5001/J XXIV. GP

Eingelangt am 26.03.2010
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Jarmer, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

 

betreffend Zugang zu sozialversicherungsrechtlich abgesicherten Beschäftigungsverhältnissen für Menschen in der "Beschäftigungstherapie"

 

Derzeit arbeiten in Österreich ca. 13.000 Menschen mit Behinderungen in einem geschützten, vom Arbeitsmarkt segregierten Sektor: in Tagesstrukturen, in der sogenannten Beschäftigungstherapie, Arbeit in Werkstätten oder „Fähigkeitsorientierter Arbeit“.

Die Menschen in den Tagesstrukturen haben geregelte Arbeitszeiten, in denen sie Produkte herstellen oder Dienstleistungen erbringen.  Dennoch gilt diese Arbeit nicht als Erwerbsarbeit im engeren Sinn. Es handelt sich hierbei um Maßnahmen der Länder nach den jeweiligen Behinderten- und Sozialhilfegesetzen.

Die rechtliche Absicherung der Beschäftigten ist unzureichend und in allen neun Bundesländern unterschiedlich geregelt.

Sie erhalten für ihre Arbeit kein (kollektivvertragliches) Entgelt sondern nur ein Taschengeld. Das hat zur Folge, dass die Menschen mit Behinderungen nicht arbeitslosenversichert bzw. sozialversichert sind. Die gesetzlichen Bestimmungen über ArbeitnehmerInnenschutz, Urlaub, Krankenstand usw. gelten für sie daher nicht.

Besonders problematisch ist, dass sie keinen selbständigen Pensionsanspruch erwerben können.

Der Unabhängige Monitoringausschuss zur Umsetzung der Un-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ortet hier eine Konventionsverletzung und hat im Februar 2010 eine Stellungnahme zu dieser Problematik verfasst.

Gemäß Artikel 27 der UN-Konvention haben Menschen mit Behinderungen das gleiche Recht auf Arbeit wie alle anderen Menschen auch. Das Konzept, das Artikel 27 zugrunde liegt, geht davon aus, dass Menschen mit Behinderungen grundsätzlich in einem offenen, inklusiven und barrierefrei zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld beschäftigt werden, und dass sie die Möglichkeit haben müssen, einen angemessenen Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen.

Tagesstrukturen, insbesondere die so genannte Beschäftigungstherapie, Arbeit in Werkstätten oder „Fähigkeitsorientierte Aktivität“ in der jetzigen Form müssen laut Monitoringausschuss abgeschafft werden.

Auch das Regierungsprogramm sieht unter anderem einen chancengleichen und nachhaltigen Zugang zu sozialversicherungsrechtlich abgesicherten Beschäftigungsverhältnissen sowie die  Prüfung  der Umsetzungsmöglichkeiten einer eigenständigen sozialversicherungsrechtlichen Absicherung von Menschen in der Beschäftigungstherapie vor. (S. 184).

Unsicher ist nach den derzeit vorliegenden Informationen, ob Menschen in Tagesstrukturen, insbesondere in so genannten Beschäftigungstherapien, Werkstätten oder „Fähigkeitsorientierten Aktivitäten“ gleichberechtigt staatliche Sicherungsmaßnahmen, wie beispielsweise die bedarfsorientierte Mindestsicherung, zur Verfügung stehen

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1)      Ist Ihnen bewusst, dass Österreich im Bereich der geschützten Werkstätten, Beschäftigungstherapie oder „Fähigkeitsorientierter Arbeit“ derzeit die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen verletzt?

 

2)      Welche Maßnahmen planen Sie, um  Sie eine eigenständige sozialversicherungsrechtliche Absicherung der Menschen, die derzeit im Bereich der geschützten Werkstätten, der sogenannten Beschäftigungstherapie oder „Fähigkeitsorientierten Arbeit“ tätig sind, zu erreichen?

 

3)      Haben Sie diesbezüglich bereits Verhandlungen mit den Ländern aufgenommen?

 

4)      Durch welche Maßnahmen werden Sie auch für  Menschen mit intellektueller oder psychischer Behinderung Arbeitsrechte  im Sinne der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen schaffen?

 

5)      Planen Sie die Schaffung von sozialversicherungsrechtlich und arbeitsrechtlich abgesicherten Tagesstrukturen oder sozialwirtschaftlichen Strukturen?

 

6)      Wie wollen Sie die Durchlässigkeit zum ersten Arbeitsmarkt erreichen?

 

7)      Planen Sie Übergangsmodelle bis zur Erreichung von inklusiver Beschäftigung?

 

8)      Wird  Menschen in Tagesstrukturen, insbesondere in so genannten Beschäftigungstherapien, Werkstätten oder „Fähigkeitsorientierten Aktivitäten“ gleichberechtigt die bedarfsorientierte Mindestsicherung zur Verfügung stehen?