3739/J XXIV. GP
Eingelangt am 18.11.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
Der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler,
Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend unzulässige Beeinflussung von Gerichtsverfahren durch Vertreter des Abwehramtes
Aus einem Schreiben des führenden Beamten des Heeres – Abwehramtes, D., an den militärischen Abschirmdienst der Bundesrepublik Deutschland (MAD) aus dem Jahr 2007 geht folgendes unter Punkt 2 „Sachverhalt“ vor:
„Zur Jahresmitte des Jahre 2000 gelangte das Abwehramt über eine Kontaktperson (…) an folgende Information:
„ Über den Leiter des damaligen H Ref BII des Abwehramtes, Amtsdirektor Reg. Rat. i.R. Berndt F. (…), würden Akten bei der GAUCK Behörde aufliegen. Daraus sei ersichtlich, dass Berndt F. für das MfS tätig gewesen sei. F. soll etliche Bemühungen in der Erlangung der gegenständlichen Akten gesetzt haben. In weiterer Folge wurde F. vom Russischen KGB übernommen und würde nach wie vor (Meldedatum 2000) von dessen Nachfolgeorganisation für die zivile Auslandsaufklärung SWR geführt.
Laut Kontaktperson hätte F. unter anderem im Jahre 1998 für seine Tätigkeit die Summe von ATS 380.000,- erhalten!
Etwa zur Jahresmitte 2001 legte F. im Abwehramt ein Schriftstück des BStU (Birthler – Behörde) vor, aus dessen Inhalt zu erschließen war, dass über F. keinerlei Aufzeichnungen bei der genannten Behörde aufliegen würden. Bei vollständiger Aktenübergabe des Vorganges im Februar 2002 konnte jedoch festgestellt werden, dass sich gegenständliche Bestätigung nicht mehr in den Unterlagen befand.“
Später heißt es in diesem an den MAD gerichteten Schreiben des Abwehramtes, D., tatsachenwidrig, dass sich der nunmehr dargelegte Informationsstand des Abwehramtes über die bei der BStU zu Berndt F. aufliegenden Aufzeichnungen auf „Quelleninformationen mit hoher Zuverlässigkeit“ beziehen würde.
Bei dieser Quelleninformation handelt es sich ausschließlich um die falschen Angaben des bereits seit 1994 im BMLV amtsbekannten Nachrichtenschwindlers „Mario“. Wegen dieses tatsachenwidrigen Vorbringens des D. gegen Reg. Rat. i.R. Berndt F. hat letzterer im Jahre 2008 gegen den verantwortlichen Schreibensverfasser beim Bezirksgericht Mattersburg eine Privatanklage gemäß §111StGB zu GZ 8 U 9/08 s eingebracht.
Das Bezirksgericht Mattersburg hat den verantwortlichen Schreibensverfasser mit der unrichtigen Begründung, die Privatanklage sei zu spät eingebracht worden, freigesprochen.
Gegen diese Entscheidung des Bezirksgerichtes Mattersburg hat der Privatankläger fristgerecht Rechtsmittel erhoben. Das Landesgericht Eisenstadt hat in seiner Berufungsentscheidung zu GZ 10 B 15 / 09 d im April 2009 die Entscheidung des Bezirksgerichtes Mattersburg aufgehoben und die Sache zur Neuverhandlung an das Bezirksgericht Mattersburg zurückverwiesen. Hierauf hat das Bezirksgericht Mattersburg sich für unzuständig erklärt und die Strafsache an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien abgetreten, wo die Rechtssache bis heute liegt. Seit der Abtretung hat das nunmehr befasste Gericht keine Verhandlungsschritte gesetzt.
Vor diesem Hintergrund ist eine Vorsprache des vormaligen Leiters des Abwehramtes, Brigadier Dr. Wolfgang S., des Beschuldigten D., des Chefs der ÖAAB–Betriebsratsfraktion im Abwehramt Obst. Sieglreitmaier und des Sicherheitsbeauftragten des Abwehramtes Obst. Unger beim Kabinettchef der früheren Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger, Herrn Ministerialrat Dr. Albin Dearing, am 12. Juni 2008 bemerkenswert. Dort wurde augenscheinlich in der anhängigen Rechtssache durch die genannten Vertreter des Abwehramtes beim Kabinettchefs der Frau Bundesminister interveniert, was die eigenartige Verhaltensweise des Bezirksgerichtes Mattersburg erklären würde. Zudem wäre auch die bisherige Untätigkeit des nunmehr befassten Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien als Folge dieser Intervention erklärlich.
Vor diesem Hintergrund stellen die unterzeichneten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz daher folgende
A N F R A G E
1.) Gibt es in Ihrem Ministerium Aufzeichnungen über die Vorsprache der Vertreter des Abwehramtes vom 12.6.2008 und über den Gegenstand und den Inhalt dieser Vorsprache?
2.) Gibt es andere Aufzeichnungen über Vorsprachen des Abwehramtes in den Jahren 2008 und 2009 im Kabinett Ihres Ministeriums, insbesondere in Angelegenheiten des Abwehramtes und von Verfahren, in die Vertreter des Abwehramtes verfangen sind.
3.) Welchen Inhalt und welchen Zweck hatte die Vorsprache der genannten Vertreter des Abwehramtes am 12. Juni 2008 sonst, wenn nicht in der beschriebenen Rechtssache interveniert worden sein sollte?
4.) Welche Veranlassungen hat das damalige Kabinett der Frau Bundesminister Dr. Maria Berger allenfalls beim Bezirksgericht Mattersburg in der dort anhängigen Rechtssage getroffen?
5.) Welche Veranlassungen hat das Kabinett der früheren vormaligen Frau Bundesminister Dr. Maria Berger beim Berufungsgericht, dem Landesgericht Eisenstadt, in der damals dort anhängigen erwähnten Rechtssache getroffen?
6.) Haben Sie Erkenntnisse über eine verbotene Intervention oder über verbotene Interventionsversuche des Kabinetts der Frau Bundesminister Dr. Maria Berger in der geschilderten Rechtssache hinsichtlich der erwähnten Verfahren beim Bezirksgericht Mattersburg und beim Landesgericht Eisenstadt?
7.) Wie häufig sind derartige Interventionen des Abwehramtes im Kabinett des Bundesministeriums für Justiz?
8.) Kommt es nach Ihren Erfahrungen häufig vor, dass die gesamte Führung einer Abteilung, wie des Abwehramtes, mit einem Personalvertreter beim Kabinettchef vorstellig wird, um Anliegen der Rechtspflege zu erörtern?
Wenn ja, wie häufig sind derartige Vorsprachen, mit welchen Inhalten und Zielen?
9.) Welche Veranlassungen werden Sie treffen, um die bisherige Untätigkeit des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien in der anhängigen Rechtssache der Privatanklage des Reg. Rates a.D. Berndt F. zu beenden?
10.) Wann kann der Privatankläger Reg. Rat a.D. Berndt F. mit einem Tätigwerden und einer Entscheidung des befassten Gerichtes Innere Stadt Wien in seiner anhängigen Rechtssache rechnen?
11.) Gab es noch weitere Verfahren, die gegen D. im Zuständigkeitsbereich der StA Wien, eingestellt wurden? – Wenn ja welche?