3556/J XXIV. GP

Eingelangt am 05.11.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Dringliche Anfrage

des Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Regierungsjustiz und Ministerblockade

Am 10. Juli 2009 beschloss der Nationalrat die Einsetzung eines
Untersuchungsausschusses zur Untersuchung von Abh
ör- und
Beeinflussungsma
ßnahmen im Bereich des Parlaments. Gegenstand der
Untersuchung ist unter anderem die Aufkl
ärung, ob politische Mandatare in der XXIII.
Und XXIV. Gesetzgebungsperiode gesetzwidrig überwacht wurden.

Der Untersuchungsausschuss fasste zu diesem Teilbereich der Untersuchung in
seiner Sitzung vom 17. Juli 2009 folgenden Beweisbeschluss:

2.1.       Aufklärung darüber, ob und gegebenenfalls welche Abgeordneten zum
Nationalrat oder zum Bundesrat in der
XXIII. oder XXIV. Gesetzgebungsperiode
durch Maßnahmen nach dem XII. Hauptstück der StPO (aF) bzw. dem 8.
Hauptst
ück der StPO (nF) betroffen waren, ob die Abgeordneten dabei als
Zeugen oder Beschuldigte gef
ührt wurden, welche Umstände dazu führten, ob
dabei die gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben eingehalten
wurden, wie mit den ermittelten Daten weiter verfahren wurde, welche
Bedeutung sie im jeweiligen Strafverfahren erhielten, ob die Rechte der
betroffenen Abgeordneten verletzt wurden, und welche Konsequenzen im
Bereich des Bundesministeriums f
ür Justiz allenfalls aus solchen Vorfällen
gezogen wurden, wobei jedenfalls aber nicht nur folgende F
älle untersucht
werden sollen:

a)            die Einholung von Auskünften über Daten einer
Nachrichtenübermittlung betreffend den Abgeordneten Ing. Peter
Westenthaler für einen bestimmten Zeitraum am 14.8.2008 und
allenfalls damit zusammenh
ängende weitere Maßnahmen;

b)            die Anregung der Beschlagnahme von Datenträgern des
Abgeordneten Dr. Peter Pilz in einem Ermittlungsauftrag der
Staatsanwaltschaft Wien an das B
üro für interne Angelegenheiten;

c)            das Verfahren 322 St 7/08z der Staatsanwaltschaft Wien und
allenfalls weitere damit zusammenh
ängende Verfahren gegen den
Abgeordneten Dr. Peter Pilz und dort allenfalls gegen Dr. Pilz oder
weitere Personen verh
ängte Maßnahmen.

2.2.       Aufklärung darüber, ob und gegebenenfalls welche Abgeordneten zum
Nationalrat oder zum Bundesrat in der
XXIII. oder XXIV. Gesetzgebungsperiode
durch Maßnahmen nach dem 3. oder 4. Teil des SPG betroffen waren, welche
Umst
ände dazu führten, ob dabei die gesetzlichen und verfassungsrechtlichen
Vorgaben eingehalten wurden, wie mit den ermittelten Daten weiter verfahren
wurde, welche Bedeutung sie im jeweiligen Verfahren erhielten, ob die Rechte
der betroffenen Abgeordneten verletzt wurden, und welche Konsequenzen im

Bereich des Bundesministeriums für Inneres allenfalls aus solchen Vorfällen
gezogen wurden.

2.3.                           Aufklärung darüber, ob und gegebenenfalls welche Abgeordneten zum
Nationalrat oder zum Bundesrat in der
XXIII. oder XXIV. Gesetzgebungsperiode
in Schriftstücken des Heeresnachrichtenamtes oder des Heeres-Abwehramtes
oder allf
älliger weiterer mit nachrichtendienstlicher Tätigkeit oder ihrer Kontrolle
betrauter Dienststellen des Bundesministeriums für Landesverteidigung (und
Sport) erw
ähnt wurden, von diesen Stellen überwacht wurden, von der
Erfassung oder Speicherung personenbezogener Daten bei diesen Stellen
betroffen waren oder au
ßerhalb der dafür vorgesehenen parlamentarischen
Aussch
üsse geheime Informationen von diesen Stellen oder einzelnen
Bediensteten erhielten, welche Vorgeschichte und Umst
ände jeweils dazu
f
ührten, ob dabei die gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben
eingehalten wurden, wie mit den gegenst
ändlichen Daten weiter verfahren
wurde, welche Bedeutung sie im Weiteren erhielten, ob die Rechte der
betroffenen Abgeordneten verletzt wurden, und welche Konsequenzen im
Bereich des Bundesministeriums f
ür Landesverteidigung (und Sport) allenfalls
aus solchen Vorf
ällen gezogen wurden.

