Eingelangt am 23.12.2009
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ANFRAGE
der Abgeordneten Korun, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für
Inneres
betreffend „Integrationsvereinbarung“
als Ausweisungsgrund
Die Salzburger
Nachrichten berichteten am 6. Oktober 2009, dass die heimischen Behörden
dieses Jahr bereits drei Personen wegen der Nichterfüllung der
Integrationsvereinbarung („IV“) ausgewiesen haben. Diese Meldung
wurde durch das Innenministerium bestätigt. Grundsätzlich müssen
Drittstaatenangehörige die Integrationsvereinbarung durch Besuch von bis
zu 375 (tw. kostenpflichtigen) Unterrichtsstunden binnen fünf Jahren ab
Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels nachweisen und eine
erfolgreiche Deutschprüfung ablegen. Erfolgt dies nicht fristgerecht, wird
anscheinend kurzerhand ausgewiesen, so anscheinend das Credo des
Innenministeriums. Dies obwohl Drittstaatsangehörige zur Erfüllung
der IV zahlreiche Hürden zu bewältigen haben: Oft sind die Kurse zu
Zeiten angesetzt, die aufgrund von Berufstätigkeit oder aufgrund
mangelnder Kinderbetreuungsmöglichkeit für die TeilnehmerInnen nicht
oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand machbar sind.
Die Deutschkurse sind oft für einkommensschwache
Drittstaatsangehörige schwer leistbar, da sie bis zu 1.200 Euro kosten
– bei größeren Familien sogar oft unleistbar.
Die Deutschkenntnisse sollen im
Zuge des „nationalen Aktionsplans für Integration“ zudem
benutzt werden, Neuzuwanderung auf eine wohlhabende Schicht einzugrenzen: Denn
das Erfordernis, Deutschkenntnisse noch vor der Einreise nach Österreich
nachzuweisen, werden für den Großteil der Einwanderungswilligen aus
Nicht-EU Ländern nicht machbar sein. So müsste gar jemand, sei er aus
der Sahara oder aus den Anden, im Heimatland einen Deutschkurs finden, sich
diesen leisten können, und zuguterletzt auch eine Prüfung ablegen,
was wohl nur wohlhabenden GroßstädterInnen gelingen dürfte.
Da Sprachkenntnisse im
Fremdenrecht zunehmend als Druckmittel und Ausschluss vorgesehen werden und,
wie sich an den erfolgten drei Ausweisungen aufgrund Nichterfüllung der
Integrationsvereinbarung zeigt, auch eingesetzt werden, stellen die
unterfertigten Abgeordneten daher folgende
ANFRAGE:
- Wie viele
Drittstaatsangehörige haben in den Jahren 2007 bis 2009,
aufgeschlüsselt nach Jahren, die IV erfüllt?
- Wie viele
Drittstaatsangehörige haben in den Jahren 2007 bis 2009
aufgeschlüsselt nach Jahren, den vorgeschriebenen
Alphabetisierungskurs (Modul 1) besucht bzw. erfolgreich abgeschlossen?
- Wie viele
Drittstaatsangehörige haben in den Jahren 2007 bis 2009,
aufgeschlüsselt nach Jahren, den vorgeschriebenen
Deutsch-Integrationskurs (Modul 2) besucht bzw. erfolgreich abgeschlossen?
- Wie viele
Drittstaatsangehörige haben in den Jahren 2007 bis 2009,
aufgeschlüsselt nach Jahren, die IV nicht erfüllt?
- Wie viele
Drittstaatsangehörige, die die IV nicht erfüllt haben, wurden
sodann ausgewiesen?
- Wie viele
Drittstaatsangehörige haben in den Jahren 2007 bis 2009
aufgeschlüsselt nach Jahren, den vorgeschriebenen
Alphabetisierungskurs (Modul 1) nicht erfolgreich abgeschlossen bzw. den
Besuch verweigert?
