3597/J XXIV. GP
Eingelangt am
10.11.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und Genossinnen
an den Bundesministerin für Inneres
betreffend „Geldzahlungen von „Ratiopharm“ an Ärzte - Korruption im
Gesundheitswesen“
Im
Jahr 2005 wurde in der Öffentlichkeit bekannt, dass das Pharmaunternehmen
„Ratiopharm“ systematisch Ärzte mit Geld oder Geschenken dazu
brachte, die hauseigenen
Präparate bevorzugt zu verordnen. Die Staatsanwaltschaft Ulm
eröffnete 3000
Ermittlungsverfahren (wegen des Verdachts auf Betrug und Untreue), gab die
meisten
inzwischen
aber an die örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften ab. Nun wurde
bekannt, dass 2009 zahlreiche Verfahren eingestellt wurden.
„ In
Frankfurt, Bochum, Bielefeld und Paderborn wurden in den vergangenen Wochen die
ersten 200 Verfahren eingestellt. Warum? Nicht weil die
Staatsanwälte Zweifel an den
Schmiergeldzahlungen hatten, sondern weil sie der Meinung sind, dass sich ein
niedergelassener Arzt als Freiberufler wegen der Annahme von Schmiergeld
überhaupt nicht
strafbar machen kann. Andere Juristen sehen das anderes. Aber die genannten
Staatsanwälte
stellte die Verfahren ein - und übergaben sie
gleichzeitig an die zuständigen
Landesärztekammern. Die Ärztekammern sind aber nicht fürs
Strafrecht, sondern nur fürs
Berufsrecht zuständig“.
(Spiegel 17.09.2009)
Es
gibt aber auch andere Entscheidungen: Die Staatsanwaltschaft Ulm beantragte
inzwischen
einen
Strafbefehl gegen die ersten zwei Ärzte aus dem Verfahren, die von 2002
bis 2005
insgesamt
14 Schecks über einen Gesamtbetrag von 19.180 Euro von „Ratiopharm“
erhalten
hatten.
Ob derartige
Praktiken auch in Österreich üblich waren, ist derzeit noch nicht
bekannt.
Entsprechende
Parlamentarische Anfragen dazu wurden im März 2007 von den zuständigen
Bundesministern
u.a. wie folgt beantwortet.
•
„ Die zuständigen Stellen in Deutschland
haben bezüglich der Fa. Ratiopharm ho keinen
Kontakt aufgenommen. Es wurden auch keine Anzeigen eingebracht. Daher wurden
keine
konkreten Ermittlungen wegen Verdachts auf Untreue, Geschenkannahme
oder
Bestechung durchgeführt. Im Bezug auf Steuerhinterziehung besteht
keine Zuständigkeit. "
(249/AB der Innenministerin vom 15. März 2007).
•
„ Der zuständigen Fachabteilung meines Hauses sind im
Zusammenhang mit den
anfragegegenständlichen Sachverhalten keine durch
Justizbehörden veranlassten
sicherheitsbehördlichen Ermittlungen bekannt geworden. Auch für das
Bundesministerium für Justiz bestand bisher mangels eines konkreten
Verdachtes von in
Österreich begangenen Straftaten kein Anlass, auf die Einleitung
entsprechender
Erhebungen hinzuwirken "
(217/AB der Justizministerin vom 07. März 2007).
• Durch das Gesundheitsressort wird auf die
Zuständigkeit der Bundesministerien für
Inneres und Justiz verwiesen.
Amtshilfeersuchen waren dem Gesundheitsressort nicht
bekannt
(220/AB der Gesundheitsministerin vom 07. März 2007).
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für
Inneres
nachstehende
Anfrage:
1. Sind Ihnen
in der Zwischenzeit auch Fälle die „Ratiopharm“ betreffend in
Österreich
bekannt geworden?
Wie
viele laufende diesbezügliche Ermittlungen der Polizei bzw. der
Staatsanwaltschaften
sind
Ihnen bekannt?
2.
Hat das Pharmaunternehmen „Ratiopharm“ auch in
Österreich Ärzte mit Geld oder
Geldgeschenken
bedient, damit dessen hauseigene Präparate bevorzugt verordnet werden?
3. Wenn ja, wie viele und welche Fälle sind dem Ressort bekannt geworden?
4.
Ist es grundsätzlich und rechtlich zulässig, dass durch
Pharmaunternehmen Geld oder
Geldgeschenke
an Ärzte bezahlt werden, damit deren Präparate bevorzugt durch
Ärzte
verordnet
werden?
5.
