5893/J XXIV. GP

Eingelangt am 28.06.2010
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend Brutaler Überfall mit schwerer Körperverletzung  durch Exekutivbeamten

 

Am 17.6. 2010 kam es in und vor dem Wachzimmer Trillergasse zu einem  derart brutalen Vorfall und Übergriff durch Exekutivbeamte, dass wir hier das Gedächtnisprotokoll, das Herr P. angefertigt hat, in vollem Umfang wiedergeben wollen. Wir haben leider keinen Grund, an der Darstellung von Herrn P. zu zweifeln. Im Gegenteil: uns liegen Fotos des am Boden liegenden Herrn P. vor, aufgenommen von seiner Frau, die dem um Hilfe Rufenden nur durch die Verständigung der Rettung  bzw. des Anwalts helfen konnte.

Sachverhalt 17.6.2010

1210 Wien, Wachzimmer Trillergasse

E.P.

1210 Wien

Pensionist

 

Gedächtnisprotokoll 17.6.2010, 18:00 Uhr

Ich hatte heute, den 17.6.2010 einen Termin beim Zahnarzt, wo mich meine Gattin

mit dem Auto hin brachte. Das Auto wurde von meiner Frau am 16.6.2010 vor der

Trillergasse 2, ordnungsgemäß auf den hiefür vorgesehenen und markierten

Schrägparkplätzen abgestellt, jedoch befand sich in der Windschutzscheibe eine

Organstrafverfügung über EUR 21,- mit der Begründung, dass das Fahrzeug um

02.42 Uhr insofern vorschriftswidrig abgestellt war, dass es nicht parallel zum

Fahrbahnrand abgestellt war.

Ein Anruf bei der MA 67 ergab, dass die Organstrafverfügung von der Polizei

ausgestellt worden war. Aus diesem Grund ging ich gemeinsam mit meiner Frau in

das Wachzimmer Trillergasse um nachzufragen, warum für ein ordnungsgemäß

abgestelltes Fahrzeug eine Organstrafverfügung ausgestellt wurde.

Ein junger, freundlicher Polizeibeamter sah sich die Organstrafverfügung an und

sagte, dass diese von einem Kollegen ausgestellt worden sei, dieser aber nicht mehr

im Dienst sei. Meine Frau und ich wollten das Wachzimmer verlassen, meine Frau

ging vor, als ein älterer Polizeibeamter aus einem Nebenzimmer kam und mich

aufforderte zurück zu kommen, er wolle mit mir reden. Er beschimpfte mich als

Sozialschmarotzer und Querulant, worauf ich das Wachzimmer verließ. Der ältere

Beamte jedoch lief mir nach, packte mich an der linken Hand und schrie : „Kumm

eina do, jetzt zag i da wie mit so Oarschlecha wia dia umgengan“. Der Beamte

schlug nach mir und ich lief auf die Strasse und rief um Hilfe. Der jüngere

Polizeibeamte lief mir nach und hielt mich fest. Dann kam der ältere Polizeibeamte

nach, packte mich und stieß mich gegen die Mauer neben dem Eingang zum

Wachzimmer. Er war wie von Sinnen und schrie, dass er mich umbringen werde,

dass er endlich heute Ruhe schaffen werde. Er drehte mir die rechte Hand auf den

Rücken und versetzte mir einen Stoß, sodass ich zu Boden stürzte. Ich fiel dabei auf

die etwa 40 cm hohe Mauer und dann auf den Gehsteig, wo ich mit dem Hinterkopf

aufschlug und benommen liegen blieb. Der ältere Polizeibeamte trat mir mit dem Fuß

in den Bauch und beschimpfte mich laut schreiend. Er rastete vollkommen aus und

schrie, dass er mich umbringen werde. Ich hatte Angst um mein Leben und um das

meiner Frau.

