5408/J XXIV. GP

Eingelangt am 20.05.2010
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Dr. Karlsböck

und weiterer Abgeordneter

 

 

an die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung

betreffend Danube Private University (DPU) – die unendliche Akkreditierungsdebatte

 

 

Die Danube Private University (DPU) Krems wurde mit insgesamt fünf Studiengängen durch Bescheid des Österreichischen Akkreditierungsrates (ÖAR) und Genehmigung durch den damaligen Wissenschaftsminister Hahn am 12. August mit Wirkung vom 13. August 2009 gemäß den Bestimmungen des Universitäts-Akkreditierungsgesetzes (UniAkkG) BGBl. I Nr. 168/1999 als staatlich anerkannte Privatuniversität akkreditiert.

 

Insgesamt vier vom ÖAR eingesetzte unabhängige wissenschaftliche Gutachter, Universitätsprofessoren der Zahnmedizin aus Österreich, Deutschland und der Schweiz haben nicht nur die EU-Richtlinien-Konformität sondern auch die Übereinstimmung mit dem österreichischen Universitätsgesetz bestätigt. Im Besonderen wurde vom ÖAR die Qualität des Studienangebotes geprüft und ob diese durch entsprechendes universitäres wissenschaftliches Personal und wissenschaftliche Assistenzkräfte gesichert ist. Hierbei wurde auch die Ausstattungsplanung, jene für klinische Einrichtungen als auch die Finanzplanung geprüft. Am 10. Juni 2009 wurde vom ÖAR der entsprechende Bescheid erlassen und am 12. August 2009 hat der damalige Bundesminister für Wissenschaft und Forschung, Dr. Johannes Hahn, nach weiteren zusätzlichen Prüfverfahren zur EU-Richtlinien-Konformität aufgrund von Bedenken einiger  Interessensgruppierungen, die entsprechende Genehmigung erteilt.

 

Insbesondere im Bereich des Zahnmedizin-Studiums kam es während des gesamten Akkreditierungsverfahrens und auch im Anschluss an die erteilte Genehmigung immer wieder zu einer lebhaften und teilweise sehr emotionalen Diskussion.

 

In der Ausgabe der ÖZZ (Ausgabe 03/2010) werden die jüngsten Bedenken hinsichtlich der Qualität der zahnmedizinischen Ausbildung an der DPU geäußert. Der diesbezügliche Artikel lautet in entsprechenden Auszügen wie folgt:


„…Wie sehen Sie die Tatsache, dass die Studierenden der Zahnmedizin nach erfolgreicher Absolvierung des Studiums an der DPU nicht in die Zahnärzteliste der Österreichischen Zahnärztekammer eingetragen werden dürfen?...“ (Darüber hinaus wird im darauffolgenden Artikel der ÖZZ die Behauptung bekräftigt, “… dass Absolventen der DPU nicht in die Standesliste der Österreichischen Zahnärztekammer eingetragen werden können…“)

 

Laut dem rechtskräftigen ÖAR Bescheid vom 10.Juni 2009 ist die DPU jedoch dazu berechtigt ein Diplomstudium Zahnmedizin am Standort Krems/Niederösterreich durchzuführen und den akademischen Grad „Dr.med.dent.“ zu verleihen. Gemäß § 3 Abs. 1 Universitäts-Akkreditierungsgesetz (UniAkkG) hat ein Doktorat welches die DPU verleiht dieselbe rechtliche Wirkung wie ein Doktorat einer staatlichen Universität. Laut den Betreibern der DPU sind dadurch die notwendigen Vorraussetzungen erfüllt um  in die Zahnärzteliste der österreichischen Zahnärztekammer aufgenommen zu werden.

 

 „…Wie sehen Sie die Tatsache, dass wesentliche Studieninhalte an der DPU nicht unterrichtet werden? Laut Akkreditierungsantrag werden 26 Fächer unterrichtet. Die einschlägige EU-Richtlinie (EU-RL 2005/36) schreibt aber 37 Fächer vor. Es fehlen also 11 Fächer zur Gänze…“

 

Aus dem rechtskräftigen ÖAR Bescheid vom 10.Juni 2009 ist zu entnehmen, dass „…kein Anhaltspunkt ersichtlich ist, an der Richtlinienkonformität des Zahnmedizinstudiums zu zweifeln…“. Darüber hinaus wurde in der Beantwortung der 2647/AB der parlamentarischen Anfrage 1906/J (XXIV. GP) die EU-Richtlinienkonformität seitens des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung nochmals bestätigt. Die entsprechende Textpassage der Beantwortung lautet wie folgt:

 

