5927/J XXIV. GP

Eingelangt am 06.07.2010
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Korun, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend Sicherung der unabhängigen Rechtsberatung im Asylverfahren

 

Der Rechtsberatung im Asylverfahren kommt zentrale Bedeutung zu, da sie für AsylwerberInnen unter dem verschärften Fremdenrechtsregime oft die einzige Chance zur Wahrung ihrer Rechte darstellt. Durch die gezielte Vergabe der Rechtsberatung an bestimmte Organisationen kann das Innenministerium neben den bereits bestehenden gesetzlichen Restriktionen großen faktischen Einfluss auf die Effizienz der Rechtsberatung nehmen, da AsylwerberInnen außerhalb der Rechtsberatung kaum andere Möglichkeit haben, rechtliche Informationen zu bekommen. 2009 erhielt der ministeriumsnahe Verein Menschenrechte Österreich („VMÖ“) den Zuschlag für die Rechtsberatung, was aufgrund deren bisheriger verneinender Einstellung zu Rechtsberatung kritisch erscheint. Auch wurde von der Innenministerin bekanntgegeben, dass das BMI nur noch Projekte fördern will, die „rasch Rechtssicherheit schaffen“ (APA 8.4.2009). Es bleibt unklar, was dies genau für die Qualität der künftigen Rechtsberatungsprojekte bedeuten soll.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

  1. Wie viele Stunden Rechtsberatung im Asylverfahren werden insgesamt pro Jahr (insbesondere 2007, 2008, 2009, 2010) öffentlich gefördert, wie viele davon im Rahmen nationaler Förderung durch das BMI, wie viel aus Mitteln des Europäischen Flüchtlingsfonds („EFF“) und Kofinanzierung durch das BMI, aufgeschlüsselt nach Rechtsberatung im Zulassungsverfahren, am Bundesasylamt und Vertretung am Asylgerichtshof?

 

  1. Wie haben Sie durch die Förderungen gemäß dem Projektaufruf 2008 (EFF, BMI) sichergestellt, dass AsylwerberInnen in den Bundesländern Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Vorarlberg und Kärnten rechtliche Hilfe gemäß EU-Verfahrensrichtlinie (Rechtsberatung) in Anspruch nehmen konnten?

 

  1. Wie haben Sie durch die Förderungen gemäß dem Projektaufruf 2009 (EFF + BMI) und durch nationale Förderung sichergestellt, dass AsylwerberInnen in den Bundesländern Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Vorarlberg, Kärnten, Burgenland, Wien und Niederösterreich rechtliche Hilfe gemäß der EU-Verfahrensrichtlinie in Anspruch nehmen konnten?

 

  1. War eine kürzere als die vom BMI empfohlene Projektlaufzeit ausschlag­gebend für eine ablehnende Entscheidung bei der Vergabe? Wenn ja, warum wurde dies nicht eindeutig bei der Ausschreibung angeführt?

 

  1. Aufgrund welcher Überlegungen/Berichte/Informationen wurde in den Leitlinien zum Projektaufruf des EFF 2009 von 1500 Beratungen im Asylverfahren ausgegangen, wenn die positiven Entscheidungen allein im Beschwerdeverfahren im Jahr 2009 rund 1500 betragen und die Projektlaufzeit von 18 Monaten erwünscht war?

 

  1. Welche Projektzuschläge hat der Verein Menschenrechte Österreich (VMÖ) wann für die Rechtsberatung erhalten und wie viele Mittel dafür stammten aus welchen Fördergeldern (EFF, Rückkehrfonds, BMI-Mittel)?

 

  1.  Weshalb erhielt der VMÖ (Projektaufruf 2009) den Zuschlag für die Rechtsberatung, obwohl der Verein in der Vergangenheit keinerlei Rechtsberatung anbot?

 

  1. Wie ist gewährleistet, dass der VMÖ eine flächendeckende und hinreichende Rechtsberatung leisten wird, wenn er nur 6 JuristInnen beschäftigt?

