Eingelangt am 26.01.2010
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
der Abgeordneten Korun, Freundinnen
und Freunde
an die Bundesministerin für
Inneres
betreffend Staatsbürgerschaft
auf Bestellung
Der Tonband-Mitschnitt eines
Gesprächs des Kärntner FPK-Chefs Uwe Scheuch mit einem Berater, in
dem Scheuch anscheinend einem russischen Investor eine Staatsbürgerschaft
im Gegenzug für eine Parteispende und Investitionen in Kärnten zukommen
lassen wollte, hat eine mediale Debatte um die bisherige Praxis der Verleihung
der Staatsbürgerschaft aufgrund „außerordentlicher Leistungen
im besonderen Interesse der Republik“ (§ 10 Abs 6 StbG) losgetreten.
Es gab in Kärnten gehäuft Fälle, in denen sich die
Landesregierung aus eigennützigen Motiven für die Verleihung der
Staatsbürgerschaft an russische Investoren stark machte, dies jedoch
keineswegs im Interesse Österreichs gelegen hatte. So z.B. das Projekt
„Hotel Tibet“, mit dem gleich drei russische Investoren
eingebürgert werden sollten oder auch Azer Babaev und Elena Blazer, die
für den Eishockeyverein VSV spendeten.
Auch existieren eindeutige Angebote
von Anwaltskanzleien und Organisationen, wie z.B. „Henley&Partners“
(http://www.henleyglobal.com/countries/austria/citizenship/), die mit dem „Verkauf“
der österreichischen Staatsbürgerschaft werben – auch hier wird
die Investition einer größeren Geldsumme als Angelpunkt für die
Verleihung einer österreichischen Staatsbürgerschaft dargestellt.
Laut den Salzburger Nachrichten
(21.1.2009) hat die Bundesregierung im Jahr 2009 34 Menschen
Einbürgerungen aufgrund „außerordentlicher Leistungen“
verliehen. Ob für diese „außerordentliche Leistung“
jedoch vorrangig Geldsummen ausschlaggebend sind, ist aufgrund fehlender gesetzlicher
Kriterien im Staatsbürgerschaftsgesetz nicht klar. Die von der
Bundesregierung zur Beurteilung der „Außerordentlichkeit einer
Leistung im besonderen Interesse des Staates“ angewandten Kriterien (hier
gibt es eine BMI-interne „Richtlinie“) werden laut eigener Aussage
Fekters absichtlich geheim gehalten (Kurier 21.1.2010). Eine öffentliche
Diskussion über diese Richtlinienkriterien und ihre Anwendung wäre
aber aufgrund des hohen Stellenwerts der Staatsbürgerschaft und aufgrund
der notwendigen Transparenz bei staatlichen und Verwaltungshandlungen dringend
geboten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
- Wie viele
Staatsbürgerschaften gemäß §10 Abs 6 StbG wurden,
aufgeschlüsselt auf die Jahre 1990 bis 2010, für welche
Leistungen verliehen?
- Wie viele Anträge auf
Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß §10 Abs 6
StbG stellten die einzelnen Bundesländer in den Jahren 1990 bis
2010?
- Wie viele der unter Frage 2.
aufgeschlüsselten Staatsbürgerschafts-Anträge wurden von
der Bundesregierung im Hinblick auf das Vorliegen
„außerordentlicher Leistungen“ bestätigt?
- Welche Nationalitäten
hatten die von 1990 bis 2010 nach § 10 Abs 6 StbG Eingebürgerten,
aufgeschlüsselt nach Häufigkeit?
- Was genau sind die einzelnen Kriterien
(angesichts der dazu erlassenen BMI-„Richtlinie“), die von der
Bundesregierung zur Prüfung des Bestehens oder Nichtbestehens einer
„außerordentlichen Leistung im besonderen Interesse der
Republik“ gemäß § 10 Abs 6 StbG herangezogen werden?
- Sind Sie bereit, die
diesbezügliche „Richtlinie“ dem Gesetzgeber zur
Verfügung zu stellen, indem Sie sie der Beantwortung dieser Anfrage
beilegen?