„…Die Bildungsinhalte wurden im Rahmen des Akkreditierungsverfahrens von den Gutachter/innen eingehend geprüft. Sie entsprechen den Artikeln 34 und 36, sowie den Anhängen V Nummer 5.3.1. und 5.3.2. der Bestimmungen der EG-Richtlinie 2005/36 des Europäischen Parlamentes und Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen…“

 

Im Speziellen sieht die EU-Richtlinie in Anhang V Nummer 5.3.1. vor, dass  37 Fächer vorhanden sein müssen, wobei aber „…der Unterricht in einem oder mehreren Fächern im Rahmen anderer Fächer oder in Verbindung mit ihnen erteilt werden kann…“.Betrachtet man die zahnmedizinischen Studienlehrgänge an staatlichen Universitäten so ist der Unterricht im Rahmen anderer Fächer oder in Verbindung mit ihnen eine durchaus gängige Praxis.

 

„…Wie sehen Sie die Tatsache, dass auf der DPU nur die halbe Anzahl an Lehrenden pro Studierenden zur Verfügung stehen im Vergleich etwa mit der Medizinischen Universität Graz?...“

 

Laut den Betreibern der DPU und dem ÖAR-Bescheid folgend ist eine entsprechende Personalausstattung in allen Bereichen wie z.B. der Universitätsprofessoren, dem wissenschaftlichen Mittelbau und Personal gesichert. Beispielsweise ist im Bereich der zahnmedizinischen Praktika ein Betreuungsverhältnis von 1:4 ausgewiesen, d.h. ein Assistenzarzt kommt auf vier Studierende in der praktischen klinischen Ausbildung.


„…Wie sehen Sie die Tatsache, dass bis dato die Infrastruktur für die praktische Ausbildung am Patienten an der DPU nicht geschaffen ist? Das Universitäts-Akkreditierungsgesetz fordert die gesamte Infrastruktur eines Studiums am Beginn desselben und nicht erst im Verlauf.“

 

 

Die praktische Ausbildung am Patienten findet nicht von Anbeginn des Studiums am Patienten statt sondern erst im sechsten Semester – nach entsprechender medizinischer Ausbildung und Praktika. Die entsprechenden Einrichtungen müssten somit im Herbst 2011/Frühjahr 2012 zur Verfügung stehen. Laut den Betreibern der DPU wurde ein entsprechendes Gebäude bereits angekauft und der Klinik-Einrichtungsplan ist in vollem Gange. Darüber hinaus weist im Akkreditierungsverfahren nichts darauf hin, dass die gesamte Infrastruktur am Beginn eines Studiums zur Verfügung stehen muss. Die möglichen Gründe für ein solches Vorgehen könnten einerseits medizinisch begründet werden, da sich die Einrichtung dadurch an den neuesten Entwicklungen in 2-3 Jahren orientieren kann. Andererseits können auch wirtschaftliche Faktoren in Betracht gezogen werden, da eine entsprechende Einrichtung de facto 3 Jahre ungenützt bleibt und somit unnötige Kosten anfallen würden.

 

Abschließend ist noch anzumerken, dass bereits zahlreiche österreichische Studierende der Medizin und Zahnmedizin ohne großes Aufsehen ihr Studium an privaten Universitäten in benachbarten EU-Staaten, vor allem in Ungarn, absolvieren. Auch dort sind die von den Studierenden zu tragenden privaten Kosten erheblich. Dadurch fließt ein beträchtliches Volksvermögen ins Ausland ab. Durch private Universitätsgründungen würden diese Gelder in Österreich Verwendung finden und beispielsweise neue Arbeitsplätze schaffen, die die Umwegrentabilität der jeweiligen Region bedeutend erhöhen. Auch die Nachfrage an (privaten) österreichischen Studienplätzen aus dem Ausland, insbesondere aus Deutschland, sollte in der Diskussion eine Berücksichtigung finden. Diese könnten als Chance und nicht als Gefahr für die österreichische Hochschullandschaft gesehen werden. Gerade in Krisenzeiten wie diesen sollte jede Investition in die österreichische Universitätsstruktur – die den Akkreditierungsvorschriften entspricht – mit großem Wohlwollen entgegengenommen werden.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung folgende

 

ANFRAGE

 

 

1.    Ist Ihnen der Umstand bekannt,  dass bereits zahlreiche österreichische Studenten zum Studium der Medizin und Zahnmedizin auf private qualitativ sehr hoch stehende aber verhältnismäßig teure Auslandsuniversitäten ausweichen (müssen)? Ist nicht gerade aus dieser Sicht heraus eine Privatuniversität in Österreich für Studierende, die sich bewusst für eine private Institution entscheiden möchten, von besonderem Vorteil?

 

2.    Wenn ja, wie viele österreichische Studenten befinden sich im In- und Ausland an privaten als auch öffentlichen Universitäten in Ausbildung zum Zahnarzt?


