506/J XXIV. GP

Eingelangt am 18.12.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an den Bundesminister für Justiz

betreffend „Organhandel und organisierte Kriminalität (Menschenhandel) – Falcone Report – Konsequenzen“

Mit der AB 2094/XXII.GP vom 09.11.2004 wurden die Fragen der Abg. Mag. Maier und GenossInnen zur Anfrage „Internationaler Organhandel und organisierte Kriminalität“ beantwortet. Es wurde dabei u.a. hingewiesen, dass mittlerweile der Straftatbestand des Menschenhandels (§ 104a StGB) durch das Strafrechtsänderungsgesetz 2004 (StRÄG 2004), BGBl. I Nr. 15, in Kraft getreten am 1. Mai 2004, – den UNO-Vorgaben entsprechend – auf Ausbeutung zum Zwecke der Organentnahme ausgedehnt wurde.

„Nach § 104a Abs. 1 StGB ist eine Grundstrafdrohung von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe vorgesehen, wenn eine minderjährige oder – unter Einsatz bestimmter, in Abs. 2 definierter „unlautere“ Mittel – eine volljährige Person unter anderem mit dem Vorsatz, dass sie durch Organentnahme ausgebeutet werde, angeworben, beherbergt oder sonst aufgenommen, befördert oder einem anderen angeboten oder weitergegeben wird. Eine Strafdrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe ist beim Einsatz von Gewalt oder gefährlicher Drohung gegenüber Betroffenen jeden Alters vorgesehen (Abs. 3). Abs. 4 wiederum droht eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren an, wenn die Tat gegen eine unmündige Person, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, unter Anwendung schwerer Gewalt oder so begangen wird, dass durch die Tat das Leben der Person vorsätzlich oder grob fahrlässig gefährdet wird oder die Tat einen besonders schweren Nachteil für die Person zur Folge hat.


Eine solche Ausbeutung durch Organentnahme wäre jedenfalls dann gegeben, wenn an einer lebenden Person eine fremdnützige Organentnahme erfolgen soll, die nicht im Sinne des § 90 gerechtfertigt wäre und daher würde sie entsprechend der Absicht des Menschenhändlers durchgeführt – nach österreichischem Recht als Körperverletzung im Sinne der §§ 83 ff zu verfolgen wäre.

Nach dem Plan des Täters müsste also entweder eine rechtlich wirksame Einwilligung des Opfers in die beabsichtigte Organentnahme fehlen – etwa wenn dieses über die beabsichtigte Operation gar nicht informiert oder seine Einwilligung durch Gewalt, Drohung oder List erlangt werden soll; andererseits könnte die mangelnde Rechtfertigung – unabhängig von einer allenfalls wirksam erteilten Einwilligung – auch in einer Sittenwidrigkeit der beabsichtigten Verletzung liegen (vgl. Burgstaller in WrK, § 90, Rz 119 bis 130). Bei einer Organentnahme zu Heilzwecken – etwa beim Empfänger eines Spenderorgans oder zur medizinisch indizierten Entfernung eines z.B. tumorbefallenen Organs – würde es bereits am Element der Ausbeutung des Körpers der betroffenen Person fehlen, weshalb ein solcher Fall nicht unter die im Sinne der Bestimmung gegen Menschenhandel problematischen Organentnahmen zu subsumieren wäre“.

Aus systematischen Gründen werden auch in der XXIV.GP ähnliche Fragen gestellt, um die aktuellen Zahlen und Informationen für die Jahre 2005 - 2008 zu erhalten.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten an den Bundesminister für Justiz nachstehende

Anfrage:

1.   Liegt nun dem Ressort die vollständige „FALCONE-Studie“ (Internationaler Organhandel und organisierte Kriminalität) in endgültiger Form bereits vor?

Wenn nein, wann wird sie vorliegen?

2.   Zu welchen konkreten Ergebnissen kamen die unabhängigen Experten in der FALCONE-Studie aus Sicht des Ressorts?

Wie lauten die konkreten Ergebnisse bzw. die Zusammenfassung?

Welche Vorschläge (Schlussfolgerungen) wurden der Europäischen Kommission bzw. den Mitgliedsstaaten unterbreitet?


3.   Gibt es zu diesen Vorschlägen (Schlussfolgerungen) dieser unabhängigen Experten bereits eine Stellungnahme der Europäischen Kommission?

Wenn ja, wie lautet diese?

