3516/J XXIV. GP

Eingelangt am 27.10.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend „Glücksspiel- und Wettangebote: Illegales Glücksspiel / Glücksspielbetrug -

gerichtliche Verfahren 2008“

Mit der AB 2631/XXIII.GP vom 06.02.2008 wurden die Fragen der Abg. Mag. Maier und
GenossInnen zur Anfrage „Glücksspiel- und Wettangebote: Illegales Glücksspiel /
Glücksspielbetrug - gerichtliche Verfahren 2006 und 2007“ beantwortet.

Aus systematischen Gründen werden in der XXIV. GP ein Teil dieser Fragen wieder gestellt,
um in Anbetracht der angekündigten Novellierung des Glücksspielgesetzes die aktuellen
Zahlen und Informationen des Ressorts für das Jahr 2008 zu erhalten.

Mit Entscheidung vom 8.9.2005, 2000/17/0201 hat der VwGH die Kartenspiele Seven Card
Stud Poker, Texas Hold
Èm und 5 Card Draw als „Glücksspiele“ qualifiziert. Diese
Entscheidung deckt sich mit der Rechtsansicht des Bundesministers für Finanzen,
veröffentlich auf der Ministeriumshomepage. Nicht nachvollziehbar ist, warum - trotz dieses
Verbotes - Pokerturniere durch Private in Österreich beworben und unter großer öffentlicher
Anteilnahme auch durchgeführt werden können.

Poker im Internet (Online-Poker) ist zwar verboten - dennoch verdienen auch
österreichischen Kreditinstitute gut daran, wenn sich ihre Kunden verschulden. Neben den
Kreditzinsen erhalten sie Gebühren für den Einsatz der Kreditkarte im Online-Kasino. Dass
Online-Glücksspiel im Internet in vielen Ländern - so auch in Österreich - verboten ist, hält
viele Banken nicht davon ab, die Zahlungen im Auftrag von Kunden durchzuführen.


Experten gehen davon aus, dass zehn Prozent aller Kreditkartenumsätze der Banken im
illegalen Glücksspiel anfallen. Denn, was in der virtuellen Welt nur ein Klick ist, löst in der
Realität eine Zahlung aus. Dieses Missverhältnis senkt die Hemmschwelle, sich zu
verschulden. Gerade bei denen, die ohnehin knapp sind. „Onlinepoker ist ein Verfahren, um
die Mittelschicht kleiner und die Unterschicht größer zu machen“ (Michael Adams, Professor
für Wirtschaftsrecht Universität Hamburg).

Alle Banken - auch die österreichischen Banken - könnten europaweit das illegale Spielen
beenden. Bei einer Kreditkartenzahlung können diese nämlich an einer Kennziffer
erkennen, dass eine Forderung aus illegalem Glücksspiel eingezogen wird. Aber sie
haben bislang dagegen nichts unternommen.

Auch viele Probleme bei den sogenannten privaten Kartenkasinos sind weiter ungelöst. So ist
„gemäß § 52 Abs. 1 Z 11 GSpG die direkte Annahme von Trinkgeldern bei Ausspielungen
(Glücksspiel) untersagt und ein Zuwiderhandeln mit Verwaltungsstrafe pönalisiert.

Der EuGH hat vor kurzem in einer weiteren richtungsweisenden Entscheidung
Spielerschutz und Betrugsbekämpfung vor die Dienstleistungsfreiheit gestellt (RS-C-

42/07).

Die österreichische bwin-Gruppe, die Online-Sportwetten anbietet sowie Casinospiele wie
Roulette und Poker im Internet betreibt, muss sich nach Auffassung des Europäischen
Gerichtshofes (EuGH) nationalen Regelungen von EU-Staaten unterwerfen, die dem
Unternehmen das Anbieten von Glücksspielen in den jeweiligen Hoheitsgebieten
einschließlich Internet gegebenenfalls untersagen. Den EU-Mitgliedstaaten steht es nach
Ansicht des EuGH frei, eigene Ziele auf dem Gebiet der Glücksspiele zu definieren und
gegebenenfalls ein bestimmtes Schutzniveau für ihre Bürger zu bestimmen. Die
Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit kann durch das Ziel der Bekämpfung von Betrug
und anderen Straftaten als gerechtfertigt angesehen werden.

Nach internationalen Erkenntnissen hat die Bekämpfung von Geldwäsche im Glücksspiel-
und Wettsektor eine besondere Priorität. Die Bundesländer haben allerdings bisher die
internationalen Geldwäschebestimmungen in Ihren Buchmacher- und Totalisateurgesetzen
nicht umgesetzt.


