3412/J XXIV. GP
Eingelangt am 22.10.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
des Abgeordneten Dr. Karlsböck
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Gesundheit
betreffend Diabetes - eine Volkskrankheit mit Handlungsbedarf
Laut der Diabetes Initiative Österreich leiden etwa 600.000 Personen an Diabetes. Das sind rund 20 Prozent mehr als bisher angenommen. Bei 420.000 Personen wurde diese Erkrankung bereits diagnostiziert; 170.000 Personen sind Diabetiker, ohne bislang jedoch diese Diagnose erhalten zu haben. Dies deshalb, da bei vielen Betroffenen der Diabetes erst nach Auftreten einer Folgeerkrankung entdeckt wird. Internationale Schätzungen gehen von einer Verdopplung der Diabetiker im Zeitraum von 1995 bis 2025 aus.
Neben dem immunologisch bedingten Typ-1 Diabetes sind die überwiegende Mehrzahl der Diabetiker Typ-2 oder so genannte "Altersdiabetiker". Der Typ-1-Diabetes entsteht durch einen Mangel am Hormon Insulin, das normalerweise in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Die insulinbildenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse werden hierbei durch körpereigene Abwehrstoffe Antikörper zerstört. Daraus entsteht der klassische Insulinmangel-Diabetes, der in den meisten Fällen im Kindes- oder Jugendalter beginnt. Der Typ-2-Diabetes entsteht durch eine verminderte Empfindlichkeit der Körperzellen auf Insulin (Insulinresistenz). Die jahrelange Überproduktion von Insulin führt letztlich zu einer "Erschöpfung" der insulinproduzierenden Zellen. Der Typ-2-Diabetes wird gerne als "Altersdiabetes" bezeichnet, da er in den meisten Fällen erst im Erwachsenenalter beginnt.
Heutzutage ist Typ-2-Diabetes vor allem auch eine lebensstilbedingte Erkrankung, die durch eine Summe von Faktoren verursacht wird. Jedoch sind vor allem jahrelange falsche Ernährung sowie zu wenig Bewegung die Hauptursachen für Typ-2-Diabetes, einer Krankheit, die nicht geheilt werden kann. Allerdings ist Diabetes aber heute gut therapierbar und kann bei frühzeitigen Gegenmaßnahmen oftmals sogar verhindert werden.
Laut einer aktuellen Studie der Diabetes Initiative Österreich steigt mit zunehmenden Alter als auch mit der Zunahme von Körpergewicht die Erkrankungswahr-scheinlichkeit stark an. Während bei den bis 39-Jährigen lediglich 3 Prozent betroffen sind, leiden bereits 14 Prozent der über 60-Jährigen an Diabetes. Besonders auffällig ist aber der hohe Anteil der Risikogruppe ab 60 Jahren. So leben 2 Prozent dieser Altersgruppe mit einer 50 Prozent Chance, bereits an Diabetes erkrankt zu sein, bei weiteren 14 Prozent liegt die Wahrscheinlichkeit, schon an Diabetes zu leiden, bei 33 Prozent. Während nur 3 Prozent aller Normalgewichtigen an Diabetes erkrankt sind, liegt der Anteil bei den Übergewichtigen - das sind immerhin 29 Prozent der Bevölkerung bzw. rund 2 Mio. Personen - bei 9 Prozent und bei Menschen mit Fettleibigkeit sogar bei 15 Prozent. Darüber hinaus ist das Arzt-Besuchsverhalten besonders auffällig, denn es weicht kaum bis gar nicht von jenem gesunder Menschen ab. Im Durchschnitt gehen die Betroffenen etwa fünf Mal pro Jahr zum Arzt. Des Weiteren deckt die Studie auf, dass sich diejenigen, die in die höchste Risikogruppe fallen, am wenigsten für Diabetes interessieren.
Abschließend sind noch die volkswirtschaftlichen Kosten von Diabetes zu beachten. Laut der deutschen KoDim-Studie, wird der überwiegende Teil der von Diabetes verursachten Kosten zur Behandlung Diabetes-bedingter Folgeerkrankungen aufgewendet, die sich bei rechtzeitiger und adäquater Therapie vermeiden ließen. In Deutschland verursacht ein Typ-2-Diabetiker das 1,3-fache (ohne Komplikationen) bis 4,1-fache (mit Komplikationen) der durchschnittlichen Kosten eines Versicherten. Der Großteil der Kosten wird somit nicht für die Therapie der Diabetes aufgewendet, sondern für die Behandlung von Folgeerkrankungen wie Nieren- und Augenerkrankungen, kardiale und zerebrale vaskuläre Erkrankungen (z. B. Herzinfarkt, Schlaganfall) und periphere Neuropathien und periphere vaskuläre Erkrankungen (z. B. Diabetisches Fußsyndrom, das oftmals mit der Teilamputation der unteren Extremitäten einhergeht). Rechtzeitig beginnende und angemessene Therapie ist daher notwendig, um das individuelle Leid der Betroffenen und die volkswirtschaftlichen Kosten von Diabetes zu reduzieren.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Gesundheit folgende
ANFRAGE
1. Welche Maßnahmen wurden bzw. werden umgesetzt, um die österreichsche Bevölkerung umfassend über die Ursachen und Konsequenzen von Diabetes zu informieren?
2. Welche Projekte im Hinblick auf Prävention in Verbindung mit der Typ-2-Diabetes, z.B. fett- und kalorienarme, ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung, wurden bzw. werden umgesetzt?
3. Wie ist der Umsetzungsstand des Disease-Management-Programms „Therapie Aktiv“ in Oberösterreich, im Burgenland, in Tirol und in Kärnten?
4. Welche weiteren Maßnahmen wurden bzw. werden umgesetzt, um das Arzt-Besuchsverhalten bei betroffenen Diabetikern zu erhöhen?
5. Welche weiteren Maßnahmen wurden bzw. werden umgesetzt, um einheitliche und flächendeckende Therapiestandards in Österreich zu etablieren?
6. Gibt es Studien, die volkswirtschaftliche Kosten von Diabetes in Österreich thematisieren?
7. Wenn ja, von wem und wann wurden diese Studien durchgeführt und zu welchen Ergebnissen kommen diese Studien?
8. Wenn nein, warum wurde dieser Aspekt noch nicht näher untersucht?