4.      Sieht die FALCONE-Studie im Ergebnis den illegalen Handel mit menschlichen Organen (organisierte Kriminalität) als ein wichtiges Problem, das einer europaweiten oder weltweiten (Vereinten Nationen) Lösung bedarf?

5.      Wie sollte aus Sicht des Ressorts eine europaweite oder weltweite Bekämpfung des illegalen Organhandels und der organisierten Kriminalität in diesem Bereich aussehen?

6.      Wie wird seitens der EU das Phänomen des Handels mit menschlichen Organen beurteilt?

7.      Gibt es bereits detaillierte Studien über kriminelle Aktivitäten oder Praktiken im Zusammenhang mit der Transplantation von menschlichen Organen in Europa?
Wenn ja, welche Erkenntnisse liegen dazu vor?

8.      Wie viele Fälle vom illegalen Organhandel sind seit 2004 in Österreich bekannt geworden?

9.      Sind Ihnen seit 2004 in Österreich Beweise für einen Zusammenhang zwischen den Handel mit menschlichen Organen und der organisierten Kriminalität bekanntgeworden?

10.  Soll es zur Harmonisierung nationaler Bestimmungen über Organhandel in der EU aus Sicht des Ressorts kommen?

11.  Wenn ja, wie ist der Diskussionsstand zur Schaffung eines EU-Rahmenbeschlusses zur Verhinderung und Bekämpfung des Handels mit menschlichen Organen?

12.  Welche Haltung wird im Österreichbericht zu den in der Studie aufgeworfenen Fragen eingenommen?

Liegen bereits konkrete Vorschläge für eine Novellierung der österreichischen Rechtslage vor?


13. Sehen Sie einen Reformbedarf in der Österreichischen Rechtslage?
Wenn ja, worin besteht dieser?

14.  Erachten Sie die gesetzlichen Regelungen über Organhandel und Organtransplantationen – insbesondere die Regelung hinsichtlich Lebendspende – in Österreich weiterhin für ausreichend?

15.  Halten Sie generell die strafgesetzlichen Regelungen in Österreich über Organhandel und Organtransplantationen als ausreichend?

16.  Würden Sie unter Berücksichtigung der Ergebnisse der FALCONE Studie eine
(straf-)rechtliche Regelung für Organhandel in Österreich als notwendig erachten?

17.  Wie sollte mit solchen Fällen umgegangen werden, in denen sich Personen zur Verbesserung Ihres Gesundheitszustandes im Ausland – außerhalb der EU – Organe kaufen und einpflanzen lassen?

Sollte dies unter Berücksichtigung der Ergebnisse der FALCONE Studie unterbunden werden?

18.  Wie viele Ermittlungen wurden in den Jahren 2005, 2006, 2007 und 2008 im Zusammenhang mit § 104 a StGB durch die Sicherheitsbehörden oder die Justiz veranlasst und geführt (Aufschlüsselung auf Jahre)?

19.  Wie viele Strafanzeigen nach § 104 a StGB wurden in den Jahren 2005, 2006, 2007 und 2008 erstattet (Aufschlüsselung auf Jahre)?

20.  Wie viele Strafanzeigen wurden in diesen Jahren im Zusammenhang mit § 64 Abs. 1 Z 4 StGB (Auslandstaat) erstattet (Aufschlüsselung auf Jahre)?

21.  Wie wurden jeweils diese Strafanzeigen bei Gericht erledigt (Aufschlüsselung auf Jahre)?

22.  Was ist dem Ressort über Verschleppung, Menschhandel, Mord und illegalen Organhandel in der Zeit des Jugoslawischen Bürgerkrieges (z.B. Kosovo und Albanien) und den Folgejahren bekannt geworden?


23.  Wie beurteilt das Ressort die schweren Vorwürfe der ehemaligen Chefanklägerin des Jugoslawien-Tribunals in ihrem Buch „Die Jagd-Ich und die Kriegsverbrecher“ über Mord und illegalen Organhandel im Kosovo?

24.  Gab es aus Sicht des Ressorts und internationaler Erkenntnisse im Kosovo einen Organhandel-Ring?

25.  Zu welchen Ergebnissen kam in diesem Zusammenhang bislang die serbische Sonderstaatsanwaltschaft zur Verschleppung und Ermordung von Kosovo-Serben, deren Organe verkauft wurden?

26.  Zu welchen Schlussfolgerungen kam zu all diesen Vorwürfen die UNO?
Zu welchen Schlussfolgerungen und Erkenntnissen der Europarat?