4270/J XXIV. GP

Eingelangt am 26.01.2010
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Korun, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend Staatsbürgerschaft auf Bestellung

 

Der Tonband-Mitschnitt eines Gesprächs des Kärntner FPK-Chefs Uwe Scheuch mit einem Berater, in dem Scheuch anscheinend einem russischen Investor eine Staatsbürgerschaft im Gegenzug für eine Parteispende und Investitionen in Kärnten zukommen lassen wollte, hat eine mediale Debatte um die bisherige Praxis der Verleihung der Staatsbürgerschaft aufgrund „außerordentlicher Leistungen im besonderen Interesse der Republik“ (§ 10 Abs 6 StbG) losgetreten. Es gab in Kärnten gehäuft Fälle, in denen sich die Landesregierung aus eigennützigen Motiven für die Verleihung der Staatsbürgerschaft an russische Investoren stark machte, dies jedoch keineswegs im Interesse Österreichs gelegen hatte. So z.B. das Projekt „Hotel Tibet“, mit dem gleich drei russische Investoren eingebürgert werden sollten oder auch Azer Babaev und Elena Blazer, die für den Eishockeyverein VSV spendeten.

 

Auch existieren eindeutige Angebote von Anwaltskanzleien und Organisationen, wie z.B. „Henley&Partners“ (http://www.henleyglobal.com/countries/austria/citizenship/), die mit dem „Verkauf“ der österreichischen Staatsbürgerschaft werben – auch hier wird die Investition einer größeren Geldsumme als Angelpunkt für die Verleihung einer österreichischen Staatsbürgerschaft dargestellt.

 

Laut den Salzburger Nachrichten (21.1.2009) hat die Bundesregierung im Jahr 2009 34 Menschen Einbürgerungen aufgrund „außerordentlicher Leistungen“ verliehen. Ob für diese „außerordentliche Leistung“ jedoch vorrangig Geldsummen ausschlaggebend sind, ist aufgrund fehlender gesetzlicher Kriterien im Staatsbürgerschaftsgesetz nicht klar. Die von der Bundesregierung zur Beurteilung der „Außerordentlichkeit einer Leistung im besonderen Interesse des Staates“ angewandten Kriterien (hier gibt es eine BMI-interne „Richtlinie“) werden laut eigener Aussage Fekters absichtlich geheim gehalten (Kurier 21.1.2010). Eine öffentliche Diskussion über diese Richtlinienkriterien und ihre Anwendung wäre aber aufgrund des hohen Stellenwerts der Staatsbürgerschaft und aufgrund der notwendigen Transparenz bei staatlichen und Verwaltungshandlungen dringend geboten.

 


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

  1. Wie viele Staatsbürgerschaften gemäß §10 Abs 6 StbG wurden, aufgeschlüsselt auf die Jahre 1990 bis 2010, für welche Leistungen verliehen?

 

  1. Wie viele Anträge auf Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß §10 Abs 6 StbG stellten die  einzelnen Bundesländer in den Jahren 1990 bis 2010?

 

  1. Wie viele der unter Frage 2. aufgeschlüsselten Staatsbürgerschafts-Anträge wurden von der Bundesregierung im Hinblick auf das Vorliegen „außerordentlicher Leistungen“ bestätigt?

 

  1. Welche Nationalitäten hatten die von 1990 bis 2010 nach § 10 Abs 6 StbG Eingebürgerten, aufgeschlüsselt nach Häufigkeit?

 

  1. Was genau sind die einzelnen Kriterien (angesichts der dazu erlassenen BMI-„Richtlinie“), die von der Bundesregierung zur Prüfung des Bestehens oder Nichtbestehens einer „außerordentlichen Leistung im besonderen Interesse der Republik“ gemäß § 10 Abs 6 StbG herangezogen werden?

 

  1. Sind Sie bereit, die diesbezügliche „Richtlinie“ dem Gesetzgeber zur Verfügung zu stellen, indem Sie sie der Beantwortung dieser Anfrage beilegen?

 

  1. Wieso werden diese „Richtlinien“ bewusst von Ihnen geheim gehalten?

 

  1. Wieso wurde diese Richtlinie nicht in Form eines Erlasses erlassen?

 

  1. Was gedenken Sie zu unternehmen, um die Anwendung der Bestimmung §10 Abs 6 StbG für die Öffentlichkeit transparenter zu machen?

