Eingelangt am 09.12.2008
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ANFRAGE
der Abgeordneten Zinggl, Walser,
Freundinnen und Freunde
an den Bundeskanzler
betreffend Republik.Ausstellung
1918|2008 und Haus der Geschichte
Am 12. November 2008 wurde in der Säulenhalle des
Parlaments die Republik.Ausstellung 1918|2008 eröffnet. Auf finanzieller
Ebene ergeben sich aufklärungsbedürftige Widersprüche zwischen
der in einer Roadmap vom Juni 2007 enthaltenen Kostenschätzung für
diese Ausstellung und einer Anfragebeantwortung des Bundeskanzlers vom Juni
2008.
Davon unabhängig stellt sich die Frage nach dem
nachhaltigen Sinn der Ausstellung, und zwar über die aktuelle –
ohnehin fragwürdige – Didaktik zur Aufklärung von Geschichte
hinaus. Ein bei der Eröffnung noch amtierender Vizekanzler Wilhelm
Molterer bezeichnete sie nämlich als „Nukleus für ein
künftiges Haus der Geschichte der Republik Österreich“.
Gleichzeitig verdichten sich Anzeichen dafür, dass diese Ausstellung
gewissermaßen ein Abschiedsgeschenk, ein „Golden Handshake“
für den bürgerlichen Historiker Stefan Karner war. Immerhin wurde
Ende Oktober eine andere Person, nämlich Claudia Haas von der Agentur Lord
Cultural Resources, mit der Erstellung eines Detailkonzeptes für so ein
„Haus der Geschichte der Republik Österreich“ (HGÖ)
beauftragt. Stefan Karner findet in diesem Zusammenhang keine Erwähnung
mehr. Dafür taucht immer häufiger der Name des renommierten
Historikers Oliver Rathkolb auf.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
- Wie hoch sind die Gesamtkosten der
Republik.Ausstellung 1918|2008 inklusive der Vorbereitungskosten der
vergangenen Budgetjahre?
- Auf welche Budgetkapitel werden die Kosten aufgeteilt?
- Während in der ursprünglichen
Kostenschätzung 251.000 Euro für das wissenschaftliche Personal
(Leitung, Mitarbeit, Ausstellungskoordination) vorgesehen waren, sind es
2008 plötzlich 420.000 Euro. Wie lässt sich der exorbitant
gestiegene Betrag angesichts der Tatsache rechtfertigen, dass vor allem
Versatzstücke der Schallaburg-Ausstellung aus dem Jahr 2005 neu
präsentiert werden?
- Wie hoch sind die tatsächlichen Kosten für das
wissenschaftliche Personal?
- Wie hoch sind die Kosten für Ausstellungsarchitektur
und -grafik?
- Die ursprüngliche Kostenschätzung ging von
Mietkosten (damals war geplant, die Ausstellung im Schottenstift zu
zeigen) in der Höhe von 70.560 Euro aus. Wie hoch ist die Miete, die
nun an das Parlament bezahlt wird?
- Wer übernimmt die Kosten für die Infrastruktur
(Aufsicht, Strom, Sanitäranlagen etc.)?
- Die Kostenstelle Öffentlichkeitsarbeit ist laut
Anfragebeantwortung des damals amtierenden Bundeskanzlers mit stolzen
220.000 Euro budgetiert. Wer bzw. welche Agentur ist im Rahmen des
Ausstellungsprojektes für die Öffentlichkeitsarbeit
zuständig?
- Wie sieht die konkrete Strategie der
Öffentlichkeitsarbeit für die Republik.Ausstellung 1918|2008
aus? Wir ersuchen um detaillierte Aufstellung inklusive der jeweiligen
Kostenpunkte.
- Wurde die Vergabe der Öffentlichkeitsarbeit
öffentlich ausgeschrieben?
- Wie hoch waren die Kosten für die
Ausstellungseröffnung (Buffet, Musik, Tonanlage, Sicherheit etc.)?
Wir ersuchen um detaillierte Auflistung.
- Wer trug die Kosten für die
Ausstellungseröffnung?
- In seiner Ansprache im Rahmen der
Ausstellungseröffnung lobte der zu dieser Zeit noch amtierende
Bundeskanzler Gusenbauer die MitarbeiterInnen des Bundeskanzleramtes, die
für den Ausstellungsaufbau verantwortlich zeichneten. Wurden diese
Arbeiten im Rahmen der regulären Dienstzeit verrichtet?
- Wenn nein: Haben die MitarbeiterInnen des
Bundeskanzleramtes diese Arbeiten in ihrer Freizeit verrichtet, wurden
Mehrdienstleistungen ausbezahlt oder welche andere dienstrechtliche
Regelung wurde herangezogen?
- Welche Gründe sprachen dafür, den
Ausstellungsaufbau nicht nur von Profis, sondern auch von MitarbeiterInnen
des Bundeskanzleramtes durchführen zu lassen?
- Welche Einsparungen ergaben sich daraus, dass mit dem
Ausstellungsaufbau nicht nur Profis, sondern auch MitarbeiterInnen des
Bundeskanzleramtes beauftragt wurden?
- Gab es eine öffentliche Ausschreibung hinsichtlich
der Auftragsvergabe „Ausstellungsaufbau“?
- Wie viele Besucherinnen und
Besucher werden erwartet bzw. sind kalkuliert?
