4506/J XXIV. GP

Eingelangt am 11.02.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Katzian,
Kolleginnen und Kollegen,
an das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie insbesondere die Erlassung des
Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes und deren Implikationen auf die
energiepolitischen, klimapolitischen und verkehrspolitischen Zielsetzungen Österreichs

Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), die den guten Zustand bzw. das gute Potenzial aller
europäischen Gewässer zum Ziel hat, ist im Jahr 2000 in Kraft getreten. Im Jahr 2003 wurde die
WRRL mit einer Novelle des Wasserrechtsgesetzes (WRG) in nationales Recht umgesetzt. Angestrebt
wird die schrittweise Zielerreichung der Wasserkörper bis zum Jahr 2015, bzw. 2021, bzw. 2027.

Ein bedeutender Schritt zur Umsetzung der WRRL ist die Erarbeitung des Nationalen
Gewässerbewirtschaftungsplanes (NGP). Dieser stellt den aktuellen Zustand der Flüsse in Österreich
dar und gibt für jeden einzelnen Flussabschnitt die Ziele, die sich aus der Umsetzung der Richtlinie
ergeben vor. Problematisch erscheint aus derzeitiger Sicht jedoch, dass teilweise Zielzustände
formuliert wurden, ohne dass die exakte Definition dieser Zielzustände bekannt ist.

Dazu stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft folgende

Anfrage

1)               Im NGP sind Zielzustände für Oberflächen-Wasserkörper (OWK) angegeben. Jedoch welche
konkrete Umweltziele damit verbunden sind, bleibt offen. Wie ist es möglich ohne eine
rechtsverbindliche typmäßige Zuordnung (die erst durch die Qualitätsziel Verordnung-
Ökologie möglich ist) die Zielzustände für einzelne OWK festzulegen?

2)       Wie ist es aufgrund der fehlenden konkret festgelegten wasserkörperbezogenen Umweltziele
möglich, Maßnahmenprogramme zur Erreichung der Umweltziele abzuleiten?

3)       Welche konkreten Maßnahmen sind je OWK zu setzen um von einem mäßigen Zustand in
einen guten (sehr guten) Zustand zu kommen, bzw. um von einem unbefriedigenden Zustand
in einen guten (sehr guten) Zustand zu kommen, bzw. um von einem schlechten Zustand in
einen guten (sehr guten) Zustand zu kommen?

4)       Im NGP ist eine Änderung des WRG angedacht, mit der beispielsweise Restwassermengen
verbindlich vorgeschrieben werden können.

Wie wird in dieser Vorgehensweise die Abwägung zwischen ökologischen Zielen und
öffentlichen Interessen stattfinden?

5)       Wie wird dabei dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entsprochen?

6)       Inwiefern wurde beim Entwurf des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes Rücksicht auf
andere öffentliche Interessen genommen?

7)               Wie konkret sind diese öffentlichen Interessen formuliert und was ist darunter im Einzelfall zu
verstehen?


8)             In wie weit wurden beim Entwurf des NGP die Auswirkungen der darin festgelegten Ziele auf
andere politischen Zielsysteme beispielsweise Energiepolitik, Klimapolitik, Biodiversität und
Verkehrspolitik abgeschätzt?

9)             Wie wurde der ökologische Nutzen für die österreichische bzw. europäische Gesellschaft
abgeschätzt und anhand welcher Kenngrößen wurde dieser Nutzen beurteilt?

10)       Bei der Abwägung der Interessen zwischen Ökologie und Ökonomie kommt es bei der
Nutzung von Gewässern immer wieder zu Wertentscheidungen durch die zuständigen
Behörden.

In wie weit trägt der NGP dazu bei, diese Wertentscheidung der Behörden zu erleichtern?

11)       Im NGP ist unter anderem eine verpflichtende Abgabe von Restwasser vorgesehen. Dadurch
kommt es zu einem erheblichen Verlust an Potential für Erneuerbaren Energien. In wie weit
beeinflusst diese Maßnahmen die klimapolitischen Zielvorgaben und die energiepolitischen
Zielvorgaben der Bundesregierung?

12)       Welchen Stellenwert hat die Wasserkraft im Hinblick auf die Erreichung der österreichischen
Energie- und Klimaschutzziele?

13)       Derzeit wird gemeinsam vom Umweltministerium und vom Wirtschaftsministerium eine
Energiestrategie für Österreich erarbeitet. In wie weit widersprechen die Zielsetzungen des
NGP den in der Energiestrategie voraussichtlich verankerten Zielsetzungen (Erhöhung des
Anteils Erneuerbare Energien an der Energieproduktion, Ausbau der Wasserkraft, etc.)?

