5051/J XXIV. GP

Eingelangt am 14.04.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend

betreffend „Alkoholmissbrauch - Jugendschutz - Sanktionen nach der

Gewerbeordnung”

Alkohol ist das am häufigsten verharmloste Genußmittel in Österreich, er ist eine Volksdroge.
Gesundheitspolitiker und Suchtforscher beklagen diese Verharmlosung in allen EU­
Mitgliedsstaaten und insbesondere dabei die massive Werbung für Alkohol in der
Öffentlichkeit. Gerade bei Jugendlichen ist Trinken zum gesellschaftlichen Ritual geworden,
oft mit fatalen gesundheitlichen Folgen.

Laut einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

aus dem Jahr 2009 gehören Österreich Teenager zu den stärksten Trinkern innerhalb der 30
OECD-Mitgliedsländer. „Exzessiver Alkohol-Konsum ist in Österreich weiter verbreitet als
im OECD-Mittel, heißt es in dem Bericht. 22,7 Prozent der 13- bis 15-Jährigen geben an,
mindestens zweimal betrunken gewesen zu sein.

In Österreich ist die Gefahr, an einer Alkoholvergiftung zu sterben, etwa vier Mal so groß,
wie sein Leben durch illegale Substanzen zu verlieren, erklärte Alfred Uhl vom Anton-
Proksch-Institut bereits Ende 2004 in Wien anlässlich eines Suchtgiftkongresses in Wien mit
dem Thema „Ethnizität und Sucht. Den 179 Drogentoten im Jahr 2002 standen damals 8.000
Alkoholtote und 14.000 Nikotintote gegenüber. An dieser Situation hat sich auch 2009 nichts
geändert. Ähnlich die Entwicklung in Deutschland und anderen europäischen Ländern!

Alkohol ist weltweit für fast so viele Todesfälle und Behinderungen verantwortlich wie
Rauchen oder hoher Blutdruck. Zu diesem Ergebnis kam ebenfalls bereits vor Jahren eine
internationale Studie. Wissenschafter beschrieben in The Lancet
(http://www.thelancet.com),
dass Alkohol bei rund 60 verschiedenen Krankheiten eine Rolle spielt.


Es wurde nachgewiesen, dass rund vier Prozent der weltweiten Belastung durch
Krankheiten auf Alkohol zurückzuführen sind. Das Rauchen wird für 4,1 Prozent
verantwortlich gemacht, hoher Blutdruck für 4,4 Prozent.

Die Studie berücksichtigte unter anderen Krebserkrankungen im Mundbereich, der Leber und
der Brust, Herzerkrankungen und Schlaganfalle sowie Zirrhosen. Zusätzlich wird die Rolle
von Alkohol bei Autounfällen, Ertrinken, Stürzen und Vergiftungen behandelt. Alkohol steht
ebenso mit einem Teil der selbst verursachten Verletzungen und Morde in Zusammenhang
.
(pressetext.deutschland).

Viele Länder haben bereits reagiert. In britischen Pubs darf beispielsweise künftig nicht mehr
um die Wette getrunken werden. Solche Saufwettbewerbe werden verboten. Verboten werden
ferner Werbeangebote wie Pauschalpreise (Flate rate's) für unbegrenztes Trinken.

Der österreichische Nationalrat beschäftigte sich in der XXIII.GP mehrfach mit dem
Trinkverhalten und Alkoholvergiftungen von Jugendlichen. Einstimmig wurde u.a. der
Entschließungsantrag betreffend „Prävention und Eindämmung des Alkoholkonsums
von Kindern und Jugendlichen bzw. Komatrinken beschlossen (206/A(E) XXIII.GP).

Mit diesem Antrag wurde die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend ersucht,

-                     ihre Aktivitäten zur Prävention und Eindämmung des Alkoholkonsums von Kindern
und Jugendlichen engagiert fortzuführen

-                     eine österreichische Aufklärungskampagne für Kinder und spezielle Programme für
Jugendliche zu initiieren, um über die Gefahren und Risiken von Alkoholkonsum und
Komatrinken zu informieren und zu sensibilisieren sowie

-                     in Gesprächen mit der Wirtschaft geeignete Möglichkeiten zum Verzicht von Flatrate-
Partys seitens der Gastronomie und der Veranstalter zu prüfen.

