3731/J XXIV. GP
Eingelangt am 17.11.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und Genossinnen
an den Bundesminister für Gesundheit
betreffend „Geldzahlungen von „Ratiopharm“ an Ärzte - Korruption im
Gesundheitswesen“
Im Jahr 2005
wurde in der Öffentlichkeit bekannt, dass das Pharmaunternehmen
„Ratiopharm“ systematisch Ärzte mit Geld oder Geschenken dazu
brachte, die hauseigenen
Präparate bevorzugt zu verordnen. Die Staatsanwaltschaft Ulm
eröffnete 3000
Ermittlungsverfahren (wegen des Verdachts auf Betrug und Untreue), gab die
meisten
inzwischen
aber an die örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften ab. Nun wurde
bekannt, dass
2009
zahlreiche Verfahren eingestellt wurden.
„
In Frankfurt, Bochum, Bielefeld und Paderborn wurden in den vergangenen
Wochen die
ersten 200 Verfahren eingestellt. Warum? Nicht weil die
Staatsanwälte Zweifel an den
Schmiergeldzahlungen hatten, sondern weil sie der Meinung sind, dass sich ein
niedergelassener Arzt als Freiberufler wegen der Annahme von Schmiergeld
überhaupt nicht
strafbar machen kann. Andere Juristen sehen das anderes. Aber die genannten
Staatsanwälte
stellte die
Verfahren ein - und übergaben sie gleichzeitig an die zuständigen
Landesärztekammern. Die
Ärztekammern sind aber nicht fürs Strafrecht, sondern nur fürs
Berufsrecht zuständig“.
(Spiegel 17.09.2009)
Es
gibt aber auch andere Entscheidungen: Die Staatsanwaltschaft Ulm beantragte
inzwischen
einen
Strafbefehl gegen die ersten zwei Ärzte aus dem Verfahren, die von 2002
bis 2005
insgesamt
14 Schecks über einen Gesamtbetrag von 19.180 Euro von „Ratiopharm“
erhalten
hatten.
Ob
derartige Praktiken auch in Österreich üblich waren, ist derzeit noch
nicht bekannt.
Entsprechende
Parlamentarische Anfragen dazu wurden im März 2007 von den
zuständigen
Bundesministern
u.a. wie folgt beantwortet.
·
„ Die zuständigen Stellen in Deutschland haben
bezüglich der Fa. Ratiopharm ho keinen
Kontakt aufgenommen. Es wurden auch keine Anzeigen eingebracht. Daher wurden
keine
konkreten Ermittlungen wegen Verdachts auf Untreue, Geschenkannahme
oder
Bestechung durchgeführt. Im Bezug auf Steuerhinterziehung besteht
keine Zuständigkeit. “
(249/AB der Innenministerin vom 15. März 2007).
·
„ Der zuständigen Fachabteilung meines Hauses sind im
Zusammenhang mit den
anfragegegenständlichen Sachverhalten keine durch Justizbehörden
veranlassten
sicherheitsbehördlichen Ermittlungen bekannt geworden. Auch für das
Bundesministerium für Justiz bestand bisher mangels eines konkreten
Verdachtes von in
Österreich begangenen Straftaten kein Anlass, auf die Einleitung
entsprechender
Erhebungen hinzuwirken “
(217/AB der Justizministerin vom 07. März 2007).
·
Durch das Gesundheitsressort wird auf die Zuständigkeit der
Bundesministerien für
Inneres und Justiz verwiesen. Amtshilfeersuchen waren dem Gesundheitsressort
nicht
bekannt
(220/AB der Gesundheitsministerin vom 07. März 2007).
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für
Gesundheit
nachstehende
Anfrage:
1. Sind Ihnen
in der Zwischenzeit auch Fälle die „Ratiopharm“ betreffend in
Österreich
bekannt geworden?
Wie viele
laufende diesbezügliche Ermittlungen der Polizei bzw. der
Staatsanwaltschaften
sind
Ihnen bekannt?
2.
Hat das Pharmaunternehmen „Ratiopharm“ auch in
Österreich Ärzte mit Geld oder
Geldgeschenken
bedient, damit dessen hauseigene Präparate bevorzugt verordnet werden?
3. Wenn ja, wie viele und welche Fälle sind dem Ressort bekannt geworden?
4.
Ist es grundsätzlich und rechtlich zulässig, dass durch
Pharmaunternehmen Geld oder
Geldgeschenke an Ärzte bezahlt werden, damit deren Präparate
bevorzugt durch Ärzte
verordnet
werden?
