Eingelangt am 03.02.2010
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ANFRAGE
des Abgeordneten Steinhauser, Glawischnig,
Musiol, Öllinger, Zinggl, Freundinnen und Freunde und
an die Bundesministerin für
Inneres
betreffend den
unverhältnismäßigen Polizeieinsatz bei einer Versammlung gegen
den WKR-Ball am 29.01.2010
Im Zuge der
Proteste gegen den Ball des Wiener Korporationsrings wurden in den Abendstunden
des 29. Jänner 2010 über 600 Menschen, teilweise auch völlig
unbeteiligte Passant/innen, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, ohne Zugang
zu Toiletten, ohne Möglichkeit der Verpflegung, ohne medizinische
Betreuung und ohne substantielle Information für bis zu vier Stunden
festgehalten.
Von Anfang an waren alle, die
sich am Christian-Broda-Platz aufhielten, von einem Polizeikessel umgeben. Nach
einiger Zeit wurde die Versammlung von der Polizei aufgelöst und die
TeilnehmerInnen aufgefordert, den Kundgebungsort zu verlassen. Es bestand
jedoch keine Möglichkeit mehr, dieser Aufforderung Folge zu leisten, da
das Verlassen des Treffpunkts durch Absperrungen und Polizeiblockaden auf allen
Seiten verunmöglicht wurde. Davon betroffen waren auch AnrainerInnen,
TouristInnen und Angestellte aus den umliegenden Bürohäusern und
Geschäftslokalen.
Neben der Vielzahl an Anzeigen
liegen uns Augenzeugenberichte vor, die den Einsatzkräften zahlreiche
Übergriffe auf DemonstrantInnen, PasantInnen und TouristInnen vorwerfen.
Das Verhalten der Polizei war unverhältnismäßig und hat eine
Eskalation der Situation ausgelöst bzw. zu dieser wesentlich beigetragen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
- Warum wurde die Kundgebung von Beginn an
durch die Polizei eingekesselt?
- Wer hat diese Eskalationsstrategie angeordnet?
- Warum wurde die Versammlung aufgelöst, obwohl es bis
zu diesem Zeitpunkt keinerlei Gründe gegeben hat, die eine
Auflösung der Versammlung rechtfertigen?
- Ab welchem Zeitpunkt war kein freies Ab- und Zugehen zur
Versammlung möglich?
- In welcher Form erfolgte die polizeiliche Aufforderung an
die VersammlungsteilnehmerInnen, den Versammlungsort zu verlassen?
- Zu welcher Uhrzeit erfolgte diese Aufforderung?
- In welchen zeitlichen Abständen erfolgte diese
Aufforderung?
- Mit welchen Mitteln erfolgte diese Aufforderung?
- Mit welcher Formulierung erfolgte diese Aufforderung?
- Wie wurde sichergestellt, dass alle Personen über die
polizeiliche Aufforderung, den Versammlungsort zu verlassen, in Kenntnis
gesetzt wurden?
- Wie lange hatten die VersammlungsteilnehmerInnen und
PassantInnen nach der Aufforderung Zeit, den Kundgebungsplatz zu
räumen, die Kundgebung zu verlassen?
- Um wie viel Uhr endete diese Möglichkeit, den
Kundgebungsort zu verlassen?
- Wurde der Ablauf der zeitlichen Frist bekannt gegeben?
Wenn ja, wann und mit welchen Mitteln?
- Fanden innerhalb dieser Frist
Identitätsfeststellungen statt?
- Wie wurden PassantInnen, TouristInnen und Angestellte der
umliegenden Geschäftslokale und Bürohäuser von
DemonstrationsteilnehmerInnen unterschieden?
- Aus welchen Gründen wurde die Postierung der
Wasserwerfer an zwei Seiten des Polizeikessels angeordnet?
- Wie passt die Präsenz und Ausrichtung zweier
Wasserwerfer, die von den Betroffenen als höchst bedrohlich
wahrgenommen wurde, zur behaupteten „Deeskalationsstrategie“
der Polizei?
- Wurden Pfeffersprays, Tränengas oder ähnliche
Substanzen gegen DemonstrantInnen eingesetzt?
- In wie vielen Fällen begaben sich Einsatzkräfte
in den Polizeikessel um Personen festzunehmen?
- Wurden dabei Schlagstöcke eingesetzt?
- Wie viele verletzte DemonstrantInnen sind Ihnen bekannt?
- Welche Verletzungen wurden vermerkt oder von
Spitälern gemeldet?
- Wie lange dauerte die Identitätsfeststellung der 673
Personen?
- Wie viele BeamtInnen waren mit der Personalienaufnahme
unmittelbar beschäftigt, zwischen
24.a 19:00
und 19:10 Uhr? 24.l 20:50
und 21:00 Uhr?
24.b 19:10
und 19:20 Uhr? 24.m 21:00
und 21:10 Uhr?
24.c 19:20
und 19:30 Uhr? 24.n 21:10
und 21:20 Uhr?
24.d 19:30
und 19:40 Uhr? 24.o 21:20
und 21:30 Uhr?
24.e 19:40
und 19:50 Uhr? 24.p 21:30
und 21:40 Uhr?
24.f 19:50
und 20:00 Uhr? 24.q 21:40
und 21:50 Uhr?
24.g 20:00
und 20:10 Uhr? 24.r 21:50
und 22:00 Uhr?
24.h 20:10
und 20:20 Uhr? 24.s 22:00
und 22:10 Uhr?
24.i 20:20
und 20:30 Uhr? 24.t 22:10
und 22:20 Uhr?
24.j 20:30
und 20:40 Uhr? 24.u 22:20
und 22:30 Uhr?
24.k 20:40
und 20:50 Uhr? 24.v 22:30
und 22:40 Uhr?
- Wann wurde in Österreich zuletzt eine ähnlich
hohe Anzahl an Anzeigen aufgrund eines Ereignisses auf einmal ausgestellt?
- Wer war für die Polizeitaktik bei der Kundgebung am
29.1.2010 verantwortlich?
- Im Rahmen von Vermittlungsversuchen des Grünen
Nationalratsabgeordneten Karl Öllinger bei der Kundgebung wurde immer
wieder von Polizisten beteuert, dass man nichts machen könne, da die
Vorgangsweise „von ganz oben angeordnet wurde“. Wer „von
ganz oben“ hat die die Vorgangsweise angeordnet?
- War der Wiener Polizeipräsident Pürstl zu
irgendeinem Zeitpunkt in die Vorgangsweise bei der Kundgebung involviert?
- Wenn ja, in welcher Weise a) im Zeitraum vor und b)
während der Versammlung?
- Hat es zu irgendeinem Zeitpunkt vor oder während der
Kundgebung Interventionen seitens PolitikerInnen hinsichtlich der
polizeiliche Vorgangsweise gegeben?
- Wenn ja, in welcher Weise a) im Zeitraum vor und b)
während der Versammlung?
- Hat es zu irgendeinem Zeitpunkt vor oder während der
Kundgebung Interventionen von Polizeigewerkschaftern hinsichtlich der
polizeilichen Vorgangsweise gegeben?
- Wenn ja, in welcher Weise a) im Zeitraum vor und b)
während der Versammlung?
- Waren Sie als Innenministerin zu irgendeinem Zeitpunkt vor
oder während der Kundgebung in die polizeiliche Vorgangsweise
involviert?
- Wenn ja, inwieweit und zu welchem Zeitpunkt?