Den Schlußfolgerungen des Rates vom 1.Dezember 2009 zu Alkohol und Gesundheit ist
u.a. folgendes Ersuchen gegenüber den Mitgliedsstaaten zu entnehmen:

-                    ……………………………

-                   die Rolle der Preispolitik - etwa in Form von Regelungen für „Happy-Hour-
Angebote, Sondersteuern auf Mix- und Gratisgetränke - insbesondere zusammen mit
anderen Präventionsmaßnahmen als wirksames Instrument zur Verringerung
alkoholbedingter Schäden in Betracht zu ziehen und ihre Auswirkungen abzuschätzen;
Die Mitgliedsstaaten und Europäische Kommission werden aufgerufen,


-                    ……………………………

-                   die Hersteller und Vertreiber alkoholischer Getränke dazu zu bewegen, eine aktivere
Rolle bei der Durchsetzung von Regulierungsmaßnahmen zu übernehmen, so daß ihre
Produkte verantwortungsvoll hergestellt, vertrieben und vermarktet werden, zu prüfen,
wie die Umsetzung bestehender einzelstaatlicher und EU-Regelungen für die
Vermarktung von Alkohol verbessert werden kann, um Kinder und junge Menschen
sowie wie möglich wirksam vor dem Einfluß des Marketings für Alkohol zu schützen.

-                    ………………….

Die Europäische Kommission wird u.a. ersucht,

-                   Nötigenfalls weitere Schritte zu erwägen, um Kinder, Jugendliche und junge
Menschen vor alkoholbedingten Schäden zu schützen und vor allem den
Alkoholkonsum von Minderjährigen, das Rauschtrinken und den Einfluß des
Marketings für Alkohol zu verringern sowie die Schäden zu vermindern, die Kinder
davontragen, die in Familien mit Alkoholproblemen aufwachsen.

-                    ……………………

Auch der EWSA (C 318 vom 23.12.2009) ist besorgt darüber, daß durch das
Alkoholmarketing minderjährige Konsumenten angelockt werden, und macht aufschlüssige
Befunde aufmerksam, denen zufolge sich bei Fernsehkonsum und einem Sponsoring, bei dem
Alkohol im Spiel ist, der Beginn des Alkoholkonsums bei Jugendlichen und erhöhter
Alkoholkonsum vorhersagen läßt.

Weiter heißt es in der EWSA-Stellungnahme: Der Sachverständigenausschuß der WHO
vertrat die Ansicht, daß die Art von Marketing, die Auswirkungen auf jüngere Menschen hat,
durch freiwillige Systeme nicht verhindert werden wird und Selbstregulierungssysteme
offenbar nur dann funktionieren, wenn eine aktuelle und glaubhafte Androhung von
Regulierungsmaßnahmen seitens der Regierung vorhanden ist..............................

Nationale gesetzliche Bestimmungen zur Einschränkung des Verkaufs von Alkohol oder des
Alkoholkonsums in der Gewerbeordnung oder in den Jugendschutzgesetzen werden von
Unternehmer meist nicht eingehalten. Klassische Werbeverbote bislang sind aufgrund
gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen oft nicht möglich bzw. weitgehend ausgeschlossen.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Wirtschaft,
Familie und Jugend nachstehende


Anfrage:

1.    Wie viele Organmandate wurden in den Jahren 2005, 2006, 2007, 2008 und 2009 wegen
Versto
ßens gegen Jugendschutzbestimmung im gastgewerblichen Betriebsstätten verhängt
(Aufschlüsselung auf Bundesländer und Jahre)?

Welche Einnahmen wurden dadurch erzielt?

