4260/J XXIV. GP

Eingelangt am 21.01.2010
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Brunner, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung

 

betreffend Position Österreichs zur Reform der EU-Tierversuchsrichtlinie

 

 

Die EU überarbeitet zurzeit die Tierversuchsrichtlinie. Diese Richtlinie wird in den nächsten Jahrzehnten über Leben und Tod von Millionen Tieren in den 27 Mitgliedsstaaten entscheiden. Bereits der ursprüngliche Entwurf der EU-Kommission ließ erhebliche Tierschutzforderungen vermissen, wie z. B. die verpflichtende Veröffentlichung der Tierversuchsergebnisse, die rückwirkende Bewertung aller Tierexperimente sowie ein Verbot von Affenversuchen. Danach folgte die Streichung der ethischen Bewertung von Tierversuchen, die ein zentrales Anliegen für die Revision der Richtlinie war sowie die Aufweichung des Einsatzes von Alternativverfahren. Letzteres bedeutet: Obwohl schon die derzeitige Richtlinie 86/609 sowie der Kommissionsentwurf vorsehen, dass Alternativmethoden zum Tierversuch bereits dann verpflichtend anzuwenden sind, sobald ihre wissenschaftliche Aussagefähigkeit nachgewiesen wurde, zielen die Kompromissverhandlungen darauf, Alternativen erst nach der behördlichen Anerkennung einzusetzen. Diese dauert aus bürokratischen und politischen Gründen aber durchschnittlich zehn Jahre.

 

Derzeit befindet sich der Novellierungsprozess in der Endphase. Im Mai 2009 hatte sich das Parlament in 1. Lesung für wesentliche Verschlechterungen des zuvor von der EU-Kommission vorgelegten Entwurfs ausgesprochen. Der verschlechterte Entwurf wurde sogar am 14.12.09 durch den Agrarministerrat so weit entstellt, dass nunmehr sogar die Verpflichtung zur Prüfung der ethischen Vertretbarkeit von Versuchsvorhaben gestrichen wurde. Die Pro-Tierversuchslobby fährt schwere Geschütze auf und prophezeit bei verschärften Gesetzesvorgaben das Ende aller medizinischen Forschung.

 

Die politische Vertretung auf EU-Ebene sollte jedoch nicht der milliardenschweren Tierversuchsindustrie, sondern vor allem dem Willen der EU-BürgerInnen verpflichtet sein. Mehr als 43.000 BürgerInnen aus 25 Ländern der EU nahmen an einer Online-Umfrage der EU-Kommission im Sommer 2006 teil. Die überwältigende Mehrheit der TeilnehmerInnen sprach sich für mehr Tierschutz aus und erteilte dem Tierversuch eine klare Absage.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1.             Welche Position hat Ihr Ministerium auf EU-Ebene bisher vertreten, um die Weichen für eine moderne, ethisch vertretbare Wissenschaft ohne Tierversuche zu stellen?

 

2.             Haben Sie sich für eine ausnahmslose Genehmigungspflicht und die ethische Bewertung für alle Tierversuche eingesetzt ? Wenn nein, warum nicht?

 

3.             Haben Sie sich für ein ausnahmsloses Verbot von Versuchen an Affen, insbesondere Menschenaffen sowie Wildfängen und deren Nachkommen eingesetzt?

4.             Haben Sie sich für ein ausnahmsloses Verbot von Tierversuchen, die mit erheblichen Schmerzen und Leiden für die Tiere einhergehen eingesetzt? Wenn nein, warum nicht?

 

5.             Haben Sie sich für eine striktere Regelung für die  Wiederverwendung von Tieren eingesetzt (z.B. dafür, dass in jedem Einzelfall das vorangegangene Leid der Tiere mit beurteilt wird)? Wenn nein, warum nicht?

 

6.             Für welche Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz bei Tierversuchen haben Sie sich eingesetzt?

 

7.             Sind sie für ein Verbot von Doppelversuchen eingetreten? Wenn nein, warum nicht?

 

8.             Sind Sie für die rückwirkende Bewertung aller Tierversuchsprojekte eingetreten, damit bei einer  negativen Bewertung Folgeanträge nicht mehr genehmigt werden?

 

9.             Sind Sie für eine deutliche Verstärkung der Förderung und Entwicklung tierversuchsfreier Verfahren eingetreten? Wenn nein, warum nicht?

 

10.         Sind Sie für die Einführung einer wissenschaftlichen Kommission, die die Richtlinie regelmäßig überprüft, mit dem Ziel, ein Ende aller Tierversuche anzusteuern?