4474/J XXIV. GP

Eingelangt am 04.02.2010
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ANFRAGE

 

 

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Westring Linz (A 26)

 

 

Der Verkehrssektor liegt mit seinen Klimagas-Emissionen derzeit um fast 100% (!) über dem ohnedies bereits gelockerten Ziel der aktuellen Klimastrategie – nicht zufällig, sondern wegen mangelnder und teilweise sogar kontraproduktiver Maßnahmen in den letzten Jahren. Auch in Oberösterreich sind die Emissionen aus dem Verkehrsbereich seit Beginn der Kyoto-Periode 1990 um 36% gestiegen. Ohne Verkehrswende sind daher die Klimaziele nicht erreichbar und drohen Milliarden Strafzahlungen für Österreich Realität zu werden.

 

Deshalb sollten alle Groß-Infrastrukturprojekte in Österreich auf Klimaverträglichkeit überprüft werden. Die Projekt-Umweltverträglichkeitsprüfungen alleine sind dafür nicht ausreichend, weil die CO2-Emissionen dabei kein zentrales Thema sind.

 

Der Westring widerspricht dem Kyoto-Ziel, unterschreitet die Kriterien für gesamtwirtschaftliche Realisierungswürdigkeit, ist gesundheitsschädlich, führt zur Schwächung der innerstädtischen Wirtschaft und zerstört wertvolle Natur. Aufgrund gesundheitsgefährdender Schadstoffgrenzwertüberschreitungen droht weiters ein Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission. Schließlich sind auch noch die Einreichunterlagen mangelhaft und Aussagen oft nicht nachvollziehbar.

 

Diese Fakten bestätigt das Lebensministerium in einer Stellungnahme zum Westring: Der Westring ist ein uraltes Projekt und entspricht nicht mehr den heutigen Verkehrserfordernissen des Großraumes Linz: Er ist in der geplanten Variante eine Nord-Süd-Transitschneise, die eine enorme Lkw-Lawine mitten durch Linz lenken würde.

Der Westring ist völlig veraltet und wird immer teurer- in Zeiten der Sparbudgets ist das verantwortungslos. Während im Jahr 2002 die Gesamtkosten für den Westring (Nord- und Südteil!!) noch mit 225 Mio. Euro beziffert wurden, spricht die ASFINAG laut ihrer Homepage vom 11.3.09 von 451 Mio. Euro mit Baubeginn 2009 und 2015 Fertigstellung. Ende März 2009 wird der Baubeginn mit 2010 und die Fertigstellung mit 2015 angegeben, die Gesamtkosten steigen auf 527 Mio. Euro. Nach letzten Pressemeldungen beträgt der Rahmen für das Projekt bereits rund 600 Mio. Euro.


Nach dem UVP-Verfahren ist mit einer weiteren deutlichen Kostenerhöhung zu rechnen.

 

Aufgrund der negativen Erfahrungen mit Verkehrsprojekten dieser Art wurde vom Lebensministerium in der Stellungnahme zum UVP-Verfahren vorgeschlagen, dass andere Lösungsmöglichkeiten, die anstelle des motorisierten Individualverkehrs die Situation des Öffentlichen Verkehrs verbessern, untersucht und umgesetzt werden.

 

Im Bundesstraßengesetz (BStG) finden sich viele primär im lokalen und regionalen Interesse gelegene Projekte, so etwa Ortsumfahrungen, die somit bundesseitig finanziert und formal als A- oder S-Projekte (Autobahnen, Schnellstraßen) errichtet werden müssen, obwohl zweifelhaft ist, ob sie kompetenzrechtlich im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Z 9 Bundes-Verfassungsgesetz überhaupt dem Bund zuzuzählen sind.

 

Viele Projekte sind zudem Uraltprojekte, die vor 20 oder 30 Jahren konzipiert wurden und nie auf Basis aktueller Erfordernisse und Perspektiven – etwa der Ölpreisentwicklung und des Klimaschutzes – auf ihre Wirtschaftlichkeit und Sinnhaftigkeit durchleuchtet wurden.

