4184/J XXIV. GP

Eingelangt am 23.12.2009
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend die geheimnisvollen Wege geheimer ÖBB-Unterlagen ins Finanzministerium

 

 

Seit geraumer Zeit zitiert Reinhold Lopatka, ÖVP-Staatssekretär im Finanzministerium, gegenüber Medien Details aus geheimen ÖBB-internen Unterlagen.

 

So berichtete „Die Presse“ am 31.10 und 1.11.2009 unter ausführlicher Zitierung von Staatssekretär Lopatka, der dabei zahlreiche Zahlen und Daten preisgab, über die Roland-Berger-Studie und deren „streng geheimen Endbericht“.

 

Woher diese Informationen stammten, ist unklar - handelt es sich doch um Papiere, die in den zitierten Details zum jeweiligen Zeitpunkt noch nicht einmal den zuständigen Aufsichtsratsmitgliedern vorlagen.

 

Weiters zitierte Staatssekretär Lopatka in Aussendungen Rechnungshof-Daten, die zu diesem Zeitpunkt klar unter dem Vermerk „vertraulich“ fungierten.

 

Staatssekretär Lopatka brachte auch dramatisch hochgerechnete Zahlen in Stellung, um seine Forderung nach der Einbeziehung bestimmter Experten zu unterstreichen – „um die Zukunft der ÖBB zu sichern“, so Lopatka im Aussendungs-O-Ton am 26.10.2009. Bei den Genannten handelte es sich ausgerechnet um Experten, die schon im Zuge der glorios gescheiterten Grasser-Kukacka-ÖBB-Reform von 2003 beschäftigt wurden. Bekanntlich war diese ÖBB-Reform von 2003 nachgewiesenermaßen vor allem ein Zig-Millionen-Geschäft für Beraterfirmen, wobei zugleich trotz dieses gewaltigen „Begleit“-Aufwands wesentliche Herausforderungen der ÖBB nicht nachhaltig gelöst wurden. Nicht umsonst musste 2009 eine umfassende „Reform der ÖBB-Reform“ durchgeführt werden.

 

Auch im Zusammenhang mit der denkwürdigen Kontroverse Lopatka vs. Specht im „Standard“ sowie der Reaktion Lopatkas (Aussendung vom 22.9.2009) auf den „Offenen Brief“ von BM Bures an BM Pröll zu ÖBB-Finanz-Fragen wurden von Staatssekretär Lopatka Zahlen angegeben, deren Herkunft aufklärungsbedürftig ist.

 

Dasselbe trifft auf die Zahlenangaben des Finanzministers selbst im Ministerrat am 22.9.2009 zu.

 

Der offenkundig an gesetzlichen Vorgaben vorbei geführte Informationsfluss zwischen ÖBB und Finanzministerium bzw. konkret ÖVP-Staatssekretär Lopatka scheint mit dem Zeitpunkt so richtig in Schwung gekommen sein, ab dem Finanzminister und ÖVP-Chef Josef Pröll Jour-Fixe-Termine mit der ÖVP zuzuzählenden bzw. ihr nahestehenden ÖBB-Vorständen pflegt. Dass im Gegenzug zu diesen Jour-Fixe-Terminen ÖBB-Holdingchef Klugar seit ebendiesem Zeitpunkt keinen Termin mehr bei den ÖVP-Finanzministeriums-Granden erhält, vervollständigt nur das Bild einer ganz und gar nicht der reinen ÖVP-Lehre „Die Politik soll sich heraushalten“ entsprechenden Vorgehensweise.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.      Wie ist Ihr Staatssekretär und Parteifreund Reinhard Lopatka konkret im einzelnen zu den vertraulichen, ÖBB-internen Informationen, Zahlen und Daten gelangt, die Ende Oktober/Anfang November über ihn den Weg in die mediale Öffentlichkeit fanden?

 

2.      Wie erklären Sie insbesondere, dass detaillierte Inhalte des Roland-Berger-Gutachtens, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal dem Aufsichtsrat vorlagen, von Ihrem Staatssekretär in die Medien getragen wurden?

 

3.      War dies rechtens?

 

4.      Wenn ja, warum im einzelnen?

 

5.      Wenn nein, warum nicht?

 

6.      Welche Konsequenzen a) hat es in diesem Zusammenhang bereits gegeben, b) wird es wann im einzelnen geben?

 

7.      Falls es keine Konsequenzen gab und geben wird: Warum nicht?

 

8.      Können Sie ausschließen, dass Staatssekretär Lopatka im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit u.a. im September und Oktober 2009 Zahlen- und Datenmaterial aus als „vertraulich“ gekennzeichneten Rechnungshof-Materialien veröffentlicht hat?

 

9.      Können Sie weiters ausschließen, dass Sie selbst in Ministerratsvorträgen bzw. im Zusammenhang mit Ministerratssitzungen – zB im September 2009 – Zahlen- und Datenmaterial aus als „vertraulich“ gekennzeichneten Rechnungshof-Materialien öffentlich gemacht haben?

 

10.  Seit wann pflegen Sie einen Jour Fixe mit der ÖVP zugehörigen bzw. zuzuzählenden ÖBB-Vorständen?

 

11.  Wann traten diese Jour-Fixe-Runden seitdem jeweils zusammen?

 

12.  Halten Sie es für zielführend, Termine mit dem ÖBB-Holdingchef durch derartige parteipolitisch konzipierte Jour-Fixe-Runden, an deren Rand mutmaßlich aktienrechtlich höchst bedenkliche „Daten- und Informationstransfers“ erfolgten, zu ersetzen?

 

13.  Nützt es a) den ÖBB-Fahrgästen, b) dem klimaschonenden Schienenverkehr insgesamt, c) den Staatsfinanzen, d) sonst jemandem, wenn höchste Repräsentanten dieser Republik mit internen, vertraulichen ÖBB-Daten parteipolitisch motivierte Attacken reiten und parteipolitisches Kleingeld münzen?

 

14.  Wann werden Sie das ÖVP-Wahlkampfversprechen „Österreich-Card“ endlich einlösen und die nötigen Budgetmittel freigeben?