- Wieso werden diese „Richtlinien“
bewusst von Ihnen geheim gehalten?
- Wieso wurde diese Richtlinie
nicht in Form eines Erlasses erlassen?
- Was gedenken Sie zu
unternehmen, um die Anwendung der Bestimmung §10 Abs 6 StbG für
die Öffentlichkeit transparenter zu machen?
- Was gedenken Sie gegen die
derzeitige Unsitte, Staatsbürgerschaftsanträge gem. §10 Abs
6 StbG als Tauschmittel gegen Investitionen und/oder missbräuchliche
Parteispenden zu stellen, zu unternehmen?
- Wurden diesbezüglich schon
einmal Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs gegen jene
Landesregierungsmitglieder, die vermehrt Staatsbürgerschaftsanträge
gemäß § 10 Abs 6 StbG aus den obengenannten Motiven
stellen, eingeleitet?
a)
Falls ja, wann und wie viele?
b)
Falls nein, weshalb nicht?
- Welche ExpertInnen welcher
Ressorts und Fachrichtungen waren bei der Erstellung dieser „Richtlinie“
beteiligt?
- Inwiefern berücksichtigt
die „Richtlinie“ in gleichem Maße künstlerische,
sportliche, wissenschaftliche Leistungen und Investitionen als „außerordentliche
Leistungen im besonderen Interesse der Republik“?
- Ermöglichen diese
Richtlinien die Qualifizierung eines Investments als
„außerordentliche Leistung im besonderen Interesse der
Republik“?
a)
Falls ja, unter welchen Umständen genau?
b)
Falls ja, wann ist ein Investment laut den Richtlinien „im besonderen Interesse
der Republik“?
c)
Falls ja, wie hoch muss dieses Investment sein?
d)
Falls ja, wie müssen diese Investments abgesichert sein?
e)
Falls ja, wie wird die wirtschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit
dieser Investitionen
geprüft?
- Unter welchen Umständen
ermöglicht die „Richtlinie“ die Qualifizierung einer
künstlerischen Leistung als „außerordentliche Leistung im
besonderen Interesse der Republik“? Werden bei der Beurteilung
dieser Leistung unabhängige ExpertInnen hinzugezogen?
a)
Falls ja, welche ExpertInnen sind dies und aus welchen Institutionen kommen
diese?
b)
Falls nein, weshalb nicht?
- Unter welchen Umständen
ermöglichen diese Richtlinien die Qualifizierung einer
wissenschaftlichen Leistung als „außerordentliche Leistung im besonderen
Interesse der Republik“? Werden bei der Beurteilung dieser Leistung
unabhängige ExpertInnen hinzugezogen?
a)
Falls ja, welche ExpertInnen sind dies und aus welchen Institutionen kommen
diese?
b)
Falls nein, weshalb nicht?
- Unter welchen Umständen
ermöglichen diese Richtlinien die Qualifizierung einer sportlichen
Leistung als „außerordentliche Leistung im besonderen Interesse
der Republik“? Werden bei der Beurteilung dieser Leistung
unabhängige ExpertInnen hinzugezogen?
a)
Falls ja, welche ExpertInnen sind dies und aus welchen Institutionen kommen
diese?
b)
Falls nein, weshalb nicht?
- Wird die Begründung
der Bundesregierung, weshalb eine/keine außerordentlichen Leistung/en
vorliegen, dem Antragsteller zur Kenntnis gebracht?
a)
Falls ja, wie?
b)
Falls nein, weshalb nicht?
- Wird bei der Prüfung eines
Antrags auf Verleihung der Staatsbürgerschaft gem. §10 Abs 6
StbG, der auf einer Investition beruht, auf bereits getätigte
Investitionen oder auf zukünftig zu erwartende Investitionen
abgestellt?
- Wie wollen Sie sicherstellen,
dass zukünftig keine Staatsbürgerschaften allein aufgrund von
Investments („citizenship by investments“) vergeben werden?
- Wie vielen Personen, die nach §10
Abs 6 StbG österreichische StaatsbürgerInnen wurden, wurde
diese, aufgeschlüsselt auf die Jahre 1990 bis 2010, wieder aberkannt?