebenfalls 5,5 Mrd. Euro, zu investieren? Falls nein, warum nicht?

 

18. Sie haben am 16. April 2008 (als damaliger Verkehrsminister) gemeinsam mit Josef Pröll (damals Umweltminister) ein „Bundesklimaschutzgesetz“ angekündigt. Dieses sollte noch vor Sommer 2008 im Ministerrat beschlossen und 2009 umgesetzt werden. Wieso gibt es bis heute kein Bundesklimaschutzgesetz? Bis wann wird ein  Bundesklimaschutzgesetz im Ministerrat zur Beschlussfassung vorliegen?

19. Halten Sie angesichts der gravierenden Versäumnisse Österreichs beim Klimaschutz die Erreichung des Kyoto-Klimaschutzziels noch für erreichbar? Falls ja, welche Maßnahmen wird die Bundesregierung konkret bis wann dazu umsetzen?

 

20. Liegen Ihnen Angaben bzw. Schätzungen vor, in welchem Ausmaß Österreich Strafzahlungen leisten muss, sollte das Klimaschutzziel verfehlt werden?

 

 

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 93 Abs. 2 GOG

verlangt.

 

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