Eingelangt am 29.01.2010
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ANFRAGE
der Abgeordneten Schenk,
Ursula Haubner
und Kollegen
an die
Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur
betreffend Islamische
Glaubensgemeinschaft in Österreich
Mit etwa 400 000
Muslimen ist die islamische nach der katholischen Glaubensgemeinschaft die
zweit größte, Tendenz stark steigend. Der Schlüssel für
ein friedliches Miteinander ist Toleranz und Integration, was gerade im Bezug
auf den Islam nicht immer einfach ist, da jegliche Säkularisierung fehlt
und aufgrund der Dogmatik nur ein geringes Demokratieverständnis
existiert. Hinzu kommt, dass der Islam an sich inhomogen ist, es viele
Ausprägungen und Interpretationen gibt, abhängig von Herkunft,
Bildung und Tradition.
Anfang 2009 wurden
Studienergebnisse („Khorchide-Studie“) veröffentlicht, wonach
32,7 Prozent der Islam-Lehrer rechtsstaatliche Prinzipien ablehnen, 28,4
Prozent einen Widerspruch darin sehen, Moslem und Europäer zu sein, 27,1
Prozent lehnen die Menschenrechtserklärung ab (unter Verweis auf die
Kairoer Deklaration für Menschenrechte im Islam von 1990, die sich
an der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen orientiert,
aber gemäß der Scharia scharfe Einschränkungen trifft). Ebenfalls
aus der Studie erkenntlich ist, dass 37 Prozent der Religionslehrer keinen
theologische, 41 Prozent keine pädagogische Ausbildung besitzen.
Zuständig
für die Gestaltung des islamischen Religionsunterrichts an
österreichischen Schulen ist die Islamische Glaubensgemeinschaft in
Österreich (IGGiÖ). Sie bildet Lehrer aus, bescheinigt ihnen die
Lehrbefähigung, ist verantwortlich für Lehrpläne und
Bücher. Finanziert wird dies durch Geldmittel der öffentlichen Hand. Unter
den Lehrkräften des Islamischen Religionspädagogischen Instituts der
IGGiÖ sind nach wie vor für ihre radikalen Ansichten bekannte
Personen („Falter“, 28.01.09). Der Präsident der IGGiÖ
Schakfeh kommentierte die Studie so: „Katastrophal sind die Ergebnisse
nicht. Aber auch nicht in Ordnung“, während der Integrationsbeauftragte
Al-Rawi sich schockiert zeigte und von „Feuer am Dach“ sprach
(„Falter“, 28.01.09 und „Standard“, 29.01.09).
Laut
IGGiÖ-Verfassung zählt die "Errichtung und Erhaltung von
Moscheen" zu ihren Aufgaben. Allerdings werden alle Moscheen der
IGGiÖ von unabhängigen Vereinen geführt, hinter welchen oft
Organisationen stehen, die in ihren Heimatländern als politische Parteien
gelten. So sind beispielsweise Vorbeter des Dachverbandes Atip bezahlte
Angestellte des türkischen Staates.
Auch die
Kontrolltätigkeit der IGGiÖ ist mehr Wunschdenken als Realität.
Das Absetzen von Vorbetern kann rechtlich nur durch den Moschee-Verein
veranlasst werden, nicht durch die IGGiÖ. Laut Islamischem Informations-
und Dokumentationszentrum Österreich haben 30 % der islamischen
Wähler bei der IGGiÖ keine österreichische
Staatsbürgerschaft oder ordentlichen Wohnsitz in Österreich, was der
eigenen Verfassung (Artikel 1) widersprechen würde (wenn man von einer
Verfassung sprechen kann, gemeint sind Vereinsstatuten). Es stellt sich nun die
Frage, ob die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur den
Handlungsbedarf erkannt hat, rechtliche Reformen einzuleiten, um den Weg
für ein friedliches Zusammenleben von Christen und Muslimen zu ebnen.
In diesem Zusammenhang
stellen die unterzeichneten Abgeordneten an die Bundesministerin für
Unterricht, Kunst und Kultur folgende
Anfrage:
- Wie beurteilen
Sie das geltende Islamgesetz 1912, sehen Sie Reformbedarf? Wenn ja, welche
Maßnahmen haben Sie jemals gesetzt oder werden Sie
diesbezüglich setzen?
- Können Sie
mit Gewissheit behaupten, dass die IGGiÖ nicht aus privaten Vereinen
besteht oder bestanden hat?
- Ist die
Einbeziehung privater Vereine in die IGGiÖ mit dem Islamgesetz
vereinbar?
