4589/J XXIV. GP

Eingelangt am 24.02.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Dr. Hannes Jarolim

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend dringend notwendiger Sicherheitsmaßnahmen an Bezirksgerichten

Am 16. Dezember 2010 wurde im Bezirksgericht Hollabrunn eine Rechtspflegerin von einer Prozesspartei erschossen. Ursprünglich wäre eine dort tätige Familienrichterin, die in einem bereits abgeschlossenen Scheidungsverfahren des Mannes Recht sprach, als Opfer vorgesehen gewesen. Als Konsequenz aus diesem tragischen Ereignis wurden nun am Bezirksgericht Hollabrunn „bis auf weiteres“ die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt, für die übrigen kleinen, teils ländlichen, Bezirksgerichte gibt es jedoch trotz eindringlicher Bitten der richterlichen Standesvertreter bis heute keine Sicherheitsvorkehrungen. Wie dramatisch die Sicherheitssituation an den kleineren Bezirksgerichten ist, belegen Aussagen aus Richterkreisen, dass sich beinahe wöchentlich erkennbar betrunkene, illuminierte, verwirrte oder andere, sachlich nicht mit Gerichtsangelegenheiten befasste Personen in den Gerichtsgebäuden aufhalten.

Obwohl Sie als sachlich zuständige Bundesministerin für Justiz unmittelbar nach dem tragischen Ereignis in Hollabrunn zur Frage der Sicherheit an den heimischen Gerichten ankündigten, dass „alle erforderlichen und zweckmäßigen Maßnahmen geprüft und getroffen (werden)“ und auch der Sicherheitsbeirat der Justiz den verstärkten Einsatz von Sicherheitsschleusen an den Gerichtseingängen geprüft hat, folgten Ihrer Aussage und den entsprechenden Prüfungen bisher noch keine der dringend notwendigen Maßnahmen.

Wie Sie selbst aus Gesprächen mit den richterlichen Standesvertretern wissen, wird gegenwärtig innerhalb des Richterstandes ob Ihrer diesbezüglichen Untätigkeit im wesentlichen eine Sicherheitsmaßnahme an kleineren Bezirksgerichten diskutiert, die eine Einschränkung des Parteienverkehrs auf vier Tage mit zusätzlicher Einrichtung einer Sicherheitsschleuse beinhaltet.

 

Im Justizausschuss am 17. Februar 2010 beantworteten Sie meine entsprechende Frage zu künftigen Sicherheitsmaßnahmen an Bezirksgerichten insoweit, als Sie von „erfolgten Empfehlungen des Sicherheitsbeirates (der Justiz)“, von „Pilotversuchen an zwei niederösterreichischen Gerichten“ sowie von „erhöhten Sicherheitsvorkehrungen“ und „eingeschränkten Parteienverkehr“ sprachen. Bedauerlicherweise konnten Sie sich im Justizausschuss auch nicht zu einem eindeutigen Bekenntnis zur Sicherheit der RichterInnen und übrigen Gerichtsbediensteten durchringen, sondern sprachen in dieser Frage lediglich von einer „Gratwanderung zwischen Sicherheit und Bürgernähe“.

Das Unsicherheitsgefühl unter den RichterInnen ist ganz besonders groß an Gerichtstagen, die in der Regel durch einen Richter/eine Richterin ohne weiteres Personal in völlig ungesicherten Gebäuden abgehalten werden müssen.

Darüber hinaus werden insbesondere RichterInnen, die im Familienrecht tätig sind, von betroffenen Vätern immer wieder im Internet verfolgt, verunglimpft oder sogar bedroht. Es sei an dieser Stelle nur auf die Webseite www.genderwahn.at bzw. auf andere Webseiten, die im Falle einer erzwungenen Schließung einer dieser einschlägigen Webseiten neu eröffnet werden, verwiesen. Eine derartige Situation stärkt begreiflicherweise ebenfalls nicht das Sicherheitsgefühl von RichterInnen und ist überdies dem Rechtstaat insgesamt abträglich.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten in diesem Zusammenhang an die Bundesministerin für Justiz nachstehende

Anfrage:

1.              Welche  Sicherheitsmaßnahmen  gedenken  Sie  angesichts  der  oben  dargestellten Situation insbesondere an kleineren, teils ländlichen, Bezirksgerichten zu treffen?

2.              Wie stehen Sie den in Richterkreisen diskutierten möglichen Sicherheitsmaßnahmen an Bezirksgerichten gegenüber?

3.              Bis wann sollen geeignete Sicherheitsmaßnahmen an den kleineren, teils ländlichen, Bezirksgerichten verwirklicht werden und in welcher Form werden sie erfolgen?


4.       Wenn   Sie   diesen   in   Richterkreisen   diskutierten   möglichen   Sichermaßnahmen ablehnend gegenüber stehen, welche alternativen Sicherheitsmaßnahmen wollen Sie für die kleineren, teils ländlichen, Bezirksgerichte ergreifen?

5.               Werden etwaige Mehrkosten für die dringend notwendigen Sicherheitsmaßnahmen an den kleineren, teils ländlichen, Gerichten aus Budgetmitteln des Bundes abgedeckt oder müssen sie aus Budgetmitteln der einzelnen Oberlandesgerichtshöfe beglichen werden?

6.               Haben Sie gegebenenfalls schon mit dem Bundesminister für Finanzen Gespräche über etwaige zusätzliche Budgetmittel für notwendige Sicherheitsmaßnahmen an den kleineren, teils ländlichen, Bezirksgerichten geführt bzw. wann wollen Sie solche Gespräche aufnehmen?

7.               Welche   Empfehlungen   gab   der   Sicherheitsbeirat  der  Justiz  zu  den   dringend notwendigen Sicherheitsmaßnahmen an kleineren, teils ländlichen, Gerichten ab?

8.               Wie sieht der von Ihnen im letzten Justizausschuss zitierte Pilotversuch an zwei niederösterreichischen Gerichten aus, an welchen Gerichten finden sie statt und welcher Zeitrahmen ist für diese beiden Pilotversuche vorgesehen?

9.               Bedeutet Ihnen die „Bürgernähe“ an Gerichten tatsächlich gleich viel wie die Sicherheit von RichterInnen, wie Sie im letzten Justizausschuss ausführten, und lässt sich für Sie ein Rechtstaat denken, in dem sich viele RichterInnen in einem Zustand permanenter Unsicherheit hinsichtlich ihrer physischen Integrität befinden?

10.        Wie wollen Sie die für RichterInnen unangenehme Situation an Sprechtagen an ehemaligen, kleineren Gerichten (Gerichtstagen) ändern und welche diesbezüglichen Maßnahmen wollen Sie ergreifen?

11.        Was wollen Sie gegen Verfolgungen, Verunglimpfungen und Bedrohungen von RichterInnen im Internet unternehmen, damit diese weiterhin unbeeinflusst und ohne permanentes Unsicherheitsgefühl Recht sprechen können?