2.4.                           Aufklärung darüber, ob und gegebenenfalls welche Abgeordneten zum
Nationalrat oder zum Bundesrat in der
XXIII. oder XXIV. Gesetzgebungsperiode
allenfalls nach anderen Bestimmungen oder ohne gesetzliche Grundlage von
staatlichen
Überwachungen ihres Aufenthaltsortes, ihrer Kommunikation, ihres
Verhaltens oder ihrer pers
önlichen Gegenstände betroffen waren, welche
Umst
ände dazu führten, wer diese Überwachung anordnete und durchführte,
ob dabei die gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben eingehalten
wurden, wie mit den ermittelten Daten weiter verfahren wurde, welche
Bedeutung sie im jeweiligen Verfahren erhielten, ob die Rechte der betroffenen
Abgeordneten verletzt wurden, und welche Konsequenzen im Bereich des
Bundesministeriums f
ür Justiz, des Bundesministeriums für Inneres oder des
Bundesministeriums f
ür Landesverteidigung (und Sport) allenfalls aus solchen
Vorf
ällen gezogen wurden.

Bis heute hat der Untersuchungsausschuss in diesem Zusammenhang insbesondere
die in Ziffer 2.1. erwähnten Strafverfahren, weiters zwei Strafverfahren betreffend
Presseaussendungen eines Parlamentsklubs und ein Strafverfahren wegen
Verleumdung gegen einen Abgeordneten wegen dessen T
ätigkeit im vertraulichen
st
ändigen Unterausschuss des Landesverteidigungsausschusses durch
Beischaffung von Akten und Einvernahme von Auskunftspersonen untersucht.

Dabei haben sich zahlreiche Missstände in der Führung von Strafverfahren mit
Ber
ührungspunkten zu Abgeordneten des Nationalrates, vor allem auch im Bereich
der sogenannten politischen Abteilung" der Staatsanwaltschaft Wien, gezeigt,
welche umfassend im abschlie
ßenden Bericht des Untersuchungsausschusses zu
würdigen und zu beurteilen sein werden.

Als wesentliche Mängel lassen sich jedoch bereits jetzt festhalten:

-    Im Fall der Rufdatenerfassung von Ing. Peter Westenthaler zeigte sich, dass
die Eingriffsm
öglichkeiten der Staatsanwaltschaft gegenüber Dritten wie etwa
Zeugen zu weit gefasst sind, und dass auf die Wahrung der Rechte solcher
Dritter nicht ausreichend Bedacht genommen wird. Dies best
ätigte sich auch

bei der versuchten Beschlagnahme eines Datenträgers von Dr. Peter Pilz.
Dieses Problem betrifft alle B
ürgerinnen und Bürger.

-          In diesen wie auch in anderen Fällen zeigte sich die Problematik der
Abgrenzung zwischen Beschuldigten und Zeugen, wobei der Eindruck
entstand, dass durch die Benennung als Zeuge Immunit
ätsrechte umgangen
werden sollten.

-          Bei Verfahren gegen mehrere Beschuldigte sind die Auswirkungen von
Ermittlungshandlungen gegen einzelne Beschuldigte auf die Verfahren gegen
andere Personen problematisch. Auch dieses Problem betrifft alle
B
ürgerinnen und Bürger.

-          Die verfassungsrechtlichen Regelungen über die Immunität (insb. die Art 33
und 57 B-VG) sind nicht allen beteiligten Personen bei Staatsanwaltschaft und
Polizei in all ihren Konsequenzen bewusst.

-          In mehreren Verfahren hat sich der Verdacht einer politisch einseitig
agierenden Staatsanwaltschaft erh
ärtet.

-          Massive Verfehlungen von Staatsanwälten („übersehene" Anzeige, Bruch der
Immunitätsbestimmungen) wurden nicht oder zu spät entdeckt und blieben
bisher ohne Konsequenzen.