5.
Wenn nein, mit welchen berufsrechtlichen Sanktionen und mit welchen
strafrechtlichen
Sanktionen
ist die Annahme von Geld oder Geldgeschenken für Ärzte und für
Unternehmen verbunden?
6.
Gab es im Zeitraum 2007 und 2008 durch die Polizei strafrechtliche
Ermittlungen
(Verfahren)
wegen Verdachts auf Bestechung, Geschenkannahme, Steuerhinterziehung
etc., gegen Verantwortliche von Pharma- oder Medizinproduktunternehmen bzw. gegen
Verantwortliche
im Gesundheitswesen oder in Krankenanstalten in Österreich
(Aufschlüsselung der Fälle auf Jahre)?
7.
Welche und wie viele strafrechtliche Ermittlungen (Verfahren) wurden in
diesen Jahren
abgeschlossen?
Wie viele
betrafen MitarbeiterInnen von Pharmaunternehmen und
Medizinproduktehersteller
oder Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen
(Aufschlüsselung
der Fälle auf Jahre)?
8. Zu welchen Ergebnissen führten jeweils diese Ermittlungen (Verfahren)?
Wie viele
führten zu gerichtlichen Strafanzeigen (Ersuche um Aufschlüsselung
der Fälle
auf
Jahre und Staatsanwaltschaften)?
9. Wie viele
strafrechtliche Ermittlungen (Verfahren) wegen Betrug, Untreue und
Korruption wurden in den Jahren 2007
und 2008 geführt?
Wie
viele betrafen MitarbeiterInnen von Pharmaunternehmen und
Medizinproduktehersteller
oder Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen
bzw.
in Krankenanstalten (Aufschlüsselung der Fälle auf Jahre)?
10. Welche und wie viele strafrechtliche
Ermittlungen (Verfahren) wurden in diesen Jahren
abgeschlossen?
Wie
viele betrafen MitarbeiterInnen von Pharmaunternehmen und
Medizinproduktehersteller
oder Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen
(Aufschlüsselung
der Fälle auf Jahre)?
11. Zu welchen Ergebnissen führten jeweils diese Ermittlungen (Verfahren)?
Wie viele
führten zu gerichtlichen Strafanzeigen (Ersuche um Aufschlüsselung
der Fälle
auf
Jahre und Staatsanwaltschaften)?
12. Wie viele Anzeigen nach
§ 55 AMG (verbotene Geschenkannahme) wurden im Zeitraum
2007 und 2008 erstattet (Ersuche um
Aufschlüsselung auf Jahre)?
Welche
Informationen über Erledigung der Anzeigen bzw. den Ausgang der Verfahren
sind
dem Ressort bekannt geworden?
Wenn
nein, welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, damit dem Ressort
diese
Zahlen
in Zukunft automatisch bekanntgegeben werden?
13.
Wie viele Strafanzeigen wurden in den Jahren 2007 und 2008 nach §
153 StGB (Untreue)
erstattet
(Aufschlüsselung auf Jahre und Staatsanwaltschaften)?
14.
Wie viele Strafanzeigen wurden in den Jahren 2007 und 2008 nach §
153 a StGB
(Geschenkannahme durch Machthaber) erstattet? (Aufschlüsselung auf Jahre
und
Staatsanwaltschaften)?
15. Wie viele
Strafanzeigen wurden in den Jahren 2007 und 2008 nach §§ 304 - 308
StGB
(Verletzung
der Amtspflicht und verwandte strafbare Handlungen) erstattet
(Aufschlüsselung auf Jahre und Staatsanwaltschaften)?
16.
Welche konkreten Maßnahmen wird das Ressort in Zukunft zur Bekämpfung
von
Korruption und Betrug im Gesundheitswesen ergreifen?
17. In welcher
Form arbeitet das Ressort konkret mit dem „Europäischen Netzwerk
gegen
Betrug
und Korruption“ im Gesundheitswesen zusammen?
18.
War in diesen beiden Jahren das Europäische Justizielle Netz in
Strafsachen bzw. die
österreichische Kontaktstelle (Grenzüberschreitende
Kriminalität) in diesbezügliche
strafrechtliche Ermittlungen (Verfahren) eingebunden?
Wenn ja, in wie vielen Fällen (Aufschlüsselung auf Jahre)?
19. War in diesen Jahren EUROJUST in
diesbezügliche strafrechtliche Ermittlungen
(Verfahren) eingebunden?
Wenn ja, in wie vielen Fällen (Aufschlüsselung auf Jahre)?