4813/J XXIV. GP

Eingelangt am 12.03.2010
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr.Belakowitsch-Jenewein

und weiterer Abgeordneter

 

 

an den Bundesminister für Gesundheit

betreffend Informationspolitik im Zuge der „Neuen Grippe“

 

 

Die Neue Grippe, vielfach Schweinegrippe genannt, führte zum ersten Mal seit 40 Jahren zur höchsten Pandemie-Warnstufe, ausgerufen durch die WHO. Regierungen kauften Millionen an Impfdosen – Deutschland bestellte 50 Millionen Dosen Impfstoff, Frankreich sah eine völlige Durchimpfung der gesamten Bevölkerung vor - , doch am Ende erwies sich die „Neue Grippe“ harmloser als die gewöhnliche Grippe. Eine Bilanz neun Monate nach dem ersten Todesfall zeigt weniger als 15.000 Menschen, die offiziell an der Neuen Grippe erkrankt sind.

 

Im Zuge der Neuen Grippe ist es zwischen dem Bekanntwerden dieses neuen Grippetyps im April 2009, der Anhebung der Pandemiewarnstufe inklusive anschließender Impf-Empfehlung und der mittlerweile wieder erfolgten Aufhebung der Impf-Empfehlung zu einer großen Verunsicherung in der Bevölkerung gekommen.

 

Experten waren über die Gefahr durch H1N1 und über die Frage, ob die Krankheit zurückgeht, es zu einer weiteren Verbreitung oder sogar zu einer Pandemie kommt, lange uneinig. So sah der Generaldirektor für öffentliche Gesundheit, Dr. Hubert Hrabcik, lange Zeit keinen Grund für eine Entwarnung. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO warnte vor einer Unterschätzung des Virus. Weltweit wurden unzählige Infektionen bestätigt, die auch eine hohe Zahl an Toten gefordert haben.

 

Als Folge der steigenden Zahl an Infektionen und Todesopfer hat beispielsweise die WHO in einem ersten Schritt rund 2,4 Mio. Einheiten des Medikaments Tamiflu in 72 Entwicklungsländer verschickt, um diese gegen eine mögliche Pandemie zu wappnen. Nach dem Ausbruch der „Neuen Grippe“ und einer angeblich drohenden weltweiten Pandemie wurde vom Pharma-Konzern Baxter für Österreich ein eigener Grippeimpfstoff entwickelt.

 

Nach dem Ende der ersten “Neue Grippe“-Pandemie-Welle ist eine Diskussionen über die richtige Vorsorge und die Informationspolitik rund um die tatsächlich drohende Gefahr durch die „Neue Grippe“ entstanden, die auch zum jetzigen Zeitpunkt noch anhält. Laut einer von der Österreichischen Akademie für Präventivmedizin und Gesundheitskommunikation (ÖAPG) in Auftrag gegebenen Umfrage polarisierte die H1N1-Impfung die Bevölkerung enorm: 84 Prozent der Nichtgeimpften sahen die Immunisierung als sinnlos an, bei den Geimpften hingegen erwarteten sich 93 Prozent eine hohe Schutzrate….

Zum überwiegenden Teil abgelehnt - so die ÖAPG – wurde "Panikmache" im Zusammenhang mit der H1N1-Impfung: 84 Prozent der 300 Befragten lehnten die auf sie in den vergangenen Monaten einprasselnden Informationen ab.

 

 Laut der im Dezember und Jänner auf H1N1-Influenza bezogenen Umfrage des Instituts "intra-performance" empfanden 91 Prozent der nicht Geimpften und 70 Prozent der Geimpften die Informationen zur H1N1-Impfung als "reißerisch". Die Befragten wünschten sich "objektive, einheitliche Berichterstattung" durch "neutrale und offizielle Stellen", wobei der Wunsch nach fundierter "Sachinformation" und Information über "tatsächliche Zahlen von Erkrankungen" Priorität hatte.

 

Insgesamt kommt die Umfrage zu dem Ergebnis, dass Angst schürende Kommunikation dem Vorsorgegedanken zuwider läuft, zur Ablehnung bei der Bevölkerung führt und somit eine Gefahr für sinnvolle Präventivmaßnahmen darstelle. Qualitätsgesicherte Gesundheitskommunikation und Prävention seien miteinander kommunizierende Gefäße.

 

Nachdem auch Experten Zweifel an der Gefährlichkeit der Neuen Grippe äußer(te)n und in letzter Zeit immer häufiger der Verdacht geäußert wird, dass die Neue Grippe „der größte Medizinskandal der Geschichte“ ist und die Pharmaindustrie die Aufregung gezielt erzeugt habe, um Geld zu machen, stellen die unterzeichnenden Abgeordneten an den Bundesminister für Gesundheit folgende

 

 

Anfrage

 

 

1.      Wann und von wem wurden Sie erstmals über die Neue Grippe informiert?

 

2.      Wann und von wem wurden Mitarbeiter Ihres Ministeriums erstmals über die Neue Grippe informiert?

 

3.      Stand bzw. steht das Gesundheitsministerium aufgrund der Neuen Grippe und der dadurch drohenden Pandemie in einem ständigen Informationsaustausch mit der WHO und wenn ja, in welcher Form?

