5491/J XXIV. GP

Eingelangt am 28.05.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Ferdinand Maier

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend nach wie vor ausstehenden Bericht an den Nationalrat über die zur Vollstreckung österreichischer Entscheidungen in anderen Mitgliedsstaaten im Bereich des Verkehrswesens notwendigen Auskunftserteilungen zur Ermittlung der Lenker

Am 21.10.2009 habe ich gemeinsam mit anderen Kolleginnen und Kollegen des ÖVP- Parlamentsklubs als Erstunterzeichner unter fast identem Betreff eine schriftliche parlamentarische Anfrage eingebracht 3362/J (XXIV. GP), die wie folgt begründet war und nachstehende Fragen umfasste:

Um auch ausländische Verkehrssünder wirkungsvoll bestrafen zu können, hat die Europäische Kommission den Rahmenbeschluss 2005/214/JI vom 24.2.2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen erlassen. In Österreich erfolgte die Umsetzung des Rahmenbeschlusses im Rahmen des EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetzes (kurz EU-VStVG, BGBl I 2008/3

v 4.1.2008), in Kraft getreten per 1.3.2008.

Bereits vor zwei Jahren wurden bei Beschlussfassung des Gesetzes Befürchtungen dahingehend geäußert, dass eine Bestrafung ausländischer Verkehrssünder in der Praxis weiterhin daran scheitern könnte, dass keine grenzüberschreitende brauchbare Möglichkeit besteht, im Ausland wohnhafte Fahrzeughalter bzw -lenker auszuforschen und Strafbescheide wirksam zuzustellen.

Daher wurde im Zuge der Vorberatung des EU-VStVG im Verfassungsausschuss des Nationalrats ein Entschließungsantrag angenommen, wonach ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes, also im März 2009, ein Bericht über die Praxis und mögliche Probleme der Vollstreckung österreichischer Entscheidungen in anderen Mitgliedstaaten im Bereich des Verkehrswesens vorzulegen ist.


Dieser Entschließungsantrag, der in der Folge am 5. Dezember 2007 vom Nationalrat beschlossen wurde, hatte folgenden Wortlaut:

Entschließung

Der Bundeskanzler, der Bundesminister für Inneres und der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie werden ersucht, ein Jahr nach Inkrafttreten des EU- Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetzes dem Nationalrat einen Bericht über die zur Vollstreckung österreichischer Entscheidungen in anderen Mitgliedsstaaten im Bereich des Verkehrswesens notwendigen Auskunftserteilungen zur Ermittlung der Lenker zu geben und darin insbesondere die Mitgliedsstaaten der EU anzuführen, in denen damit gehäuft Probleme auftreten. Weiters soll der Bericht Vorschläge enthalten, wie die Gegenseitigkeit bei der Halter- und Lenkerermittlung sowie der Vollstreckung von Entscheidungen in diesem Zusammenhang gewährleistet werden kann."

Im Bericht des Landesrechnungshofes Salzburg über die Abwicklung von Verkehrsstrafen in der BH Hallein[1] wird deutlich dargelegt, dass im Jahr 2007 von den rund 300.000 im Land Salzburg festgestellten Verkehrsdelikten rund 50.000 ungestraft blieben, weil gegen ausländische Lenker in ihren Heimatstaaten nicht vorgegangen werden kann.

Österreich hat mit Deutschland[2] und Italien[3] bilaterale Amts- und Rechtshilfeabkommen abgeschlossen. Umgekehrt sind die österreichischen Behörden aber gem § 86 Abs 3 KFG gegenüber allen Behörden der Vertragsstaaten des Wiener Übereinkommens zur Halter- und Lenkerdatenauskunft verpflichtet. Aus der Praxis wird jedoch berichtet, dass ausländische Behörden mit Ausnahme von Deutschland und der Schweiz kaum Daten an österreichische Behörden übermitteln.

Von den heimischen Autofahrern wird kritisiert, dass ihre Daten zum Zwecke der Bestrafung ins Ausland weiter gegeben werden, umgekehrt aber ausländische Verkehrssünder in den meisten Fällen nicht zur Verantwortung gezogen und bestraft werden können. Im o.g. Entschließungsantrag zum EU-VStVG wird ebenfalls gefordert, dass der Bericht Vorschläge enthalten soll, wie die Gegenseitigkeit bei der Halter- und Lenkerermittlung sowie der Vollstreckung von Entscheidungen gewährleistet werden kann.