-          Weitere Probleme ergeben sich im Zusammenhang mit der Einschaltung von
BIA und LVT auch abseits der vorgesehenen Zust
ändigkeiten.

Die Ergebnisse der bisherigen Befragungen ermöglichen einen vorläufigen Befund:
Vom Bereich der Staatsanwaltschaft Wien bis zu den Ermittlungsbeh
örden des
Innenministeriums hat sich ein System der Regierungsjustiz gebildet. Seine Aufgabe
ist einerseits der Schutz von Regierungsmitgliedern vor Strafverfolgung und
andererseits die Verfolgung von Abgeordneten der Opposition weit
über die Grenzen
von Gesetzen und Verfassung hinaus.

Da es sich offensichtlich nicht um Einzelfälle handelt und die systematische
Regierungsjustiz bis zum Beginn der Arbeit des Untersuchungsausschusses auf
allen Ebenen geduldet und gedeckt wurde, gibt es eine zentrale Person, die nach
den Gr
ünden für die Duldung dieser Zustände befragt werden kann: die
Bundesministerin f
ür Justiz. Genau das wollen aber die Regierungsparteien
verhindern.

Dabei brechen ÖVP und SPÖ auch die Vereinbarung, die am Beginn des
Ausschusses zwischen allen Fraktionen geschlossen wurde: dass n
ämlich wie in
fr
üheren Untersuchungsausschüssen am Ende des jeweiligen Beweisthemas das
jeweils zust
ändige Regierungsmitglied befragt wird. Aus parteipolitischem Kalkül
verhindert wird auch die f
ür die Untersuchung wesentliche Ladung des ehemaligen
Innenministers Dr. Ernst Strasser.

Eine Befragung im Rahmen einer Dringlichen Anfrage kann natürlich eine Befragung
unter Wahrheitspflicht im Untersuchungsausschuss nicht ersetzen. Sie kann nur
eines sein: ein erster Schritt, mit dem die Opposition der Regierung klar macht, dass
die Sabotage der parlamentarischen Kontrolle durch die Ministerblockade nicht
akzeptiert wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

A) Verfahren 503 UT 1/09 x (17 UT 1438/08y) der StA Wien

Causa Westenthaler- Rufdatenrückerfassung“

1.  Mit Schreiben vom 10.7.2009 an die Nationalratspräsidentin haben Sie im
Wesentlichen die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft in diesem
Verfahren als rechtm
äßig verteidigt. Bleiben Sie auch nach den bisherigen
Ergebnissen den Untersuchungsausschusses bei dieser Beurteilung?

2.             Wie beurteilen Sie den Umstand, dass dem Abgeordneten Westenthaler bis
zuletzt der Beschluss über die Rufdatenrückerfassung gesetzwidrig nicht
zugestellt wurde, so dass ihm die gesetzlich vorgesehenen
Rechtsschutzm
öglichkeiten verwehrt blieben?

3.             Der Fall zeigt deutlich, dass die Möglichkeiten der Gerichte, Maßnahmen nach
dem 8. Hauptstück gegenüber bloßen Zeugen" anzuordnen zu weit gehen.
H
ätte es im gegenständlichen Fall das Ermittlungsverfahren beeinträchtigt,
wenn der
Zeuge“ Westenthaler vor Anordnung der Rufdatenrückerfassung
über das Verfahren informiert und um Kooperation gebeten worden wäre, bzw.
wenn ihm ansonsten noch vor Durchführung der Maßnahme der Beschluss
über die Anordnung zugestellt worden wäre, so dass angemessener
Rechtsschutz erm
öglicht worden wäre?

4.             Wäre ein solches zeugenfreundliches Vorgehen“ gesetzlich gedeckt
gewesen?

5.             Falls ja: weshalb wurde es nicht gewählt?

6.             Falls nein: Werden Sie eine Überprüfung der diesbezüglichen Rechtslage im
Hinblick auf gesetzgeberischen Änderungsbedarf vornehmen, um Zeugen
nicht unn
ötig und ohne adäquate Rechtsschutzmöglichkeit
Überwachungsmaßnahmen auszusetzen?

7.             Können Sie ausschließen, dass die Einstufung des Abgeordneten
Westenthaler als
Zeuge“ statt als Beschuldigter“ (angesichts einer zumindest
denkbaren Beitragstäterschaft) zur Umgehung immunitätsrechtlicher
Vorschriften herangezogen wurde?

