3644/J XXIV. GP

Eingelangt am 12.11.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und Genossinnen

an den Bundesministerin für Justiz

betreffend „Geldzahlungen von „Ratiopharm" an Ärzte - Korruption im Gesundheitswesen"

Im Jahr 2005 wurde in der Öffentlichkeit bekannt, dass das Pharmaunternehmen „Ratiopharm" systematisch Ärzte mit Geld oder Geschenken dazu brachte, die hauseigenen Präparate bevorzugt zu verordnen. Die Staatsanwaltschaft Ulm eröffnete 3000 Ermittlungsverfahren (wegen des Verdachts auf Betrug und Untreue), gab die meisten inzwischen aber an die örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften ab. Nun wurde bekannt, dass 2009 zahlreiche Verfahren eingestellt wurden.

In Frankfurt, Bochum, Bielefeld und Paderborn wurden in den vergangenen Wochen die ersten 200 Verfahren eingestellt. Warum? Nicht weil die Staatsanwälte Zweifel an den Schmiergeldzahlungen hatten, sondern weil sie der Meinung sind, dass sich ein niedergelassener Arzt als Freiberufler wegen der Annahme von Schmiergeld überhaupt nicht strafbar machen kann. Andere Juristen sehen das anderes. Aber die genannten Staatsanwälte stellte die Verfahren ein - und übergaben sie gleichzeitig an die zuständigen Landesärztekammern. Die Ärztekammern sind aber nicht fürs Strafrecht, sondern nur fürs Berufsrecht zuständig ". (Spiegel 17.09.2009)

Es gibt aber auch andere Entscheidungen: Die Staatsanwaltschaft Ulm beantragte inzwischen einen Strafbefehl gegen die ersten zwei Ärzte aus dem Verfahren, die von 2002 bis 2005 insgesamt 14 Schecks über einen Gesamtbetrag von 19.180 Euro von „Ratiopharm" erhalten hatten.

Ob derartige Praktiken auch in Österreich üblich waren, ist derzeit noch nicht bekannt. Entsprechende Parlamentarische Anfragen dazu wurden im März 2007 von den zuständigen Bundesministern u.a. wie folgt beantwortet.

 

         Die zuständigen Stellen in Deutschland haben bezüglich der Fa. Ratiopharm ho keinen Kontakt aufgenommen. Es wurden auch keine Anzeigen eingebracht. Daher wurden keine konkreten Ermittlungen wegen Verdachts auf Untreue, Geschenkannahme oder Bestechung durchgeführt. Im Bezug auf Steuerhinterziehung besteht keine Zuständigkeit. " (249/AB der Innenministerin vom 15. März 2007).

         Der zuständigen Fachabteilung meines Hauses sind im Zusammenhang mit den anfragegegenständlichen Sachverhalten keine durch Justizbehörden veranlassten sicherheitsbehördlichen Ermittlungen bekannt geworden. Auch für das Bundesministerium für Justiz bestand bisher mangels eines konkreten Verdachtes von in Österreich begangenen Straftaten kein Anlass, auf die Einleitung entsprechender Erhebungen hinzuwirken "

(217/AB der Justizministerin vom 07. März 2007).

•     Durch das Gesundheitsressort wird auf die Zuständigkeit der Bundesministerien für Inneres und Justiz verwiesen. Amtshilfeersuchen waren dem Gesundheitsressort nicht bekannt

(220/AB der Gesundheitsministerin vom 07. März 2007).

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Justiz nachstehende

Anfrage:

1.    Sind Ihnen bzw. Ihrem Ressort in der Zwischenzeit auch Fälle die „Ratiopharm" betreffend in Österreich bekannt geworden?

Wie viele laufende diesbezügliche Ermittlungen der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaften sind Ihnen bekannt?

2.      Hat das Pharmaunternehmen „Ratiopharm" auch in Österreich Ärzte mit Geld oder Geldgeschenken bedient, damit dessen hauseigene Präparate bevorzugt verordnet werden?


3.              Wenn ja, wie viele und welche Fälle sind dem Ressort bekannt geworden?

4.              Ist es grundsätzlich und rechtlich zulässig, dass durch Pharmaunternehmen Geld oder           Geldgeschenke an Ärzte bezahlt werden, damit deren Präparate bevorzugt durch Ärzte   verordnet werden?