Auch der Europäischen Kommission sind die Unzulänglichkeiten bei der grenzüberschreitenden Strafverfolgung bewusst, weswegen ein Richtlinien-Entwurf zur Erleichterung der grenzübergreifenden Durchsetzung von Verkehrssicherheitsvorschriften[4] präsentiert wurde. Nach den den unterfertigten Abgeordneten vorliegenden Informationen hat die Federführung über die Erstellung des Berichtes die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie inne.

Da dieser Bericht dem Nationalrat bis heute nicht vorgelegt wurde, richten die unterfertigten Abgeordneten aus Gründen der Verkehrssicherheit an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie nachstehende

Anfrage

1.) Wann ist mit der Vorlage des oben genannten Berichts an den Nationalrat zu rechnen? 2.) Womit begründen Sie die Verzögerung der Vorlage?

2.) Zeichnen sich, falls der Bericht bereits vorbereitet wurde, bereits Erfahrungen mit der Auskunftserteilung zur Ermittlung verkehrsauffälliger ausländischen Lenker ab?

3.) Wird in dem oben genannten Bericht dargelegt, welche Mitgliedstaaten Halter- und Lenkerdaten an österreichische Behörden übermitteln und welche nicht?

4.) Wie stehen Sie zu der Überlegung, in § 86 Abs 3 KFG eine materielle Gegenseitigkeitsklausel zu verankern, wonach ausländischen gerichtlichen Vollstreckungsersuchen nur dann zu entsprechen ist, wenn gewährleistet ist, dass auch der ersuchende Staat einem gleichartigen österreichischen Ersuchen entsprechen würde?

5.) Werden Sie sich für eine rasche EU-weite Lösung verwenden und die Arbeiten am genannten Richtlinien-Entwurf vorantreiben?

6.) Wollen Sie bis zu einem Zustandekommen einer EU-weiten Lösung bilaterale Abkommen vor allem mit den Nachbarländern Österreichs und Polen abschließen, damit der dringend notwendige Datenaustausch auf diesem völkerrechtlichen Wege endlich rasch zustande kommt?"

Am 21.12.2009 wurde diese Anfrage von der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie unter 3420/AB (XXIV. GP) schriftlich beantwortet:



Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Maier, Kolleginnen und Kollegen haben am 21. Oktober 2009 unter der Nr. 3362/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend ausstehender Bericht an den Nationalrat über die zur Vollstreckung österreichischer Entscheidungen in anderen Mitgliedsstaaten im Bereich des Verkehrswesens notwendigen Auskunftserteilungen zur Ermittlung der Lenker gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1 bis 3:

Ø  Wann ist mit der Vorlage des oben genannten Berichts an den Nationalrat zu rechnen?

Ø  Womit begründen Sie die Verzögerung der Vorlage?

Ø  Zeichnen sich, falls der Bericht bereits vorbereitet wurde, bereits Erfahrungen mit der Auskunftserteilung zur Ermittlung verkehrsauffälliger ausländischer Lenker ab?

Von meinem Ressort wurden in Bezug auf das EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz

und die damit zusammenhängenden bisherigen Erfahrungen, Stellungnahmen sämtlicher

Bundesländer eingeholt.

Die Endredaktion wird derzeit gemeinsam mit dem BKA vorgenommen. Zur verzögerten

Beantwortung kam es, weil regelmäßig neue Erfahrungsberichte der Länder einlangen, die in

den Bericht noch Eingang finden sollen. Mit der Vorlage des Berichtes ist aber in Kürze zu

rechnen.

Hinsichtlich der praktischen Erfahrungen bei der Ermittlung von Halter- und Lenkerdaten möchte ich festhalten, dass bereits die Ermittlung der Halter von ausländischen Fahrzeugen äußerst schwierig und in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht möglich ist.

Zu Frage 4:

Ø  Wird in dem oben genannten Bericht dargelegt, welche Mitgliedstaaten Halter- und Lenkerdaten an österreichische Behörden übermitteln und welche nicht?