 

Viele Projekte im BStG und vor allem auch das Bauprogramm insgesamt wurden weiters noch nie einer Strategischen Umweltprüfung unterworfen. Auch bei in den letzten Jahren hinzugekommenen Bundesstraßen-Projekten, bei denen bereits eine „Strategische Prüfung Verkehr“ stattfand, ist die Legitimität ihrer Aufnahme ins Gesetz massiv in Frage gestellt, weil die Umsetzung der SUP-Richtlinie der EU in Österreich nicht europarechtskonform erfolgte und ein entsprechendes Vertragsverletzungsverfahren anhängig ist.

 

Da eine kriterienbasierte, transparente und nachvollziehbare und somit fachlich ernstzunehmende Gesamtverkehrsplanung in Österreich fehlt, ist auch auf dieser Ebene nie eine Prüfung zB des Westrings auf seine Klimaverträglichkeit erfolgt.

 

Außerdem muss in vielen Bereichen gespart werden, so dürfen auch bei der ASFINAG bei deutlich weniger Einnahmen nicht unverändert großzügige Bauprogramme im überwiegend oder gänzlich lokalen und regionalen Interesse auf Kosten des Bundes durchgezogen und die Klima- und Ölpreis-Fragen ebenso wie die Grenzen der Haushalte auf Bundes-Ebene ignoriert werden. Auch der Rechnungshof hat bereits wiederholt, sehr konkret etwa seinem Bericht 2008/05 „Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der Gesundheit im Straßenbau in Österreich“ ein Umdenken gefordert: Denn „für die geprüften Projekte waren die Nutzen-Kosten-Untersuchungen teilweise nicht dokumentiert, zum Teil nur in Ansätzen vorhanden. Trotz teilweise erheblicher nachträglicher Änderungen der Projektkosten wurden die Projekte nicht einer neuerlichen Beurteilung hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Priorität unterzogen.“ Das Fazit des Rechnungshofes: „Der Straßenneubau im siedlungsnahen Bereich nähert sich damit den Grenzen der wirtschaftlichen Vertretbarkeit.“

 

Deshalb ist gerade der Westring in Linz in diesem Sinn dringend zu evaluieren und auf seine Errichtung letztlich zu verzichten.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

  1. Die Errichtung des Westrings widerspricht der Klimaschutz-Strategie des Bundes, warum beharren Sie dennoch auf seiner Errichtung?

 

  1. Die Errichtung des Westrings widerspricht den Empfehlungen des Rechungshofes, warum beharren Sie dennoch auf seiner Errichtung?

  1. Die Errichtung des Westrings widerspricht der aktienrechtlich verankerten Zuständigkeit der ASFINAG für höherrangige Straßenprojekt, warum beharren Sie dennoch auf seiner Errichtung als lokale Umfahrung der Linzer Rudolfstraße?

 

  1. Die Errichtung des Westrings widerspricht der Stellungnahme des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, warum beharren Sie dennoch auf seiner Errichtung?

 

  1. Die Errichtung des Westrings widerspricht dem EU-rechtlich gewährleisteten Gesundheitsschutz, warum beharren Sie dennoch auf seiner Errichtung?

 

  1. Die Errichtung des Westrings widerspricht den Erfordernissen sparsamer Haushaltsführung, die auch aktienrechtlich für die ASFINAG gelten, warum beharren Sie dennoch auf seiner Errichtung?

 

  1. Die Errichtung des Westrings widerspricht dem Hausverstand, da die Stau-Situation in Ottensheim vor der 1. Ampel auf der Rohrbacher Bundesstraße eintritt, die Donaubrücke des Westrings hingegen erst kurz vor Linz diesen Verkehr vom Mühlviertel über die Donau leiten würde, warum beharren Sie dennoch auf seiner Errichtung?

 

  1. Wie hoch liegt die derzeitige Kostenkalkulation tatsächlich?

 

  1. Auf welche Weise können die Grenzwerte für die Luftreinhaltung in der Kärntnerstraße nach Eintreten des verstärkten Verkehrsaufkommens durch den Westring eingehalten werden?