- 1999 wurde die
ursprüngliche IGGiÖ-Verfassung geändert, dabei
verabsäumte das Kultusamt, sie nochmals auf der Grundlage der
Islamverordnung 1988 zu genehmigen. Wann ist Ihnen diese Problematik
bekannt geworden und wie beurteilen Sie dies rechtlich?
- Ist die neue
IGGiÖ- Verfassung bereits in Kraft? Wenn ja, seit wann?
- Wie argumentieren
Sie den Kultusamtbescheid vom 22. Oktober 2009 betreffend die Genehmigung
der reformierten IGGiÖ-Verfassung?
- Wie beuteilen Sie die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof vom
11. November 2009 auf Aussetzung des Kultusamt-Bescheids vom 22. Oktober
2009 betreffend die Genehmigung der IGGiÖ- Verfassung?
- Wann hat die
IGGiÖ den letzten Finanzbericht herausgegeben, wie oft sollte dieser
erstellt werden? Falls es keinen aktuellen Bericht gibt, welche
Auswirkungen hat der mangelhaft transparenter Umgang mit öffentlichen
Geldern auf die IGGiÖ?
- Wie viele
eingetragene Mitglieder hat die IGGiÖ?
- Wie hoch ist die
Mindestanzahl an eingetragenen Mitgliedern einer Religionsgemeinschaft, um
das Anerkennungsgesetz zu erfüllen?
- Wie viele
Beitragszahler hat die IGGiÖ?
- Erfüllt
die IGGiÖ die im Anerkennungsgesetz 1847 vorgeschriebene
Mindestanzahl an eingetragenen Mitgliedern? Wenn nein, warum gilt die
IGGiÖ dennoch als anerkannte Religionsgemeinschaft und welche
Auswirkungen hat dies auf die finanzielle Förderungswürdigkeit?
- Liegt dem
Kultusamt ein Mitgliederverzeichnis der IGGiÖ vor? Wenn nein, warum
nicht und wie wird die Mitgliederanzahl kontrolliert?
- Mitglieder einer
Religionsgemeinschaft haben eine jährlich festgesetzte Kultusumlage
zu bezahlen. Wann wurde dem Kultusamt seitens der IGGiÖ ihrer
eigenen „Verfassung“ gemäß eine Kultusumlageordnung
vorgelegt?
- Falls keine
Kultusumlageordnung vorgelegt wurde, mit welchen Konsequenzen hat die
IGGiÖ zu rechnen? Falls es keine Konsequenzen gibt, warum nicht?
- Artikel 6 der
derzeitigen „Verfassung“ bescheinigt neben der IGGiÖ auch
den vier Islamischen Religionsgemeinden (Wien, Linz, Bregenz, Graz)
Rechtspersönlichkeit. Ist dafür rechtlich seitens des
Kultusamtes ein eigner Bescheid erforderlich? Wenn ja, gibt es diesen?
Welche Auswirkungen hat der Bescheid vom 22. Oktober 2009 auf die vier
Religionsgemeinden?
- Nachdem Anfang
letzten Jahres die Ergebnisse der Khorchide-Studie bekannt wurden,
forderten Sie einen umfassenden Tätigkeitsbericht der IGGiÖ.
Wurde dieser innerhalb des letzten Jahres erstellt? Wenn nein, warum nicht
und wann rechnen Sie damit? Wenn ja, wie lautet er?
- Wie viele
Fachinspektoren für Islam-Lehrer sind momentan tätig und wo sind
diese angestellt?
- Wie viele
Fachinspektoren gab es vor der Veröffentlichung der Ergebnisse der
Khorchide-Studie?
- Wie viele
Islam-Lehrer wurden im Jahr 2009 suspendiert oder gekündigt (Bitte um
Angabe von Zeitpunkt und Grund)?
- Finden Sie es
zielführend, dass die IGGiÖ sowohl für Ausbildung und
Einstellung, als auch die Kontrolle von Islam-Lehrern verantwortlich ist?
- Was hat sich
Ihrer Meinung nach ein Jahr nach Veröffentlichung der erschütternden
Ergebnisse der Khorchide-Studie verändert, welche Schritte haben Sie
in den letzten zwölf Monaten gesetzt?
- Die Vertretung der Wiener Aleviten ist im September 2009 mit ihrem
Antrag auf staatliche Anerkennung als Religionsgemeinschaft (sowie als
Bekenntnisgemeinschaft) mit der Begründung, dass Aleviten Teil des
Islams sind, abgeblitzt. Warum sind verschiedene Religionsgemeinschaften,
die alle ihre Wurzeln im Christentum haben, anerkannt?
- Wie viele Personen arbeiten im Kultusamt, wie viele davon sind mit
Kenntnissen über den Islam vertraut bzw. haben eine
diesbezüglich einschlägige Ausbildung?