 

  1. An welchen Orten und wie wird die Rechtsberatung nun durch den VMÖ wahrgenommen werden?

 

  1. Welche berufliche Qualifikation haben die MitarbeiterInnen im Projekt „Die AsylberaterInnen“?

 

  1. Ist in den beauftragten Projekten, so auch im Projekt „Die AsylberaterInnen“ des VMÖ, Qualitätssicherung vorgesehen? Wenn ja, durch welche Maßnahmen konkret?

 

  1. In welchem Ausmaß ist auch das Verfassen von Rechtsmitteln Ziel des Projekts „Die AsylberaterInnen“? Wie stellt sich dies im Verhältnis zu den anderen Projektzielen dar?

 

  1. Wie wird bei diesem Projekt sichergestellt, dass BeraterInnen ohne Praxiserfahrung in der asylrechtlichen Beratung eine adäquate Aus- und Weiterbildung erhalten?

 

  1. Welche Sprachen der AsylwerberInnen werden durch die MitarbeiterInnen des Projekts „Die AsylberaterInnen“ abgedeckt und für welche Sprachen und in welchem Stundenausmaß ist die Beiziehung von DolmetscherInnen vorgesehen?

 

  1. Stellt das BMI sicher, dass die an den VMÖ vergebenen Projekte „Die AsylberaterInnen“ bzw. „Rückkehrberatung“ personell als auch ressourcenmäßig getrennt geführt werden?

      a) Falls ja, wie?

      b) Falls nein, wie wollen Sie sicherstellen, dass hier nicht Mittel und Personal             zweckwidrig bzw. zur Quersubventionierung verwendet werden?

 

  1. Warum wurden die Ergebnisse des Projekts „Qualitätssicherung des erstinstanzlichen Asylverfahrens“ unter der Leitung des Ludwig Boltzmann-Instituts (EFF 2006, 2007) bis dato nicht veröffentlicht?

 

  1. Wann werden Sie die Veröffentlichung der Qualitätssicherungsberichte nachholen?

 

  1. Stimmt es, dass Sie bei der Internationalen Organisation für Migration („IOM“) ausständige Beiträge des VMÖ zu den Flugkosten beglichen haben? Falls ja, in welcher Höhe und hat der VMÖ diese offenen Beträge an das BMI refundiert?

 

  1. Wie ist Ihre Aussage zu verstehen, dass Sie nur noch Projekte fördern wollen, die „rasch Rechtssicherheit schaffen“ (APA 8.4.2009)? Verstehen Sie unter rascher Rechtssicherheit das Abraten vom Einlegen eines Rechtsmittels?

      a) Falls nein, was dann?

 

  1. Gehen Sie davon aus, dass das Schaffen rascher Rechtssicherheit bei AsylwerberInnen auch dadurch erzielt wird, dass RechtsberaterInnen entgegen dem Wunsch des Asylwerbers/der Asylwerberin nicht beim Einlegen eines Rechtsmittels behilflich sind?

 

  1. War die Bereitschaft, „rasch Rechtssicherheit zu schaffen“, ein Vergabe­kriterium bei der Projektauswahl?

 

  1. Wie erfolgt die Anreise von Rückkehrwilligen bis zur Grenze, die keine Reisekostenübernahme durch das BMI erhalten? Werden solche Personen vom VMÖ an die Grenze befördert? Wer trägt in diesem Fall die Transportkosten?

 

  1. Ist die folgende Formulierung „Entgegen bestehender Tendenzen, wonach Schutzsuchende ohne Aussicht auf Erfolg durch falsch verstandene Hilfeleistungen in Verfahren gedrängt werden, besteht Bedarf an nützlicher, sachlicher Hilfe, die aber auch darin besteht, rechtzeitig auf eine mögliche Chancenlosigkeit in Bezug auf das Verfahren aufmerksam zu machen.“ in den Leitlinien zum EFF bzw. dem Projektaufruf 2009 zurückzuführen auf Evaluationsergebnisse über die Tätigkeit der FlüchtlingsberaterInnen im Sinne des § 66 AsylG?

  a) Falls ja, in wie vielen Fällen erfolgte laut Evaluierung eine „falsch         verstandene Hilfeleistung“ bzw. wie viele Schutzsuchende wurden durch    FlüchtlingsberaterInnen „in aussichtslose Verfahren gedrängt“? Wie wurde         das dokumentiert?