3691/J XXIV. GP

Eingelangt am 16.11.2009
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend Kaprun - Klärung der Ursache

 

 

Vor 9 Jahren ereignete sich die Brandkatastrophe in der Standseilbahn Kaprun, deren genaue Ursache nach wie vor – vorsichtig ausgedrückt – umstritten ist.

 

Gerichtliche Ermittlungen bzw. Verfahren waren auch nach dem Freispruch aller von der Staatsanwaltschaft angeklagten 16 Beteiligten in erster (Februar 2004) und zweiter (September 2005) Instanz bis zuletzt anhängig. Mit der jüngsten Entscheidung des OLG Linz von Anfang November 2009 wurde das nunmehrige Verfahren gegen vier Hauptgutachter, das im Fall einer Verurteilung wohl zu einer Wiederaufnahme des Strafverfahrens hätte führen müssen, erneut eingestellt. Dies mit der Begründung, es gäbe angeblich „weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen“ weitere Gründe für eine Strafverfolgung.

Ob zu dieser Entscheidung, die sachlich genau in die Linie des bisherigen Umgangs des österreichischen Justizapparats mit der Katastrophe von Kaprun passt, erneut Rechtsmitteln ergriffen werden, ist derzeit offen.

 

Rechtskundige Betroffene – Angehörige von Opfern – der Brandkatastrophe zeigten sich wiederholt medienöffentlich überzeugt, dass es unbeschadet des auf Basis von Gutachten herbeigeführten Ausgangs aller bisheriger gerichtlicher Entscheidungen „eindeutig gravierende, strafrechtlich relevante Fehlverhalten gegeben“ habe, sowie, dass das Kaprun-Strafprozess „ein erbärmliches Gerichtsverfahren, ein noch erbärmlicheres Urteil und ein an Skurrilität kaum mehr zu überbietendes Berufungsverfahren“ gewesen sei.

 

Auch auf parlamentarischer Ebene war im Zusammenhang mit der Katastrophe von Kaprun durch die Jahre seitens rechtskundiger Mandatarinnen und Mandatare von SPÖ bis FPÖ von „Gefälligkeitsurteilen“, „fehlerhaften Ermittlungen“, „Versäumnissen in der Justizverwaltung“ sowie verschwundenen Beweisstücken und, nicht zuletzt, tatsachenwidrig beantworteten Parlamentarischen Anfragen die Rede.

 

Die Diskussion über den zwecks Einbau in die Garnituren und damit auch in die Unglücksgarnitur im Jahr 1993/94 zerlegten und neu zusammengebauten Heizlüfter – ein Haushaltsgerät – als Auslöser des Unglücks führte seinerzeit im österreichischen Strafprozess auf Basis von Gutachten zur gerichtlichen Einschätzung, dass ein Konstruktions-, Produktions- und Materialmangel des im talseitigen Führerstand montierten Heizlüfters verantwortlich gewesen sei. Deshalb trage niemand von den seinerzeit Angeklagten Schuld an der Brandkatastrophe.

 

Im Zusammenhang mit dem darauf folgenden Versuch des Seilbahnbetreibers, sich am deutschen Heizlüfter-Hersteller schadlos zu halten, und dem damit verbundenen Gerichtsverfahren in Deutschland – das mit der Widerlegung einer Reihe von Erkenntnissen und Schlussfolgerungen des österreichischen Verfahrens und mit einem Freispruch für die Vertreter des Heizlüfter-Herstellers und seines Zulieferers endete – wurden u.a. zwei deutsche Gutachter tätig. Sie kommen in einem 800 Seiten umfassenden Gutachten zur Erkenntnis, dass die österreichischen Gutachten, auf denen letztlich die Freisprüche aller Angeklagten im österreichischen Strafverfahren beruhen, in vielerlei Hinsicht unzulänglich und falsch seien.

 

Schon eine kleine Auswahl dieser Punkte zeigt die große Tragweite dieser Mängel und den bedenklichen Umgang der involvierten österreichischen Institutionen und Akteure mit zentralen Beweismitteln.