- Wie viele
Drittstaatsangehörige haben in den Jahren 2007 bis 2009
aufgeschlüsselt nach Jahren, den vorgeschriebenen
Deutsch-Integrationskurs (Modul 2) nicht erfolgreich abgeschlossen bzw.
den Besuch verweigert?
- Welche konkreten Umstände
(Durchfallen beim Sprachtest, Nichtbesuch der Kurse etc.) führten zu
der Ausweisung der drei Personen, welche laut Salzburger Nachrichten wegen
Nichterfüllung der IV ausgewiesen wurden?
- Ziel der IV ist es
gemäß Art 14 (1) NAG, die Befähigung zur Teilnahme am
gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in
Österreich zu erwerben. Woran konkret wird diese Befähigung
gemessen?
- Gibt es außerhalb der
Deutschkenntnisse auch noch andere Kriterien, die zur Erlangung der
Befähigung zur Teilnahme am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und
kulturellen Leben in Österreich führen können?
a) Falls ja, welche sind das?
b) Falls nein, weshalb nicht?
- Wurde bei den drei
ausgewiesenen Personen überprüft, ob sie die Befähigung zur
Teilnahme am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in
Österreich auch ohne Absolvierung eines Deutschkurses haben?
a) Falls ja, welche sonstigen Kriterien wurden hier überprüft?
b) Falls nein, weshalb nicht?
- In welchen Bundesländern
erfolgte die Ausweisung der genannten drei Personen?
- Wurden die drei ausgewiesenen
Personen in Schubhaft genommen? Wenn ja, in welchem Polizeianhaltezentrum
für welche Dauer?
- Wurden die drei ausgewiesenen
Personen abgeschoben? Wenn ja, nach welcher Aufenthaltsdauer in
Österreich (aufgeschlüsselt nach Personen)?
- Wurde(n) von den drei
ausgewiesenen Personen Einspruch, Berufung oder Beschwerde gegen die
Ausweisung erhoben? Wenn ja, in welchem Stadium sind die drei Verfahren?
- Wie gedenken Sie mit diesen
Ausweisungen weiter umzugehen?
- Welche konkreten Tatsachen
rechtfertigen in der Regel die Annahme, dass Personen die IV, insbesondere
die Befähigung zur Teilnahme am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen
und kulturellen Leben in Österreich zu erwerben, nicht erfüllt
haben und somit ausgewiesen werden können?
- Im Rahmen Ihres neuen
Integrationsplans wollen Sie das im IV geforderte Sprachniveau auf B1
anheben. Wie viele Mehrstunden für Deutschkurse werden durch diese
Anhebung notwendig?
- Welcher Kostenaufwand wird
durch diese Anhebung pro Jahr entstehen?
- Wer wird die Kosten
für diese Anhebung von Sprachstunden tragen und in welchem
Ausmaß?
- Werden einkommensschwache
Personen bei den vorgesehen Sprachkursen finanziell unterstützt
werden?
a) Falls ja, in welchem Ausmaß?
b) Falls nein, weshalb nicht?
- Sind kostenlose Sprachkurse
angedacht?
- Nach Erkenntnissen der
Sprachpädagogik setzt der Spracherwerb neben der Motivation auch
geeignete Rahmenbedingungen voraus. Was werden Sie unternehmen, um diese
im Rahmen des IV sicherzustellen ?
- Waren in die Entscheidung, das
Sprachniveau für alle Zugewanderten auf B1 anzuheben, auch
SprachexpertInnen und PädagogInnen eingebunden?
a) Falls ja welche waren das und was war deren Meinung dazu?
b) Falls nein, weshalb nicht?
- Da der neue
Sprachkursstundenumfang laut ihren Aussagen „an die 600
Stunden“ umfassen soll - dies entspricht einem Aufwand von 12,5
Stunden pro Woche - wann sollen diese Stunden ihrer Ansicht nach von
Berufstätigen absolviert werden?
- Inwiefern wird bei der
Forderung eines generellen Sprachniveaus B1 auf die persönliche
Lebenssituation des Einbürgerungswerbers eingegangen?