Ich bin 2008 an Darmkrebs im Endstadium mit Metastasenbildung im Bauchraum

und Beckenbereich erkrankt. Meine Überlebenschance betrug keine 10 Prozent. In

zwei Notoperationen wurde mir Dickdarm, Lymphknoten, Teile des kleinen Beckens,

der Schließmuskel und Gewebeteile im Bauraum und Becken entfernt, ich habe seit

12.7.2008 einen künstlichen Darmausgang. Chemo- und Strahlentherapien haben

die Nervenbahnen geschädigt, ich bin laut Gutachten des Bundessozialamtes zu

70 % körperbehindert. Behindertenpass ist in Kopie beigefügt. Ich wurde mit 19.11.2008 pensioniert.

Durch den Sturz und den Tritt in meinen Bauch schob sich meine Joggingjacke und

das T-Shirt hoch und der alte Polizeibeamte sah die Operationsnarben und den

künstlichen Darmausgang. Ich lag vor ihm auf dem Boden und konnte nicht mehr

aufstehen, ich hatte durch den Tritt fürchterliche Schmerzen im Bauch und konnte

mich nicht mehr aufrichten.

Ich verlangte nach der Rettung, ich hatte Angst um mein Leben, da ich innere

Blutungen durch den Tritt befürchtete. Da sah ich meine Frau und bat sie die Rettung

anzurufen. Ich bat auch die inzwischen 3 um mich stehenden Polizeibeamten die

Rettung zu verständigen und sagte ausdrücklich, dass ich an Krebs erkrankt sei.

Der ältere Polizeibeamte sagte erst, dass ich keine Rettung mehr brauche, da er

mich umbringen werde, sah jedoch dann dass meine Frau telefonierte und sagte zu

mir, dass ich wegen offener Strafbeträge in Höhe von EUR 400,- festgenommen sei

und eingesperrt werde. Er beschimpfte mich als Sozialschmarotzer, Querulant,

Drecksau und ähnliche Schimpfworte.

Meine Frau, die aus Angst vor den Polizeibeamten einige Meter weg stand hat Fotos

angefertigt, worauf der ältere Polizeibeamte den beiden jüngeren befahl, „der

Schlampe den Fotoapparat wegzunehmen“. Der junge Polizeibeamte wollte mit

meiner Frau den Fotoapparat wegnehmen, doch meine Frau gab diesen nicht her

und sagte, dass sie nunmehr unseren Rechtsanwalt Dr. Marcus Januschke anrufen

werde. Daraufhin ließ der junge Polizeibeamte von meiner Frau ab und meine Frau

verständigte Dr. Januschke von dem Vorfall, welcher am Telefon sofort sagte, dass

die Polizei meiner Frau die Kamera nicht wegnehmen dürfe.

Der ältere Polizeibeamter war weiter wie von Sinnen, er schrie, dass er mich

einsperren würde, ich festgenommen sei und nunmehr in „richtigen Händen“ sei. Er

hielt Papiere in seinen Händen und schrie immer wieder „Du wirst eingesperrt, du

Drecksau“. Als sich nach schier unendlicher Zeit endlich die Rettung näherte, drückte

der alte Polizeibeamte einem der jüngeren die Zettel in die Hand, schrie noch einmal

„einsperren die Drecksau“, dann rannte er über die Fahrbahn, stieg in einen

goldbraunmetallic farbigen Seat (SUV) und fuhr weg.

Der Notarzt verfügte, nach einer kurzen Untersuchung die sofortige Einlieferung in

ein Unfallspital und wurde ich das Krankenhaus Floridsdorf gebracht und

Hautabschürfungen und blutende Wunden an der rechten Hand und rechten Knie

versorgt sowie Röntgen und Ultraschalluntersuchung vorgenommen. Aufgrund

meiner Krebserkrankung und der schweren Operationen empfahl mir der Arzt mich

unverzüglich mit dem AKH für allfällige weitere Untersuchungen in Verbindung zu

setzen, da er nur schwer eine Diagnose stellen könne. Der Arzt schloss innere

Verletzungen nicht aus und empfahl eine Computertomografie im AKH.

