4476/J XXIV. GP
Eingelangt am 04.02.2010
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ANFRAGE
der Abgeordneten Korun, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend dubiose Ermittlungstätigkeiten im Asylverfahren Jovan Mirilo
Jovan Mirilo war maßgeblich an der Veröffentlichung des Srebrenica-Videos, welches die Erschießung von Bosniaken durch die serbische Sondereinheit „Skorpione“ zeigt, beteiligt und wurde für sein Engagement mit dem Bruno-Kreisky Preis ausgezeichnet. Als er aufgrund der darauf folgenden Verurteilungen von Skorpionen, die im Video zu sehen waren, mit dem Leben bedroht wurde und ein Kopfgeld von 50.000 € auf seinen Tod ausgesetzt wurde, sah er sich gezwungen zu flüchten und suchte in Österreich um Asyl an. Obwohl Herr Mirilo geradezu der Paradefall eines politisch verfolgten Menschenrechtsaktivisten ist, wurde sein Antrag auf Asyl bereits zum zweiten Mal vom Bundesasylamt abgewiesen. Der erste Bescheid wurde wegen fehlerhafter Ermittlung der Tatsachen vom UBAS wieder aufgehoben, der zweite Bescheid weist nun wieder gravierende Mängel auf: Der Bescheid ist in vielen Feststellungen widersprüchlich und eindeutig von Ressentiments gegen Herrn Mirilo durchsetzt, welche sich hauptsächlich auf ein anonymes „Ermittlungsgutachten“ stützen. Der „Falter“ und davor schon Amnesty International wiesen darauf hin, dass gravierende Bedenken bezüglich der Unvoreingenommenheit des „Ermittlers“ und seiner Kompetenzen bestehen: Nicht nur, dass dieser sich schon ursprünglich weigerte den Fall zu übernehmen, weil er überzeugt ist, dass Herr Mirilo zu den Skorpionen gehört, er hat auch Zeugenaussagen verkürzt und damit absichtlich deren Sinn verfälscht (siehe Falter vom 3.2.2010) und manchmal Quellenangaben ganz ausgelassen. Der „Ermittler“ spielt zudem gleich Richter und nimmt Beweiswürdigungen vorweg: „kann mit absoluter Sicherheit feststellen und beweisen, dass der AW total falsche Angaben über seine Tätigkeit als Menschenrechtsaktivist […] gemacht hat“ und verstrickt sich aber dann wiederholt in Widersprüchlichkeiten. So wird im Bescheid behauptet, "Sie waren kein Menschenrechtsaktivist und in keiner Weise bei der Aufklärung des Massakers in Podujevo oder Srebrenica beteiligt." (S.83) gleichzeitig aber werden gegenteilige Aussagen der Hauptzeugin Natasa Kandic zitiert, die bestätigt, dass Herr Mirilo wesentlich an der Vermittlung des Videos beteiligt war.
Alles in allem wird seitens des BAA alles getan, um Herrn Mirilo zu diskreditieren und als Lügner hinzustellen. Frech auch die Behauptung, auch die UN hätte bei der Verleihung des Kreisky Preises nicht gewusst, was sie da tue. “Sie haben zwar den Bruno Kreisky –Menschenrechtspreis erhalten, doch war dem verleihenden Komitee zum damaligen Zeitpunkt noch nicht klar, dass der Preis aufgrund falscher Angaben verliehen wurde“. Auch das entbehrt jeder Grundlage. Damalige Juroren, wie Patzelt und Busek schließen einen Irrtum aus. Einmal mehr zeigt sich hier deutlich die entschlossene Voreingenommenheit des Bescheidverfassers. Der Fall Mirilo zeigt einmal mehr Missstände derzeitiger Asylverfahren auf: So werden anonyme Ermittler engagiert, sogar offensichtlich Voreingenommenheit der Ermittlern akzeptiert und am Ende gar offensichtliche Widersprüche im Gutachten unhinterfragt übernommen. Akteneinsicht wird dem Asylwerber in Teilen verwehrt, zugleich im Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt und somit ein Mann und seine Familie dem sicheren Tod in Serbien entgegengeschickt. Denn was der Bescheid geflissentlich nicht erwähnt: Der Bruder jenes Mannes, der ebenfalls an der Videoübergabe beteiligt war, Zivko Kosonavic, war ebenfalls aus Holland zurück nach Serbien abgeschoben worden und war kurz darauf mit 5 Schüssen in den Rücken und 3 in den Kopf regelrecht „hingerichtet“ worden. Muss ein politisch Verfolgter in Österreich erst durch seine Rückkehr und Ermordung beweisen, dass er Recht auf Asyl gehabt hätte?
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
a) Falls ja, weshalb?
b) Falls ja, ist dies nicht bedenklich in Bezug auf das Recht des Asylwerbers auf Parteiengehör, Akteneinsicht und ein faires Verfahren?
c) Falls nein, weshalb wurde dann im Fall des Jovan Mirilo ein anonymer „Ermittler“ eingesetzt?
a) Falls ja, wieso wurde dann im Fall Jovan Mirilo kein Ermittler eingesetzt, der als Muttersprache serbisch spricht?
b) Falls nein, wie stellt das Bundesasylamt dann sicher, dass es zu keinen Verständnisschwierigkeiten und Sinnverfälschungen seitens des Ermittlers kommt?
c) Wie erklären Sie sich, dass es im Fall Mirilo zu Email-Verkehr zwischen dem Ermittler und einer serbischen Zeugin gekommen ist und diese seine Anfrage als „kaum zu verstehen“ bezeichnete?
a) Falls ja, wie und wann?
b) Falls nein, weshalb nicht?
c) Falls nein, ist dies nicht bedenklich in Bezug auf das Recht des Asylwerbers auf Parteiengehör, Akteneinsicht und ein faires Verfahren?