 

So wurde im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Heilbronn unter anderem aufgezeigt, dass der von den österreichischen Gutachtern für ihre Untersuchungen verwendete „Vergleichs-Heizlüfter“ (aus der unversehrt gebliebenen zweiten Garnitur der Gletscherbahn; der laut Salzburger Urteil den Brand auslösende in der Unglücksgarnitur soll restlos verbrannt sein) zunächst vor dem Ausbau aus der Garnitur eindeutig unbeschädigt gewesen sei, nach Begutachtung jedoch nur mehr in zerlegtem, teilweise stark beschädigtem bzw. zerstörtem Zustand vorgelegen sei und Teile überhaupt verschwunden waren und blieben.

 

Überdies konnte der anhand dieses Heizlüfters gutachterlich behauptete „Konstruktions-, Produktions- und Materialmangel“, der für die Schuldzuweisung an den Hersteller und für die 16 Freisprüche im österreichischen Strafverfahren ausschlaggebend war, von zahlreichen Facheinrichtungen in Deutschland nicht nachvollzogen und nicht rekonstruiert werden.

 

Schließlich verweist sogar einer der Gutachter im Salzburger Strafprozess (Ing. Prader) in einem Gutachten auf Bildmaterial („Heizlüfter und Brandreste“) eines anderen im österreichischen Verfahren ursprünglich beschäftigten Sachverständigen (SV Muhr), in dem sowohl ein Heizstern eines Heizlüfters aus dem ausgebrannten Zug als auch dessen Sicherstellung als Beweismittel zu erkennen sei. Dieses Beweismittel war schon zum Zeitpunkt seiner Gutachtenserstellung nicht mehr vorhanden, wie der Gutachter auf Seite 54 dieses Gutachtens festhielt.

 

Weiters kam u.a. die Umdefinierung des Zugs von einem „Fahrzeug“ zu einem „Fahrbetriebsmittel“ im Gerichtsverfahren der Entlastung der für den Einbau des Heizlüfters etc. direkt, indirekt und übergeordnet bei Betreiber und Aufsichtsbehörde Verantwortlichen zugute, da das Gerät laut Betriebsanleitung in „Fahrzeuge“ jedenfalls explizit nicht eingebaut werden hätte dürfen. Anders als in der Betriebsanleitung des Heizlüfters angegeben („Gerät ist nicht geeignet zum Anschluss an fest verlegten Leitungen.") wurde dieser weiters – falls eingeschalten – jeweils in den Stationsgebäuden über ein Kupplungsstück automatisch permanent an das Stromnetz angeschlossen, womit auch hier eine nicht bestimmungsgemäße Nutzung vorlag, die – wie das Zerlegen und der veränderte Einbau ins Fahrzeug an sich – jedenfalls die Gewährleistung und Verantwortlichkeit seitens des Heizlüfter-Herstellers ausschließt.

 

Zusammenfassend wurde im Ermittlungsbericht zum Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Heilbronn/Deutschland vom 27.3.2007 ausgeführt: „Das Ergebnis dieser Ermittlungen unterscheidet sich in wesentlichen Punkten vom Ergebnis des Österreichischen Strafverfahrens.“


Aus dem Bericht der Staatsanwaltschaft Heilbronn zum Kaprun-Unglück (zitiert im Kurier, 25.10.2009):

¨     „Ein (…) Kunststoff-Sachverständiger kam nach der Untersuchung mehrerer vergleichbarer Heizlüftergehäuse zu dem Ergebnis, dass keine Produktionsfehler erkennbar seien (…).“

¨     „Zu dem (…)erhobenen Vorwurf, das Gehäuse des Heizlüfters sei nicht (…) ‚schwer entflammbar’ gewesen, haben die Ermittlungen ergeben, dass die Geräte schwer entflammbar (…) waren.“

¨     „Schließlich entsprach der Betrieb des Heizlüfters in dem Zug der Gletscherbahn weder der vorgesehenen, noch der üblichen Verwendung. Die Heizlüfter waren (…) zur Verwendung im Haushalt konstruiert, produziert und vertrieben worden.“

¨     „Durch den Einbau in den Steuerpult des Zuges wurde das Gerät zudem noch technisch verändert. Insbesondere entfiel der Tropfwasserschutz, weil die Nut- und Federkonstruktion (…) nicht mehr gegeben war.“