Durch die Attacke des Polizeibeamten wurde ich an der rechten Hand

(Abschürfungen und 2 blutende Wunden), am rechten Knie (Abschürfungen), am

Hinterkopf durch den Aufschlag und im Bauchbereich durch den Tritt des

Polizeibeamten verletzt.

Nachdem mir vom Arzt eine erhöhte Dosis des Schmerzmittels Tradolan verabreicht

wurde, konnte ich nach einer Stunde unter großen Schmerzen aufstehen und

gestützt durch meine Frau mit dem Taxi nach Hause fahren.

Ich leide unter starken Kopfschmerzen, Schmerzen im rechten Knie, starken

stechenden Schmerzen im Bauchbereich und gehe morgen, den 18.6.2010 zur

Untersuchung zu Univ. Prof. Dr. Anton Stift, meinem Operateur und Lebensretter.

Fotos von der „Amtshandlung“ und Verletzungen beigefügt. Meine Frau war die

gesamte Zeit Zeugin des Vorfalls.

Ich bin offiziell seit 17.6.2010 13 Uhr festgenommen! Aufgrund mehrmaliger

ernstzunehmender Drohungen des älteren Polizeibeamten habe ich Angst die

Wohnung zu verlassen und befürchte von Polizeibeamten erschossen (getötet) zu

werden. Ich habe auch Angst um das Leben meiner Frau und meiner Familie.

Wien, 17.6.2010

E. P.

 

Zusätzlich zum Gedächtnisprotokoll sei hier noch auf die möglichen Hintergründe für diesen unglaublichen Aggressionsakt hingewiesen.

Die Vorgeschichte:

Im Jahr 2007 wurde der Sohn von Hrn. P., der sein Moped auf einen Parkplatz schob, von einer Polizeistreife angehalten und wegen mehrerer Verwaltungsdelikte  angezeigt.

Hr. P., der von seinem Sohn auf eine mögliche Alkoholisierung  eines der beteiligten Polizisten hingewiesen wurde, verständigte in der Folge den Journaldienst  der Bundespolizeidirektion Wien.

Ein Amtsarzt stellte daraufhin bei dem betroffenen Polizeibeamten die Dienstfähigkeit und Fahrtüchtigkeit fest, ohne bei ihm einen Alkotest durchzuführen (stattdessen ein „Drogentest“).

Die Konsequenz war, dass  das Polizeikommissariat Floridsdorf am 7.8.2007 Anzeige (GZ: D1/352335/2007) gegen Hrn. P., seinen Sohn  und die jugendlichen Zeugen wegen des Verdachtes auf Verleumdung erstattete.

 

Alle Verdächtigten wurden vom Bezirksgericht Floridsdorf vom Vorwurf der Verleumdung freigesprochen. Das Urteil ist rechtskräftig..

 

Mit 15.1.2010  erstattete Hr. P. daher Anzeige  gegen beteiligte Polizeibeamte und den Amtsarzt wegen des Verdachtes auf Amtsmissbrauch und falsche Zeugenaussagen.

 

Soweit die Vorgeschichte und der Ablauf der Ereignisse am 17.6.2010 , die wir hier aus den Unterlagen von Hrn. P. wiedergeben.

 

Der Nachtrag:

 

Ergänzend sei hier hinzugefügt, dass Hr. P . im Verlauf der Ereignisse am 17.6.2010, die wir nicht als Amtshandlung, sondern nur als brutalen Überfall eines ausgerasteten Exekutivbeamten bezeichnen können,  zunächst festgenommen wurde, der  Polizeibeamte, der die Festnahme aussprach bzw. vorher auf den krebskranken Hrn.  P.  eingeprügelt hatte, aber den Ort  des Überfalls verließ, indem er einen PKW (Marke: vermutlich SEAT, braungoldmetallic) bestieg und davonfuhr.

 

Hr. P.  wurde mit einem Rettungsfahrzeug in die Unfallabteilung des KH Floridsdorf gebracht und dort erstbehandelt.

