4844/J XXIV. GP
Eingelangt am 18.03.2010
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ANFRAGE
des Abgeordneten Dr. Karlsböck
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Gesundheit
betreffend fehlendem Teilzeitturnus – Unvereinbarkeit von Beruf und Familie
Der Turnus ist die Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin und dauert in Österreich mindestens drei Jahre. Abgesehen von der teilweise mehrjährigen Wartezeit an sich herrscht noch immer ein Mangel bzw. überhaupt kein Angebot an Teilzeitturnusplätzen. Jedoch wurde im Ärztegesetz die gesetzliche Grundlage hierfür vor längerer Zeit geschaffen.
Im Folgenden wird nun stellvertretend an dem Fall einer angehenden Ärztin und Mutter die Problematik erläutert. Am Ende ihres Studiums bekam die junge Dame ihre Tochter. Eine telefonische Auskunft beim Wiener Krankenanstaltenverbund und bei der Ärztekammer ergab, dass es weder momentan noch in näherer Zukunft in Wien Teilzeitstellen für Turnusärzte geben soll. Obwohl die junge Dame glücklicherweise durch Familie und Freunde in der Kinderbetreuung und Erziehung unterstützt wird, ist selbst unter diesen Voraussetzungen eine 45-Stunden-Woche das oberste Limit. Als Alternative entschied sie sich dann eine Lehrpraxis zu absolvieren, bei der sie zumindest mehrere Monate im Rahmen einer 35-Stunden Woche tätig ist. Aufgrund der neuen Kollektivverträge für Lehrpraxen, erklärten zahlreiche Ordinationsinhaber, dass sie nach dem Auslaufen ihrer Verträge ihre Ausbildungstätigkeit aufgeben und ihre Lehrpraxis zusperren. Die Einführung von Kollektivverträgen, welche im Grunde positive Entwicklung darstellt, um beispielsweise eine Gleichstellung im Verdienst mit Turnusärzten in Krankenanstalten sowie die Verhinderung von „Preisdumping“ bei Lehrpraktikanten sicherstellt soll, scheitert derzeit an der ausreichenden öffentlichen Förderung. Im Vergleich zu allen anderen europäischen Ländern liegt hier Österreich weit zurück.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an Bundesminister für Gesundheit folgende
ANFRAGE
1. Wie viele Teilzeitstellen für Turnusärzte gibt es derzeit? (Aufgeschlüsselt nach Bundesländern)
2. Wie viele weitere Teilzeitstellen für Turnusärzte sind in Planung? (Aufgeschlüsselt nach Bundesländern)
3. Wie bewerten Sie bzw. Ihr Ressort den Einwand von Betroffenen, dass die Turnusausbildung bei den derzeitigen Rahmenbedingungen mit der Familie kaum und nur mit größter Mühe und durch tatkräftige Unterstützung von Verwandten und Freunde zu vereinbaren ist?
4. Welche Lösungsansätze haben Sie bzw. Ihr Ressort für Betroffene unter den derzeitigen Rahmenbedingungen, die nicht in der glücklichen Lage sind, von Verwandten und Freunde die notwendige Unterstützung zu erfahren, um ihre Turnusausbildung zu absolvieren?
5. Wie bewerten Sie bzw. Ihr Ressort den Umstand, dass viele Betroffene aufgrund der langer Turnuswartezeiten in einem völlig anderen Bereich, z. B. als Taxifahrer oder Kellnerin, tätig sind und dadurch das Wissen der angehenden Ärzte ungenutzt bleibt?
6. Wie bewerten Sie bzw. Ihr Ressort den Umstand, dass aufgrund langer Turnuswartezeiten verbunden mit den hohen Studienkosten, die vom Staat finanziert werden, im Grunde Humanressourcen und Gelder verschwendet werden?