2.             Wie viele Anzeigen wegen Verstoßens gegen Jugendschutzbestimmung im
gastgewerblichen Betriebsstätten wurden in den Jahren 2005, 2006, 2007, 2008 und 2009
erstattet (Aufschlüsselung auf Bundesländer und Jahre)?

3.             Wie viele Verwaltungsstrafverfahren wegen Verstoßens gegen Jugendschutzbestimmung
im gastgewerblichen Betriebsstätten wurden in den Jahren 2005, 2006, 2007, 2008 und
2009 nach den Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes eingeleitet (Aufschlüsselung
auf Bundesländer und Jahre)?

4.             Wie viele Verwaltungsstrafverfahren wegen Verstoßens gegen Jugendschutzbestimmung
im gastgewerblichen Betriebsstätten wurden in den Jahren 2005, 2006, 2007, 2008 und
2009 nach § 21, VStG (insbesondere nach § 21 Abs. 4 VStG) eingestellt (Aufschlüsselung
auf Bundesländer und Jahre)?

5.             In wie vielen Fällen kam es in den Jahren 2005, 2006, 2007, 2008 und 2009 zu einer
rechtskräftigen Bestrafung? Welche Strafen bzw. Sanktionen wurden jeweils verhängt
(Aufschlüsselung auf Bundesländer bzw. UVS und Jahre)?

6.             Wie vielen Gastgewerbe-Gewerbeinhabern wurde aufgrund von § 87 GewO generell -
unabhängig von dem Rechtsgrund - in den Jahren 2005, 2006, 2007, 2008 und 2009 ihre
Gewerbeberechtigung (§ 94 Z 26 GewO) entzogen (Aufschlüsselung auf Bundesländer
und Jahre)?

7.      Wie vielen Gastgewerbe-Gewerbeinhabern wurde in diesen Jahren aufgrund von § 87
Abs. 1 GewO die Gewerbeberechtigung deswegen entzogen, weil diese u.a. gegen
Schutzinteressen verstoßen und dabei insbesondere die entsprechenden
Jugendschutzbestimmungen nicht eingehalten haben (Aufschlüsselung auf Bundesländer
und Jahre)?


8.              Wie vielen Gastgewerbe-Gewerbeinhabern wurde in diesen Jahren aufgrund von § 87
Abs. 1 GewO die Gewerbeberechtigung deswegen entzogen, weil diese u.a. gegen
Schutzinteressen verstoßen und dabei insbesondere gegen Vorschriften zur Hintanhaltung
der illegalen Beschäftigung verstoßen haben (Aufschlüsselung auf Bundesländer und
Jahre)?

9.              Wie vielen Gastgewerbe-Gewerbeinhabern wurde in diesen Jahren aufgrund von § 87
Abs. 1 GewO die Gewerbeberechtigung deswegen entzogen, weil diese u.a. gegen
Schutzinteressen verstoßen und dabei insbesondere gegen Vorschriften zur Hintanhaltung
der Kinderpornographie verstoßen haben (Aufschlüsselung auf Bundesländer und Jahre)?

10.       Wie vielen Gastgewerbe-Gewerbeinhabern wurde in diesen Jahren aufgrund von § 87
Abs. 1 GewO die Gewerbeberechtigung deswegen entzogen, weil diese u.a. gegen
Schutzinteressen verstoßen und dabei insbesondere gegen Vorschriften zur

Hintanhaltung des Suchtgiftkonsums und/oder des Suchtgiftverkehrs verstoßen haben
(Aufschlüsselung auf Bundesländer und Jahre)?

11.       Wie vielen Gastgewerbe-Gewerbeinhabern wurde in diesen Jahren aufgrund von § 87
Abs. 1 GewO die Gewerbeberechtigung deswegen entzogen, weil diese u.a. gegen
Schutzinteressen und dabei gegen Antidiskriminierungsbestimmungen, wie der
Diskriminierung von Personen allem aufgrund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer
nationalen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung (Art.
IX Abs.
1 Z3 EGVG) verstoßen haben (Aufschlüsselung auf Bundesländer und Jahre)?