¨     „Durch das Kriminaltechnische Institut des Landeskriminalamts Baden-Württemberg konnten im Inneren (…) des aus dem nicht verbrannten Schwesterzug ausgebauten Heizlüfters chemische Verbindungen nachgewiesen werden, die typisch für Hydrauliköl sind.“

¨     „Ein hier eingeholtes kriminaltechnisches Gutachten des Landeskriminalamts Baden-Württemberg hat (…) ergeben, dass die Annahme eines Brandes durch eine Berührung des Heizsterns mit der Rückwand aufgrund des weiterhin bestehenden Abstandes nicht möglich ist.“

¨     „Da an dem verbrannten Zug keine Feststellungen getroffen werden können, (…) ist eine zuverlässige Rekonstruktion des Brandgeschehens nicht möglich. Auf der Grundlage des Ermittlungsergebnisses war jedoch der Nachweis, dass der Brand auf die Bindenähte im Bereich der Befestigungsdome zurückzuführen ist, ausgeschlossen. Zumindest ebenso wahrscheinlich ist, dass der Brand durch eine Hydraulikölbelastung des Heizlüfters verursacht wurde (…).“

 

Die beiden deutschen Gutachter zeigten daraufhin die (schon 2007 einmal angezeigten) vier im seinerzeitigen österreichischen Gerichtsverfahren tätigen Hauptgutachter 2008 bzw. 2009 wegen Falscherstellung von Gutachten, des Verdachts der Korruption und der vorsätzlichen Strafvereitelung sowie Amtsmissbrauch an.

 

Unabhängig von der auch in dieser Anzeige letztlich im Mittelpunkt stehenden Frage des Heizlüfters wäre eine unvoreingenommene Überprüfung der Wartungsarbeiten an der verunglückten Garnitur erforderlich.

Nach verschiedenen Aussagen habe sich die beim Brand zerstörte Garnitur vorher in einer Reparatur befunden, bei der ein Lagertausch vorgenommen wurde. Durch Reibung eines Lagers kann Hydrauliköl – zumal ein hochentzündliches, in seinem ursprünglichen Einsatzgebiet, der Luftfahrt, bereits seit Jahrzehnten verbotenes wie in den Unglücksgarnituren – in großem Umfang in sehr kurzer Zeit entflammt werden.

Auf ein heiß gelaufenes und die Achse blockierendes Lager würden auch Aussagen zum Fahrverhalten der Garnitur bei der vorletzten und letzten Fahrt sowie Videoaufnahmen von ausgetretenen und geschmolzenen Lagerfettrückständen auf den Schwellen hindeuten.

 

Laut vertraulichen Informationen wurde weiters das Betriebsbuch, das den Verlauf sämtlicher Reparaturen vermerkt bzw. vermerken müsste, nie von der ermittelnden Behörde angefordert und „verschwand“, sodass genau zu diesem Punkt keine Informationen zur Verfügung standen.

 

Ob und wie evtl. im Rahmen seinerzeitiger Bauarbeiten im Bereich der Bergstation/Alpincenter womöglich durchgeführte Materialfahrten, die dabei transportierten Lasten etc mit einem möglichen Lagerdefekt einerseits und dem Katastrophen-Ereignis andererseits zusammenhängen könnten, wurde ebenfalls nicht öffentlich nachvollziehbar geklärt.


Die jüngste Einstellung des Gutachterstreit-Verfahrens durch das OLG Linz ist vor dem Hintergrund der in erdrückender Menge vorgelegten Fakten zwar erstaunlich, kommt Medienberichten zufolge für die zwei deutschen Gutachter und für involvierte Rechtsvertreter und Rechtskundige nicht überraschend. Demzufolge seien den vier österreichischen Gutachtern keine strafrechtlich relevanten Fragen gestellt worden, es seien auch keine Einvernahmen sondern Selbstauskünfte erfolgt, und sowohl die mittlerweile vorliegenden Ermittlungsverfahren aus Deutschland als auch die aus dem Gerichtsakt selbst nachgewiesenen Fakten seien „großzügig übergangen“ worden.