Wenn nein, mit welchen berufsrechtlichen Sanktionen und mit welchen
strafrechtlichen
Sanktionen ist die Annahme von Geld oder Geldgeschenken für Ärzte und
für
Unternehmen
verbunden?
6.
Gab es im Zeitraum 2007 und 2008 durch die Polizei strafrechtliche Ermittlungen
(Verfahren)
wegen Verdachts auf Bestechung, Geschenkannahme, Steuerhinterziehung
etc.,
gegen Verantwortliche von Pharma- oder Medizinproduktunternehmen bzw. gegen
Verantwortliche
im Gesundheitswesen oder in Krankenanstalten in Österreich
(Aufschlüsselung der Fälle auf Jahre)?
7.
Welche und wie viele strafrechtliche Ermittlungen (Verfahren) wurden in
diesen Jahren
abgeschlossen?
Wie
viele betrafen MitarbeiterInnen von Pharmaunternehmen und
Medizinproduktehersteller
oder Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen
(Aufschlüsselung
der Fälle auf Jahre)?
8. Zu welchen Ergebnissen führten jeweils diese Ermittlungen (Verfahren)?
Wie viele
führten zu gerichtlichen Strafanzeigen (Ersuche um Aufschlüsselung
der Fälle
auf
Jahre und Staatsanwaltschaften)?
9. Wie viele
strafrechtliche Ermittlungen (Verfahren) wegen Betrug, Untreue und
Korruption wurden in den Jahren 2007
und 2008 geführt?
Wie
viele betrafen MitarbeiterInnen von Pharmaunternehmen und
Medizinproduktehersteller
oder Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen
bzw.
in Krankenanstalten (Aufschlüsselung der Fälle auf Jahre)?
10. Welche und wie viele
strafrechtliche Ermittlungen (Verfahren) wurden in diesen Jahren
abgeschlossen?
Wie
viele betrafen MitarbeiterInnen von Pharmaunternehmen und
Medizinproduktehersteller oder Verantwortliche im österreichischen
Gesundheitswesen
(Aufschlüsselung der Fälle auf Jahre)?
11. Zu welchen Ergebnissen führten jeweils diese Ermittlungen (Verfahren)?
Wie viele
führten zu gerichtlichen Strafanzeigen (Ersuche um Aufschlüsselung
der Fälle
auf
Jahre und Staatsanwaltschaften)?
12. Wie viele Anzeigen nach
§ 55 AMG (verbotene Geschenkannahme) wurden im Zeitraum
2007 und 2008 erstattet (Ersuche um
Aufschlüsselung auf Jahre)?
Welche
Informationen über Erledigung der Anzeigen bzw. den Ausgang der Verfahren
sind
dem Ressort bekannt geworden?
Wenn
nein, welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, damit dem Ressort
diese
Zahlen
in Zukunft automatisch bekanntgegeben werden?
13.
Wie viele Strafanzeigen wurden in den Jahren 2007 und 2008 nach §
153 StGB (Untreue)
erstattet
(Aufschlüsselung auf Jahre und Staatsanwaltschaften)?
14.
Wie viele Strafanzeigen wurden in den Jahren 2007 und 2008 nach §
153 a StGB
(Geschenkannahme durch Machthaber) erstattet? (Aufschlüsselung auf Jahre
und
Staatsanwaltschaften)?
15.
Wie viele Strafanzeigen wurden in den Jahren 2007 und 2008 nach
§§ 304 - 308 StGB
(Verletzung
der Amtspflicht und verwandte strafbare Handlungen) erstattet
(Aufschlüsselung auf Jahre und Staatsanwaltschaften)?
16. Welche
konkreten Maßnahmen wird das Ressort in Zukunft zur Bekämpfung
von
Korruption und Betrug im Gesundheitswesen ergreifen?
17. In welcher
Form arbeitet das Innenressort konkret mit dem „Europäischen
Netzwerk
gegen Betrug und Korruption“ im Gesundheitswesen
zusammen?
18.
War in diesen beiden Jahren das Europäische Justizielle Netz in
Strafsachen bzw. die
österreichische
Kontaktstelle (Grenzüberschreitende Kriminalität) in
diesbezügliche
strafrechtliche Ermittlungen (Verfahren) eingebunden?
Wenn ja, in wie vielen Fällen (Aufschlüsselung auf Jahre)?
19. War in diesen Jahren
EUROJUST in diesbezügliche strafrechtliche Ermittlungen
(Verfahren) eingebunden?
Wenn ja, in wie vielen Fällen (Aufschlüsselung auf Jahre)?