Am folgenden Tag, 18.6.2010, wurde Herr P. in der Chirurgischen Ambulanz des AKH von Univ. Prof. Dr. Stift untersucht und dabei festgestellt,  dass die Narbe am Bauch in einer Länge von etwa 5 cm gerissen ist (Narbenbruch) sowie Blutungen in der Bauchdecke bestehen.

Hr. P. berichtet  weiters von Verletzungen an der rechten Hand, dem rechten Knie - am Hinterkopf eine Beule vom Sturz, sowie Hämatome am linken Oberarm.

 

Hr. P., ein schwerkranker Mann, hat durch den Überfall eines offensichtlich völlig ausgerasteten Polizeibeamten- auf der Wachstube (!!) -  schwere Verletzungen erlitten. Das ist das eine. Das andere ist, dass Hr. P. und seine Familie sich berechtigte Sorgen um ihre Sicherheit machen. Üblicherweise ruft man, wenn man sich bedroht fühlt, die Polizei zu Hilfe. Im Fall von Hrn. P.  sind Polizeibeamte die Täter (und die Mitbeteiligten) !

 

Wir erwarten uns, dass die Behörde bzw. Sie als Ressortverantwortliche  für  vollständige Aufklärung  und Öffentlichkeit sorgen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

 

1)    Gibt es eine Darstellung der geschilderten Ereignisse vom 17.6.2010 durch  beteiligte  bzw. anwesende Exekutivbeamte? Wenn ja,  wie werden darin die Abläufe geschildert?

 

2)    Wurde eine Behörde Ihres Ministeriums mit der Untersuchung der Vorfälle vom 17.6.2010 befasst?  Wenn ja, welche und wann?

 

 

3)    Wurde der beschuldigte Exekutivbeamte (bzw. die Mitbeteiligten)  mittlerweile vom Dienst suspendiert? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht?

4)    Wurde tatsächlich die Festnahme von Hrn. P. am 17.6.2010 ausgesprochen? Wenn ja,

a)    von wem?

b)    Warum?

c)    Wurde sie vollzogen?

d)    Wie  ist eine ausgesprochene Festnahme zu bewerten, die nicht vollzogen wurde, weil der betreffende Exekutivbeamte  in seinem PKW flüchtete und das Opfer (der Festgenommene) von der Rettung zur Erstversorgung abtransportiert werden musste?

 

5)    Wurde Ihnen bzw. Ihrer Behörde mittlerweile eine oder mehrere Sachverhaltsdarstellungen bzw. Anzeigen zu dem geschilderten Vorfall übermittelt? 

Wenn      ja,

a)    durch wen

b)    wann

c)    und mit welcher Verdachtslage?

 

6)    Wird gegen den hauptbeteiligten bzw. die mitbeteiligten Exekutivbeamten ermittelt?

a)    Wenn ja, wegen welcher Verdachtslage(n)?

b)    Wenn nein, warum nicht?

 

7)    Welche Schritte werden Sie in der betreffenden Angelegenheit setzen bzw. haben Sie gesetzt?

 

8)    Werden Sie sich bei dem Opfer – stellvertretend für den (die) beteiligten Beamten – entschuldigen oder sehen Sie Gründe, die diese Form einer „Amtshandlung“ rechtfertigen ?

 

9)    In welcher Form  werden Sie  bzw. Ihre Behörde Wiedergutmachung leisten?

 

10)  Wurden wegen der im Betreff geschilderten Vorfälle (Anzeige wegen Verleumdung bzw. Freispruch vom Vorwurf der Verleumdung bzw. Anzeige wegen falscher Zeugenaussage und Verdacht des Amtsmissbrauchs) disziplinäre  Schritte gegen die beteiligten (bzw. verdächtigten) Exekutivbeamten eingeleitet? Wenn ja, wann und mit welchen Konsequenzen?  Wenn nein, warum nicht ?

 

11)  Wurden wegen der in Frage 10) geschilderten Vorfälle Ermittlungen durch Behörden Ihres Ressorts durchgeführt? Wenn ja, mit welchen Konsequenzen? Wenn nein, warum nicht?