396/J XXIV. GP
Eingelangt am 09.12.2008
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ANFRAGE
des Abgeordneten Kogler, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Finanzkrise, Staatsschuldenmanagement, “Bankenrettungspaket” und Rating Agenturen
Am 20.10.2008 wurde das 100 Millarden-Euro-Banken- und Versicherungs“schutzschild“ im Nationalrat beschlossen. Seither wandten sich u.a. die Erste Bank AG, die Kommunalkredit AG und die Hypo-Alpe Adria u.a. um Milliarden-Euro-Hilfen aus diesem Paket an den Staat. Aus der APA-Meldung vom 29.10.2008 geht hervor, dass die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) die für 4. November geplante Bundesanleihe abgesagt hat. Begründet wurde diese Absage der Auktion mit der "guten Budgetentwicklung". In diesem Zusammenhang stellt sich u.a. die Frage, welche Auswirkungen die Finanzkrise und das Bankenpaket auf die Refinanzierung der Republik Österreich haben.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wie begründen Sie die Absage der für den 4. November 2008 geplanten Bundesanleihe durch die ÖBFA?
2. Inwieweit hat diese Absage mit höheren Risikoprämien im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise zu tun?
3. Wie erklären Sie den derzeit sehr hohen Renditeabstand zur 10-jährigen EUR-Benchmark-Rendite (Deutschland)?
4. Inwieweit hängt dieser Renditeabstand mit den erheblichen Exposures österreichischer Banken in den „emerging economies“ des Ostens, die laut Herald Tribune vom 5. November 2008 290 Mrd. USD betragen, zusammen?
5. Können Sie - vor dem Hintergrund, dass vor allem Ungarn, Rumänien und die Ukraine bereits jetzt große Probleme haben, ihre Schulden an das Ausland zurückzuzahlen - ausschließen, dass der Staat im Zusammenhang mit diesen Exposures den heimischen Banken mit Garantien und Kapitalaufstockungen zu Hilfe kommen muss?
6. Welche Auswirkungen haben diese hohen Exposures und die damit verbundenen steigenden Risiken auf die Bonität Österreichs? Bewerten die Rating Agenturen Österreich korrekt oder werden die Risiken aus den hohen Exposures im Osten überschätzt?
7. Wie hoch schätzt die ÖBFA den zusätzlichen Finanzierungsbedarf der Republik aufgrund des 100 Mrd-Banken-und-Versicherungsrettungspakets in den nächsten drei Jahren jeweils ein?
8. Inwieweit und in welcher Höhe ist das Portfeuille der ÖBFA vom Konkurs von Lehman Brothers betroffen?
9. Mit welchen finanziellen Auswirkungen aufgrund der Finanzkrise rechnet die ÖBFA insgesamt bei ihrer eigenen Anlagestrategie? Welche Auswirkungen ergeben sich daraus auf das Budget des Bundes?
10. Wurden durch die ÖBFA Mittel in Island veranlagt und wenn ja, in welcher Höhe und inwieweit sind diese von Konkursen betroffen?
11. Wie hoch sind die Verluste der ÖBFA aus Swapgeschäften im Jahr 2007 und im bisherigen Jahresverlauf 2008?
12. Welcher Rating Agentur bediente sich das BM für Finanzen für das Rating der Republik Österreich in den letzten 10 Jahren? Welche Kosten erwachsen der Repubilk Österreich daraus jährlich?
13. Wie erfolgte die Auswahl der Rating Agentur?
14. Nach welchen Kriterien werden die jeweilgen Ratings vorgenommen?
15. Wie oft wird die Republik Österreich geratet?
16. Kooperierte die ÖBFA mit der Kommunalkredit AG? Wenn ja, in welchen Bereichen? Um welche Art von Geschäften und um welches Volumen handelte es sich dabei?
17. Welche Auswirkungen hat die geplante Übernahme der Kommunalkredit AG auf die ÖBFA?
18. Können Sie ausschließen, dass die ÖBFA in Steueroasen – ähnlich wie in die Kommunalkredit AG in Zypern - spekuliert hat?
19. Wenn nein, mit welchen maximalen Konsolidierungsbedarf rechnen Sie bei der ÖBFA?
20. Welche Auswirkungen hätte das auf das Budget in den nächsten drei Jahren?
21. Wie beurteilen Sie aus Sicht der Republik und der SteuerzahlerInnen die Konditionen für das „Sicherungspaket“ der Erste Bank AG im Lichte der derzeitigen Finanzmarktsituation und im internationalen Vergleich?
22. Warum halten Sie den mit 8% kolportierten Zinssatz für das Partizipationskapital der Erste Bank AG für angemessen und wie erklären Sie sich, dass andere Länder einen Zinssatz von 10% vereinbart haben? Wie können Sie diesen unangemessen niedrigen Zinssatz vor den SteuerzahlerInnen rechtfertigen?
23. Ist dieser Zinssatz Ihrer Ansicht nach ein „Marktzinssatz“ und wenn ja warum? Kommt es durch diesen niedrigen Zinssatz nicht zu Wettbewerbsverzerrungen?
24. Warum wurden in diesem Zusammenhang für die Ausschüttungen von Dividenden keine klaren Beschränkungen analog zur Regelung in Deutschland vereinbart? Wie können Sie diese Vorgangsweise vor den SteuerzahlerInnen rechtfertigen?
25. Wie können Sie gegebenenfalls vor den SteuerzahlerInnen rechtfertigen, dass den AktionärInnen Vorrang gegenüber einer Eigenkapitalstärkung des Unternehmens gegeben wird?
26. Wie können Sie vor den SteuerzahlerInnen rechtfertigen, dass im Fall der Erste Bank AG keine klaren Auflagen für die Beschränkung von Managementgehältern gemacht wurden? Ist eine Gehaltsobergrenze von 500.000 Euro für den Vorstandsvorsitzenden dieser Bank angemessen? Wenn nein, warum nicht?
27. Wie können Sie vor den SteuerzahlerInnen rechtfertigen, dass im Fall der Erste Bank AG der Staat zwar das Risiko trägt, dass er aber an zukünftigen Erträgen der Bank nicht beteiligt sein wird?
28. Wie beurteilen Sie aus Sicht der Republik und der SteuerzahlerInnen die Konditionen für das „Sicherungspaket“ der Kommunalkredit AG im Lichte der derzeitigen Finanzmarktsituation und im internationalen Vergleich?
29. Wann wurde das Österreichische Bankenrettungspaket zur Notifizierung nach Brüssel geschickt und welche Antwort haben Sie von der Kommission bekommen?
30. Wäre es auch zu dem Desaster der Kommunalkredit AG gekommen, wenn der ursprüngliche Plan von 2003 realisiert worden wäre, die ÖBFA als Finanzinstitution für Kommunen auszubauen?
31. Wie können Sie vor den SteuerzahlerInnen rechtfertigen, dass im Zusammenhang mit den „Bankenrettungspaket“ der Rechnungshof keine spezielle Prüfungskompetenz erhalten hat?
32. Werden Sie finanztechnische Konstruktionen, die ausschließlich der Steueroptimierung dienen und in den bekannten Steueroasen angesiedelt sind, unverzüglich unterbinden? Wenn nein, warum nicht?
33. Welche nächsten Schritte werden Sie auf europäischer Ebene setzen, um eine EU-weite Finanztransaktionssteuer durchzusetzen?
34. Halten Sie als Zwischenschritt bis zur Einführung einer EU-weiten Finanztransaktionssteuer eine reformierte Börsenumsatzsteuer in Österreich für sinnvoll? Wenn nein, warum nicht?