8.             Welche Maßnahmen der Dienstaufsicht wurden aufgrund der Vorfälle in
diesem Verfahren bisher gesetzt?

B)  Verfahren 502 St 20/08k und 502 St 26/08k der StA Wien

Causa Westenthaler – Presseaussendungen“

9.   Im Verfahren 502 St 20/08k musste der Staatsanwalt Mag. Kronawetter im
Zuge seiner Befragung im Untersuchungsausschuss eingestehen, dass sich
seine Ermittlungen wegen des Verdachts der
üblen Nachrede auch auf eine
wahrheitsgetreue Presseaussendung über eine Rede des Abgeordneten
Westenthaler im Plenum des Nationalrates erstreckten, und dass er somit

gegen den Art 33 B-VG verstoßen hat. Welche Konsequenzen haben Sie aus
diesem eingestandenen Verfassungsbruch bisher gezogen?

10.    Wurde gegen Mag. Kronawetter ein dienstrechtliches bzw.
Disziplinarverfahren eingeleitet?

11.    Falls nein: weshalb nicht?

12.    Falls ja: in welchem Stadium befindet sich dieses?

13.    Das Verfahren richtete sich weiters gegen Pressemitarbeiter des BZÖ-
Parlamentsklubs. K
önnen Sie ausschließen, dass diese Beschuldigten zur
Umgehung immunitätsrechtlicher Vorschriften herangezogen wurden?

14.    Im Verfahren 502 St 26/08t wurde ein Zeuge einvernommen bevor ein
Auslieferungsantrag gegen den Abgeordneten Westenthaler gestellt wurde,
obwohl zu diesem Zeitpunkt klar sein musste, dass sich die Ermittlungen
inhaltlich gegen den Abgeordneten Westenthaler richteten, da dieser auch in
der zugrundeliegenden Sachverhaltsdarstellung als Beschuldigter behandelt
wurde und das OLG Wien in einem Beschluss ausdr
ücklich auf Art 57 B-VG
hingewiesen hatte. Diesbezüglich wurde durch die Oberstaatsanwaltschaft
Wien eine Rechtsverletzung festgestellt. Stimmen Sie dieser Beurteilung
durch die OStA zu?

 

15.    Welche Konsequenzen wurden daraus bisher gezogen?

16.    Sehen Sie gesetzgeberischen Änderungsbedarf, um in Zukunft die Wahrung
der immunit
ätsrechtlichen Vorschriften durch die Staatsanwaltschaften zu
erm
öglichen, oder genügt nach Ihrer Auffassung die derzeitige Rechtslage für
eine verfassungskonforme Verfahrensführung?

C) Verfahren 501 UT 10/08g und 501 UT 19/08p der StA Wien
Causa
Strasser-Mails“

17.    In diesem Verfahren musste der ermittelnde Staatsanwalt Mag. Walzi
eingestehen, eine Anzeige samt E-Mail-Beilagenkonvolut von
über hundert
Seiten
über mehrere Monate hinweg im Akt „übersehen“ zu haben, weshalb
Vorw
ürfe des Amtsmissbrauches bei Postenbesetzungen im Kabinett des
fr
üheren Innenministers Ernst Strasser letztlich aufgrund von Verjährung nicht
mehr eingehend untersucht werden konnten. Hat nach Ihrer Beurteilung Mag.
Walzi das Verfahren korrekt geführt?

18.    Mag. Walzi gestand im Untersuchungsausschuss auch ein, dass seine
Vorgehensweise bez
üglich der vom ehemaligen Innenminister Ernst Strasser
in einer Anzeige angeregten Beschlagnahme" eines Datenträgers des
Abgeordneten Pilz sich mit den W
ünschen des Ex-Innenministers gedeckt
habe. Durch welche organisatorischen Ma
ßnahmen werden Sie derartige
parteipolitisch motivierte
Wunscherfüllungen“ in Zukunft verhindern?

19.    Im Berichtsweg hat auch die Oberstaatsanwaltschaft die nicht geführten
Ermittlungen gegen Strasser
„übersehen“. Handelt es sich Ihrer Ansicht nach
auch hier um ein zufälliges „Übersehen“?


