3717/J XXIV. GP
Eingelangt am 16.11.2009
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A N F R A G E
des Abgeordneten Vock
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend mögliche verbotene Preisabsprachen und Umgehung von Baukartellverfahren
Gemäß § 1 Abs. 1 Kartellgesetz (KartG) sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (Kartell) verboten.
Der § 26 Kartellgesetz legt fest, dass das Kartellgericht Zuwiderhandlungen gegen diese Verbote wirksam abzustellen hat.
Bei der Ausschreibung der ASFINAG zur Sanierung des Wolfersbergtunnels im Streckenverlauf der A10 Tauern Autobahn haben sich am ersten Vergabeverfahren neben drei weiteren Bietern folgende Bieter beteiligt:
1. ÖSTU-STETTIN + H. JUNGER
2. STRABAG
3. ALPINE
[…]
Nach Widerrufung des ersten Vergabeverfahrens wurde ein neuerliches Vergabeverfahren durchgeführt, an dem sich eine Bietergemeinschaft aus ÖSTU-STETTIN Hoch- und Tiefbau GmbH, ALPINE Bau GmbH, H. JUNGER Baugesellschaft und STRABAG AG beteiligte.
Durch die getrennte Teilnahme der Baufirmen am ersten Vergabeverfahren scheint klar zu sein, dass der Zusammenschluss zu einer Bietergemeinschaft keine notwendige Voraussetzung für die Abgabe eines Gebots im Vergabeverfahren war. Der Wettbewerb im Vergabeverfahren wurde daher nicht vergrößert, sondern vielmehr eingeschränkt.
Darüber hinaus halten die zur Bietergemeinschaft zusammengeschlossenen Baufirmen einen Marktanteil, der sich deutlich über dem Bagatellbereich befindet.
Darüber hinaus sind mit STRABAG und ALPINE zwei Baufirmen in den beschriebenen Sachverhalt verwickelt, die auch jener Bietergemeinschaft angehören, die bereits in der Ausschreibung Hauptbahnhof Wien – Baulos I aufgrund überteuerter Preise in ein Streitverfahren beim Bundesvergabeamt verwickelt waren.
Im Fall Wolfersbergtunnel ist zusätzlich hoch brisant, dass die Bietergemeinschaft ausführliche Kenntnisse über das Gebot der erstgereihten Baufirma gehabt zu haben scheint und versuchte, diese durch den Vorwurf unterpreisigen Anbietens aus dem Vergabeverfahren zu drängen.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende
Anfrage:
1) Ist Ihnen der in der Einleitung geschilderte Sachverhalt bekannt?
2) Ist das Bundesvergabeamt verpflichtet, bei begründetem Verdacht auf Verstoß gegen das Kartellgesetz die Ermittlungsbehörden zu verständigen?
3) Wie oft kam es bisher zur Verständigung der Ermittlungsbehörden durch das Bundesvergabeamt wegen begründetem Verdacht auf Verstoß gegen das Kartellgesetz?
4) Wie viele dieser Verständigungen führten zu einem Vorerhebungsverfahren?
5) Wie viele dieser Verständigungen führten zu einem Ermittlungsverfahren?
6) Wie viele dieser Verständigungen führten zu einer Anklageerhebung?
7) Wie viele Schuld- und Freisprüche nach dem Kartellgesetz waren die Folge?
8) Wurde der geschilderte Sachverhalt durch das Bundesvergabeamt einer Ermittlungsbehörde übermittelt?
9) Wenn ja, welcher Ermittlungsbehörde?
10) Wurde eine Ermittlungsbehörde anders als durch das Bundesvergabeamt von dem genannten Sachverhalt in Kenntnis gesetzt?
11) Wenn ja, welche Ermittlungsbehörde?
12) Wurde zu diesem Sachverhalt ein Vorerhebungsverfahren durch eine Staatsanwaltschaft eingeleitet?
13) Wenn Ja, durch welche Staatsanwaltschaft wurde wann ein Vorerhebungsverfahren eingeleitet?
14) Wenn nein, für wann ist die Einleitung eines Vorerhebungsverfahrens zu erwarten?
15) Falls die Einleitung eines Vorerhebungsverfahrens nicht zu erwarten ist, warum nicht?
16) Wurde zu diesem Sachverhalt ein Ermittlungsverfahren durch eine Staatsanwaltschaft eingeleitet?
17) Wenn Ja, durch welche Staatsanwaltschaft wurde wann ein Ermittlungsverfahren eingeleitet?
18) Wenn nein, für wann ist die Einleitung eines Ermittlungsverfahren zu erwarten?
19) Falls die Einleitung eines Ermittlungsverfahren nicht zu erwarten ist, warum nicht?
20) Wurde diesen Sachverhalt betreffend durch eine Staatsanwaltschaft Anklage erhoben?
21) Wenn Ja, durch welche Staatsanwaltschaft wurde wann Anklage erhoben?
22) Wenn nein, für wann ist eine Anklageerhebung zu erwarten?
23) Falls keine Anklageerhebung zu erwarten ist, warum nicht?
24) Wie viele Prozesse gab es seit 2005 wegen der Weitergabe von Gebotsdetails an einen konkurrierenden Bieter in einem Vergabeverfahren?
25) Wie viele Verurteilungen gab es seit 2005 wegen der Weitergabe von Gebotsdetails an einen konkurrierenden Bieter in einem Vergabeverfahren?
26) Aufgrund welcher gesetzlicher Grundlagen wurden die Täter verurteilt?
27) Welche Strafen wurden über die verurteilten Täter verhängt?
28) Kam es zu einer Anzeige im Zusammenhang mit der in der Einleitung geschilderten mutmaßlichen Datenweitergabe?
29) Können Personen, die eine Anzeige trotz dringendem Verdacht der Datenweitergabe vorsätzlich unterlassen ebenfalls strafrechtlich belangt werden?
30) Wenn ja, aufgrund welcher gesetzlichen Grundlage?
31) Wird derzeit im Zusammenhang mit der in der Einleitung geschilderten mutmaßlichen Datenweitergabe durch eine Staatsanwaltschaft ermittelt?
32) Wenn ja, um Ermittlungen hinsichtlich welcher Tatbestände handelt es sich?
33) Wenn ja, wird gegen eine konkrete Person oder gegen unbekannte Täter ermittelt?
34) Wenn nein, warum nicht?