12.       Gibt es zur Entziehung der Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe bereits gesicherte
Grundsatzentscheidungen des VfGH bzw. VwGH?

Wenn ja, wie lauten diese?

13.  Gibt es zur Entziehung der Gewerbeberechtigung nach den gewerberechtlichen
Bestimmungen f
ür das Gastgewerbe eine ständige - und einheitliche - Rechtssprechung
der UVS? Wenn ja, wie lautet diese?


14.      Wie viele Organmandate nach § 112 Abs. 4 GewO 1973 wurden 2005, 2006, 2007, 2008
und 2009 verhängt (Aufschlüsselung auf Bundesländer bzw. UVS und Jahre)?
Welche Einnahmen dadurch erzielt?

15.      Wie viele Verwaltungsstrafanzeigen nach § 112 Abs. 4 GewO wurden 2005, 2006, 2007,
2008 und 2009 erstattet (Aufschlüsselung auf Bundesländer bzw. UVS und Jahre)?

16.      Wie viele Verwaltungsstrafverfahren nach § 112 Abs. 4 wurden 2005, 2006, 2007, 2008
und 2009 nach § 21 VStG eingestellt (Aufschlüsselung auf Bundesländer bzw. UVS und
Jahre)?

17.      In wie vielen Fällen kam es 2005, 2006, 2007, 2008 und 2009 zu einer rechtskräftigen
Bestrafung (Aufschlüsselung auf Bundesländer bzw. UVS und Jahre)?

Welche Strafen bzw. Sanktionen wurden verhängt?

18.      Welche Maßnahmen werden Sie im Jahr 2010 seitens Ihres Ressorts - soweit eine
Zuständigkeit nach dem Bundesministeriengesetz gegeben ist - gegen den
Alkoholmißbrauch insbesondere von Jugendlichen in der Gastronomie und im Verkauf
durch den Handel ausdrücklich ergreifen?

19.      Werden Sie eine gesetzliche Regelung - beispielsweise in der Gewerbeordnung -
vorschlagen, nach der u.a. Wetttrinkveranstaltungen mit Jugendlichen oder Flatrate-Partys
verboten werden?

20.      Werden Sie eine gesetzliche Regelung - beispielsweise in der Gewerbeordnung -
vorschlagen, nach der u.a. das Alter vor dem Verkauf von Alkohol verpflichtend
kontrolliert werden muss?

Wenn nein, warum nicht?

21.  Werden Sie wirksame und abschreckende Sanktionen bei Zuwiderhandlung und
Nichtkontrolle des Alters durch VerkäuferInnen und Unternehmen vorschlagen?
Wenn nein, warum nicht?


22.  Werden Sie im Sinne des Jugendschutzes konkret Werbemaßnahmen der Hersteller,
Anbieter von alkoholischen Getränken (z.B. Duz-Verbot) effizient einschränken?
Wenn nein, warum nicht?

23.  Werden Sie eine Änderung der Gewerbeordnung (§ 112 GewO) dahingehend vorschlagen,
dass in gastgewerblichen Betriebsstätten mindestens vier Getränke billiger sein müssen,
als das billigste alkoholische Getränk?

Wenn nein, warum nicht?

24.  Wie wurde seitens des Ressorts bislang der zit. Entschließung (206/A (E) XXIII. GP)
entsprochen?

Welche Maßnahmen wurden umgesetzt?

25.  Welche Position nimmt das Ressort grundsätzlich zu den zit. Schlußfolgerungen des Rates
ein?

26.       Welche konkreten Maßnahmen der Schlußfolgerungen des Rates vom 1.Dezember 2009
zu Alkohol und Gesundheit werden Sie unterstützen und in Österreich umsetzen?

27.  Welche Position nimmt das Ressort grundsätzlich zu den EWSA Schlußfolgerungen (EU
C 318 vom 23.12.2009) ein?

28.  Welche konkreten Beschlüsse des EWSA werden Sie unterstützen und in Österreich
umsetzen?