4518/J XXIV. GP
Eingelangt am 15.02.2010
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ANFRAGE
der Abgeordneten Brunner, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Besteuerung von Baukostenzuschüssen für Fernwärmegenossenschaften
Im Zuge einer parlamentarischen Anfrage des Abgeordneten Kogler (1721/J XXIII. GP) wurden Sie davon in Kenntnis gesetzt, dass die Finanzverwaltung im Zuge einer Betriebsprüfung bei der Öko Energie Strem registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung eine Betriebsprüfung durchgeführt hat. Diese Prüfung führte zum Ergebnis, dass die Baukostenzuschüsse der Genossenschaftsmitglieder als umsatzsteuerpflichtiger Ertrag qualifiziert wurden, obwohl in einem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 18.12.1996, 94/15/0168) entschieden wurde, dass im Gesellschaftsverhältnis begründete Baukostenzuschüsse als Einlage der Gesellschafter anzusehen und damit ertrags- und umsatzsteuerfrei sind.
In der Anfragebeantwortung Ihres Vorgängers (1764/AB XXIII. GP) wurde auszugsweise wie folgt Stellung genommen:
Zur Umsatzsteuer:
„Aufgrund des im Umsatzsteuerrecht geltenden Trennungsprinzips kann es zwischen einer Gesellschaft und ihren Gesellschaftern zu einem Leistungsaustausch wie zwischen einer Gesellschaft und einem Fremden kommen. Gleichgültig ist dabei, ob solche Leistungen auf besonderen schuldrechtlichen Beziehungen beruhen oder im Gesellschaftsvertrag geregelt sind. Maßgebend ist allein, ob die Voraussetzungen eines Leistungsaustausches erfüllt sind. Ein solcher wird dann zu bejahen sein, wenn die Gesellschafter einen schuldrechtlichen oder gesellschaftsrechtlichen Anspruch auf ein konkretes Verhalten der Gesellschaft haben, das ihnen einen verbrauchsfähigen Nutzen vermittelt. Die Erfüllung des Gesellschaftszweckes der satzungsmäßigen Gemeinschaftsaufgaben ist hingegen für sich allein in der Regel keine Leistung gegenüber den Gesellschaftern, so dass Beiträge, die die Gesellschafter dafür leisten, keine steuerbare Gegenleistung darstellen. Daraus ergibt sich für die umsatzsteuerliche Behandlung von Baukostenzuschüssen für Fernwärme- bzw. Biomassegenossenschaften, dass diese dann als nicht umsatzsteuerbar beurteilt werden können, wenn sie gemeinsam mit dem Gesellschaftsanteil den Genossenschaftsmitgliedern ein satzungsmäßiges Recht (z. B. Lieferrecht) vermitteln, der Kapitalbedarfsdeckung zur Verwirklichung des Genossenschaftszweckes dienen, nur einen zusätzlichen Aufwand für den Erwerb eines Geschäftsanteiles bilden und mit diesen Voraussetzungen untrennbar verbunden sind.“
Zur Körperschaftssteuer:
„Zahlungen von Genossenschaftern zur Errichtung eines Fernheizkraftwerkes samt dem dazugehörigen Leitungsnetz können nur im Genossenschaftsverhältnis begründet sein. Anders als bei Anschlusskosten an ein Energieversorgungsnetz, wo in der Regel ebenfalls ein Baukostenzuschuss durch die Kunden zu leisten ist, können die Baukostenzuschüsse von Genossenschaftern nicht als Entgelt für die Begründung eines Energiebezugsrechtes angesehen werden. Baukostenzuschüsse von Genossenschaftern zu den Errichtungskosten einer Fernheizanlage samt dem dazugehörigen Leitungsnetz sind daher in der Regel immer als Einlagen zu beurteilen. Damit liegen keine ertragssteuerlich relevanten Einnahmen der Genossenschaft vor, weil es sich bei der Genossenschaft um Eigenkapital handelt. Dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes kommt daher allgemeine Gültigkeit zu und ist dieses daher auch hinsichtlich von Baukostenzuschüssen an Genossenschaften zu beachten.“
Diese Anfragebeantwortung dürfte dazu geführt haben, dass die Öko Energie Strem registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung und auch andere Fernwärmegenossenschaften für ihre Baukostenzuschüsse letztlich keine Umsatz- und Körperschaftssteuer zu entrichten hatten. In der Anfragebeantwortung wurde weiters ausgeführt, dass das Bundesministerium für Finanzen im Sinne der Sicherung der bundeseinheitlichen Vollziehung der Steuergesetze über den bundesweiten Fachbereich die nachgeordneten Finanzbehörden entsprechend informieren bzw. eine bundeseinheitliche Vorgangsweise durch die Übernahme einer entsprechenden Klarstellung im Zuge des nächsten Wartungserlasses der Umsatzsteuerrichtlinien 2000 sicherstellen wird.
Die Öko Energie Strem registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung wurde 2003 gegründet, um ein Fernheizkraftwerk mittels Hackschnitzeln zur ökologisch sinnvollen Nutzung der umliegenden Wälder der Genossenschaftsmitglieder zu betreiben. Nahezu zeitgleich wurde räumlich daran angrenzend eine Biogasanlage zur ökologisch zweckmäßigen Nutzung der umliegenden Mais- und Grasflächen errichtet. Die so produzierte Abwärme wird via Fernheizkraftwerk ebenfalls ins Fernwärmenetz eingespeist. An dieses Fernwärmenetz sind aktuell knapp 70 Haushalte sowie 1 Seniorenwohnheim und 5 Wohnblöcke angeschlossen. Die Errichtungskosten für das Fernheizkraftwerk samt Leitungsnetz beliefen sich auf knapp über € 1 Mio. Da für dieses Projekt keine Vollfinanzierung über eine Bank bzw. Leasinggesellschaft möglich war, musste ein wesentlicher Teil über Baukostenzuschüsse der Genossenschaftsmitglieder finanziert werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
· Vertritt das Finanzministerium – wie in der Anfragebeantwortung 1764/AB XXIII. GP ausgeführt – nach wie vor die Auffassung, dass Anschlussgebühren bzw. Baukostenzuschüsse von Mitgliedern von Fernwärme- und Biomassegenossenschaften unter gewissen Voraussetzungen nicht der Körperschafts- und Umsatzsteuerpflicht unterliegen?
· Wenn ja, welche Voraussetzungen sind dies im Detail und in welcher Form wurden die nachgeordneten Finanzbehörden zur Sicherung der bundeseinheitlichen Vollziehung der Steuergesetze von diesen entsprechend in Kenntnis gesetzt bzw. wodurch ist gewährleistet, dass diese Rechtsansicht von den nachgeordneten Finanzbehörden auch vollzogen wird (den Einkommens- und Umsatzsteuerrichtlinien ist nämlich keine Ausnahmebestimmung für Genossenschaften zu entnehmen)?
· Wenn nein, welche Gründe bzw. Argumente haben zu einer Änderung der Rechtsansicht des Finanzministeriums in der anfragegegenständlichen Causa geführt bzw. worin sieht das Finanzministerium – auch in Hinblick auf die Erreichung der Kyoto-Ziele – dann noch förder- und/oder fiskalpolitische Anreize zur Errichtung von Alternativenergieanlagen?