- Wie viel Budget wurde für
die Gestaltung und Implementierung der Website www.republikausstellung.at
aufgewendet? Entspricht diese Website den konzeptuellen Vorgaben, die das
Bundeskanzleramt/der Ministerrat bewilligt hat?
- Nationalratspräsidentin Barbara Prammer erklärte
noch im Februar 2008 im Zusammenhang mit der Ausstellung, das Parlament
sei kein Museum, nach wie vor fehle ein detailliertes Konzept. Wann wurde
dieses detaillierte Konzept dem Bundeskanzleramt übermittelt? Wir
ersuchen um Ausfolgung einer Kopie dieses Detailkonzeptes.
21. Die Ausstellung
erhebt den Anspruch, 90 Jahre Republiksgeschichte in einem Raum darzustellen.
Teilen Sie die Ansicht prominenter HistorikerInnen, dass ein solches Konzept
von vornherein zum Scheitern verurteilt sei? Wie sehen Sie die
Zusammenhänge zwischen Vergangenheit, Geschichte und
Repräsentativität?
- Barbara Prammer forderte
weiters: „Die Ausstellung sollte […] von möglichst allen
Fraktionen mitgetragen werden.“ Es gab aber keine Gespräche mit
den Grünen hinsichtlich der Ausstellung. Aus welchen Gründen
wurde darauf verzichtet, die Parlamentsfraktionen einzubinden?
- Können Sie sich mit der inhaltlichen Ausrichtung der
Ausstellung identifizieren?
- Die Ausstellung räumt der
Verfolgung und Ermordung der Jüdinnen und Juden während des
Nationalsozialismus erstaunlich wenig Platz ein. Entspricht der Raum, der
diesem Thema gewidmet wird, Ihrer Ansicht nach dem Stellenwert des
Holocaust in der österreichischen und europäischen Geschichte?
- Migrantinnen und Migranten
kommen in der Ausstellung nur sehr kurz und nur in ihrer Eigenschaft als
sogenannte GastarbeiterInnen vor. Sind Sie der Ansicht, dass sich die
Ausstellung dem Thema Migration und Einwanderung nach Österreich auf
adäquate Weise widmet?
- Sind Sie der Ansicht, dass in der Ausstellung wichtige
Themen wie etwa die Rolle der Opposition in der Geschichte des
Parlamentarismus der Ersten und Zweiten Republik, das Wirken von
Bürgerinitiativen und NGOs oder auch zentrale Ereignisse wie die
Lucona-Affäre, die Frischenschlager-Reder-Affäre oder die
Waldheim-Affäre – um nur einige herauszugreifen –
genügend deutlich dargestellt werden?
- Sehen Sie ein Problem jeder Ausstellung zur Geschichte
Österreichs darin, dass es unterschiedliche historische Perspektiven
gibt, die nicht alle erfüllt werden können, und eine
ständige Ausstellung daher in einem gebauten Haus der Geschichte
daher immer unbefriedigend bleiben wird?
- Werden Sie sich dafür einsetzen, dass für das
geplante HGÖ auch Sichtweisen auf die Geschichte Österreichs
einfließen, die möglicherweise außerhalb des
großkoalitionären Konsenses von SP und VP liegen?
- Welches waren die ausschlaggebenden Punkte dafür,
nicht Dieter Bogner, sondern Claudia Haas mit der Erstellung eines
Detailkonzepts für das HGÖ zu beauftragen?
- Inwieweit müssen im von Claudia Haas vorzulegenden
Detailkonzept schon Inhalte des HGÖ reflektiert werden?
- Welche Fragen soll das vorzulegende Detailkonzept
insbesondere erörtern?
- Welche Zielgruppen soll das HGÖ in erster Linie
ansprechen?
- Welche Möglichkeiten sehen Sie, die inhaltliche
Auseinandersetzung auch in den Bundesländern zu ermöglichen?
- Wie wird das Ziel eines inhaltlichen Konzeptes für
kontroversielle virtuelle Darstellung und eine kontroversielle
Auseinandersetzung schon in der Projektphase gewährleistet?
- Bis wann soll das Detailkonzept vorliegen?
- Bis wann soll eine Entscheidung darüber getroffen
werden, ob das HGÖ in einen Neubau oder in ein bereits existierendes
Gebäude einzieht?
- Wer fällt letztlich die Entscheidung darüber, ob
das HGÖ in einen Neubau oder in ein bereits existierendes
Gebäude einzieht?
- Die Tageszeitung „Der Standard“ berichtete von
Überlegungen Ihres Präsidialchefs Manfred Matzka, das HGÖ
gewissermaßen als Vervollständigung des Kaiserforums zwischen
Volksgarten und Heldenplatz anzusiedeln. Ist dies der offizielle
Standpunkt des Bundeskanzleramtes?
- Bis wann wird ein vollständiges inhaltliches und
didaktisches Konzept vorliegen?
- Wer ist für das inhaltliche Konzept des HGÖ
verantwortlich, insbesondere was die geplante Dauerausstellung betrifft?
- Ist es zutreffend, dass Oliver Rathkolb der
Gründungsdirektor des HGÖ sein soll?
- Welche Rolle spielt der Historiker Oliver Rathkolb im
Zusammenhang mit dem HGÖ?
- Inwieweit besteht noch die Möglichkeit, den
pompös-konservativ-hässlichen und zu allem Überfluss mit
einem doppelten Genitiv versehenen Arbeitstitel „Haus der Geschichte
der Republik Österreich“ zu verändern?