3.    Gerade in der postgradualen Weiterbildung im Gesundheitssektor sind einige Anbieter privater Bildungseinrichtungen (Privat-Universitäten, Privat-Fachhochschulen) mit Universitätslehrgangs-Angeboten aktiv: wie bewerten Sie diese?

 

4.    Wie bewerten Sie den Umstand, dass es aufgrund der privaten Universität so zu einer gewissen Entlastung der staatlichen Universitäten kommen könnte? (Dadurch würden auf den staatlichen Universitäten freie Plätze für die Studenten geschaffen, die sich sonst ein Studium nicht leisten könnten.)

 

5.    Wie beurteilen Sie den Umstand, dass eine private Universität eine positive wissenschaftliche als auch wirtschaftliche Investition in den Standort Österreich darstellt?

 

6.    Wie beurteilen Sie, unter Beachtung der steigenden Studentenmobilität, die errechneten Planungszahlen für auszubildende zukünftige Mediziner/Zahnmediziner?

 

7.    Inwieweit können diese Planungszahlen als Entscheidungs- bzw. Argumentationsgrundlage für eine Akkreditierung von Privatuniversitäten herangezogen werden?

 

8.    Welche grundsätzlichen Kompetenzen besitzen die ZÄK und ÖAK  in Akkreditierungsverfahren für Medizin- bzw. Zahnmedizinstudiengänge?

 

9.    Sehen Sie vor dem Hintergrund des Bologna-Prozesses die grundsätzliche Diskussion über die Einrichtung von privaten Universitäten in Österreich nicht als eine längst überholte an? Sollte es nicht, wie international immer stärker vorangetrieben, zu einem ergänzenden Nebeneinander von staatlichen und privaten Universitäten im Wettbewerb um beste Lehr- und Forschungsbedingungen kommen? Hat Österreich hier nicht einen Nachholbedarf?

 

10. Wie bewerten Sie den Umstand, dass diese fortwährend – teilweise sehr emotional – geführte Akkreditierungsdebatte für den gesamten akademischen Standort Österreich schädlich sein könnte?

 

11. Das Zahnärztegesetz (ZÄG), BGBl. I Nr. 154/2005, in der geltenden Fassung, sieht als für die Ausübung des zahnärztlichen Berufs erforderliche inländische Berufsqualifikation „… ein an einer Medizinischen Universität in der Republik Österreich erworbenes Doktorat der Zahnheilkunde“ vor. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat in einer Stellungnahme vom 30.03.2010, GF: BMG-91901/0001-I/B/6/2010, aufgrund der Feststellung der ZÄK erklärt: „Sofern somit ein entsprechender an einer Privatuniversität erworbener Studienabschluss in der Zahnheilkunde, die nach den Bestimmungen des Universitäts-Akkreditierungsgesetzes, BGBl. I Nr. 168/1999, akkreditiert wurde, dem an einer öffentlichen Medizinischen Universität erworbenen Doktorat der Zahnheilkunde gleichgehalten ist, gilt dieser auch als Qualifikationsnachweis nach dem Zahnärztegesetz. …“
Schließen Sie sich dieser Rechtsposition an?


12. Das BMG erklärt in derselben Stellungnahme, dass von der Medizinischen Universitäten-Verordnung MUVO, BGBl. II Nr. 56/2008, „…ausschließlich Universitäten, an denen Studienabschlüsse in der Humanmedizin für die Ausübung des ärztlichen Berufes erworben werden können…“ betroffen sind. Das BMG weiter: „Nicht erfasst von dieser Verordnung sind Studienabschlüsse in der Zahnmedizin für die Ausübung des zahnärztlichen Berufes…“. Es besteht somit kein legistischer Handlungsbedarf im Bereich des zahnärztlichen Berufsrechts. Schließen Sie sich dieser Feststellung an, dass somit Studierende der Zahnmedizin nach erfolgreicher Absolvierung an einer akkreditierten Privatuniversität, wie z.B. der DPU, in die Zahnärzteliste der Österreichischen Zahnärztekammer eingetragen werden können?

 

13.  Wie bewerten Sie die Problematik, dass aufgrund der fortwährend – teilweise sehr emotional – geführten Akkreditierungsdebatte, mit Zweifeln und Kritik an den Beschlüssen des ÖAR besonders bei den DPU-Studierenden und –Interessenten wie in der Öffentlichkeit Unsicherheit zur Kompetenz des ÖAR und der Ministerialverfahren zur Akkreditierung von Privatuniversitäten geschürt werden?

 

14. Wie beurteilen Sie die Behauptung, dass angeblich laut dem Universitäts-Akkreditierungsgesetz die gesamte Infrastruktur eines Studiums am Beginn desselben und nicht erst im Verlauf, den Studienvoraussetzungen im Semester-Aufbau folgend, gefordert wird?