Die unterzeichneten Abgeordneten richten an die Bundesministerin für Justiz nachstehende

Anfrage:

1.   Wie viele gerichtliche Strafanzeigen wegen § 168 StGB wurden allein im Jahr 2008 gegen
Verantwortliche von so genannten Karten-Kasinos, Automaten-Kasinos und/oder
Internet-Kasinos
erstattet?
Wie ist jeweils der Stand dieser Verfahren?

Wie wurden die Verfahren erledigt (Aufschlüsselung jeweils auf zuständige
Staatsanwaltschaften)?

2.    Wie vielen dieser Anzeigen wurden durch die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft konkret
nachgegangen und die Polizei mit weiteren Ermittlungen beauftragt?

Zu welchen Ergebnissen führten diese Ermittlungen (Aufschlüsselung auf
Staatsanwaltschaften)?

3.    Wie viele dieser Anzeigen wurden durch die zuständige StA zurückgelegt?

Mit welcher Begründung erfolgte jeweils die Zurücklegung (Aufschlüsselung auf
Staatsanwaltschaften)?

4.              In wie vielen Fällen wurde im Jahr 2008 das diesbezügliche Ermittlungsverfahren nach
§ 190 StPO eingestellt oder nach § 197 StPO abgebrochen?

5.              Wie viele dieser Strafverfahren bzw. Anzeigen wurden in diesen Jahren diversionell
erledigt (Aufschlüsselung auf Staatsanwaltschaften bzw. Gerichte)?

6.              Aufgrund wie vieler Anzeigen wurde im Jahr 2008 eine gerichtliche Hauptverhandlung
durchgeführt (Aufschlüsselung nach Gerichte)?

7.              Wie viele Strafverfahren davon endeten im Jahr 2008 mit einem Freispruch?
Wie viele Personen wurden freigesprochen?

Aus welchen Gründen erfolgten jeweils diese Freisprüche (Aufschlüsselung nach
Gerichte)?

8.    Wie viele Strafverfahren endeten im Jahr 2008 mit einem Freispruch?
Wie viele Personen wurden freigesprochen?

Aus welchen Gründen erfolgten jeweils diese Freisprüche (Aufschlüsselung auf Gerichte)?


9.    Wie viele Strafanzeigen wurden nach § 168 StGB allein im Jahr 2008 gegen Gastronomen
(die Spielautomaten aufgestellt und betrieben haben), Wettunternehmen,
Spielhallenbetreiber sowie Spielautomateneigentümer und Spielautomatenpächter

erstattet?

Wie ist jeweils der Stand dieser Verfahren?

Wie wurden die Verfahren erledigt (Aufschlüsselung auf zuständige

Staatsanwaltschaften)?

10.  Wie vielen dieser Anzeigen wurde im Jahr 2008 durch die jeweils zuständige
Staatsanwaltschaft konkret nachgegangen und die Polizei mit weiteren Ermittlungen
beantragt?

Zu welchen Ergebnissen führten diese Ermittlungen (Aufschlüsselung auf
Staatanwaltschaften)?

11.  Wie viele Anzeigen wurden im Jahr 2008 durch die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft
zurückgelegt?

Mit welcher Begründung erfolgte jeweils die Zurücklegung (Aufschlüsselung auf
Staatsanwaltschaften)?

12.      In wie vielen Fällen wurde im Jahr 2008 das diesbezügliche Ermittlungsverfahren nach
§ 190 StPO eingestellt oder nach § 197 StPO abgebrochen?

13.      Wie viele dieser Anzeigen bzw. Strafverfahren wurden in diesem Jahr diversionell erledigt
(Aufschlüsselung auf Staatsanwaltschaften bzw. Gerichten)?

14.      In wie vielen Fällen wurde dazu im Jahr 2008 eine gerichtliche Hauptverhandlung
durchgeführt (Aufschlüsselung auf Gerichte)?

15.      Wie viele Verfahren endeten im Jahr 2008 mit einem rechtskräftigen Schuldspruch?
Wie viele Personen wurden rechtskräftig verurteilt?

Welche Strafen wurden jeweils verhängt (Aufschlüsselung auf Gerichte)?

16.  Wie viele Strafverfahren endeten im Jahr 2008 mit einem Freispruch?
Wie viele Personen wurden freigesprochen?

Aus welchen Gründen erfolgten jeweils diese Freisprüche (Aufschlüsselung auf Gerichte)?


17.      Wie viele gerichtliche Strafanzeigen wurden gegen die Wettanbieter von „virtuellen
Hunderennen o.ä.“ (die bereits vor Jahren bereits gelaufen waren) wurden im Jahr 2008
erstattet (Aufschlüsselung auf zuständige Staatsanwaltschaft)?