 

Nachdem neben weiteren Verfahrensschritten im Zusammenhang mit der Gutachtens- und Gutachter-Frage auch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein Ansuchen um Wiederaufnahme des Verfahrens läuft, wäre es unverändert zweckdienlich, diverse Sachverhalte zu klären, da der Frage „neuer Sachverhalte und Beweismittel“ auch laut involvierten Behörden ein zentraler Stellenwert für die weitere Vorgangsweise zukommt.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.             Liegt das Betriebsbuch zum Kapruner Unfallfahrzeug vor?

2.             Wenn nein, warum nicht und seit wann nicht?

3.             Wurde es a) im Zuge des Gerichtsverfahrens, b) in einem sonstigen Zusammenhang angefordert?

4.             Wenn nein, warum nicht?

5.             Falls das Betriebsbuch vorliegt: Welche Vermerke über a) Defekte, b) Reparaturen wurden darin vorgenommen?

6.             Wodurch lässt sich im einzelnen ausschließen, dass Beweismittel unterschlagen oder nach ihrem Übergang in die Obhut des zuständigen Gerichts zerstört oder unterschlagen wurden, wie von den deutschen Gutachtern mit konkreten Angaben – zB Ölspuren, Holzverbau – angeführt und auch angesichts anderer Quellen – siehe den in der Begründung erwähnten Verweis auf Bildquellen zu einem Heizstern eines Heizlüfters der Unglücksgarnitur in einem Gutachten des SV Prader – naheliegen würde?

7.             Wie sind die verschwundenen oder zerstörten Beweismittel erklärbar und wer trägt die Verantwortung für ihr Verschwinden bzw. ihre Zerstörung?

8.             Wodurch lässt sich im einzelnen ausschließen, dass bei der Unglücksgarnitur defekte bzw. mangelhaft reparierte Lager – auf die Aussagen zum Fahrverhalten der Garnitur bei der vorletzten und letzten Fahrt sowie Videoaufnahmen von ausgetretenen und geschmolzenen Lagerfettrückständen auf den Schwellen hindeuten würden – vorlagen?

9.             Wer wäre für einen etwaigen Betrieb der Garnitur mit defekten bzw. mangelhaft reparierten Lagern verantwortlich?


10.         Wodurch lässt sich im einzelnen ausschließen, dass die Brandkatastrophe in einem Zusammenhang mit im Rahmen seinerzeitiger Bauarbeiten im Bereich der Bergstation/Alpincenter womöglich durchgeführte Materialfahrten, den dabei transportierten Lasten etc gestanden haben könnte?

11.         Welche Belege liegen der im Kaprun-Urteil des Landesgerichts Salzburg vom Februar 2004 diesbezüglich enthaltene Feststellung, alle Baumaschinen und andere schwere Geräte für den Aus- und Umbau des Alpincenters sowie alle Schwerlasten für die am 11.11.2000 geplante Snowboard-Veranstaltung wären nicht mit der Standseilbahn transportiert worden, zugrunde?

12.         Ist es zutreffend, dass in der in Frage 11 zitierten Passage des Urteils nicht auf Bauteile für den Aus- und Umbau des Alpincenters eingegangen wird?

13.         Aus welchem Grund finden zwar die im Jahr 1999 und in den Monaten Jänner bis Oktober 2000 transportierten Lasten im Kaprun-Urteil des Landesgerichts Salzburg vom Februar 2004 Erwähnung, nicht jedoch die im November 2000 bis zum Unglückstag transportierten Lasten? Welche Informationen liegen über diese Lasten vor?

14.         Ist es zutreffend, dass die in den Garnituren der Kapruner Standseilbahn eingebauten Haushalts-Heizlüfter konstruktiv verändert und damit ohne erforderliche Prüfzeichen eingebaut und betrieben wurden? Wenn nein, warum nicht?

15.         Ist es zutreffend, dass die in den Garnituren der Kapruner Standseilbahn eingebauten Haushalts-Heizlüfter bestimmungswidrig eingebaut und betrieben wurden? Wenn nein, warum nicht?

16.         Wodurch lässt sich im einzelnen erklären, dass die Unglücksgarnitur ein „Fahrbetriebsmittel“ und kein „Fahrzeug“ gewesen sei und dass dies (wie im Rahmen des Urteils im Strafprozess insinuiert) einen entscheidenden, grundlegenden Unterschied mache, wenn doch die dafür angeführten Argumente und Charakteristika – kein eigener Antrieb, kein mitgeführter Treibstoff – vollumfänglich zB auch von land- und forstwirtschaftlichen Anhängern erfüllt werden, die von damals wie heute gültigen Gesetzen der Republik Österreich (vgl. §2 KFG) als „Fahrzeuge“ definiert werden?