 

4.      Wie viele Personen sind in Österreich bislang an der Neuen Grippe erkrankt?

 

5.      Wie viele Personen sind in Österreich bislang an der Neuen Grippe verstorben?

 

6.      Wie viele Personen sind jeweils in den letzten 5 Jahren an einer saisonalen Grippe erkrankt?

 

7.      Wie viele Personen sind jeweils in den letzten 5 Jahren an einer saisonalen Grippeerkrankung verstorben?

 

8.      Wann war in Österreich der Höhepunkt an Erkrankungen erreicht und wie viele Personen waren dabei an der Neuen Grippe erkrankt?

 

9.      Wann, durch wen und wo wurde erstmals eine Pandemiewarnung gegeben?

 

10. Wann und durch wen wurden die Pandemiewarnstufen jeweils erhöht?

 

11. Mit welcher Begründung ist die Erhöhung der Pandemiewarnstufen erfolgt?

 

12. Wann wurde die Pandemiewarnstufe zurückgenommen und welche Pandemiewarnstufe gilt derzeit?

 

13. Wann und von wem kam erstmals eine Impf-Empfehlung?

 

14. Wie viele unterschiedliche Impfstoffe wurden weltweit entwickelt?

 

15. Welche Pharmaunternehmen haben in welchen Staaten wie viele Impfstoffe entwickelt?

 

16. Wie hoch waren die Kosten für die Entwicklung des in Österreich verwendeten Impfstoffes und wer hat diese Kosten getragen?

 

17. Wie viele Impfdosen wurden für Österreich erzeugt und wie viele davon wurden zu welchen Bedingungen an wen verkauft?

 

18. Wer hat den Impfstoff in Österreich getestet, an wie vielen Personen welchen Geschlechts und Alters wurden diese Tests durchgeführt und wie häufig und mit welchen Folgen ist es dabei zu Nebenwirkungen gekommen?

 

19. Wie viele Personen haben sich gegen die Neue Grippe impfen lassen?

 

20. Wie viele Personen sind trotz Impfung an der Neuen Grippe erkrankt?

 

21. Bei wie vielen Personen gab es Komplikationen aufgrund der Impfung?

 

22. Wie viele Impfdosen sind derzeit noch vorhanden?

 

23. Wie lange kann dieser Impfstoff noch verwendet werden?

 

24. Für welche Virenstämme außer dem H1N1-Virus kann dieser Impfstoff eingesetzt werden?

 

25. War der Ankauf des Impfstoffes gerechtfertigt und wenn ja, weshalb?

 

26. Wie hoch waren die Kosten durch die Neue Grippe für das Bundesministerium für Gesundheit und wie gliedern sich diese Kosten auf?

 

27. Wann genau wurden bei den Arzneimittelspezialitäten Tamiflu und Relenza die Vorabbewilligung durch den chef(kontrollärztlichen) Dienst ausgesetzt und ist dies österreichweit und unabhängig von den Krankenkassen gleichzeitig erfolgt?

 

28. Seit wann ist bei den Arzneimittelspezialitäten Tamiflu und Relenza die Vorabbewilligung durch den chef(kontrollärztlichen) Dienst wieder nötig und ist dies österreichweit und unabhängig von den Krankenkassen gleichzeitig erfolgt?

 

29. Wie viele Personen haben ohne dass eine Vorabbewilligung durch den chef(kontrollärztlichen) Dienst nötig war, Tamiflu verschrieben bekommen bzw. erworben?

 

30. Wie viele Personen haben ohne dass eine Vorabbewilligung durch den chef(kontrollärztlichen) Dienst nötig war, Relenza verschrieben bekommen bzw. erworben?

 

31. Wie oft wird Tamiflu bzw. Relenza normalerweise im Schnitt pro Monat verschrieben und bewilligt?

 

32. Ist aus Ihrer Sicht die Information der Bevölkerung optimal verlaufen?

 

33. Wenn nein, weshalb nicht und was werden Sie bei einer nächsten (drohenden) Pandemie ändern?

 

34. Ist die Information der Bevölkerung durch Mitarbeiter Ihres Ministeriums rein aufgrund der Empfehlungen der WHO erfolgt oder hat man auch die Zahl der Erkrankungen in Österreich einbezogen?

 

35. Wurden Sie rechtzeitig und in vollem Umfang bezüglich der Neue Grippe informiert?

 

36. Wann haben Sie erfahren, dass die Neue Grippe doch nicht so gefährlich sein wird wie zuerst angenommen?

 

37. Inwieweit wurde durch die Information zur Neuen Grippe, insbesondere deren angebliche Gefährlichkeit, unnotwendige Sorgen und Ängste in der Bevölkerung erzeugt?

 

38. Wann werden Sie bzw. Ihre Mitarbeiter die Bevölkerung darüber informieren, dass der Hauptverband die Grippewelle mit 10.2.2010 für beendet erklärt hat?