18.      Wie vielen derartigen Anzeigen wurden im Jahr 2008 durch die zuständigen
Staatsanwaltschaften konkret nachgegangen und hat die Polizei mit weiteren Ermittlungen
beantragt?

Zu welchen Ergebnissen führten diese Ermittlungen?

19.  Wie viele dieser Anzeigen wurden im Jahr 2008 durch die zuständige Staatsanwaltschaft
zurückgelegt?

Mit welcher Begründung erfolgte jeweils die Zurücklegung (Aufschlüsselung nach
Staatsanwaltschaften)?

20.  In wie vielen Fällen wurde im Jahr 2008 das diesbezügliche Ermittlungsverfahren nach
§ 190 StPO eingestellt oder nach § 197 StPO abgebrochen?

21.  Wie viele dieser Anzeigen bzw. Strafverfahren wurden in diesem Jahr diversionell erledigt
(Aufschlüsselung nach Staatsanwaltschaften bzw. Gerichte)?

22.  In wie vielen Fällen wurde dazu im Jahr 2008 eine gerichtliche Hauptverhandlung
durchgeführt (Aufschlüsselung auf Gerichte)?

23.  Wie viele Strafverfahren endeten im Jahr 2008 mit rechtskräftigem Schuldspruch?
Wie viele Personen wurden rechtskräftig verurteilt?

Welche Strafen wurden jeweils verhängt (Aufschlüsselung auf Gerichte)?

24. Wie viele Strafverfahren endeten im Jahr 2008 mit einem Freispruch?
Wie viele Personen wurden freigesprochen?

Aus welchen Gründen erfolgten jeweils diese Freisprüche (Aufschlüsselung auf Gerichte)?

25. Wie viele Fälle des (gewerbsmäßigen) Glücksspielbetruges sind dem Ressort im Jahr
2008 in Österreich bekannt geworden?

Wie viele Ermittlungen wurden geführt?

Wie viele gerichtliche Strafanzeigen wurden erstattet?

(Aufschlüsselung jeweils auf zuständige Staatsanwaltschaften)


26. Wie viele Personen wurden im Jahr 2008 insgesamt nach § 168 StGB (ev. auch wegen
anderer Delikte) rechtskräftig verurteilt (Aufschlüsselung auf Gerichte)?

Wie viele Verfahren wurden abgebrochen oder eingestellt?

In wie vielen Fällen kam es zu diversionellen Maßnahmen?

Wie viele derartige Verfahren waren mit 31.12.2008 noch nicht rechtskräftig

abgeschlossen?

27.  Wurden nach den rechtskräftigen Verurteilung wegen illegalem Glücksspiel (§ 168 StGB)
oder Glücksspiel-Betruges in diesem Zusammenhang beschlagnahmte
Glücksspielautomaten für verfallen erklärt und vernichtet?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, wie viele wurden im Jahr 2008 beschlagnahmt, dem Verfall zugeführt und

vernichtet (Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

28.  Wie beurteilen Sie die Beteiligung von organisierter Kriminalität (OK) beim illegalen
Glücksspiel in Österreich?

Welche Gruppen sind aktuell in Österreich aktiv (Ersuche um Darstellung der
Nationalitäten)?

29.        Wie viele von sogenannten „illegalen Automaten-Kasinos“ gibt es nach Schätzungen des
Ressorts in Österreich (Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

30.        Wie viele „illegale Geldspielautomaten“ sind in Österreich nach Schätzung des Ressorts
aufgestellt und werden in Lokalen, Wettbüros, Tankstellen etc. dort betrieben
(Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

31.        Wie oft wurde bei Verdacht eines Verstoßes nach § 168 StGB durch die jeweils
zuständige Staatsanwaltschaft aus Beweisgründen, zur Sicherung privatrechtlicher
Ansprüche oder zur Sicherung der Abschöpfung der Bereicherung bzw. des Verfalls eine
(vorläufige) Sicherstellung von „Glücksspielautomaten“ nach § 110 StPO angeordnet?
Wie viele „Glücksspielautomaten“ wurden dabei sichergestellt (Aufschlüsselung der Fälle
auf Bundesländer)?

32.   In wie vielen Fällen wurden im Jahr 2008 sichergestellte Automaten dem Verfall
zugeführt (§ 20 b StGB)?

Wie viele Automaten waren davon betroffen?


33.        In wie vielen Fällen kam es im Jahr 2008 nach zur Einziehung von
„Glücksspielautomaten“ (§ 26 StGB), mit denen illegales Glücksspiel betrieben wurde?
Wie viele „Glücksspielautomaten“ wurden 2008 eingezogen (Aufschlüsselung jeweils auf
Bundesländer)?

