4186/J XXIV. GP

Eingelangt am 23.12.2009
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ANFRAGE

 

 

 

der Abgeordneten Korun, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend „Integrationsvereinbarung“ als Ausweisungsgrund

 

 

Die Salzburger Nachrichten berichteten am 6. Oktober 2009, dass die heimischen Behörden dieses Jahr bereits drei Personen wegen der Nichterfüllung der Integrationsvereinbarung („IV“) ausgewiesen haben. Diese Meldung wurde durch das Innenministerium bestätigt. Grundsätzlich müssen Drittstaatenangehörige die Integrationsvereinbarung durch Besuch von bis zu 375 (tw. kostenpflichtigen) Unterrichtsstunden binnen fünf Jahren ab Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels nachweisen und eine erfolgreiche Deutschprüfung ablegen. Erfolgt dies nicht fristgerecht, wird anscheinend kurzerhand ausgewiesen, so anscheinend das Credo des Innenministeriums. Dies obwohl Drittstaatsangehörige zur Erfüllung der IV zahlreiche Hürden zu bewältigen haben: Oft sind die Kurse zu Zeiten angesetzt, die aufgrund von Berufstätigkeit oder aufgrund mangelnder Kinderbetreuungsmöglichkeit für die TeilnehmerInnen nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand machbar sind. Die  Deutschkurse sind oft für einkommensschwache Drittstaatsangehörige schwer leistbar, da sie bis zu 1.200 Euro kosten – bei größeren Familien sogar oft unleistbar.

 

Die Deutschkenntnisse sollen im Zuge des „nationalen Aktionsplans für Integration“ zudem benutzt werden, Neuzuwanderung auf eine wohlhabende Schicht einzugrenzen: Denn das Erfordernis, Deutschkenntnisse noch vor der Einreise nach Österreich nachzuweisen, werden für den Großteil der Einwanderungswilligen aus Nicht-EU Ländern nicht machbar sein. So müsste gar jemand, sei er aus der Sahara oder aus den Anden, im Heimatland einen Deutschkurs finden, sich diesen leisten können, und zuguterletzt auch eine Prüfung ablegen, was wohl nur wohlhabenden GroßstädterInnen gelingen dürfte.

 

Da Sprachkenntnisse im Fremdenrecht zunehmend als Druckmittel und Ausschluss vorgesehen werden und, wie sich an den erfolgten drei Ausweisungen aufgrund Nichterfüllung der Integrationsvereinbarung zeigt, auch eingesetzt werden, stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

  1. Wie viele Drittstaatsangehörige haben in den Jahren 2007 bis 2009, aufgeschlüsselt nach Jahren, die IV erfüllt?

 

  1. Wie viele Drittstaatsangehörige haben in den Jahren 2007 bis 2009 aufgeschlüsselt nach Jahren, den vorgeschriebenen Alphabetisierungskurs (Modul 1) besucht bzw. erfolgreich abgeschlossen?

 

  1. Wie viele Drittstaatsangehörige haben in den Jahren 2007 bis 2009, aufgeschlüsselt nach Jahren, den vorgeschriebenen Deutsch-Integrationskurs (Modul 2) besucht bzw. erfolgreich abgeschlossen?

 

  1. Wie viele Drittstaatsangehörige haben in den Jahren 2007 bis 2009, aufgeschlüsselt nach Jahren, die IV nicht erfüllt?

 

  1. Wie viele Drittstaatsangehörige, die die IV nicht erfüllt haben, wurden sodann ausgewiesen?

 

  1. Wie viele Drittstaatsangehörige haben in den Jahren 2007 bis 2009 aufgeschlüsselt nach Jahren,  den vorgeschriebenen Alphabetisierungskurs (Modul 1) nicht erfolgreich abgeschlossen bzw. den Besuch verweigert?

 

  1. Wie viele Drittstaatsangehörige haben in den Jahren 2007 bis 2009 aufgeschlüsselt nach Jahren, den vorgeschriebenen Deutsch-Integrationskurs (Modul 2) nicht erfolgreich abgeschlossen bzw. den Besuch verweigert?

