3434/J XXIV. GP

Eingelangt am 22.10.2009
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Dr. Karlsböck

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für Gesundheit

betreffend Rheumatoide Arthritis (rA)

 

 

Laut Statistik Austria leiden von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet rund 62.500 Menschen in Österreich an rheumatoider Arthritis, wobei Frauen etwa dreimal häufiger als Männer von dieser Krankheit betroffen sind. Rheumatoide Arthritis wird von der Gesellschaft nach wie vor als „Alte-Leute-Krankheit“ angesehen, für die es keine Behandlungsoptionen gibt. Jedoch tritt die Krankheit meist zwischen dem 35. und 50. Lebensjahr auf, während die Betroffenen mitten im Leben stehen. Zu spät therapiert, drohen häufig Arbeitsunfähigkeit und Invalidität. Dabei ist die rheumatoide Arthritis nach derzeitigem Stand der Medizin bei einer frühzeitigen Diagnose und raschem Therapiebeginn gut behandelbar.

 

Rheumatoide Arthritis ist durch eine chronische Entzündung der Gelenksinnenhaut gekennzeichnet und tritt meist in Schüben auf. Hauptsymptome sind Schmerzen, entzündete, geschwollene Gelenke und Morgensteifigkeit. In späteren Stadien kommt es zu Gelenksfehlstellungen und -deformierungen. Viele Betroffene sind daher in der Bewältigung des täglichen Lebens schwer beeinträchtigt, da alltägliche Handlungen wie etwa Schuhe binden, Stiegen steigen oder Körperpflege zu unlösbaren Problemen werden. Weitere Folgen äußeren sich durch Belastungen der betroffenen Familien und des sozialen Umfelds. Besonders schwerwiegend wiegt in diesem Zusammenhang eine um 15 bis 20 Prozent verkürzte Lebenserwartung, wenn die Erkrankung eine hohe Aktivität aufweist.

 

Die Allgemeinmediziner sind für die meisten Menschen in Österreich die primäre Ansprechstelle für Beschwerden und besitzen somit auch eine Schlüsselposition bei rheumatoider Arthritis. Daher fordern hochrangige Experten, dass Allgemeinmediziner speziell über diese Erkrankung informiert sind, um Erstsymptome richtig interpretieren zu können. Anschließend benötigt der Allgemeinmediziner einen kompetenten Ansprechpartner in der Person des Rheumatologen, der die entsprechende endgültige Diagnose stellt und eine effiziente, auf den Patienten abgestimmte Therapie einleitet, um Dauerschädigungen zu verhindern. Jedoch zeigt die Rheumalandkarte der Rheumaliga, dass in Österreich ein ausgeprägtes Ost-West-Gefälle vorliegt, denn im Osten gibt es viel mehr niedergelassene Rheumatologen als im Westen. Darüber hinaus ist die Versorgungssituation in Städten besser als in ländlichen Gebieten. Zudem gibt es verhältnismäßig wenig niedergelassene Rheumatologen mit Kassenverträgen. Dadurch kommt es in den Rheumambulanzen zu langen Wartezeiten, denn viele Betroffene können es sich nicht leisten zu einem Facharzt ohne Kassenvertrag zu gehen. Die durchschnittliche Wartezeit für einen Termin beträgt ca. sechs Monate. Des Weiteren dauert es etwa zwei bis drei Jahre, bis ein Patient die Diagnose durch einen Facharzt für Rheumatologie gestellt bekommt. Demgegenüber steht die Tatsache, dass etwa 50 Prozent der Gelenksdestruktionen in den ersten beiden Jahren dieser Erkrankung erfolgen und das Zeitfenster, innerhalb dessen eine Behandlung den größtmöglichen Erfolg verspricht, etwa 3 Monate beträgt.

 

Ein weiteres Problem besteht in der Compliance der Patienten. Aufgrund des Auftretens der Symptome in Schüben bzw. der Reduktion durch Medikamente vergisst der Betroffene seine Beschwerden und setzt die Medikamente wieder ab und unterbricht somit die Compliance. Verschärft wird diese Problematik dadurch, wenn der Betroffene lange keinen Facharzttermin bekommt. Er verdrängt seine Erkrankung und nimmt womöglich den Termin dann nicht war. Erst beim nächsten Auftreten von Symptomen konsultiert er einen Allgemeinmediziner und der Prozess beginnt wieder von vorne.

 

Abschließend sind auch die volkswirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Folgen zu beachten, die aus geringeren Erwerbsquoten, beispielsweise durch den Entfall von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuereinnahmen, entstehen. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass von den Gesamtkosten der rheumatoiden Arthritis etwa 75 Prozent durch indirekte Kosten, vor allem durch Arbeitsunfähigkeit, bedingt sind. Rechtzeitig beginnende und angemessene Therapie ist daher notwendig, um das individuelle Leid der Betroffenen und die soziökonomischen Folgekosten zu reduzieren.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Gesundheit folgende

 

 

ANFRAGE

 

 

1.      Welche Maßnahmen werden umgesetzt, um Allgemeinmediziner für rheumatoide Arthritis zu sensibilisieren?

 

2.      Welche Maßnahmen werden umgesetzt um die Kooperation zwischen Rheumatologen und Allgemeinmedizinern zu verbessern?

 

3.      Wie viele Kassenvertragsfachärzte mit Rheumatologie gibt es in Wien?

 

4.      Wie viele Kassenvertragsfachärzte mit Rheumatologie gibt es in Niederösterreich?

 

5.      Wie viele Kassenvertragsfachärzte mit Rheumatologie gibt es in Oberösterreich?

 

6.      Wie viele Kassenvertragsfachärzte mit Rheumatologie gibt es in Steiermark?

 

7.      Wie viele Kassenvertragsfachärzte mit Rheumatologie gibt es in Burgenland?

 

8.      Wie viele Kassenvertragsfachärzte mit Rheumatologie gibt es in Tirol?

 

9.      Wie viele Kassenvertragsfachärzte mit Rheumatologie gibt es in Vorarlberg?

 

10.  Wie viele Kassenvertragsfachärzte mit Rheumatologie gibt es in Salzburg?

 

11.  Wie viele Kassenvertragsfachärzte mit Rheumatologie gibt es in Kärnten?

 

12.  Gibt es Überlegungen bzw. konkrete Pläne die Dichte an Kassenvertragsfachärzte mit Rheumatologie zu erhöhen, um den Versorgungsengpass reduzieren?

 

13.  Wenn nein, warum nicht?

 

14.  Welche weiteren Maßnahmen werden umgesetzt, um den Versorgungsengpass zu reduzieren?

 

15.  Welche Projekte wurden umgesetzt, um die Compliance der Betroffenen zu verbessern und wie beurteilen Sie deren Nachhaltigkeit?

 

16.  Welche Projekte wurden umgesetzt um die österreichische Bevölkerung dahingehend zu informieren, dass es sich bei dieser Erkrankung keineswegs um eine „Alte-Leute-Krankheit“ handelt und diese bei frühzeitiger Diagnose und raschem Therapiebeginn gut behandelbar ist?

 

17. Gibt es Studien, die sich mit den indirekten Kosten in Relation zu den Gesamtkosten beschäftigen?

 

18.  Wenn ja, zu welchem Ergebnis kommen diese Studien?