20.    Parallel zu StA Walzi hat auch das BIA die Ermittlungen gegen Strasser
„übersehen“. Auch hier wurde nur den Wünschen des Ex-Innenministers
gem
äß ermittelt. Es scheint wenig wahrscheinlich, dass erfahrene polizeiliche

und gerichtliche Ermittler gleichzeitig ein berichtspflichtiges Verfahren von
großer öffentlicher Bedeutung „übersehen“. Haben Sie Ermittlungen
eingeleitet um zu kl
ären, ob das „Übersehen“ zugunsten von Ex-
Bundesminister Strasser auf allen Ebenen bewusst und vors
ätzlich war?

21.    Auch in diesem Verfahren wurde der Abgeordnete Pilz nicht als Beschuldigter,
sondern als Zeuge geführt. Können Sie ausschließen, dass diese Einstufung
(angesichts einer zumindest denkbaren Beitragst
äterschaft) zur Umgehung
immunit
ätsrechtlicher Vorschriften herangezogen wurde?

22.    Wurde aufgrund der Vorfälle ein Dienst- bzw. Disziplinarverfahren eingeleitet?

23.    Falls nein: weshalb nicht?

24.    Falls ja: Gegen wen und in welchem Stadium befindet sich dieses?

25.    Wurde im Zuge der Beurteilung der Verjährungsfrage überprüft, ob allenfalls
noch gleichgelagerte Delikte nach dem Zeitraum, aus dem die
gegenst
ändlichen E-Mails stammten, im Kabinett des ehemaligen (oder auch
sp
äterer) Innenministers bzw. in der Personalabteilung des BMI insbesondere
durch den Parteibuchspezialisten Mag. Kloibmüller gesetzt wurden, so dass
eine Verj
ährung nicht eingetreten ist?

26.    Falls nein: Wird eine derartige Prüfung noch nachgeholt werden?

27.    Konnten Sie aus den sogenannten Strasser-Mails“ Hinweise für die
Vorgehensweise bei parteipolitisch motivierter Umfärbung von
Bundesbeh
örden gewinnen?

28.    Besteht ein Zusammenhang zwischen diesen Erkenntnissen und der zuletzt
bekannt gewordenen Auflassung der Sektion II im Justizministerium, deren
Leiter sich nach Medienberichten kritisch gegen
über der Einstellung von
Ermittlungen gegen einen Richter ge
äußert haben soll und darüber hinaus
noch von Ihrer SP
Ö-Vorgängerin im Justizressort berufen wurde?

29.    Werden Sie Ihre Arbeitsweise im Justizressort auch in anderen Bereichen an
jener des früheren Innenministers Ernst Strasser orientieren?

30.    Sehen Sie nicht auch ein organisatorisches und rechtliches Problem darin,
dass in Zukunft die politisch brisanten, berichtspflichtigen Verfahren (auch)
gegen Abgeordnete von derselben Sektion und denselben Personen im
Justizministerium betreut werden sollen, die zugleich gemeinsam mit dem
Nationalrat an der Gestaltung der Rahmenbedingungen des Strafrechts
arbeiten werden?

D) Verfahren 501 UT 42/08p der StA Wien
Causa Pilz-Haidinger“

31. Ausgangspunkt auch dieses Verfahrens ist eine Anzeige durch einen Politiker
der
ÖVP, den damaligen Abgeordneten Kukacka. Auch hier hat der
Staatsanwalt alle
Anregungen“ des ÖVP-Politikers befolgt. Im Verfahren
wurde zun
ächst gegen den Abgeordneten Pilz wegen des Verdachts der
Beitragst
äterschaft zum Verrat des Amtsgeheimnisses ermittelt. Dieses
Verfahren sollte abgebrochen werden, da der Nationalrat einer Verfolgung des
Abgeordneten die Zustimmung nicht erteilte. Dazu kam es jedoch nicht, da die
diesbez
ügliche Genehmigung des Vorhabensberichtes über mehrere Monate

verzögert blieb. In der Zwischenzeit wurde der Abgeordnete Pilz jedoch als
Zeuge einvernommen, was nach der Einsch
ätzung des BMJ rechtswidrig war
und gegen Art 57 B-VG verstieß. Durch welche organisatorischen
Ma
ßnahmen möchten Sie derartige Rechtsverletzungen in Zukunft
verhindern?

