Eingelangt am 06.07.2010
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ANFRAGE
der Abgeordneten Korun, Freundinnen und
Freunde
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend Sicherung der unabhängigen Rechtsberatung
im Asylverfahren
Der
Rechtsberatung im Asylverfahren kommt zentrale Bedeutung zu, da sie für
AsylwerberInnen unter dem verschärften Fremdenrechtsregime oft die einzige
Chance zur Wahrung ihrer Rechte darstellt. Durch die gezielte Vergabe der
Rechtsberatung an bestimmte Organisationen kann das Innenministerium neben den bereits
bestehenden gesetzlichen Restriktionen großen faktischen Einfluss auf die
Effizienz der Rechtsberatung nehmen, da AsylwerberInnen außerhalb der
Rechtsberatung kaum andere Möglichkeit haben, rechtliche Informationen zu
bekommen. 2009 erhielt der ministeriumsnahe Verein Menschenrechte
Österreich („VMÖ“) den Zuschlag für die
Rechtsberatung, was aufgrund deren bisheriger verneinender Einstellung zu
Rechtsberatung kritisch erscheint. Auch wurde von der Innenministerin
bekanntgegeben, dass das BMI nur noch Projekte fördern will, die „rasch
Rechtssicherheit schaffen“ (APA 8.4.2009). Es bleibt unklar, was dies
genau für die Qualität der künftigen Rechtsberatungsprojekte
bedeuten soll.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen
daher folgende
ANFRAGE:
- Wie viele
Stunden Rechtsberatung im Asylverfahren werden insgesamt pro Jahr
(insbesondere 2007, 2008, 2009, 2010) öffentlich gefördert, wie
viele davon im Rahmen nationaler Förderung durch das BMI, wie viel
aus Mitteln des Europäischen Flüchtlingsfonds
(„EFF“) und Kofinanzierung durch das BMI, aufgeschlüsselt
nach Rechtsberatung im Zulassungsverfahren, am Bundesasylamt und
Vertretung am Asylgerichtshof?
- Wie haben Sie durch
die Förderungen gemäß dem Projektaufruf 2008 (EFF, BMI) sichergestellt,
dass AsylwerberInnen in den Bundesländern Oberösterreich,
Salzburg, Tirol, Vorarlberg und Kärnten rechtliche Hilfe
gemäß EU-Verfahrensrichtlinie (Rechtsberatung) in Anspruch
nehmen konnten?
- Wie haben Sie
durch die Förderungen gemäß dem Projektaufruf 2009 (EFF +
BMI) und durch nationale Förderung sichergestellt, dass
AsylwerberInnen in den Bundesländern Oberösterreich, Salzburg,
Tirol, Vorarlberg, Kärnten, Burgenland, Wien und
Niederösterreich rechtliche Hilfe gemäß der EU-Verfahrensrichtlinie
in Anspruch nehmen konnten?
- War eine
kürzere als die vom BMI empfohlene Projektlaufzeit ausschlaggebend
für eine ablehnende Entscheidung bei der Vergabe? Wenn ja, warum
wurde dies nicht eindeutig bei der Ausschreibung angeführt?
- Aufgrund
welcher Überlegungen/Berichte/Informationen wurde in den Leitlinien zum
Projektaufruf des EFF 2009 von 1500 Beratungen im Asylverfahren
ausgegangen, wenn die positiven Entscheidungen allein im
Beschwerdeverfahren im Jahr 2009 rund 1500 betragen und die
Projektlaufzeit von 18 Monaten erwünscht war?
- Welche
Projektzuschläge hat der Verein Menschenrechte Österreich
(VMÖ) wann für die Rechtsberatung erhalten und wie viele Mittel dafür
stammten aus welchen Fördergeldern (EFF, Rückkehrfonds,
BMI-Mittel)?
- Weshalb
erhielt der VMÖ (Projektaufruf 2009) den Zuschlag für die
Rechtsberatung, obwohl der Verein in der Vergangenheit keinerlei
Rechtsberatung anbot?
- Wie ist
gewährleistet, dass der VMÖ eine flächendeckende und
hinreichende Rechtsberatung leisten wird, wenn er nur 6 JuristInnen
beschäftigt?
- An welchen Orten
und wie wird die Rechtsberatung nun durch den VMÖ wahrgenommen
werden?
