3603/J XXIV. GP

Eingelangt am 11.11.2009
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Jarmer, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung

 

betreffend Universitätsstudium für Menschen mit Behinderung

 

Gehörlose Menschen in Österreich beginnen mehr und mehr, an Universitäten
zu studieren und somit den Sektor der tertiären Bildung zu nutzen.Derzeit
handelt es sich - bei ca. 10.000 gehörlosen Gebärdensprachbenutzern - nur
um ca. 15-20 Personen.
Diese Studierenden können dann an Lehrveranstaltungen teilnehmen, wenn
GebärdensprachdolmetscherInnen die Kommunikation zwischen
Deutsch- bzw. ÖGS-sprachigen Lehrenden bzw. Lernenden ermöglichen.
Von Ihnen kann - im Unterschied zu anders fremdsprachigen Menschen - nicht
erwartet werden, dass Sie Sprache wechseln, um Ihr Studium zu bewältigen.
Die Frage der Dolmetschkosten ist derzeit unzureichend geklärt.


Durch das Fehlen eines sinnvoll funktionierenden Systems sind gehörlose
Studierende konstant in der Rolle der Bitt- und Antragsteller. Sie müssen
Anträge stellen, Budget verwalten und DolmetscherInnen organisieren, haben
also ein beträchtlichen Mehraufwand als hörenden Studierende - und werden
derzeit dabei nicht institutionell unterstützt. Noch dazu müssen Sie auch
ständig entscheiden, für welche Lehrveranstaltungen sie sich eine
Dolmetschung "leisten" wollen, da das derzeit gewährte Maximalbudget nur
für einen Bruchteil der tatsächlich im Rahmen eines Studiums zu
besuchenden Veranstaltungen ausreicht.

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 


ANFRAGE:

 

1)     Welche finanziellen Möglichkeiten stehen derzeit,  4 Jahre nach
Anerkennung der ÖGS in der Bundesverfassung, gebärdensprachigen
Studierenden seitens Gemeinde, Stadt und Bund zu Verfügung?

 

2)     Für wie viele Stunden Teilnahme an Lehrveranstaltungen reichen diese Mittel bei normaler Bezahlung von SimultandolmetscherInnen tatsächlich aus?

 

3)     Warum beteiligen sich keine Institutionen daran, die Verantwortung der einzelnen Studierenden für die gesamte Organisation dieser Förderungen zu teilen und sie damit strukturell zu unterstützen?

 

4)     Wie unterstützen die Universitäten gebärdensprachige Studierende im Hinblick auf die Dolmetschkostenfrage und Organisation von DolmetscherInnen?

 

5)     Berufstätige gehörlose Studierende werden gegenüber jenen, deren Erstausbildung das Studium darstellt, bei der Vergabe von Dolmetschmitteln benachteiligt. Dies bedeutet, dass sie gegenüber hörenden Menschen, deren zweiter Bildungsweg ein Studium ist, massiv diskriminiert werden. Was von seiten ihres Ministeriums getan, um diese Situation zu ändern?

 

6)     Im BMWF wurde 2007-2008 unter der Leitung von Frau Dr. Pflichter und unter reger Anteilnahme von ExpertInnen der Arbeitskreis „Gehörlos erfolgreich studieren“ durchgeführt. Am 3. Juli 2008 wurde ein umfangreiches Arbeitspapier mit Unterstützungsmodellen für gehörlose Studierende in Österreich von allen TeilnehmerInnen verabschiedet. Was ist seither mit diesen Vorschlägen/mit diesem Papier passiert, wo wurde es diskutiert und wer ist für die weitere Umsetzung der konkreten Modelle zuständig?

 

7)     In der Studie „Sprache Macht Wissen“ (Innovationszentrum der Universität Wien, 2007) wurden die Bedürfnisse gebärdensprachiger Studierender empirisch erhoben und in einem „Innovationspaket II zur Verbesserung der Situation gehörloser Studierender“ ganz konkrete Vorschläge beschrieben. Welche dieser Maßnahmen wurden bisher umgesetzt? Welche nicht und warum nicht?

 

8)     Welche längerfristigen, lösungsorientierten Maßnahmen zur Finanzierung von ÖGS-Deutsch-DolmetscherInnen während eines Universitätsstudiums sind seitens des BMWF in Zusammenarbeit mit den Universitäten derzeit in Planung?