5930/J XXIV. GP
Eingelangt am 06.07.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Petra Bayr und GenossInnen
an den
Bundesminister für Finanzen betreffend Einhaltung der Zusage
einer
Anschubfinanzierung
für Klimaschutz
und Klimaerwärmungsanpassung in den ärmsten
Ländern der
Welt.
Im Vorfeld
der Klimaverhandlungen auf dem UN-Klimagipfel in Kopenhagen im
Dezember 2009 haben die Staats- und RegierungschefInnen der EU auf dem
Europäischen Rat
in Brüssel (10/11.12.2009) ihren Beitrag zur „Anschubfinanzierung"
(Fast
Start Finance) für Klimaschutz und Klimaerwärmungsanpassung
in
Entwicklungsländern angekündigt.
Die
EU-Mitgliedsstaaten haben zugesagt, von 2010 bis 2012 jährlich 2,4
Mrd. EUR
(insgesamt
7,2 Mrd. EUR) zur Anschubfinanzierung beizutragen.[1] Der gesamte Umfang
der
Anschubfinanzierung soll laut dem von Österreich unterstützten „Copenhagen
Accord"[2] im genannten
Zeitraum 30 Mrd. USD betragen.
Auf europäischer Ebene
haben die VertreterInnen der Mitgliedsstaaten mehrfach
bekräftigt, dass
die EU-Staaten ihre Zusagen einhalten werden und haben angekündigt,
die
EU werde auf dem Klimagipfel von Cancún im Dezember 2010
vollständig und in
koordinierter Weise über Fortschritt und Umsetzung der
Anschubfinanzierung
berichten.[3]
Die
Bereitstellung der zugesagten Mittel ist absolut notwendig, um den von der
Klimaerwärmung schon
heute dramatisch betroffenen Ländern und Gemeinschaften
beizustehen, damit die notwendigen Mechanismen für
Klimaschutz, Anpassung und
Katastrophenvorsorge schnellstmöglich in Gang gebracht werden. Außerdem steht
die
Glaubwürdigkeit der
EU-Staaten im globalen Klima-Verhandlungsprozess auf dem Spiel:
Ein
Verzögern, Anrechnen bzw. Umleiten von bereits in anderen
Bereichen (v. a.
Entwicklungszusammenarbeit) zugesagten Mittel würde die
weiteren Verhandlungen
torpedieren und Europa würde die Führerschaft im
Klimaschutz endgültig abgeben.
Die
unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Finanzen
folgende
Anfrage:
1.
Welche Beträge ihres Ministeriums sind jeweils in den Budgets 2010
bis 2012 für
diese Anschubfinanzierung vorgesehen?
2. In welchen Zuständigkeitsbereich (Sektion/Abteilung) fallen diese?
3.
Österreich hat sich gemeinsam mit anderen EU-Staaten verpflichtet,
bis 2015
0,7% des Bruttoinlandprodukts (BIP) für Öffentliche
Entwicklungszusammenarbeit
(Official Development Assistance, ODA) zur Verfügung zu stellen - ein
Ziel, das
zu einem Zeitpunkt gesetzt wurde, als die Folgen und Kosten der
Klimaerwärmung noch gar nicht absehbar waren. Werden die Mittel der
Anschubfinanzierung aus Österreich neu und zusätzlich zu
diesen bestehenden
Verpflichtungen gegenüber den Entwicklungsländern sein?
4.
Werden die Mittel für die Anschubfinanzierung auf die
österreichische ODA-
Quote angerechnet werden?
5. Wenn ja, welcher Anteil und nach welchen Kriterien?
6.
Wird die Anschubfinanzierung durch zusätzliche Budgetmittel oder durch
Umwidmung bestehender Mittel abgedeckt?
7.
Wie wird in Österreich sichergestellt, dass es zu keiner
Umleitung von ODA-
Mitteln
aus anderen Bereichen (Bildung, Gesundheit) kommt oder dass Gelder
doppelt
- für EZA und für Klimapolitik - angerechnet werden?
8.
Wie viel der 120 Mio. EUR, die Österreich als
Beitrag zur EU-
Anschubfinanzierung leisten will, wird jeweils in Klimaschutz, in
Klimaerwärmungsanpassung
und in Katastrophenvorsorge fließen?
9.
In welche Länder und Regionen wird der Anteil der
Anschubfinanzierung von
Österreich
investiert?
10. Wie wird
sichergestellt, dass Finanzströme von den ärmsten Ländern nicht
zu
Schwellenländern
umgelenkt werden, damit die Erreichung der UN-
Millenniumsziele in den Entwicklungsländern möglich
bleibt?
11. Wie wird
sichergestellt, dass die am stärksten von der Klimaerwärmung
betroffene Bevölkerung von der Anschubfinanzierung aus Österreich profitiert
-
vor allem im Hinblick auf eine geschlechtergerechte Verteilung der Gelder auf
Frauen
und Männer?
12. Wie wird
sichergestellt, dass die Zivilgesellschaft sowie VertreterInnen von
Ländern bzw.
Gemeinschaften, die von der Klimaerwärmung besonders betroffen
sind,
an Entscheidungen über die Verwendung der Mittel eingebunden und
beteiligt werden?
13. Über welche
Finanzierungs-Kanäle (bilateral oder multilateral wie Weltbank
oder
Vereinte
Nationen) wird die österreichische Anschubfinanzierung
abgewickelt
werden?
14. In welcher
Form wird ihr Ministerium über die Mittelverwendung berichten
(Sektoren,
Länder,
Regionen, Kanäle), um die Transparenz und Glaubwürdigkeit
der
zusätzlichen Anstrengungen sicher zu stellen?
15. Welches
Ministerium ist verantwortlich für einen Bericht, der die
gesamtösterreichische
Anschubfinanzierung mit der notwendigen Transparenz
darstellt?
[1] Schlussfolgerungen des Europäischen Rates (10./11. Dezember 2009), Nr. 37;
[2] Copenhagen Accord, Nr. 8; http://unfccc.int/resource/docs/2009/cop15/eng/11a01.pdf#page=4
[3] Vgl. etwa Schlussfolgerungen des ECOFIN Gipfels (18. Mai 2010).