3937/J XXIV. GP
Eingelangt am
11.12.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Korun, Freundinnen
und Freunde
an den Bundeskanzler
betreffend FPÖ-Hetzseminare unter dem Deckmantel von politischer Bildung und ihre Förderung durch Steuergeld
Das Publizistikförderungsgesetz regelt, dass der Bund die Bildungsarbeit der politischen Parteien fördert, sofern diese Rechtsträger bestimmte Bedingungen erfüllen. Eine der Bedingungen ist es, dass der Rechtsträger das Ziel verfolgen muss, „die staatsbürgerliche Bildung im Sinne der Grundsätze der Bundesverfassung, die politische und kulturelle Bildung sowie die Einsichten in politische, wirtschaftliche, rechtliche und gesellschaftliche Zusammenhänge auf innerstaatlicher und internationaler Ebene unmittelbar und in gemeinnütziger Weise zu fördern, insbesondere durch Schulungen, Seminare, Enqueten, Vorträge, Arbeitsgruppen, Fernkurse, Stipendien und Publikationen“.
Letzte Woche berichtete NEWS in seiner Ausgabe 48/09 über die Teilnahme einer Journalistin an einem FPÖ-Seminar über die „Grundlagen des Islam“. Bei diesem Seminar werden von der selbsternannten „Islamexpertin“ Elisabeth Sabaditsch-Wolff gezielt Ängste vor dem Islam geschürt und Hetze gegen MuslimInnen betrieben. So eröffnete die Vortragende das Seminar mit Sätzen wie „wir alle fühlen uns unwohl in der Gegenwart von Muslimen“, behauptete weiters dass „Muslime zum Lügen verpflichtet seien“, und dass „Muslime Kinder wegen der Religion vergewaltigen“, dass Muslime Österreich durch „Demografie-Dschihad, Einwanderungs-Dschihad und Liebes-Dschihad“, unterwandern wollen und dass „die Muslime Krieg [wollen]; sie hassen uns“ (NEWS 48/09 S. 13-16).
Das Seminar war nach Bericht der teilnehmenden Journalistin von einer extrem aggressiven Stimmung und Stimmungsmache gekennzeichnet, welche durch die Vortragende verursacht und dann noch zusätzlich angeheizt wurde. Zuletzt sammelte die Vortragende, welche sicherlich für ihre Vorträge hinreichend von der FPÖ bezahlt wird, auch noch Spenden für die antiislamistischen Verein „Mission Europa“ (NEWS 48/09, S.16). NEWS hat hiernach gegen Frau Sabaditsch-Wolff eine Anzeige wegen Verhetzung gemäß § 283 StGB erstattet. Das sog. Islam-Seminar wurde im Rahmen des FPÖ-Bildungsinstituts veranstaltet, welches heuer vom Bundeskanzleramt 2,2 Millionen Euro an öffentlichen Geldern bekam. Somit wird dieses verhetzende und menschenverachtende Seminar, das dem alleinigen Zweck dient, eine ganze Gruppe von Menschen allgemein verächtlich zu machen und zu Feindbildern zu stilisieren, durch Steuergelder bezahlt.
Paragraph 3 Abs.1 des Publizistikförderungsgesetzes besagt:
„Die Feststellung, ob ein Rechtsträger die im § 1 Abs. 1 aufgezählten Voraussetzungen der Förderungswürdigkeit erfüllt und somit einen Förderungsanspruch hat, [...] obliegt der Bundesregierung. [...] Die Feststellung ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind.“
Die Entscheidungskompetenz sowie die Aufgabe, umgehend tätig zu werden, liegt eindeutig bei der Bundesregierung und insbesondere beim Bundeskanzler:
„[...] Die Vorbereitung und Durchführung der Beschlüsse der Bundesregierung obliegt dem Bundeskanzler.“ (§13 Abs. 1).
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Entspricht das geschilderte Islam-Seminar den Zielsetzungen für politische Bildungsarbeit gemäß §1 der Richtlinien für die Beurteilung der widmungsgemäßen Verwendung der Fördermittel gem. Abschnitt I des Bundesgesetzes über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik 1984 {„Förderungsrichtlinie“)?
2. Inwiefern steht das obengenannte Seminar im Einklang mit §1 Abs 3 der Förderungsrichtlinie, welche besagt, dass das Ziel „die Förderung eines umfassenden Verständnisses von Demokratie, das Werte wie Freiheit, Frieden und soziale Gerechtigkeit, Toleranz, die Rechte von Minderheiten und Zivilcourage als die Voraussetzung für die Stärkung der Demokratie mit einschließt“ ist?
3. Inwiefern steht das obengenannte Seminar im Einklang mit §1 Abs 3 der Förderungsrichtlinie, welche besagt, dass das Ziel „die Qualifizierung politisch tätiger Staatsbürgerinnen [ist], um auf diesem Wege das Niveau des politischen Diskurses zu heben [...]“?
4. Inwiefern sind Seminare, die pauschale Stimmungsmache gegen eine Bevölkerungsgruppe zum Inhalt haben, förderungswürdig im Sinne des Publizistikförderungsgesetzes 1984?
5. „[...] Die Vorbereitung und Durchführung der Beschlüsse der Bundesregierung obliegt dem Bundeskanzler.“ (§13 Abs.1).
Was werden Sie im Lichte dieser klaren Bestimmungen unternehmen, um die durch Steuergeld geförderte Hetze der FPÖ gegen die muslimische Bevölkerungsgruppe umgehend abzustellen?
6. Gedenken Sie die Förderungsgelder für das Islam-Seminar von der FPÖ zurückzufordern?
a) Falls ja, wann und in welcher Höhe?
b) Falls nein, weshalb nicht?
7. Gedenken Sie angesichts der Tatsache, dass innerhalb eines Jahres bereits das zweite Mal bekannt wird, dass die FPÖ Steuergeld für Stimmungsmache gegen Minderheiten wie Muslime oder JüdInnen, für Schüren von Vorurteilen gegen diese Bevölkerungsgruppen und die EU einsetzt (Stichwort „der Blaue Planet“), die Förderung der „Bildungsarbeit der FPÖ“ in Frage zu stellen?
a) Falls ja, was gedenken Sie konkret wann zu tun?
b) Falls nein, wo liegt für Sie die zeitliche Grenze für hetzerisches Treiben gefördert durch Steuergelder?
8. Waren zum Zeitpunkt der Fördermittelgenehmigung durch die Bundesregierung dieser die Inhalte des Islam-Seminars und der Vortragsstil von Elisabeth Sabaditsch-Wolff bekannt?
9. Gibt es eine über die Kontrolle des Rechnungshofes hinausgehende regelmäßige Qualitätskontrolle für Seminare, welche gefördert und von Parteiakademien abgehalten werden?
a) Falls ja, wie ist diese ausgestaltet?
b) Falls nein, weshalb nicht und wie wird sonst die Qualität der geförderten Seminare überprüft?