 

  1. Was gedenken Sie gegen die derzeitige Unsitte, Staatsbürgerschaftsanträge gem. §10 Abs 6 StbG als Tauschmittel gegen Investitionen und/oder missbräuchliche Parteispenden zu stellen, zu unternehmen?

 

  1. Wurden diesbezüglich schon einmal Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs gegen jene Landesregierungsmitglieder, die vermehrt Staatsbürgerschafts­anträge gemäß  § 10 Abs 6 StbG aus den obengenannten Motiven stellen, eingeleitet?

    a) Falls ja, wann und wie viele?

    b) Falls nein, weshalb nicht?

 

  1. Welche ExpertInnen welcher Ressorts und Fachrichtungen waren bei der Erstellung dieser „Richtlinie“ beteiligt?

 

  1. Inwiefern berücksichtigt die „Richtlinie“ in gleichem Maße künstlerische, sportliche, wissenschaftliche Leistungen und Investitionen als „außerordentliche Leistungen im besonderen Interesse der Republik“?

  1. Ermöglichen diese Richtlinien die Qualifizierung eines Investments als „außerordentliche Leistung im besonderen Interesse der Republik“?

    a) Falls ja, unter welchen Umständen genau?

    b) Falls ja, wann ist ein Investment laut den Richtlinien „im besonderen                       Interesse der Republik“?

    c) Falls ja, wie hoch muss dieses Investment sein?

    d) Falls ja, wie müssen diese Investments abgesichert sein?

    e) Falls ja, wie wird die wirtschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit dieser           Investitionen geprüft?

 

  1. Unter welchen Umständen ermöglicht die „Richtlinie“ die Qualifizierung einer künstlerischen Leistung als „außerordentliche Leistung im besonderen Interesse der Republik“? Werden bei der Beurteilung dieser Leistung unabhängige ExpertInnen hinzugezogen?

    a) Falls ja, welche ExpertInnen sind dies und aus welchen Institutionen                       kommen diese?

    b) Falls nein, weshalb nicht?

 

  1. Unter welchen Umständen ermöglichen diese Richtlinien die Qualifizierung einer wissenschaftlichen Leistung als „außerordentliche Leistung im besonderen Interesse der Republik“? Werden bei der Beurteilung dieser Leistung unabhängige ExpertInnen hinzugezogen?

    a) Falls ja, welche ExpertInnen sind dies und aus welchen Institutionen                       kommen diese?

    b) Falls nein, weshalb nicht?

 

  1. Unter welchen Umständen ermöglichen diese Richtlinien die Qualifizierung einer sportlichen Leistung als „außerordentliche Leistung im besonderen Interesse der Republik“? Werden bei der Beurteilung dieser Leistung unabhängige ExpertInnen hinzugezogen?

    a) Falls ja, welche ExpertInnen sind dies und aus welchen Institutionen                       kommen diese?

    b) Falls nein, weshalb nicht?

 

  1.  Wird die Begründung der Bundesregierung, weshalb eine/keine außerordentlichen Leistung/en vorliegen, dem Antragsteller zur Kenntnis gebracht?

    a) Falls ja, wie?

    b) Falls nein, weshalb nicht?

 

  1. Wird bei der Prüfung eines Antrags auf Verleihung der Staatsbürgerschaft gem. §10 Abs 6 StbG, der auf einer Investition beruht, auf bereits getätigte Investitionen oder auf zukünftig zu erwartende Investitionen abgestellt?

 

  1. Wie wollen Sie sicherstellen, dass zukünftig keine Staatsbürgerschaften allein aufgrund von Investments („citizenship by investments“) vergeben werden?

 

  1. Wie vielen Personen, die nach §10 Abs 6 StbG österreichische StaatsbürgerInnen wurden, wurde diese, aufgeschlüsselt auf die Jahre 1990 bis 2010, wieder aberkannt?

  1. Wie vielen Personen wurde die gemäß §10 Abs 6 StbG verliehene Staatsbürgerschaft, aufgeschlüsselt auf die Jahre 1990 bis 2010, wegen Erschleichung gemäß § 69 Abs 1 Z1 AVG wieder aberkannt?

 

  1.  Was waren hierbei die häufigsten Aberkennungsgründe (Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung)?