4900/J XXIV. GP

Eingelangt am 23.03.2010
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Mag.a Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend „Think!“ – oder: Ist ein Zweit-Dienstwagen für die Wiener Innenstadt – und sei es ein E-Mobil! – für den Umweltminister das richtige Signal für Klimaschutz und energieeffiziente Mobilität?

 

 

Dass auf dem Weg zu einer effizienten, energiesparenden und ressourcenschonenden Mobilität noch viel Bewusstseinsbildung und Denkarbeit zu leisten sein wird, stellte dieser Tage ausgerechnet Umweltminister Berlakovich selbst mit einer kuriosen Aktion unter Beweis.

 

"Dank unserer Partner in der Wirtschaft hat das Lebensministerium nun ein Elektro-Dienstauto. Damit leisten wir auf unseren Dienstfahrten einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz, zum 10-Punkte-Aktionsprogramm Elektromobilität und zur Energiestrategie", so Umweltminister Niki Berlakovich.

Am Mittwoch, 17. März 2010, wird das Elektro-Dienstauto "Think" (…) an Umweltminister Niki Berlakovich übergeben.

Anschließend wird die erste Dienstfahrt vom Lebensministerium in den Nationalrat mit dem neuen E-MOBIL absolviert.“

 

Das Landwirtschaftsministerium, in dem der Umweltminister sein Büro hat, liegt in der Wiener Innenstadt am Ring, ebenso wie das Parlament, wenige Straßenbahn- oder U-Bahn-Stationen entfernt. Es ist dies eine Strecke, die in wenigen Minuten komfortabel mit Öffis zurückgelegt werden kann - oder mit dem Fahrrad. Verschiedene Umweltminister der letzten Jahre haben sich bereits PR-trächtig vor dem Ressort aufs Fahrrad geschwungen, aber offenbar bleibt dieses Engagement für wirklich klimaschonende, gesunde Mobilität ohne Energieverbrauch doch auf Show-Termine für die Medien beschränkt.

 

Mit dieser Jungfernfahrt seines neuen Zweit-Dienstwagens erweist BM Berlakovich dem angeblichen Energiespar- und Klima-Anliegen in jeder Hinsicht einen Bärendienst: Ausgerechnet wunderbar per Öffis oder Fahrrad bewältigbare innerstädtische Fahrten mit dem Elektroauto abzuwickeln, bedeutet mehr statt weniger Energieaufwand – und das ist eben genau KEIN aktiver Beitrag zum Klimaschutz und KEIN „Beitrag zur Energiestrategie“ (die ja weniger und nicht mehr Energieverbrauch anzustreben vorgibt), sondern das Gegenteil davon. Wer so vorgeht, der will, dass Elektromobilität eine umwelt-, klima- und energiepolitische Sackgasse wird.


Die Orientierungslosigkeit des Umweltministers wird noch dadurch unterstrichen, dass er an diesem Tag ausgerechnet für den Weg zum Umweltausschuss (!) des Nationalrats statt der vielfach umweltfreundlicheren, weil energieeffizienteren elektrisch betriebenen Öffis oder des Fahrrads seinen neuen Zweit-Dienstwagen wählte.

 

„Think!“

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

  1. Warum preschen ausgerechnet Sie als Umweltminister bei der Aufstockung der Zahl der Dienstwagen je Minister auf zwei vor?

 

  1. Wird Niki Berlakovich vom Burgenland mit dem „Think!“ nach Wien pendeln? Wenn ja, alleine oder in Fahrgemeinschaft?

 

  1. Könnten die innerstädtischen Wege des Ministers oder seiner MitarbeiterInnen, beispielsweise vom Ministerium zum Parlament wie am 17.3., nicht besser mit Öffis oder womöglich sogar mit dem Fahrrad (! zu dessen Förderung das BMLFUW vor Ihrer Zeit ja einen „Masterplan Radfahren“ mit vielen noch nicht umgesetzten Forderungen veröffentlichte) zurückgelegt werden?

 

  1. Worin besteht der konkrete Mehrwert für das Klima und der konkrete Beitrag zu Energiesparzielen wie sie eine ernsthafte Energiestrategie beinhalten und umsetzen muss, wenn komfortabel mit elektrisch betriebenen Öffis oder dem Fahrrad bewältigbare innerstädtische Strecken stattdessen mit einem E-Mobil zurückgelegt werden? Wir ersuchen um Beantwortung im einzelnen, mit Angabe von Energieverbrauch und CO2-Emission je Kilometer im Vergleich.

 

  1. Welchen Stellenwert hat für Sie im Rahmen einer „sanften Mobilität“ der Flächenverbrauch/Platzbedarf des Individualverkehrs in den Städten? Stimmen Sie der Aussage zu, dass die Öffis und das Fahrrad hier gewaltige Vorteile gegenüber jedem Pkw, so auch gegenüber jedem Elektroauto, haben? Wenn nein warum nicht?

 

  1. Was wird jetzt aus Ihrem so oft als Klima-Meilenstein hochgelobten Agrosprit-Dienstwagen – was werden denn die diesbezüglichen „Partner in der Wirtschaft“ – hier: Raiffeisen & Co, ÖVP-Agrosprit-Lobby – dazu sagen, dass der Minister einen neuen Liebling in der Garage hat?

 

  1. Welche Schritte zur Verbesserung der großteils inferioren österreichischen Ökostrom-Regelung werden Sie bis wann im einzelnen setzen, um sicherzustellen, dass Elektromobilität ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Quellen und somit klima-, umwelt- und energiepolitisch möglichst zielführend stattfinden kann?

 

  1. Werden Sie der Verlagerung der Mobilität auf umwelt- und klimaschonendere, sicherere Verkehrsträger wie insbesondere Öffis, Rad fahren und Zufußgehen („Umweltverbund“) weiterhin höhere Priorität gegenüber der im Hinblick auf Klima-, Umwelt- und Energieeffizienzziele sowie die Unfallbilanz weniger wirksamen „Ökologisierung“ des Kfz einräumen? Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Welche konkreten Umsetzungsschritte planen Sie bis wann zu den einzelnen erst teilweise oder noch gar nicht umgesetzten Maßnahmen des Masterplans Radfahren?