17.         Ist es zutreffend, dass das in der Unglücksgarnitur eingesetzte, hochentzündliche und hochexplosive sowie chemisch im Hinblick auf Kunststoffleitungen und Ventile aggressive Hydrauliköl „Aero HFA“ u.a. a) nicht handelsüblich und b) nicht bzw. nicht für diesen Einsatzzweck genehmigt war und c) aufgrund seiner problematischen Eigenschaften in seinem ursprünglichen Einsatzgebiet (Luftfahrt) bereits Jahrzehnte nicht mehr verwendet werden durfte?

18.         Wenn ja, warum wurde es hier trotzdem verwendet?

19.         Ist es zutreffend, dass beispielsweise in der Schweiz und Frankreich bereits mehrere Jahre vor dem 1993/94 erfolgten Umbau der Garnituren der Kapruner Standseilbahn wesentlich weitergehende Sicherheits- und Brandschutzstandards bei Konstruktion und Bau von Standseilbahnen bzw. Standseilbahn-Garnituren incl. entsprechenden Verträgen üblich waren als die beim Umbau der Garnituren der Kapruner Standseilbahn zur Anwendung gekommenen?

20.         Ist es zutreffend, dass damit der Kapruner Umbau hinsichtlich angewandter Technik und benutzter Materialien nicht dem damaligen Stand der Technik entsprochen hat? Wenn nein, warum nicht?


21.         Ist es zutreffend, dass beim Umbau gegen die allgemeinen Regeln der Technik verstoßen wurde, wie von einem im Rahmen des österreichischen Verfahrens verfassten Gutachten belegt? Wenn nein, warum nicht?

22.         Sind mangelnde Kontrolle, Prüfung und Wartung einer Seilbahn Dauerdelikte, bei denen keine Verjährung eintritt? Wenn nein, warum nicht?

23.         Welche fünf möglichen Zündquellen für den Brand wurden im seinerzeitigen Untersuchungsbericht des KTZ (Kriminaltechnisches Zentrum, heute BKA/Bundeskriminalamt) angegeben, und auf welcher Grundlage wurden die vier offenbar im Strafprozess für nicht ursächlich erkannten möglichen Zündquellen ausgeschieden?

24.         Mit welcher Begründung wurden die Ermittlungen im Rahmen des Verfahrens der deutschen Staatsanwaltschaft Heilbronn dadurch erschwert, dass mit einem Befestigungsdom und einem Bruchstück an einer Befestigungsschraube des von den Gutachtern verwendeten Heizlüfters, mit Teilen eines Vergleichs-Heizlüfters sowie mit bestimmten mit rötlichen, auf Hydrauliköl und damit Undichtigkeiten des Hydrauliksystems hindeutenden Antragungen versehenen Teilen der Holzverkleidung aus dem Führerstand „wesentliche Beweismittel, auf die sich letztendlich der Freispruch bezogen hat, für das deutsche Verfahren nicht zur Verfügung gestellt werden konnten“ (Zitat aus dem Ermittlungsbericht zum Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Heilbronn/Deutschland vom 27.3.2007)? Wer hat die Entscheidung für das Nicht-Zurverfügungstellen dieser Beweismittel getroffen

25.         Mit welcher Begründung wurde dem seinerzeit als Aktenführer zu Kaprun tätigen Mitarbeiter des KTZ in einem Rechtshilfeverfahren im Rahmen des Verfahrens der deutschen Staatsanwaltschaft Heilbronn für seine Vernehmung in Wien im Jänner 2007 nur ein sehr weitgehend eingeschränkte Aussagegenehmigung erteilt? Wer hat die Entscheidung über diese Einschränkung getroffen?