34.        Wie oft wurde 2008 durch die Staatsanwaltschaft eine Beschlagnahme nach § 115 StPO

Glücksspielautomaten genehmigt?

Wie oft wurden diese Anträge genehmigt?

Wie viele „Glücksspielautomaten“ wurden dabei beschlagnahmt (Aufschlüsselung

jeweils auf Bundesländer)?

35.  In wie vielen Fällen (Verfahren) mussten in diesem Jahr sichergestellte, eingezogene oder
beschlagnahmte Geldspielautomaten an Betreiber, Pächter und/oder Besitzer wieder
ausgefolgt werden?

Wie viele Automaten mussten wieder ausgefolgt werden (Aufschlüsselung auf
Bundesländer)?

36.       Welche Maßnahmen werden Sie vorschlagen bzw. innerhalb des Ressorts ergreifen, dass
die Anzahl der beschlagnahmten (und in Folge vernichteten) illegalen Geldspielautomaten
etc. durchgehend dokumentiert wird?

37.       In wie vielen Fällen kam es im Jahr 2008 zur Vollstreckung von nach § 52
Glücksspielgesetzes verhängten Geldstrafen auf der Grundlage des Rahmenbeschlusses
des Rates 2005/214/JI bzw. durch das EU-VStGVG?

38.       In welchen Mitgliedsstaaten der EU oder des EWR existiert eine dem § 25(3) GSpG
vergleichbar weitreichende, von Spielbankenbetreibern zu erfüllende,
Spielerschutzbestimmung?

In welchen Ländern gibt es international überhaupt vergleichbare Regelungen in Europa?
Wenn ja, in welchen Staaten können zivilrechtliche Schadenersatzansprüche gestellt
werden (Ersuche um Aufschlüsselung dieser Staaten)?

39.  In welcher Form und in welchen Umfang soll aus Sicht des Ressort der „Spielerschutz“
(z.B. bei zivilrechtlichen Schadenersatzansprüche) im Bereich der aus dem
Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommenen Glücksspiele (Kleines Glücksspiel) sowie
bei den Wettbüros und Wettcafes gesichert und verbessert werden?


41.  Welche zusätzlichen generellen suchtpräventiven Maßnahmen sollten zur Bekämpfung der
Spielsucht und zum Schutz der Spielerinnen aus Sicht Ihres Ressorts in Zukunft ergriffen
werden?

42.  Wer soll aus Sicht des Ressorts für die Beratung, Betreuung und Übernahme von
Therapiekosten für Spielsüchtige (Pathologische Spieler) aufkommen?

43.  Liegen dem Ressort Ergebnisse der interministeriellen Arbeitsgruppe des BMF aus dem
Jahr 2007 zum Glücksspielwesen in Österreich bereits vor?

Wenn ja, wie lauten diese Ergebnisse?

44.  Welche ordnungspolitischen Maßnahmen werden Sie in Zukunft unterstützen, dass nicht
unter Umgehung der einschlägigen Vorschriften des Glücksspielgesetzes und des StGB
suchtgefährdete Personen weiterhin zur Zielscheibe skrupelloser Geschäftemacher im
Wert- und Glücksspielgeschäft werden?

45.  Halten Sie angesichts der dramatisch gestiegenen Anlassfälle, insbesondere der damit
verbundenen illegalen Verdienstmöglichkeiten sowie der bewussten Umgehung
ordnungspolitischer Zielsetzungen im Bereich nichtkonzessionierter Glücksspiele (d.h.
beim illegalen Glücksspiel) den derzeitigen Strafrahmen des § 168 StGB und die

Zuständigkeitsregelung (Bezirksgerichtliches Verfahren) weiterhin für ausreichend?
Wenn nein, warum nicht?

46.  Sehen Sie generell im Glücksspielbereich (z.B. Kasinos, Online-gambling,
Geldspielautomaten, Sportwetten) aus Gründen des Spieler- und Jugendschutzes - aber
auch zum Schutz vor Kriminalität und zur Verhinderung von Geldwäsche - einen
Handlungsbedarf des europäischen Gesetzgebers?

Wenn ja, worin besteht aus Ressortsicht konkret dieser Handlungsbedarf?
Wenn nein, warum nicht?

47. Welche Schlussfolgerungen zieht das Ressort zum jüngsten EuGH-Urteil (RS C-42/07)
hinsichtlich Online Glücksspiel (Lotterie Santa Casa / Bwin)?

Welche Maßnahmen wird das Ressort aufgrund dieser Entscheidung gegen illegale Online-
Glücksspielanbieter in Österreich ergreifen?