- Wird es bei der Anhebung der
geforderten Sprachkenntnisse auf B1 Niveau eine längere Frist zur
Absolvierung all dieser Kurse geben?
a) Falls ja, wie lange wird diese sein?
b) Falls ja, ist hier Aufschub möglich (Schwangerschaft, Krankheit)?
a) Falls nein, weshalb nicht?
- Wird es dann
zusätzliche bzw. spezielle Sprachkursangebote für Berufstätige
und AlleinerzieherInnen geben?
- Hat ein(e) ZuwandererIn,
der/die über die geforderten Grundkenntnisse der deutschen Sprache
verfügt, auch automatisch die „Befähigung am
gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in
Österreich (§14 NAG) teilzunehmen“ oder setzt diese
Befähigung noch weitere Qualifikationen voraus?
- Gibt es außer dem Besuch
des Deutschkurses auch noch andere Möglichkeiten die IV iSd. §
14 NAG zu erfüllen?
- Gibt es für jene
Zugewanderten, die aus „bildungsfernen“ Schichten stammen oder
aufgrund ihres höheren Alters Schwierigkeiten beim Lernen haben, die
Möglichkeit, einen Aufschub bzw. eine Verlängerung der Frist zur
Erfüllung der IV zu bekommen?
- Wie viele Personen haben
2007-2009 um einen Aufschub für die Erfüllung der IV angesucht
und wie viele davon haben einen Aufschub erhalten?
- Was waren 2007-2009 die
häufigsten Gründe für die Gewährung eines Aufschubs?
- Wie viele
Orientierungsgespräche gemäß §14 Abs 7 NAG gab es in
den Jahren 2007 -2009?
- Im Rahmen Ihres neuen
Integrationsplans sollen Neuzuwandernde bereits vor der Einreise nach
Österreich Deutschkenntnisse nachweisen. Wie soll der von Ihnen
geplante Nachweis von Deutschkenntnissen vor der Einreise konkret erbracht
werden und bei wem?
- Werden hierfür nur
Zertifikate anerkannter Institutionen gemäß §9 der
Integrationsvereinbarungs-Verordnung anerkannt werden?
- Wird als Nachweis auch die
de-facto deutsche Sprachkenntnis (Sprechen der Sprache) ohne Zertifikat
anerkannt werden?
a) Falls ja, von welcher Stelle und anhand welcher Maßstäbe wird das
geprüft
werden?
- Was sehen Sie für
Einwanderungswillige aus jenen Ländern und Regionen vor, in denen es
kein Institut iSd. § 9 Integrationsvereinbarungs-Verordnung gibt, an
dem man die deutsche Sprache erlernen kann (wie z.B. Goethe Institut)?
- Nach Erkenntnissen der
Sprachpädagogik setzt der Spracherwerb neben der Motivation auch
geeignete Rahmenbedingungen voraus. Was werden Sie unternehmen, um diese
für Menschen im Ausland sicherzustellen ?
- Wird die Erfordernis des
Deutschkenntnisnachweises vor der Einreise nur für die
Familienzusammenführung oder auch für höher qualifizierte
Arbeitskräfte gelten?
a) Falls sie für beide gilt: Wie gedenken Sie trotz dieser
zusätzlichen Hürde hoch
qualifizierte Arbeitskräfte auf den österreichischen Arbeitsmarkt zu locken?
- Im Falle der Ausnahme von
höher qualifizierten Arbeitskräften von dieser Erfordernis:
Weshalb gilt für diese das Ziel der Befähigung zur Teilnahme am
gesellschaftlichen Leben nicht?
- Im Falle der Ausnahme von
höher qualifizierten Arbeitskräften von dieser Erfordernis:
Glauben Sie, dass eine Ungleichbehandlung je nach Bildungsschicht ein
geeignetes Mittel ist, um Integrationspolitik zu betreiben?
- Wurde die von Ihnen im Dezember
2009 präsentierte Fassung des Nationalen Aktionsplans für
Integration mit den TeilnehmerInnen der Steuerungsgruppe akkordiert?