5078/J XXIV. GP
Eingelangt am 21.04.2010
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ANFRAGE
des Abgeordneten Grünewald, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Gesundheit
betreffend Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie und Psychotherapie
Nach nationalen und internationalen Angaben bedürfen 10 – 15% der Kinder und Jugendlichen in ihrer Entwicklung einer Behandlung, speziell mit Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie oder Psychotherapie. Diese Behandlungen sind bei den meisten betroffenen Kindern und Jugendlichen nur vorübergehend notwendig. Sie sind für das weitere Leben hinsichtlich der individuellen Gesundheit, selbstständigen Versorgung, sozialen Integration und Arbeitsfähigkeit und somit auch aus ökonomischer Sicht für die Gesellschaft insgesamt oft von entscheidender Bedeutung. Eine frühe Behandlung wird von ExpertInnen bei fast allen Entwicklungsstörungen für die Prognose als besonders wichtig angesehen. Die genannten Therapien sind laut § 135 ASVG der ärztlichen Hilfe gleichgestellt und es ist laut §§ 116, 135 und 338 ASVG Aufgabe der Krankenversicherungen, diese Behandlungen für die Versicherten sicherzustellen.
Behandlungen sind entweder im Rahmen institutioneller Einrichtungen oder bei niedergelassenen TherapeutInnen möglich. Bei ersteren erfolgt die Therapie für die Familien meist kostenlos oder nur mit geringen Selbstbehalten, sie stehen aber nicht flächendeckend zur Verfügung und es wurde wiederholt über so lange Wartezeiten berichtet, dass für eine beträchtliche Zahl von Kindern und Jugendlichen mit dauerhaften negativen Auswirkungen durch die Therapieverzögerung zu rechnen ist.
Bei den niedergelassenen TherapeutInnen handelt es sich großteils um WahltherapeutInnen, weil die von den Krankenversicherungen angebotenen Kassentarife wegen ihrer geringen Höhe von den meisten TherapeutInnen nicht angenommen werden. Die tatsächlich verlangten und von den Familien bezahlten Honorare werden nur teilweise refundiert, sodass wegen der hohen verbleibenden Eigenkosten für viele Familien diese Art der Behandlung nicht leistbar ist. Somit ist anzunehmen, dass viele Kinder und Jugendliche notwendige Therapien nicht erhalten.
Exemplarisch zwei Beispiele:
So wurden z.B. in Tirol bei einem 2003 geborenen Kind mit Entwicklungsverzögerung und massiven Sprachstörungen die verordneten Therapien (abwechselnd Physio-, Ergo- und Logotherapie) trotz stetigen Fortschritten durch die Mutter aus finanziellen Gründen abgebrochen, bei einem weiteren im Jahr 2004 geborenen Kind mit Autismus konnte die verordnete Therapie aus finanziellen Gründen gar nicht begonnen werden.
Die Liga für Kinder- und Jugendgesundheit stellte am 14.4. 2010 in einer Presseaussendung fest, dass 1.000 chronisch kranke Kinder in Wien auf eine Therapie warten. Alleine in den vier größten Ambulatorien in Wien stehen ungefähr 850 chronisch kranke Kinder monatelang auf Wartelisten.
Dazu kommen 600 bis 700 behandlungsbedürftige Kinder und Jugendliche pro Jahr, die überhaupt abgewiesen werden müssen.
Aus der Anfragebeantwortung 43/AB XXIV.GP des Bundesministers für Gesundheit vom Dezember 2008 auf die Anfrage Nr. 28/J betreffend „gesundheitliche Versorgung der österreichischen Bevölkerung durch Angehörige der gehobenen medizinischen Dienste: Ergotherapeutin, Logopädin, Physiotherapeutin“ geht hervor, dass die Versorgung mit diesen Therapien für die Gesamtbevölkerung (alle Altersgruppen) in Österreich nach den von 2007 bekannten Zahlen unzureichend, die Datenlage aber mangelhaft war.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. welche Schritte wurden unternommen, um die Datenerfassung zur Versorgung mit Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie bzw. Psychotherapie zu verbessern ?
2. wie viele Kinder und Jugendliche erhalten insgesamt in Österreich – aufgeschlüsselt nach Bundesländern und Therapieart – pro Jahr und in welchem Stundenausmaß Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie oder Psychotherapie ?
3. wie viele Kinder und Jugendliche erhalten in Österreich – aufgeschlüsselt nach Bundesländern und Therapieart – pro Jahr und in welchem Stundenausmaß Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie oder Psychotherapie von institutionellen Versorgern (z.B. Ambulanzen, Entwicklungsambulatorien, Ländervereinen, etc.) ?
4. wie viele Kinder und Jugendliche erhalten in Österreich – aufgeschlüsselt nach Bundesländern und Therapieart – pro Jahr und in welchem Stundenausmaß Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie oder Psychotherapie bei niedergelassenen TherapeutInnen mit Direktverrechnung mit den Krankenversicherungen ?
5. wie viele Kinder und Jugendliche erhalten in Österreich – aufgeschlüsselt nach Bundesländern und Therapieart – pro Jahr und in welchem Stundenausmaß Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie oder Psychotherapie bei niedergelassenen WahltherapeutInnen ?
6. Wie viel wenden die Krankenversicherungen – aufgeschlüsselt nach Bundesländern und Therapieart – für Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen in Institutionen auf, wie viel für die Direktverrechnung mit den TherapeutInnen und wie viel für Refundierungen an die Familien bei Inanspruchnahme eines/r Wahltherapeutin ?
7. Ist die Gesamtversorgung mit für alle Familien leistbaren Therapien (Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Psychotherapie) für Kinder und Jugendliche – d.h. in Institutionen oder bei niedergelassenen TherapeutInnen mit Direktverrechnung mit den Krankenversicherungen - ausreichend ?
8. entspricht die Zahl der pro Jahr mit Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie oder Psychotherapie behandelten Kinder und Jugendlichen und der aufgewendeten Stunden dem international üblichen Ausmaß z.B. im Vergleich zu Deutschland, der Schweiz oder anderen ähnlich Österreich entwickelten OECD-Staaten ?
9. welche Schritte wurden bereits unternommen, um eine für alle Familien leistbare Versorgung mit Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Psychotherapie für Kinder und Jugendliche sicherzustellen ?
10. welche weiteren Schritte sind vorgesehen, um eine Verbesserung des Angebotes an leistbaren Therapien für Kinder und Jugendliche zu erreichen ?