3362/J XXIV. GP

Eingelangt am 21.10.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Ferdinand Maier

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend ausstehender Bericht an den Nationalrat über die zur Vollstreckung österreichischer Entscheidungen in anderen Mitgliedsstaaten im Bereich des Verkehrswesens notwendigen Auskunftserteilungen zur Ermittlung der Lenker

Um auch ausländische Verkehrssünder wirkungsvoll bestrafen zu können, hat die Europäische Kommission den Rahmenbeschluss 2005/214/JI vom 24.2.2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen erlassen. In Österreich erfolgte die Umsetzung des Rahmenbeschlusses im Rahmen des EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetzes (kurz EU-VStVG, BGBl I 2008/3

v 4.1.2008), in Kraft getreten per 1.3.2008.

Bereits vor zwei Jahren wurden bei Beschlussfassung des Gesetzes Befürchtungen dahingehend geäußert, dass eine Bestrafung ausländischer Verkehrssünder in der Praxis weiterhin daran scheitern könnte, dass keine grenzüberschreitende brauchbare Möglichkeit besteht, im Ausland wohnhafte Fahrzeughalter bzw -lenker auszuforschen und Strafbescheide wirksam zuzustellen.

Daher wurde im Zuge der Vorberatung des EU-VStVG im Verfassungsausschuss des Nationalrats ein Entschließungsantrag angenommen, wonach ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes, also im März 2009, ein Bericht über die Praxis und mögliche Probleme der Vollstreckung österreichischer Entscheidungen in anderen Mitgliedstaaten im Bereich des Verkehrswesens vorzulegen ist.

Dieser Entschließungsantrag, der in der Folge am 5. Dezember 2007 vom Nationalrat beschlossen wurde, hatte folgenden Wortlaut:


Entschließung

Der Bundeskanzler, der Bundesminister für Inneres und der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie werden ersucht, ein Jahr nach Inkrafttreten des EU- Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetzes dem Nationalrat einen Bericht über die zur Vollstreckung österreichischer Entscheidungen in anderen Mitgliedsstaaten im Bereich des Verkehrswesens notwendigen Auskunftserteilungen zur Ermittlung der Lenker zu geben und darin insbesondere die Mitgliedsstaaten der EU anzuführen,  in denen damit gehäuft

Probleme auftreten. Weiters soll der Bericht Vorschläge enthalten, wie die Gegenseitigkeit bei der Halter- und Lenkerermittlung sowie der Vollstreckung von Entscheidungen in diesem Zusammenhang gewährleistet werden kann."

Im Bericht des Landesrechnungshofes Salzburg über die Abwicklung von Verkehrsstrafen in der BH Hallein[1] wird deutlich dargelegt, dass im Jahr 2007 von den rund 300.000 im Land Salzburg festgestellten Verkehrsdelikten rund 50.000 ungestraft blieben, weil gegen ausländische Lenker in ihren Heimatstaaten nicht vorgegangen werden kann.

Österreich hat mit Deutschland[2] und Italien[3] bilaterale Amts- und Rechtshilfeabkommen abgeschlossen. Umgekehrt sind die österreichischen Behörden aber gem § 86 Abs 3 KFG gegenüber allen Behörden der Vertragsstaaten des Wiener Übereinkommens zur Halter- und Lenkerdatenauskunft verpflichtet. Aus der Praxis wird jedoch berichtet, dass ausländische Behörden mit Ausnahme von Deutschland und der Schweiz kaum Daten an österreichische Behörden übermitteln.

Von den heimischen Autofahrern wird kritisiert, dass ihre Daten zum Zwecke der Bestrafung ins Ausland weiter gegeben werden, umgekehrt aber ausländische Verkehrssünder in den meisten Fällen nicht zur Verantwortung gezogen und bestraft werden können. Im o.g. Entschließungsantrag zum EU-VStVG wird ebenfalls gefordert, dass der Bericht Vorschläge enthalten soll, wie die Gegenseitigkeit bei der Halter- und Lenkerermittlung sowie der Vollstreckung von Entscheidungen gewährleistet werden kann.

Auch der Europäischen Kommission sind die Unzulänglichkeiten bei der grenzüberschreitenden Strafverfolgung bewusst, weswegen ein Richtlinien-Entwurf zur Erleichterung der grenzübergreifenden Durchsetzung von Verkehrssicherheitsvorschriften[4] präsentiert wurde. Nach den den unterfertigten Abgeordneten vorliegenden Informationen hat die Federführung über die Erstellung des Berichtes die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie inne.

Da dieser Bericht dem Nationalrat bis heute nicht vorgelegt wurde, richten die unterfertigten Abgeordneten aus Gründen der Verkehrssicherheit an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie nachstehende

 

Anfrage

1.) Wann ist mit der Vorlage des oben genannten Berichts an den Nationalrat zu rechnen?

2.) Womit begründen Sie die Verzögerung der Vorlage?

2.) Zeichnen sich, falls der Bericht bereits vorbereitet wurde, bereits Erfahrungen mit der Auskunftserteilung zur Ermittlung verkehrsauffälliger ausländischen Lenker ab?

3.)  Wird in dem oben genannten Bericht dargelegt, welche Mitgliedstaaten Halter- und Lenkerdaten an österreichische Behörden übermitteln und welche nicht?

4.) Wie stehen Sie zu der Überlegung, in § 86 Abs 3 KFG eine materielle Gegenseitigkeitsklausel zu verankern, wonach ausländischen gerichtlichen Vollstreckungsersuchen nur dann zu entsprechen ist, wenn gewährleistet ist, dass auch der ersuchende Staat einem gleichartigen österreichischen Ersuchen entsprechen würde?

5.) Werden Sie sich für eine rasche EU-weite Lösung verwenden und die Arbeiten am genannten Richtlinien-Entwurf vorantreiben?

6.) Wollen Sie bis zu einem Zustandekommen einer EU-weiten Lösung bilaterale Abkommen vor allem mit den Nachbarländern Österreichs und Polen abschließen, damit der dringend notwendige Datenaustausch auf diesem völkerrechtlichen Wege endlich rasch zustande kommt?



[1] Jänner 2009, LRH - 3-117/8 - 2008, http://www.salzburg.gv.at/bh-hallein.pdf.

[2] Vertrag zwischen Österreich und Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen vom 18.7.1990, BGBl 526/1990 (kurz: Verwaltungsabkommen); zum unklaren Schicksal des
Verwaltungsabkommens nach Umsetzung des RB durch Deutschland vgl Pronebner, EU-VStVG, ZVR 2008/89.

[3] BGBl Nr 406/1990.

[4] KOM (2008) 151 bzw 2008/0062/COD