- Welche
berufliche Qualifikation haben die MitarbeiterInnen im Projekt „Die
AsylberaterInnen“?
- Ist in den
beauftragten Projekten, so auch im Projekt „Die
AsylberaterInnen“ des VMÖ, Qualitätssicherung vorgesehen?
Wenn ja, durch welche Maßnahmen konkret?
- In welchem
Ausmaß ist auch das Verfassen von Rechtsmitteln Ziel des Projekts
„Die AsylberaterInnen“? Wie stellt sich dies im
Verhältnis zu den anderen Projektzielen dar?
- Wie wird bei
diesem Projekt sichergestellt, dass BeraterInnen ohne Praxiserfahrung in
der asylrechtlichen Beratung eine adäquate Aus- und Weiterbildung
erhalten?
- Welche
Sprachen der AsylwerberInnen werden durch die MitarbeiterInnen des
Projekts „Die AsylberaterInnen“ abgedeckt und für welche
Sprachen und in welchem Stundenausmaß ist die Beiziehung von
DolmetscherInnen vorgesehen?
- Stellt das BMI
sicher, dass die an den VMÖ vergebenen Projekte „Die AsylberaterInnen“
bzw. „Rückkehrberatung“ personell als auch
ressourcenmäßig getrennt geführt werden?
a) Falls ja, wie?
b) Falls nein, wie wollen Sie
sicherstellen, dass hier nicht Mittel und Personal zweckwidrig
bzw. zur Quersubventionierung verwendet werden?
- Warum wurden
die Ergebnisse des Projekts „Qualitätssicherung des
erstinstanzlichen Asylverfahrens“ unter der Leitung des Ludwig
Boltzmann-Instituts (EFF 2006, 2007) bis dato nicht veröffentlicht?
- Wann werden
Sie die Veröffentlichung der Qualitätssicherungsberichte
nachholen?
- Stimmt es,
dass Sie bei der Internationalen Organisation für Migration
(„IOM“) ausständige Beiträge des VMÖ zu den
Flugkosten beglichen haben? Falls ja, in welcher Höhe und hat der
VMÖ diese offenen Beträge an das BMI refundiert?
- Wie ist Ihre
Aussage zu verstehen, dass Sie nur noch Projekte fördern wollen, die „rasch
Rechtssicherheit schaffen“ (APA 8.4.2009)? Verstehen Sie unter
rascher Rechtssicherheit das Abraten vom Einlegen eines Rechtsmittels?
a) Falls nein, was dann?
- Gehen Sie
davon aus, dass das Schaffen rascher Rechtssicherheit bei AsylwerberInnen
auch dadurch erzielt wird, dass RechtsberaterInnen entgegen dem Wunsch des
Asylwerbers/der Asylwerberin nicht beim Einlegen eines Rechtsmittels
behilflich sind?
- War die
Bereitschaft, „rasch Rechtssicherheit zu schaffen“, ein
Vergabekriterium bei der Projektauswahl?
- Wie erfolgt
die Anreise von Rückkehrwilligen bis zur Grenze, die keine
Reisekostenübernahme durch das BMI erhalten? Werden solche Personen
vom VMÖ an die Grenze befördert? Wer trägt in diesem Fall
die Transportkosten?
- Ist die
folgende Formulierung „Entgegen bestehender Tendenzen, wonach
Schutzsuchende ohne Aussicht auf Erfolg durch falsch verstandene
Hilfeleistungen in Verfahren gedrängt werden, besteht Bedarf an
nützlicher, sachlicher Hilfe, die aber auch darin besteht,
rechtzeitig auf eine mögliche Chancenlosigkeit in Bezug auf das
Verfahren aufmerksam zu machen.“ in den Leitlinien zum EFF bzw.
dem Projektaufruf 2009 zurückzuführen auf Evaluationsergebnisse
über die Tätigkeit der FlüchtlingsberaterInnen im Sinne des
§ 66 AsylG?
a) Falls ja, in wie vielen Fällen erfolgte
laut Evaluierung eine „falsch verstandene
Hilfeleistung“ bzw. wie viele Schutzsuchende wurden durch FlüchtlingsberaterInnen
„in aussichtslose Verfahren gedrängt“? Wie wurde das
dokumentiert?