32.     Teilen Sie diese rechtliche Beurteilung des Vorganges durch Beamte des
BMJ?

33.     Wurde aufgrund der Vorfälle ein Dienst- bzw. Disziplinarverfahren eingeleitet?

34.     Falls nein: weshalb nicht?

35.     Falls ja: Gegen wen in welchem Stadium befindet sich dieses?

D) Oberstaatsanwaltschaft

36. Nur ein einziger der oben beschriebenen Verstöße gegen Bundesverfassung,
Gesetze und Verfahrensvorschriften wurde von der im Berichtsweg befassten
Oberstaatsanwaltschaft erkannt. Verwechselte Aktenzahlen und
„übersehene“
Anzeigen und Tatbestände wurden ebenso übersehen wie gesetz- und
verfassungswidrige Ermittlungen. Warum hat die Kontrolle der T
ätigkeit der
Staatsanwaltschaft durch die Oberstaatsanwaltschaft in fast allen genannten
F
ällen versagt?

E)  Regierungsjustiz

37.     Während in den bekannten Verfahren Abgeordnete der Opposition weit über
den Rahmen von Gesetzen und Verfassung hinaus verfolgt wurden, konnten
Mitglieder der
ÖVP-Bundesregierungen seit dem Jahr 2001 mit
gr
ößtmöglicher staatsanwaltschaftlicher Milde rechnen. Das „übersehene“
Strasser-Verfahren bildet den vorl
äufigen Endpunkt einer Kette von Verfahren,
in denen die politische Abteilung der Staatsanwaltschaft Wien wie im
Verfahren
Grasser-Homepage“ ausschließlich die Interessen verdächtiger
oder beschuldigter Minister vertreten hat. Warum gelten im Bereich der
Staatsanwaltschaft f
ür Verfahren gegen Oppositionsabgeordnete andere
Regeln als f
ür Verfahren gegen Mitglieder einer ÖVP-Bundesregierung?

38.     Sind die Berichte zutreffend, wonach auch die sogenannte BUWOG-Affäre“
rund um den ehemaligen Finanzminister Mag. Karl-Heinz Grasser bereits seit
mehreren Monaten in der Staatsanwaltschaft bekannt war jedoch nicht
bearbeitet wurde, obwohl m
öglicherweise auch hier Verjährung drohen
k
önnte?

F)  Konsequenzen

39.     Welche Konsequenzen beabsichtigen Sie aus den bisherigen
Untersuchungsergebnissen zu ziehen?


40.     Sie haben wiederholt medial die Arbeit des Untersuchungausschusses
kritisiert und die Arbeit der Staatsanw
älte verteidigt (vgl. etwa Die Presse“,
14.9.2009). Wie begründen Sie diese Kritik, wenn die oben aufgelisteten,
durch den Untersuchungsausschuss aufgedeckten Fehlleistungen und Vers
äumnisse im Bereich des Justizministeriums trotz mehrstufiger
Kontrollverfahren unentdeckt bzw. ohne Konsequenzen blieben?

41.        Wie soll nach Ihrer Auffassung die offenbar dringend notwendige Kontrolle der
Staatsanwaltschaften in Zukunft ausgestaltet werden?

42.        Weshalb lehnen Sie die Einrichtung einer weisungsfreien Spitze der
Staatsanwaltschaft ab (wie Sie
übrigens von Ihnen selbst noch vor mehreren
Jahren gefordert wurde)?

43.        Mit welchen Maßnahmen im Bereich der Justiz kann der Rechtsschutz der
B
ürgerInnen vor Überwachungsmaßnahmen, die insbesondere auch gegen
bloße ZeugInnen verhängt werden können und - wenn überhaupt - erst im
Nachhinein mitgeteilt werden, verbessert werden?

44.     Wird die politische Abteilung“ der Staatsanwaltschaft Wien abgeschafft?

45.        Inwieweit wird im Rahmen der Kontrolle durch das BMJ in berichtspflichtigen
Angelegenheiten auch das Kabinett der Bundesministerin informiert?

46.     Wie wurde dies in den oben genannten Verfahren gehandhabt?

47.        Wie werden Sie eine parteipolitische Einflussnahme auf politische Causen“ in
Zukunft vermeiden?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage unter Verweis auf § 93
Abs 1 GOG verlangt.