486/J XXIV. GP

Eingelangt am 12.12.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Zinggl, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin  für Unterricht, Kunst und Kultur

 

betreffend die Werkverträge Wilfried Seipels

 

Einem Bericht der Tageszeitung „Kurier“ vom 11. Dezember 2008 zufolge wird Wilfried Seipel, scheidender Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums, im Jahr 2009 zwei „Studien“ im Auftrag des BMUKK durchführen, nämlich zu den Themen „Strategische Ansätze zur Weiterentwicklung der österreichischen Bundesmuseen unter besonderer Berücksichtigung der Forschung als Fundament der Sammlungs- und Vermittlungsarbeit im internationalen Kontext“ sowie „Vergleich nationaler und internationaler Kulturvermittlungsarbeit an renommierten Kulturinstitutionen“, und dafür 100.000 Euro Honorar kassieren.

Abgesehen davon, dass es völlig haarsträubend ist, jenen Mann, der das Flaggschiff der Bundesmuseen zwar elektrifiziert, in allen anderen Geschäftsbereichen aber mit Riesenschritten ins Desaster geführt hat, mit Überlegungen zur „Weiterentwicklung der Bundesmuseen“ zu beauftragen, wird die wissenschaftliche Notwendigkeit der beauftragten Studien nicht transparent. Es scheint vielmehr, als sollte Wilfried Seipel – zwecks Analyse der „internationalen Kulturvermittlungsarbeit“ – noch einmal die Gelegenheit dazu gegeben werden, eine Farewell-Tournee durch die große, weite Museenwelt zu machen.

 

Die „Ära Seipel“ wurde auch von der SPÖ kritisch begleitet:

Am 13. 10. 2004 forderten Christine Muttonen, Günther Kräuter und GenossInnen in einem Entschließungsantrag die Abberufung Seipels.

Am 14. 10. 2004 richteten Christine Muttonen und GenossInnen eine Anfrage an Kulturministerin Gehrer, die sich kritisch mit dem erwähnten Erwerb der Sphinx sowie sechs weiteren altägyptischen Grabbeigaben beschäftigte.

Am 29. 11. 2004 richteten Christine Muttonen und GenossInnen eine Anfrage an Kulturministerin Gehrer, die sich mit monarchistischen Tendenzen im KHM befasste, nachdem Seipel Otto Habsburg im Rahmen einer Buchpräsentation als „Seine kaiserliche Hoheit“ begrüßt hatte.

Am 8. 6. 2005 richteten Josef Cap, Christine Muttonen und GenossInnen einen Dringlichen Antrag an Kulturministerin Gehrer, Seipel abzuberufen und das Kuratorium des KHM neu zu bestellen.


Am 2. 2. 2006 richteten Josef Cap, Christine Muttonen und GenossInnen eine Dringliche Anfrage an Kulturministerin Gehrer, die sich dem laschen Umgang Seipels mit Sicherheitsvorkehrungen widmete.

Am 13. 2. 2006 richteten Christine Muttonen und GenossInnen eine Anfrage an Kulturministerin Gehrer, die sich der Bestellung des kaufmännischen Direktors im KHM widmete und harsche Kritik an der Amtsführung Seipels äußerte.

 

Dem ungeachtet richteten Sie gemeinsam mit dem KHM ein festliches Diner anlässlich der seipelschen Abschiedsschau „Vom Mythos der Antike“ aus, in dessen Rahmen Sie überaus lobende Worte für den scheidenden Generaldirektor fanden. Nun wollen Sie offenbar Seipel als ministerialen Experten installieren, was insbesondere in Anbetracht der Vorwürfe, die auch von der SPÖ gegen Seipel in den letzten Jahren erhoben wurden, als veritabler Paradigmenwechsel zu betrachten wäre.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

  1. Welchen Umfang hat das zweifellos vorhandene Rohkonzept, das Wilfried Seipel zwecks Durchführung der beiden erwähnten Studien vorgelegt hat?
  2. Welchen Umfang (in Zeichen) erwartet Ihr Ministerium von den beiden Studien?
  3. Welche Erkenntnisse erwartet Ihr Ministerium von den beiden Studien?
  4. Welche formalen und inhaltlichen Kriterien müssen die beiden Studien erfüllen?
  5. Bis wann sollen die beiden Studien vorliegen?
  6. Sollen die seipelschen Analysen auch anderen Museen zugänglich gemacht werden?
  7. Ist eine Veröffentlichung der beiden Studien geplant?
  8. Sind in den 100.000 Euro Honorar auch Reise- und sonstige Spesen enthalten?
  9. Wenn nein, wie hoch ist Seipels Reisebudget?
  10. Welcher Stundensatz wurde dem Honorar zugrunde gelegt?
  11. Welche Museen wird Wilfried Seipel zwecks Analyse „nationaler und internationaler Kulturvermittlungsarbeit an renommierten Kulturinstitutionen“ besuchen?
  12. Wird Seipel die beiden Studien alleine oder mit MitarbeiterInnen durchführen?
  13. Wer bezahlt die Kosten für allfällige MitarbeiterInnen?
  14. In welchen Abständen hat Seipel über den Fortgang seiner Arbeiten dem Ministerium zu berichten?
  15. Aus welchem Budget wird das Honorar für Wilfried Seipel bezahlt?
  16. Gab es auch noch andere BewerberInnen für die Durchführung der genannten Studien?
  17. Wurde die Vergabe der beiden Studien öffentlich ausgeschrieben?
  18. Welches Gremium hat über die Vergabe der beiden erwähnten Studien an Wilfried Seipel entschieden?

  19. Welche Kompetenzen lassen Wilfried Seipel zur Durchführung der genannten Studien geeignet erscheinen?
  20. Werden die beiden Studien nach Vorlage evaluiert?
  21. Aus welchen Gründen betrauen Sie jemanden, dessen Verschwendungssucht und mangelnden Geschäftssinn Ihre Partei in den letzten Jahren permanent attackiert und dessen sofortige Absetzung Ihre Partei wiederholt gefordert hat, mit einer Studie zur „Weiterentwicklung der österreichischen Bundesmuseen“?
  22. Sind Sie der Ansicht, dass die Forderungen nach einer sofortigen Absetzung Seipels als KHM-Generaldirektor – geäußert unter anderen von Josef Cap und Christine Muttonen – ungerechtfertigt waren?