 

  1. Welche konkreten Umstände (Durchfallen beim Sprachtest, Nichtbesuch der Kurse etc.) führten zu der Ausweisung der drei Personen, welche laut Salzburger Nachrichten wegen Nichterfüllung der IV ausgewiesen wurden?

 

  1. Ziel der IV ist es gemäß Art 14 (1) NAG, die Befähigung zur Teilnahme am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich zu erwerben. Woran konkret wird diese Befähigung gemessen?

 

  1. Gibt es außerhalb der Deutschkenntnisse auch noch andere Kriterien, die zur Erlangung der Befähigung zur Teilnahme am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich führen können?

      a) Falls ja, welche sind das?

      b) Falls nein, weshalb nicht?

 

  1. Wurde bei den drei ausgewiesenen Personen überprüft, ob sie die Befähigung zur Teilnahme am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich auch ohne Absolvierung eines Deutschkurses haben?

       a) Falls ja, welche sonstigen Kriterien wurden hier überprüft?

       b) Falls nein, weshalb nicht?

 

  1. In welchen Bundesländern erfolgte die Ausweisung der genannten drei Personen?

 

  1. Wurden die drei ausgewiesenen Personen in Schubhaft genommen? Wenn ja, in welchem Polizeianhaltezentrum für welche Dauer?

 

  1. Wurden die drei ausgewiesenen Personen abgeschoben? Wenn ja, nach welcher Aufenthaltsdauer in Österreich (aufgeschlüsselt nach Personen)?

 

  1. Wurde(n) von den drei ausgewiesenen Personen Einspruch, Berufung oder Beschwerde gegen die Ausweisung erhoben? Wenn ja, in welchem Stadium sind die drei Verfahren?

 

  1. Wie gedenken Sie mit diesen Ausweisungen weiter umzugehen?

 

  1. Welche konkreten Tatsachen rechtfertigen in der Regel die Annahme, dass Personen die IV, insbesondere die Befähigung zur Teilnahme am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich zu erwerben, nicht erfüllt haben und somit ausgewiesen werden können?

 

  1. Im Rahmen Ihres neuen Integrationsplans wollen Sie das im IV geforderte Sprachniveau auf B1 anheben. Wie viele Mehrstunden für Deutschkurse werden durch diese Anhebung notwendig?

 

  1. Welcher Kostenaufwand wird durch diese Anhebung pro Jahr entstehen? 

 

  1.  Wer wird die Kosten für diese Anhebung von Sprachstunden tragen und in welchem Ausmaß?

 

  1. Werden einkommensschwache Personen bei den vorgesehen Sprachkursen finanziell unterstützt werden?

      a) Falls ja, in welchem Ausmaß?

      b) Falls nein, weshalb nicht?

 

  1. Sind kostenlose Sprachkurse angedacht?

 

  1. Nach Erkenntnissen der Sprachpädagogik setzt der Spracherwerb neben der Motivation auch geeignete Rahmenbedingungen voraus. Was werden Sie unternehmen, um diese im Rahmen des IV sicherzustellen ?

 

  1. Waren in die Entscheidung, das Sprachniveau für alle Zugewanderten auf B1 anzuheben, auch SprachexpertInnen und PädagogInnen eingebunden?

      a) Falls ja welche waren das und was war deren Meinung dazu?

      b) Falls nein, weshalb nicht?

 

  1. Da der neue Sprachkursstundenumfang laut ihren Aussagen „an die 600 Stunden“ umfassen soll - dies entspricht einem Aufwand von 12,5 Stunden pro Woche - wann sollen diese Stunden ihrer Ansicht nach von Berufstätigen absolviert werden?

 

  1. Inwiefern wird bei der Forderung eines generellen Sprachniveaus B1 auf die persönliche Lebenssituation des Einbürgerungswerbers eingegangen?