14)       Wie erfolgt in diesem Zusammenhang eine Abwägung der Interessen von Ökologie und
Ökonomie?

15)       In der Europäischen Energiepolitik werden derzeit bereits Szenarien bis 2050 angedacht. Wie
stellen sich die möglichen Einbußen der Wasserkraft aufgrund der EU - WRRL in Österreich
langfristig dar?

16)       Mit welcher Reduktion der Stromerzeugung aus Wasserkraft aufgrund der Umsetzung des
NGP rechnen Sie und mit welchen Maßnahmen soll dieser Verlust an erneuerbaren Energien
ausgeglichen werden?

17)       Wer hat diese Reduktion der Stromproduktion errechnet und auf Basis welcher Methode
wurde diese Reduktion ermittelt?

18)       Welche Auswirkungen auf die künftigen Stromgestehungskosten werden durch die
Umsetzung der Zielvorgaben im NGP erwartet?

19)       Sollte der Maßnahmenvorschlag von 7 TWh aus Wasserkraft in der Energiestrategie nicht
realisiert werden, mit welchen Mehrkosten aufgrund der Förderung anderer Öko-
Stromtechnologien rechnen Sie bis 2020?

20)  Die österreichische aber auch die europäische Gesellschaft importiert einen Großteil der
eingesetzten Energie aus anderen Staaten.

In wie weit wurden die Verluste die durch die Umsetzung des NGP entstehen unter diesen
Gesichtspunkt betrachtet?

21) Klimaschutz stellt ein zentrales Thema auf europäischer Ebene da. Durch den Klimawandel
wird ein Aussterben von ca. 20% der Arten erwartet. Wasserkraft stellt unumstritten eine
klimafreundliche Energieproduktion da und wirkt damit diesen Artensterben entgegen. In wie
weit wurde bei der Erstellung des NGP auf diesen Umstand Rücksicht genommen?


22)   Für erheblich veränderte Wasserkörper fehlt derzeit noch die Definition des guten
ökologischen Potenzials. Was wird darunter verstanden und durch welche Maßnahmen wird
aus einem mäßigen Potenzial ein Gutes?

23)   In wie weit unterscheidet sich der gute ökolgische Zustand vom guten ökolgischen Potenzial
im Bezug auf die hydrologischen Verhältnisse?

24)   In wie weit unterscheidet sich der gute ökolgische Zustand vom guten ökolgischen Potenzial
im Bezug auf die morphologischen Verhältnisse?

25)   Anhand welcher ökologischer Kriterien kann zwischen einem guten Zustand und einem guten
Potenzial unterschieden werden?

26)   Bei der Einteilung von Wasserkörpern wurde eine sehr kleinräumige Aufteilung
vorgenommen. Teilweise wurden zwischen stark belasteten Wasserstrecken, Wasserkörper in
sehr gutem Zustand ausgewiesen. Angemerkt sei, dass dadurch eine sinnvolle
Wasserkraftnutzung erschwert wird, was den Zielen der österreichischen Bundesregierung
widerspricht.

      Welche konkrete Strategie wurde dadurch verfolgt?

27)   Inwiefern wurde bei der Umsetzung des NGP das öffentliche Interesse der möglichst
vollständigen Ausnutzung der Wasserkraft (§ 105 WRG) berücksichtigt?

28)   Im NGP wird die Wasserkraft als bedeutendste erneuerbare Energiequelle beschrieben. Ist ein
Neubau eines Wasserkraftwerkes ohne Ausnahmeregelung gemäß § 104a WRG laut Vorgaben
des NGP möglich?

29) Wenn ja, durch welche Begründungen und an welchen Wasserkörpern?

30)   Wenn für Neubauprojekte das höchste ökologische Potential gefordert wird, welche Standards
werden angedacht, um auch zukünftig Wasserkraftprojekte umzusetzen?

31)   Ist dann überhaupt noch ein wirtschaftlicher Neubau möglich?

32)   Im NGP werden auch Maßnahmenprogramme vorgesehen, die von den Ländern in
Regionalprogrammen umzusetzen sind. Die Länder können dann mittels dieser Programme
Wasserkörper einer Nutzung entziehen oder zuführen. In wie weit müssen die Länder bei
dieser Entscheidung übergeordnete Interessen berücksichtigen?

33)   Ist es überhaupt möglich solche wichtigen Entscheidungen in unterschiedlichen
Entscheidungsinstanzen zu treffen?

34)   In wie weit wird dadurch gewährleistet, dass österreichischen Zielsetzungen in Hinblick auf
Energie und Klima entsprochen wird?