26.         Ist es zutreffend, dass bereits unmittelbar nach der Katastrophe der ursprüngliche, später mit Hilfe eines gerichtspsychologischen Gutachtens aus dem Verfahren entfernte Hauptgutachter des Kaprun-Verfahrens sich u.a. in einem Zwischenbericht zu porösen Hydraulikleitungen geäußert hatte und zu ähnlichen Schlüssen wie 2006/07 die im deutschen Ermittlungsverfahren tätigen Gutachter und Fachstellen gelangte?

27.         Ist es richtig, dass dieser Befund auch vom KTZ bestätigt wurde?

28.         Auf wessen Initiative kam die nach den in Frage 21 und 22 erwähnten Ereignissen im März 2001 in Linz durchgeführte Besprechung von Gericht, Gutachtern und Staatsanwaltschaft zustande, in dessen Folge wenige Tage später der bereits erteilte Ermittlungsauftrag – ohne Wissen des Hauptgutachters – reduziert wurde?

29.         Mit welcher Begründung wurde der Ermittlungsauftrag reduziert?

30.         Ist es zutreffend, dass durch den reduzierten Ermittlungsauftrag den Gutachtern konkret untersagt war, bei der Gletscherbahn Nachforschungen über „Eignung und Zulässigkeit der verbauten Materialien in Zügen“ sowie über die „Genehmigungsverfahren und Bescheide aller zuständiger Behörden“ anzustellen? Falls nein – was wurde den Gutachtern durch den reduzierten Ermittlungsauftrag im Vergleich zum davor bestehenden Ermittlungsauftrag geändert aufgetragen bzw. untersagt?

31.         Ist es zutreffend, dass den Ermittlern des KTZ vom Gericht jeder Zugang zu den Beweismitteln verwehrt wurde?


32.         Ist es zutreffend, dass die Ermittler ein halbes Jahr später zu Protokoll gaben „Die Klärung der Brandursache scheitert an den von Seiten des Gerichts vorenthaltenen Dokumentationen, untersagten Untersuchungen und Behinderungen bei den Ermittlungen.“?

33.         Wie erklären Sie, dass einer der vier letztlich verbliebenen Gutachter des Kaprun-Verfahrens bei seinen im Sommer 2009 erfolgten Einvernahme/Befragung im Zusammenhang mit der Anzeige deutscher Gutachter gegen ihn und seine Gutachter-Kollegen angab, dass er seit elf Jahren (also: 1998) schwer sehbehindert sei und deshalb eine Lektüre von rivalisierenden Gutachten nicht möglich gewesen sei, wobei es jedoch 2000ff in den Aufgabenbereich dieses Gutachters gefallen war, das angeblich katastrophenauslösende Heizlüfter-Modell einer genauen Prüfung zu unterziehen?

34.         Wie erklären Sie, dass zwei weitere der vier Gutachter des Kaprun-Verfahrens bei ihren im Sommer 2009 erfolgten Einvernahmen/Befragungen im Zusammenhang mit der Anzeige deutscher Gutachter gegen sie und ihre Gutachter-Kollegen einräumten, es sei ihnen nicht bekannt gewesen, dass ein Elektrogerät – wie zB der betreffende Heizlüfter – sämtliche Prüfzeichen, Zulassungen und Gewährleistungen verliert, wenn es sich nicht mehr im Originalzustand befindet, sondern zerlegt, umgebaut und neu zusammengesetzt wird – eine Tatsache, die nicht nur jedem Laien, der mit Elektrogeräten zu tun hat, bekannt ist, sondern unter anderem auch dem Betriebselektriker der Gletscherbahnen, wie in den damaligen Ermittlungen und Befragungen mehrfach bestätigt wurde?

35.         In der Beantwortung 4154/AB XXI.GP zur Parl. Anfrage 4249/J XXI.GP der Abgeordneten Mag. Maier und GenossInnen „Kaprunprozess – Beweismittel durch BMI unterdrückt?“ wurde zu den Fragen 1 bis 7 und 15 bis 21 von Ihrem damals verantwortlichen Amtsvorgänger unter Hinweis auf ein anhängiges strafgerichtliches Verfahren die Erteilung von Auskünften bzw. die Beantwortung teilweise verweigert. Können Sie – nachdem derzeit kein strafgerichtliches Verfahren zum Thema anhängig ist – die damals gestellten Fragen nunmehr vollständig beantworten? Wenn nein, warum nicht?