  1. Wird es bei der Anhebung der geforderten Sprachkenntnisse auf B1 Niveau eine längere Frist zur Absolvierung all dieser Kurse geben?

      a) Falls ja, wie lange wird diese sein?

      b) Falls ja, ist hier Aufschub möglich (Schwangerschaft, Krankheit)?

      a) Falls nein, weshalb nicht?

 

  1. Wird es dann zusätzliche  bzw. spezielle Sprachkursangebote für Berufstätige und AlleinerzieherInnen geben?

 

  1. Hat ein(e) ZuwandererIn, der/die über die geforderten Grundkenntnisse der deutschen Sprache verfügt, auch automatisch die „Befähigung am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich (§14 NAG) teilzunehmen“ oder setzt diese Befähigung noch weitere Qualifikationen voraus?

 

  1. Gibt es außer dem Besuch des Deutschkurses auch noch andere Möglichkeiten die IV iSd. § 14 NAG zu erfüllen?

 

  1. Gibt es für jene Zugewanderten, die aus „bildungsfernen“ Schichten stammen oder aufgrund ihres höheren Alters Schwierigkeiten beim Lernen haben, die Möglichkeit, einen Aufschub bzw. eine Verlängerung der Frist zur Erfüllung der IV zu bekommen?

 

  1. Wie viele Personen haben 2007-2009 um einen Aufschub für die Erfüllung der IV angesucht und wie viele davon haben einen Aufschub erhalten?

 

  1. Was waren 2007-2009 die häufigsten Gründe für die Gewährung eines Aufschubs?

 

  1. Wie viele Orientierungsgespräche gemäß §14 Abs 7 NAG gab es in den Jahren 2007 -2009?

 

  1. Im Rahmen Ihres neuen Integrationsplans sollen Neuzuwandernde bereits vor der Einreise nach Österreich Deutschkenntnisse nachweisen. Wie soll der von Ihnen geplante Nachweis von Deutschkenntnissen vor der Einreise konkret erbracht werden  und bei wem?

 

  1. Werden hierfür nur Zertifikate anerkannter Institutionen gemäß §9 der Integrationsvereinbarungs-Verordnung anerkannt werden?

 

  1. Wird als Nachweis auch die de-facto deutsche Sprachkenntnis (Sprechen der Sprache) ohne Zertifikat anerkannt werden?

       a) Falls ja, von welcher Stelle und anhand welcher Maßstäbe wird das                       geprüft werden?

 

  1. Was sehen Sie für Einwanderungswillige aus jenen Ländern und Regionen vor, in denen es kein Institut iSd. § 9 Integrationsvereinbarungs-Verordnung gibt, an dem man die deutsche Sprache erlernen kann (wie z.B. Goethe Institut)?

 

  1. Nach Erkenntnissen der Sprachpädagogik setzt der Spracherwerb neben der Motivation auch geeignete Rahmenbedingungen voraus. Was werden Sie unternehmen, um diese für Menschen im Ausland sicherzustellen ?

 

  1. Wird die Erfordernis des Deutschkenntnisnachweises vor der Einreise nur für die Familienzusammenführung oder auch für höher qualifizierte Arbeitskräfte gelten?

      a) Falls sie für beide gilt: Wie gedenken Sie trotz dieser zusätzlichen Hürde           hoch qualifizierte Arbeitskräfte auf den österreichischen Arbeitsmarkt zu               locken?

 

  1. Im Falle der Ausnahme von höher qualifizierten Arbeitskräften von dieser Erfordernis: Weshalb gilt für diese das Ziel der Befähigung zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben nicht?

 

  1. Im Falle der Ausnahme von höher qualifizierten Arbeitskräften von dieser Erfordernis: Glauben Sie, dass eine Ungleichbehandlung je nach Bildungsschicht ein geeignetes Mittel ist, um Integrationspolitik zu betreiben?

 

  1. Wurde die von Ihnen im Dezember 2009 präsentierte Fassung des Nationalen Aktionsplans für Integration mit den TeilnehmerInnen der Steuerungsgruppe akkordiert?