5.              Wenn nein, mit welchen berufsrechtlichen Sanktionen und mit welchen strafrechtlichen Sanktionen ist die Annahme von Geld oder Geldgeschenken für Ärzte und für Unternehmen verbunden?

6.              Wie viele Strafverfahren gab es wegen Betrug, Untreue und Korruption wurden in den Jahren 2007 und 2008?

Wie viele betrafen MitarbeiterInnen von Pharmaunternehmen und Medizinproduktehersteller oder Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen bzw. in Krankenanstalten (Aufschlüsselung der Anzahl bzw. Fälle auf Jahre)?

7.    Welche und wie viele diesbezügliche strafrechtliche Verfahren wurden in diesen Jahren abgeschlossen?

Wie viele betrafen MitarbeiterInnen von Pharmaunternehmen und Medizinproduktehersteller oder Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen (Aufschlüsselung der Anzahl bzw. Fälle auf Jahre)?

8.    Zu welchen Ergebnissen führten jeweils diese strafrechtlichen Verfahren?

Wie wurden diese bei Gericht erledigt (Ersuche um Aufschlüsselung der Fälle auf Jahre und Staatsanwaltschaften bzw. Gerichte)?

9.   Wie viele Strafverfahren gab es 2007 und 2008 wegen Verdachts auf Bestechung, Geschenkannahme, Steuerhinterziehung etc., gegen Verantwortliche von Pharma- oder Medizinproduktunternehmen bzw. gegen Verantwortliche im Gesundheitswesen oder in Krankenanstalten in Österreich (Aufschlüsselung der Fälle auf Jahre)?

10.  Wie viele diesbezügliche strafrechtliche Verfahren wurden in diesen Jahren abgeschlossen?

Wie viele betrafen MitarbeiterInnen von Pharmaunternehmen und Medizinproduktehersteller oder Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen (Aufschlüsselung der Anzahl bzw. Fälle auf Jahre)?

11. Zu welchen Ergebnissen führten jeweils diese strafrechtlichen Verfahren?

Wie wurden diese bei Gericht erledigt (Ersuche jeweils um Aufschlüsselung der Fälle auf Jahre und Staatsanwaltschaften bzw. Gerichte)?

12.  Wie viele Anzeigen nach §55 AMG (verbotene Geschenkannahme) wurden im Zeitraum 2007 und 2008 erstattet?

Wie wurden diese Anzeigen bei Gericht erledigt (Aufschlüsselung auf Jahre und Staatsanwaltschaften bzw. Gerichte)?

13.  Wie viele Strafanzeigen wurden in den Jahren 2007 und 2008 nach § 153 StGB (Untreue) erstattet?

Wie wurden diese Anzeigen bei Gericht erledigt (Aufschlüsselung auf Jahre und Staatsanwaltschaften bzw. Gerichte)?

14. Wie viele Strafanzeigen wurden in den Jahren 2007 und 2008 nach § 153 a StGB (Geschenkannahme durch Machthaber) erstattet?

Wie wurden diese Anzeigen bzw. Gericht erledigt (Aufschlüsselung auf Jahre und Staatsanwaltschaften bzw. Gerichte)?

15.  Wie viele Strafanzeigen wurden in den Jahren 2007 und 2008 nach §§304-308 StGB (Verletzung der Amtspflicht und verwandte strafbare Handlungen) erstattet?

Wie wurden diese Anzeigen bei Gericht erledigt (Aufschlüsselung auf Jahre und Staatsanwaltschaften bzw. Gerichte)?

16.  Welche konkreten Maßnahmen wird das Ressort in Zukunft zur Bekämpfung von Korruption und Betrug im Gesundheitswesen ergreifen?

 

17.      In welcher Form arbeitet das Justizressort konkret mit dem „Europäischen Netzwerk gegen Betrug und Korruption" im Gesundheitswesen zusammen?


18.      War in diesen beiden Jahren das Europäische Justizielle Netz in Strafsachen bzw. die österreichische Kontaktstelle (Grenzüberschreitende Kriminalität) in diesbezügliche strafrechtliche Ermittlungen (Verfahren) eingebunden?

Wenn ja, in wie vielen Fällen (Aufschlüsselung auf Jahre)?

19.  War in diesen Jahren EURO JUST in diesbezügliche strafrechtliche Ermittlungen (Verfahren) eingebunden?

Wenn ja, in wie vielen Fällen (Aufschlüsselung auf Jahre)?