Soweit konkrete Erfahrungen mit einzelnen Ländern vorliegen, werden diese im Bericht dargelegt.

Zu Frage 5 und 7:

Ø  Wie stehen Sie zu der Überlegung, in § 86 Abs. 3 KFG eine materielle Gegenseitigkeitsklausel zu verankern, wonach ausländischen gerichtlichen Vollstreckungsersuchen nur dann zu entsprechen ist, wenn gewährleistet ist, dass auch der ersuchende Staat einem gleichartigen österreichischen Ersuchen entsprechen würde?

Ø  Wollen Sie bis zu einem Zustandekommen einer EU-weiten Lösung bilaterale Abkommen vor allem mit den Nachbarländern Österreichs und Polen abschließen, damit der dringend notwendige Datenaustausch auf diesem völkerrechtlichen Wege endlich rasch zustande kommt?


§ 86 Abs 3 KFG beinhaltet die Ermächtigung zur Auskunft von Lenkerdaten, bezieht sich jedoch nicht auf die Vollstreckung. Um eine entsprechende Gegenseitigkeit der Auskunftserteilung zu gewährleisten ist geplant, dem Europäischen Fahrzeug- und Führerscheininformationssystem EUCARIS beizutreten und nach einem solchen Beitritt durch Abschluss von bilateralen Vereinbarungen mit den jeweiligen Staaten die Gegenseitigkeit von Auskunftserteilungen sicherzustellen.

Zu Frage 6:

Ø  Werden Sie sich für eine rasche EU-weite Lösung verwenden und die Arbeiten am genannten Richtlinien-Entwurf vorantreiben?

Letztmalig wurde der Richtlinienentwurf unter französischer Ratspräsidentschaft beraten; letztlich wurde er aber aufgrund der Ablehnung durch eine Mehrheit der Mitgliedstaaten nicht weiter verfolgt. Sollten die Beratungen durch künftige Ratspräsidentschaften wieder aufgenommen werden, werden die Arbeiten wie bereits bisher unterstützt werden."

Der vom Nationalrat ersuchte Bericht ist nunmehr seit einem Jahr überfällig, seit der zitierten parlamentarischen Anfrage ist ein halbes Jahr vergangen, ohne dass den Mandataren eine auch nur informelle Benachrichtigung zugegangen wäre, dass es zu weiteren erheblichen Verzögerungen kommt. Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage:

1.) Wann ist konkret mit der Vorlage des oben genannten Berichts an den Nationalrat zu

rechnen?

2.) In der Anfragebeantwortung teilen Sie mit, dass mit der Vorlage des Berichtes in Kürze" zu rechnen sei. Was verstehen Sie unter in Kürze"?

3.) Haben Sie inzwischen von allen Bundesländern Eingaben erhalten?

4.) Wenn ja, woran scheitert die Weiterleitung des Berichts an den Nationalrat?

5.) Wenn nein, welche Bundesländer sind ausständig?


6.) In Ihrer Anfragebeantwortung machen Sie weitere Aktivitäten auf EU-Ebene von künftige

Ratspräsidentschaften abhängig. Welche Möglichkeiten sehen Sie noch, damit eine rasch

EU-weite Lösung zustande kommt?

7.) Halten Sie es für gerechtfertigt, Fristen des Nationalrates hinsichtlich einer

Berichterstattung um eine solch große Zeitspanne zu überschreiten?

8) Haben Sie in Anbetracht der Verzögerung erwogen, einen Zwischenbericht an den

Nationalrat abzuliefern?



[1] Jänner 2009, LRH - 3-117/8 - 2008, http://www.salzburg.gv.at/bh-hallein.pdf,

[2] Vertrag zwischen Österreich und Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen vom 18.7.1990, BGBl 526/1990 (kurz: Verwaltungsabkommen); zum unklaren Schicksal des Verwaltungsabkommens nach Umsetzung des RB durch Deutschland vgl Pronebner, EU-VStVG, ZVR 2008/89.

[3] BGBl Nr 406/1990.

[4] KOM (2008) 151 bzw 2008/0062/COD.