5116/J XXIV. GP
Eingelangt am 21.04.2010
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
des Abgeordneten Mag. Rainer
Widmann, Herbert Scheibner
Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend Bemühungen der Republik Österreich um Anerkennung der altösterreichisch-deutschen Minderheit in Slowenien als autochthone Volksgruppe
Am 16. März diesen Jahres weilte der slowenische Außenminister, Samuel Zbogar, anlässlich eines eintägigen Arbeitsbesuches in Österreich, wo er unter anderem mit seinem österreichischen Amtskollegen zusammengetroffen ist. Bei diesem Arbeitstreffen sollte es vor allem um die Diskriminierung der slowenischen Minderheit in Kärnten gehen. Konkret wurden neben den zweisprachigen Ortstafeln auch die Finanzierung der slowenischen Musikschule sowie die Unterstützung für Lehrkräfte in zweisprachigen Schulen angesprochen. Ein weiteres wichtiges Thema sollte auch die EU-Perspektive des Westbalkans sein.
Bei diesen Gesprächen wäre zu erwarten gewesen, dass von österreichischer Seite auch die Probleme der deutschsprachigen, altösterreichischen Minderheit in Slowenien angesprochen werden würden. Dieses Treffen bot Österreich auch eine weitere Möglichkeit, die Forderung nach Anerkennung dieser Minderheit als autochthone Volksgruppe zu erheben.
Dies war jedoch nicht der Fall, obwohl der österreichische Außenminister seit langem darüber informiert ist, dass die altösterreichisch-deutsche Minderheit von der Republik Slowenien nicht als autochthone Volksgruppe anerkannt wird. Folglich erhält diese seit 800 Jahren ansässige Volksgruppe auch weder eine Basisförderung vom slowenischen Staat, noch hat sie, wie anderssprachige Minderheiten sehr wohl, Ansprüche auf staatlich subventionierte Schulen, Kindergärten oder Kulturvereine. In diesem Zusammenhang sei wiederum auf die in Slowenien anerkannte italienische bzw. ungarische Minderheit verwiesen, die, obwohl oft kaum größer als die altösterreichisch-deutsche, die üblichen anerkannten Privilegien genießen, wie beispielsweise muttersprachlichen Unterricht, autonome Schulen oder die Anerkennung der jeweiligen Muttersprache als Amtssprache.
In seiner Studie „Die deutschsprachige Volksgruppe in Slowenien“ hat Stefan Karner die Existenz einer derartigen Volksgruppe auf Grundlage der Ergebnisse der Volkszählung von 1991 und der Auswertung seiner Feldforschungen nachgewiesen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung, wie auch die der Volkszählung von 2002 belegen eine konstante Größe der altösterreichisch-deutschen Volksgruppe in Slowenien von rund 2000 Personen. Sie könnte leicht bis zu 3000 Personen betragen, würde die in Slowenien herrschende öffentliche Diskreditierung der deutschsprachigen Minderheit bzw. die nach wie vor bestehenden antideutschen Ressentiments wegfallen, durch die in vielen deutschstämmigen Familien die Bereitschaft sinkt, sich zur altösterreichisch-deutschen Abstammung oder Identität zu bekennen.
Die vorliegende Untersuchung stützt außerdem die von Karner wiederum auf Basis der Volkszählung von 1991 lokalisierten Zentren der deutschen-altösterreichischen Volksgruppe in Slowenien, die mit teilweise 800 Jahre in die Vergangenheit weisenden, historischen Siedlungsschwerpunkten übereinstimmen:
Urbaner Bereich in der Untersteiermark, Gottschee, Stadt Laibach samt Umgebung und Abstaller Feld.
Im Vergleich zur Volkszählung von 2002 bestehen hier lediglich marginale Abweichungen. Diese Konstante im Siedlungsverhalten der deutschsprachigen Volksgruppe ist jedenfalls für eine Beurteilung des rechtlichen Statuts von entscheidender Bedeutung.
Die Untersuchung kommt unter Berücksichtigung bereits in der Vergangenheit erhobenen Fakten zum Ergebnis, dass die deutschsprachige Volksgruppe in Slowenien als autochthon bezeichnet werden kann und sich sowohl in ihrer personellen Größenordnung, im Siedlungsverhalten, in ihrer kulturellen Identität, in ihrem kollektiven Gruppenbewusstsein sowie in ihrer historischen Kontinuität mit den bereits anerkannten Volksgruppen der italienisch- oder ungarischsprachigen Minderheit vergleichen lässt.
Seit der Unabhängigkeit der Republik Slowenien haben sich in den genannten Siedlungszentren fünf Vereine gebildet, die sich seit Beginn der 1990-er Jahre als Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens in Slowenien etablieren konnten. Diese Vereine sind nicht nur die Träger des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien sondern verfügen auch über ein dichtes Netzwerk, das sie sowohl mit der slowenischen Öffentlichkeit als auch ausländischen Organisationen wie etwa der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen (FUEV) verbindet.
Die Fördermittel, die durch die Bestimmungen des österreichisch-slowenischen Kulturabkommens von der Republik Österreich den Vereinen der deutschen Volksgruppe zur Verfügung gestellt werden, müssten den Bedürfnissen angepasst werden. Sehr positiv haben sich auch Arrangements zugunsten der deutschsprachigen Volksgruppe seitens der Bundesländer Kärnten und Steiermark, wie auch seitens Südtirols entwickelt. Als völlig unzureichend werden hingegen von den Befragten die Fördermittel slowenischer Stellen bezeichnet, da sie lediglich Projekte berücksichtigen. Wünschenswert für das Vereinsleben der deutschsprachigen Volksgruppe wäre nach den Befragten eine von Projekten unabhängige Basisförderung, wie sie etwa der slowenischen Volksgruppe in Kärnten oder der italienischen und ungarischen Volksgruppe in Slowenien zuteil wird.
Von Sloweniens Außenminister Samuel Zbogar stammt die Aussage, dass die „deutsch sprechende Minderheit in Slowenien“ ein Element sein kann, welches Slowenien und Österreich verbindet. Die slowenische Regierung misst der altösterreichisch-deutschen Volksgruppe mit dieser Aussage von Außenminister Zbogar somit eine wichtige Bedeutung als Brückenbauer zu. Eine derartige Aufgabe kann aber nur erfüllt werden, wenn dieser Minderheit seitens Sloweniens das Rechtsstatut einer autochthonen Volksgruppe zuerkannt wird und sie so in die Lage gesetzt wird, auf finanziell solider Grundlage zu stehen.
Die unterzeichneten Abgeordneten befremdet daher im Lichte dieser Ausführungen, dass aus den Medienberichten über das eingangs erwähnte Arbeitstreffen seitens des österreichischen Außenministers weder die Interessen der altösterreichisch-deutschen Minderheit in Slowenien angesprochen wurden, noch die Forderung nach Anerkennung dieser Minderheit als autochthone Volksgruppe und entsprechende Behandlung derselben an Slowenien erhoben wurde. Sie stellen daher an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten folgende
Anfrage
Wenn
ja, in welcher Form und mit welchem Ergebnis?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn
ja, in welcher Form und mit welchem Ergebnis?
Wenn nein, warum nicht?
Wien, am 21. April 2010