4464/J XXIV. GP

Eingelangt am 04.02.2010
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Anfrage

 

des Abgeordneten Dr. Johannes Hübner

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

 

betreffend baldiger Baubeginn des Pipelineprojekts North Stream

 

 

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 22. Dezember 2009 war unter dem Titel „Deutschland stimmt Bau der Nord Stream zu“ folgendes zu lesen:

 

Die deutschen Behörden haben den Bau der umstrittenen Ostsee-Gaspipeline an und vor der deutschen Küste genehmigt. Damit könne der Bau der 1220 Kilometer langen Rohrleitungen von der deutschen Seite aus beginnen, teilte die Staatskanzlei von Mecklenburg-Vorpommern am Montag mit. Der Umweltschutzverband WWF forderte vom Pipeline-Betreiber Nord Stream, die zu erwartenden Umweltschäden vollständig auszugleichen.

Auch mit der Genehmigung des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie für die deutsche Ausschließliche Wirtschaftszone werde „in Kürze“ gerechnet, teilt das Bundeswirtschaftsministerium mit. Damit lägen alle wesentlichen Genehmigungen der Ostseeanrainerstaaten vor, die für eine Aufnahme der Arbeiten erforderlich seien.

Bis auf Deutschland hatten die übrigen Staaten, deren Gewässer der Leitung quert, bereits ihre Zustimmung ereilt: Dänemark, Schweden, Finnland und Russland. Die Verlegearbeiten könnten nun bald aufgenommen werden, damit wie geplant Ende 2011 russisches Erdgas nach Greifswald transportiert und von dort in das deutsche und europäische Netz verteilt werden könne, sagte Bundeswirtschaftsminister Brüderle (FDP). Er maß der Röhre und der damit verbundenen Diversifizierung der Transportwege eine große Bedeutung für die zukünftige Sicherung der Versorgung Europas und Deutschlands bei. Das Milliardenprojekt steht unter Führung des russischen Gaskonzerns Gasprom.“

(…………)

Die Nord Stream Pipeline soll zwischen dem russischen Viborg und dem deutschen Lubmin entstehen. Sie wird nach Angaben des russisch-deutsch-niederländischen Betreiberkonsortiums aus zwei jeweils etwa 1220 Kilometer langen parallelen Pipelinesträngen bestehen. Der erste Leitungsstrang soll Ende 2011 fertiggestellt werden und mit einer Transportkapazität von rund 27,5 Milliarden Kubikmetern Erdgas pro Jahr in Betrieb gehen. Der zweite Strang soll 2012 fertig gestellt werden. Die Gesamtinvestitionen für das Projekt belaufen sich laut Nord Stream auf rund 7,4 Milliarden Euro.“

In diesem Zusammenhang richten die nachstehend unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten folgende

 

 

ANFRAGE:

 

  1. Was kann dem Argument des Aufsichtsratsvorsitzenden der Betreibergesellschaft von North Stream, Gerhard Schröder, der sinngemäß meint, „wer viel Gas braucht, muss es dort kaufen, wo es viel Gas gibt“, entgegengehalten werden?
  2. Kann North Stream die Lieferrouten des russischen Erdgases nach Europa diversifizieren und somit die Abhängigkeit des Produzenten und der Abnehmerländer von den derzeit dominierenden Transitstaaten Ukraine und Weißrussland reduzieren?
  3. Wenn ja, in welcher Art und Weise?
  4. Wenn nein, warum nicht?
  5. Werden sich die Republik Österreich beziehungsweise österreichische Unternehmen am Projekt North Stream beteiligen?
  6. Wenn ja, in welcher Form?
  7. Wenn nein, warum nicht?
  8. Werden österreichische Unternehmen Lieferverträge für Gas aus der North Stream Pipeline abschließen?
  9. Wenn ja, zu welchen Bedingungen, für welchen Zeitraum und in welcher Menge?
  10. Wenn nein, warum nicht?
  11. Sind ihnen Lieferverträge bekannt, die Russland während der letzten dreißig Jahre bis zum heutigen Tag nicht eingehalten hätte?
  12. Wenn ja, welche?
  13. Wie hoch ist das Einsparungspotenzial an Kosten pro Kubikmeter Gas vor dem Hintergrund des Wegfalls von Transitgebühren durch die Transitstaaten Polen, Ukraine und Weißrussland, die bislang ihre unverzichtbare Transitrolle als Druckmittel nutzen konnten, um exklusive Lieferbedingungen für sich selbst durchzusetzen und so die Versorgungssicherheit Westeuropas gefährdeten?
  14. Ist mit einem Sinken dieser Transitgebühren zu rechnen, wenn North Stream Russland in die Lage versetzt, die Gasexporte nach Westeuropa auf direktem Wege zu gewährleisten?
  15. Wenn ja, in welchem Ausmaß?